m ^^^mlr 1^'.: i ^'-V'^ '- - ■: :^!^^. Mkr'^'^ Ir^ä^'.' 30fc4 Mf:^ Ifiljraru of lljx ||litscunt OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT EARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. jFoiinTic^ l)i) jpribatc sutscrfptfon, in 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. SITZUNGS - BERIC H TE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE ZU BERLIN JAHRGANG 1877. BERLIN IN COMMISSION BEI R. FRIEDLÄNDER UND SOHN NW. CARLS-STRASSE II ^■"1877. Inhalts -Verzeichniss aus dem Jahre 1877. Ascherson. Vorlegung einer zur Anfertigung von Schirmstöcken ver- wendeten Luftwurzel von Eugeissona minor (Borneo-Holz), p. 71. — Ueber den botanischen Nachlass des Afrikareisenden Eug. de Pruys- senaere und über Pflanzen aus altägyptischen Gräbern, p. 141. — Ueber einen in der Berliner Flora kürzlich aufgefundenen Bastard vun Dianthiis siiperbus L. und D. harhatus L., p. 177. — Bemerkung über die Vertheilung der Meerphanerogamen im Mittelmeere, p. 198. — Ueber die Blüthenknospen der Sophora japonica als Hopfen -Surrogat, p, 225. — Bemerkung über giftige Eigenschaften des Holzes von Rohinia Pseud- acacia, p. 227. — Ueber abnorme Vegetationserscheinungen, hervor- gerufen durch die andauernd milde Temperatur dieses Winters, p. 253. Beyrich. Vorlegung eines von Herrn Splitgerber mitgetheilten Stückes Grauwacke von Ems mit einem spiralig aufgerollten Crinoidcn-Stengcl, p. 70. — Bemerkung über die Abgränzung eines aralokaspischen Beckens zur Tertiärzeit, p. 200. — Vorlegung einiger Conchylien, welche er ans einer Löss- Bildung in Ungarn, bei Mogyoros, westlich von Gran, in diesem Herbst gesammelt hat, p. 213. Bouche. Bemerkung über giftige Eigenschaften des Holzes von Rohinia Pseudacacia, p. 227. — Ueber eine eigenthümliche Erscheinung an den reifen Samen der Luthraea clandestina L., p. 227. Brandt. Ueber die Fortpflanzung des Actinosphaerium Eichhornii, p. 73. Braun. Ueber Parthenogenesis bei Antennaria alpina, p. 50. Brefeld. Ueber die Entomophthoreen und ihre Verwandten, p. 50. — Ueber die Bedeutung des Lichtes für die Entwickelung der Pilze, p. 127, Broesike. Ueber die Krankheiten und Todesursache des Gorilla Mpungu, p. 262. Dam es. Vorlegung einer Echinidenfauna von der Insel Melos, p. 234. Fritsch. Ueber die von ihm construirte Modification des Kivet'schen Mikrotomes, p. 7. — Ueber das Vorkommen von Mus rattus L. auf der Pfaueninsel bei Potsdam, p. 19. — Vorlegung von mittelst Mikrotomes angefertigten Holzdurchschnitten, p. 19. — Geographische Erläuterungen zu den von ihm in Persien gesammelten Conchylien, p. 201. IV Inhalts - Verzeichniss. Hartniann. Ueber das Hüftgelenk fler anthropoiden Affen, p. 85. — Zur Erinnerung an G. A. Er man, p. 195. — Einige Mittheilungen über die Tsetse-Fliege, p. 205. — Ueber Lacerta muralis coerulea Eimer von Capri, p. 207. — Ueber den Bau der Ascidia vtentula, p. 208. — Ueber seine im verwichenen Herbst auf Gäsö ausgeführten zootomischen Arbeiten, p. 224. — Ueber die Endigungsweise der Schnauzenmuskelsehnen bei den Wiederkäuern und Einhufern, p. 258. Hilgendorf. Vorlegung eines von ihm in Japan gesammelten Exem- plares einer Pleurotomaria, p. 72. — Ueber den Jugendcharakter der Fischgattung Fistularia, p. 236. — Zur Streitfrage des Planorhis multi- formis, p. 268. Jessen. Ueber ein seiner Flora von Deutschland zu Grunde gelegtes Pflanzensystem, welches auf morphologischen Principien beruht, p. 250. Kny. Ueber das Dickenwachsthum des Holzkörpers an beblätterten Spros- sen und Wurzeln und seine Abhängigkeit von äusseren Einflüssen, ins- besondere von Schwerkraft und Druck, p. 23. — Worte der Erinnerung an Alexander Braun, p. 85. — Ueber künstliche Verdoppelung des Leitbündel -Kreises im Stamme der Dicotyledonen, p. 189. — Ueber genauere Methoden zur Messung der Tiefe, bis zu welcher Lichtstrahlen verschiedener Intensität und Brechbarkeit in das Meerwasser einzudringen vermögen, p. 217. Magnus. Ueber die auf den Wolfsmilcharten auftretenden Rostpilze, p. 79. — Ueber die Entwickelung der Puccinia Oreoselini Fckl., p. 123. — Bemerkung über einen bei Freiburg i. B. gefundenen Dianthus- Bastard, p. 182. — Ueber die weitere Verbreitung der Puccinia Malva- cearum in Europa während des Jahres 1877, p. 242. — Ueber Proio- coccus caldarionim, eine auf Warmhauspflanzen beobachtete neue Alge, p. 249. — Ueber zwei im gegenwärtigen December im Freien blühende Sträucher von Cornus sanguinea L. und Rihes alpinum, p. 254. V. Martens. Ueber die erste Landschnecke der Insel Ascension {Uelix similaris Fer.), p. 14. — Ueber die Molluskenfauna des Thüringer Wal- des, p. 15. — Uebersicht über die von den Herren Hilgendorf und Dönitz in Japan gesammelten Binnenmollusken, p. 97. — Ueber ein auf todten Schneckenschalen angesiedeltes Bryozoon, p. 183. — Ueber die Conchylien, welche Prof. Gustav Fritsch während seiner Reise nach Persien 1874 — 1875 gesammelt hat, p. 195. — Bemerkung über die Conchylienfauna des Mittelmeeres im Verhältniss zu derjenigen des schwarzen und des kaspischen Meeres, p. 198. — Ueber einige Con- chylien, welche Herr Beyrich bei Mogyoros in Ungarn gesammelt hat, p. 213. — Bemerkung über die Durchsichtigkeit des Meereswassers, p. 223. — Uebersicht der von Herrn Dr. 0. Finsch und dem Grafen zu Waldburg- Zeil in Sibirien gesammelten Mollusken, p. 237. Inhalts - Verzeichniss. v Möbius. IJeher Raphidodendron album, einen neuen Rhizopoden von den Korallenriffen bei der Insel Mauritius, p. 23. Müller, O. Vorläufige Mittheilung über pelagische Formen von Diato- maeeen aus dem südlichen Eismeere, p. 19. — Ergänzung seiner früheren Mittheilungen über pelagische Formen von Bacillariaceen aus dem süd- lichen Eismeere, p. 163. — lieber den Bau der Zellwand von Synedra tahulata var. Thalassothrix, p. 165. Peters. Ueber einen neuen Igel, Erinaceus Krugi, p. 78. Reichert. Ueber Giraffenhürner und über Hürnerbildung am Schädel der Säugethiere im Allgemeinen, p. 203. Reinhardt. Vorlegung einer Anzahl zum Theil neuer japanischer Land- und Süsswassermollusken, zumeist von Prof. Dönitz in Jedo gesammelt, p. 68. — Ueber japanische Hyalinen, unter Zugrundelegung der Samm- lungen des Herrn Hilgendorf, p. 89. — Ueber von Herrn Hilgen- dorf gesammelte japanische Landschnecken, p. 95. — Ueber diluviale Funde bei Müggelheim, p. 173. Sadebeck, A. Ueber die Bezeichnung der Zwillingsbildungen bei den Kristallen, p. 136. Schacko. Ueber die systematische Stellung der Krainer Grottenschnecken, p. 201. Schödler. Ueber die Cladoceren Australiens, p. 11. — Mittheilungen zur Diagnose einiger Cladoceren, p. 231. S tu der. Ueber einige Korallen, welche während der Reise S. M. S. Corvette „Gazelle" gesammelt wurden, p. 214. — Bemerkung über die Durchsichtigkeit des Meereswassers, p. 223. Websky. Ueber die zufälligen Färbungen, welche die verschiedenen Gattungen der Mineralgruppe der Zeolithe zeigen, p. 161. — Ueber die bemerkenswerthen Vorkommen des Topases am Ural, am Flusse Urulga in Daurien und Villarica in Brasilien, p. 189. Wittmack. Ueber eine neue in Europa eingeführte Oelsaat, p. 1. — Ueber Verfälschung der Luzernesamen mit denen von Medicago arabica All. und M. hispida y denticulata Urb. , p. 4. — Ueber Peronospora sparsa Berk. , einen Schmarotzer auf Rosen und sein Vorkommen bei Berlin, p. 183. — Ueber neue Oelfrüchte, p. 185. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft iiaturforscliender Freunde zu Berlin vom 16. Janaar 1877. Director (in Vertretung): Herr Braun. Herr Wittmack besprach eine neu in Europa einge- führte Oelsaat, die dem landwirthschaftlichen Museum unter dem Namen „Indische G uzera t-Saat" von Herrn Professor Dr. Birner, Dirigenten der Versuchsstation in Regenwalde (Pommern), zur Bestimmung übersandt war. Nach den Mit- theilungen des Herrn Prof. Birner importirt eine Danziger Oel- miihle diese Saat neuerdings in grossen Mengen aus England und er/ielt daraus durchschnittlii'ii pro Tonne von 1000 Kilo 35 Kilo mehr Oel als aus Raps, alf^o ca. 365 Kilo. Auch empfiehlt die Fabrik die dabei gewonnenen Rückstände, die Oelkuchen, als Viehfutter sehr. Nach der Analyse von Prof. Birner haben letztere einen Gehalt von 10 pCt. Fett und 34 pCt. Proteinstoffe, also ein recht günstiges Verhältniss, da Rapskuchen nach den neuesten Tabellen von Dietrich & König (Zusammensetzung der Futterstoffe, Berlin, 1874, S. 75) durchschnittlich nur 9,66 pCt. Fett und 31,59 pCt. Protein enthalten. Die Untersuchung ergab, dass diese Samen, die ihre Be- zeichnung jedenfalls von der Provinz Guzerat, in der Präsi- dentschaft Bombay, führen, von Sinapis (jlauca Roxb. ab- stammen; wenigstens stimmen sie ganz mit den im landwirth- schaftlichen Museum befindlichen Proben dieser Art, welche das Museum vom Vicioria- und Albert-Museum in Bombay und von 1 2 GesellscJiaft nainrforschender Freunde. ■ der Wiener -Weltausstellung erhalten, überein. Sie haben auch das mit ihnen gemeinsam, dass der grösste Theil der Samen weissgelblich gefärbt ist, wie der von Sinapis alba, während ein kleinerer Theil heller oder dunkler braune Farbe zeigt. Die Samen sehen im Allgemeinen einem weissen Senfkorn sehr ähn- lich, sind aber etwas grösser, 2 — 2^ Mm. im Durchmesser, wäh- rend der weisse Senf meist nur 2 Mm. misst; die braunen Samen sind gewöhnlich etwas kleiner. Roxburgh sagt in seiner Flora indica III, S. 118 von 5. glauca: „Seeds numerous, smoolli and white, like those oi Sinapis alba,''^ während er bei 5. die ho - toma angiebt: „Seeds small, smooth, of a light brown colour." Obwohl Vortragender anfänglich geneigt war, die braunen Sa- men für eine Beimengung von S. dichotoma Roxb. zu halten, wurde er doch darin zweifelhaft, da beide Samen im anatomi- schen Bau, abgesehen von dem Farbstoff, fast ganz über(Mn- stimmen, und hält er nunmehr die braunen Samen, zumal auch vielfache Uebergänge vorkommen, für nichts anderes als eine Varietät der weissen. Unterstützt wird diese Ansicht durch die Mittheilung, welche Herr Prof. Garcke sowie Herr Ritterguts- besitzer Steffeck dem Ref. machten, dass auch beim weissen Senf öfter einzelne Schoten dunkelbraune Samen enthalten, ja mitunter sich helle und dunkle Samen in derselben Schote be- finden. — Ein weiterer Beleg dafür ist der, dass Alefeld ii: seiner landwirthschaftlichen Flora S. 250 eine Sinapis alba melanosp ervia Alef. anführt, welche er mehrmals beobachtet, kultivirt und samenbeständig gefunden hat. Hooker betrachtet in seiner Flora indica 1875, S. 498 Sinapis dichotoniaund (/ lauca Roxb., ebenso auch 5. firassi- cata L. einfach als Synonyme von Brassica campe stris L. und theilt letztere Art in drei Unterarten: Br. campestris im engeren Sinne (schwedische Kohlrüben, Brassica napus rapifera Metzger), B. napus und B. rapa. Ueberhaupt erkennen Bentham und Hooker bekanntlich das Genus Sinapis nicht an (Genera plant. /., 1, S. 84), sondern betrachten es als Unter- gattung von Brassica. Ohne in diese schwierige Frage hier näher eintreten zu wollen, muss anerkannt werden, dass der anato- mische Bau der Samen von iS. t/lanca sich ungemein dem von Brassica napn.'< und Br. rapa ähnlich zeigt {Br. napus und Sitzung vom 16. Januar. 3 B. rapa sind mikroskopisch garnicht zu unterscheiden , vergl. Schröder in Landw. Versuchsstationen XIV, S. 79. Nobbe, Samenkunde, S. 80. Sempolowski in v. Nathusius u. Thiel, Landw. Jahrbücher III, (1874), S. 855. Wiesner, Rohstoffe S. 736). Auf eine äusserst dünne Epidermisschicht folgt, wenn man einen Querschnitt betrachtet, eine Reihe grosser, radial ge- streckter Zellen, die an der inneren schmalen Seite und im in- neren Theil der Längswände äusserst stark verdickt sind, so dass sie etwa die Form eines am Rande dünnen, nach dem Boden zu stark verdickten Wasserglases haben. Auf dem Flächen- schnitt sind sie meist fünfeckig, mit einem trichterförmig sich verengenden Lumen. Da die verdickten Seiten wände der benach- barten Zellen eng aneinanderstossen, so entsteht dadurch die Erscheinung, als ob viele radiale, stark verdickte Stäbchen vor- handen wären, weshalb diese Schicht auch den Namen Stäb- chenschicht erhalten hat. Bei der braunen Varietät von Sinapis glauca sind die verdickten Wände der Stäbchenschicht, gleich wie die von Br. napus (vergl. Sempolowski 1. c, Ta- fel VIII, Fig. 20 und 21), mit einem dunkelbraunen, gerbstoff- haltigen Farbstoff imprägnirt, während sie bei der hellen Varietät ungefärbt sind. Wahrscheinlich in Folge des Mangels an Gerb- stoff quellen bei letzterer die Zellwände nach dem Kochen mit Kalilauge auch weit mehr auf. Innerhalb der Stäbchenschicht folgt eine äusserst schmale, meist nur aus 1 Zellreihe bestehende Schicht, deren Zellen tangential gestreckt sind. Ihr Inhalt ist bei der braunen Varietät ebenso gefärbt wie die Wände der Stäbchenschicht, bei der hellen Varietät farblos. Diese Schicht entspricht der eigentlichen Farbstoffschicht, die auch bei Br. napus und rapa sich ähnlich findet. Der einzige Unterschied ist der, dass sie noch schmäler ist als bei letzteren, ein Umstand, der aber wenig von Bedeutung scheint, da auch bei Br. napus und rapa an demselben Samen die Breite der Farbstoffschicht, die hier oft aus 2 — 3 verschobenen Zellreihen besteht, wechselt und in der Einfaltung der Cotyledonen (am Würzelchen) z. B. meistens stärker ist als an anderen Stellen. Die Samenschale von Sinapis alba ist wesentlich ver- schieden und bereits von Sempolowski 1. c. 861, Tafel VIII, 1* 4 Gesellschaft naturforschender Freunde. Figur 30, genau beschrieben; sie unterscheidet sich u. A. sofort durch die stark im Wasser aufquellenden Zellen der Epidermis, eine Eigenthümlichkeit, die sie wieder mit der von Br. oleracea gemein hat. Leider stand von Sinapis dichofoma Roxb. und 5. brassicata L. kein Material zur Verfügung; letzteren Samen bildet Sempo- lowski mehr dem von Br. oleracea ähnlich ab, während, wie oben angeführt. Hooker 5. brassicata als synonym mit Br. ca/n- pesfris und somit auch mit S. glauca annimmt. Obwohl nun der anatomische Bau der Samen von 5. (/lanca fast ganz mit dem von Brassica napns und rapa übereinstimmt, so ist der Geschmack doch wesentlich verschieden; denn die Samen von S. glauca haben einen ausgesprochenen scharfen Senf- geschmack. Aus diesem Grunde glaubt Vortragender auch, dass die Oelkuchen von der „Guzeratsaat" dem Vieh nicht sehr zu- träglich sein werden. Sodann sprach derselbe über die jetzt häufiger vorkommende Verfälschung der L u z e r n e s a m e n mit denen von M edica g o arabic4t L. {M. maculata Willd.) und noch mehr mit denen von M. hispida y denticulata ürb. — Die Hülsen dieser bei- den und zuweilen auch einiger verwandter Arten (HL ci/iaris, M. Aschersoniana Urb.) finden sich massenhaft in den über- seeischen Wollen als sog. „Kletten," zu denen sich oft noch die Früchte von Xanthinm spinosnm und (seltener) Xanthium it all cum gesellen. Sie erschweren das Waschen der Wolle sehr und müssen daher in den Wollwaschfabriken mit Hülfe eigener Maschinen, der sog. Klettenwölfe, entfernt werden. Während man früher diesen Abfall einfach auf den Kehricht oder Dünger- haufen warf, entschloss sich ein Landwirth in der Nähe von Burg-Lesum bei Bremen, Herr Smidt zu Dungen, die Samen auszusäen, und erhielt davon ganz zufriedenstellende Resultate. Die genannten Arten sind zwar alle nur einjährig, aber sie gaben ihm einen ganz guten Ertrag und unterdrückten namentlich auf Neuland, das sogar sehr feucht war, besonders den Schachtel- hahn. (Ueber diese Kultur, sowie über das Wandern einiger europäischen Medicago- Arten mit den Schafen übei- das Meer und mit ihrer Wolle wieder zu uns, hat Vortragender bereits im landwirthschaftlichen Centralblatt von Wilda, fortgesetzt von Sitzimg vom lH. Januar. ^ AI. Müller, 1875, S. 251 und S. 477 berichtet). — AtisUttt diese nützliche Anwendung der sog. Wollklettensanien weiter auszudehnen, sind leider intelligente Sament'älscher jetzt auf den Gedanken gekommen, sie den Luzernesamen beizumengen; damit sie aber dabei nicht so leicht entlarvt werden, tödten sie die falschen Samen vorher durch Erhitzen. Den Samenkontrol- stationen erwächst nun eine Hauptaufgabe darin, einestheils überhaupt die Keimkraft der Luzerneproben zu untersuchen, andererseits die Art der Beimengung festzustellen. Im Allge- meinen sind die Samen von M. hispida y denticulata und M. nrabica etwas länger und mehr bohnenförmig als die von iV. safivn, am Würzeichenende schöner gewölbt, da das Würzelchen mehr in einem Bogen aufsteigt, während es bei ifl. safiva meistens in einem spitzen Winkel aufgerichtet ist, so dass der Same nach dem Würzeichenende mehr keilig verläuft. Bei M. hispida y denticulata ist das Würzelchen, wie bei der Luzerne, von halber Länge des Samens, bei M. arahica aber noch etwas länger. (Sielie die treffliche Arbeit von Urban, ProrfromMS der Gattung Medicagn in Verhandlung des botanischen Vereins der Provinz Brandenburg, XV. Bd.) — Häufig kann man auch die Bei- mengungen daran erkennen, dass viele Samen schwarz oder schwarzbraun gefärbt sind. Angeblich soll dies durch Behan- deln der Wolle mit Schwefelsäure entstehen, Referentem ist aber nicht bekannt, dass das geschieht; auch werden die Kletten vor dem Waschen der Wolle entfernt und ausserdem zeigt die Keimprobe, dass die scL-warzen Samen fast ebenso gut keimen als die andern. Ferner findet man unter gefälschter Luzerne öfter auch einige andere charakteristische Beimengungen, so die Achänen von Carduus tenniflorus (Petermann, Landwirthschaft- liches Centralblatt, 1875, S. 279, Anmerkung), u. A. ja selbst abgebrochene eiserne Zähne des Klettenwolfes (mündliche Mit- theilung von Prof. Nobbe). — Der Ansicht, dass die meiste der sog. überseeischen Luzerne 31. arahica All. sei, wie dies u. A. Prof. Nobbe in der „Deutschen Landwirthschaftlichen Zeitung," Berlin, 187(3, No. 144, 30. Nov. ausgesprochen, konnte Vortragender sich nicht ganz anschliessen ; der grösste Theil ist M. hispida y denticulata, wie auch Prof. Dr. ürban dem Re- 6 Gesellschaft iiatarfor seh ender Freunde. fereiiten bestätigt. Prof. Nobbe hat sich inzwischen, wie er Vortragendem geschrieben, auch von dem häufigeren Vorkommen der M. hispida überzeugt. Endlich theilte derselbe Vortragende mit, dass das land- wirthschaftliche Museum von Herrn Dr. Wo Iffen stein in Ma- laga eine Anzahl frischer Bataten, Conv olvulus Batatas L., Batatas edulis Chois. L. erhalten habe, die vom Einsender folgen- dermassen bezeichnet sind: 1) Bat ata amerlcana, auch pajiza, d. h. strohfarben, genannt, frühe Sorte; 2) B. blanca oder cas- tellana; 3) B. encarnada oder colorada. Diese drei Sorten repräseiitiren nach Wolffenstein die wesentlichsten daselbst gebauten Varietäten. Von den B. americana giebt es noch eine Untervarietät mit rother Schale, welche die früheste aller Sorten ist, sich jedoch schlecht conservirt. Beide Sorten der ß. americana unterscheiden sich von allen übrigen dadurch, dass sie gelbes Fleisch haben, die übrigen weisses. No. 2 ist des Geschmackes wegen sehr geschätzt und wird, trotzdem sie weniger haltbar ist als No. 3, im Detailhandel 50 pCt. höher bezahlt. Durch die Uebersendung war Gelegenheit gegeben, die Stärkekörner in den Zellen im frischen Zustande zu untersuchen, und zeigte sich , dass die Stärkekörner zum grössten Theil zu- sammengesetzt sind, wie das auch von Wiesner (Rohstoffe, S. 278) angegeben ist. Referent hat aber in Proben von ge- trockneter Batatenstärke weit mehr Theilkörner gefunden und weniger zusammengesetzte als Wiesner. Die auffallende That- sache, dass aus den so massenhaft in den Tropen angebauten und dabei so stärkereichen Batatenknollen noch keine Stärke für den Handel bereitet wird , dürfte ihre Erklärung in dem Gerbstoff des Gewebes finden, der vermuthlich die Reinigung und Bleichung der Stärke erschwert. — Ausserdem sind die Knollen sehr zuckerreich und erhält man bei der Sachs 'sehen Zuckerprobe einen reichlichen Kupferniederschlag im Präparat. Das specifische Gewicht, welches im landwirthschaftlichen Mu- seum von den Herren Dr. Landau und Retzdorff bestimmt wurde, betrug im frischen Zustande bei No. 1: 1.044 — 1.045, No. 2: 1.044, No. 3: 1.051, also weniger als das der Kartoffeln, die in den leichtesten Sorten meist 1.060, in den besten stärke- reichsten aber mitunter bis 1.126 zeigen. Der Geschmack der Sitzung roui Hi. Januar. 7 gekochten Bataten (wenigstens der No. 3) war unangenehm, widerlich süss. Herr F ritsch stellt der Gesellschaft die von ihm con- struirte Modification des Rivet'schen Mikrotoms vor, welches jetzt in sehr sauberer und preiswürdiger Ausführung vom Instrumentenmacher Wind 1er (Berlin, Dorotheenstrasse) zu beziehen ist. Das Instrument, in MahagoniUasten eingepasst, mit vollständigem Zubehör, darunter zwei Messer in besonderem Etui, kostet nur 25 Thaler, und erscheint so billiger als frühere, verwandte Instrumente von unvollkommenerer und roherer Con- struction. Die Eigenthümlichkeiten des vorliegenden Mikrotoms beruhen hauptsächlich in folgenden Momenten: Wie bei den meisten Schieber-Mikrotomen besteht der Haupttheil des Instrumentes in einer senkrechten Platte, welche links eine sanft ansteigende, rechts eine horizontal verlaufende Schiene trägt. Anstatt einer sehr wenig zweckmässigen Klammervorrichtung, wie sonst üblich, trägt die ansteigende Schiene einen sicher darauf gleitenden Metallkasten, der zur Aufnahme des in besonderen kleineren Kästchen eingebetteten Objectes dient. Auf der horizontalen Schiene gleitet ein anderer Schieber, welcher für das Messer be- stimmt ist und beim Zurückziehen die Schneide über das Object hingleiten lässt. Die, Fixirung der Klinge wird bewirkt nicht durch eine einfache Schraube wie sonst, sondern auf einer excen- trischen Scheibe mittelst einer zweiten, ebenfalls excentrisch ein- gesetzten Schraube. Die Erhebung des Objectes gegen das Mes- ser geschieht zunächst durch allmähliches Vorrücken des Object- kastens auf der ansteigenden Schiene; ist diese Ansteigung er- scl)öpft, wird der im Kasten eingesetzte Objectträger durch unter- gelegte Metallplatten weiter erhöht oder endlich die Einbettungs- masse erhoben. Hinsichtlich der genauen Beschreibung des Apparates ist auf das Archiv für Anatomie und Physiol., 1874, S. 442, zu ver- weisen, wo auch eine Abbildung beigefügt ist. Als eine wesent- liche Verbesserung ist dabei indessen die Anfügung eines Stütz- bügels Jiachzutragen, welcher jetzt den Instrumenten beigegeben wird. Dieser Stützbugel, von compactem Messing gearbeitet, 8 Gesellschaft naturforschender Freunde. wird unter die Achsenschraube der excentrischen Scheibe ein- geschoben und in geeigneter Stellung über der Klinge fixirt. Eine kleine am Ende eingesetzte Stellschraube bewegt sich ab- wärts gegen das Messer und presst dasselbe, gehörig angezogen, auf seine Metallunterlage. In dieser Weise wird ein Hauptübel- stand der Schiebermikrotouie, das mögliche Ausweichen der Schlünde nach oben, wenn der Widerstand im Object bedeuten- der wird, sehr erheblich reducirt. Als die angeführte Beschreibung des Iiistiumentes im Druck erschien, waren die G udd en 'sehen Mikrotome, wo ein mit bei- den Händen geführtes Messer über eine plane Fläche hingleitet, in deren Mitte das Object befestigt ist, nicht bekannt. Die wesentlichen Vortheile und Nachtheile der beiden Ka- tegorien von Instrumenten würden etwa folgendermassen zu be- zeichnen sein: Die Gudden'schen Mikrotome zeichnen sich durch die Leichtigkeit aus, mit welcher sie selbst sehr bedeutende Ausdehnungen der zu schneidenden Objecte überwinden (ganze Menschengehirne und Aehnliches). Sie sind nicht s<"hr difficil hinsichtlich des Widerstandes im Objecte, da die äusserst com- pacten Klingen, richtig geführt, nicht leicht ausweichen. Ihr Naclitheil beruht in der recht beschränkten Feinheit der zu erreichenden Schnitte, da eine richtige Härtung und voll- kommene Schärfe, besonders der grossen G ud de n'scheii Messer, fast unerreichbar sind Auch die häufig wünschenswertlie Ab- tragung voluminöser Partbieen des Präparates ist des keilförmi- gen Messers wegen nur unter Zerstörung der abzutragetiden Theile möglich. Endlich ist eine recht genaue Fixirung des Objectes in vor- geschriebener Stellung schwierig und das dabei erforderliche Auf- und Abbewegen der Mikrometerschraube sehr zeitraubend Die Vortheile des vorliegenden Mikrotoms beruhen an erster Stelle in der besonders bei zarten, schnittfähigen Objecten fast unbegrenzten Feinheit der Schnitte, da die Einstellung des Ob- jectes durch Scala mit Nonius und die Schärfe des Messers, dessen Gestalt vom gewöhnlichen Rasirmesser nicht so stark abweicht, eine sehr vollkommene sein kann. Die Messerstellunc ist durch die excentrische Scheibe in Sitzung vom IG. Januar. 9 jeder erwünschten Weise zu variireri , so dass es je nach Be- dürfniss bald ganz steil, bald mehr quer geführt werden kann. Die Lage des Objectes in den leicht zu lösenden und ver- schieden zu stellenden Objectträgern lässt sich genau reguliren und unter der Arbeit verändern; die Arbeit selbst zu jeder Zeit ohne Nachtheil unterbrechen. Als Uebelstand wäre die Schwierigkeit zu verzeichnen, Ob- jecte zu bew^ältigen, deren Schnittfläche etwa 3 Cm. im Quadrat übersteigt, da die einseitige Messerbefestigung auch bei Anwen- dung des Stützbügels ein Ausweichen der Klinge mit der steigen- den Ausdehnung des Präparates mehr und mehr befürchten lässt. Die leichteren und bei grösserer Feinheit der Schneide zarte- ren Messer überwinden resistente Objecte weniger willig als die gewichtigen Gudden 'sehen Messer; die Anwendung compacterer Messer für solche speciellen Zwecke mildert indessen diesen Uebelstand in hohem Grade. Aus der Vergleichung dürfte sich im Allgemeinen ergeben, dass beide Arten von Mikrotomen ihre Berechtigung haben und je nach der Art der Objecte, dies oder jenes vorzuziehen sein wird. Von den verschiedenen Modificationen würde sich hin- sichtlich der Schieber-Mikrotome w^ohl jedenfalls die vorliegende am meisten empfehlen , welche sich bei längerem Gebrauch bereits recht vortheilhaft erwiesen hat. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen : G. C. W. Bohnensieg et W, Burck, Repertorium annuuni literaturae botanicae., Tomtis secundus, Harlem, 1876. Leopoldina, Amtliches Organ der Kaiserl. Leopold. -Carolin. - deutschen Akademie der Naturforscher. XIL, 23. 24. 1876. Bulletin de VAcademie imp. des sciences de St. Petersbourg. XXII. (feuilles 21—31). 1876. Annali del Museo civico di storia naturale di Genorö. Vol. VIII. 1876. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XXI, Heft 1 und 2. 1876. Proceedings of the American Academy of arts and sciences. New series. Vol. III. Boston, 1876. 10 Gesellschaft naturforschender Freunde. Piocedings of tlie Academy of natural sciences of Philadelphia, Jamiary-Üecember 1875. Proceedings of the literary und philosophical society of Manchester XIII. XIV. XV. 1874, 1875, 1876. Memoirs of the literary and philosophical society of Manchester. Third series. Vol. 5, 1876. Catalogue of hooks in the libary of the literary and philosophical society of Manchester 1875. Bulletin of the Essex-lnstitnte. VII, 1875. Salem, 1876. A. W. Schado's Buchdruckerci (L. Schade) in Be-rlin, Stallschreiberstr. 4l Sitz uniis- Bericht o der Gesellschaft naturforscheiider Freunde zu Berlin vom 20. Februar 1877. Director (in Vertretung): Herr Beyrich. Herr Schödler sprach über die Cladoceren Austra- liens. Ueber diese besitzen wir von zwei Seiten fast gleich- zeitige Beobachtungen , denen aber bisher wenig Beachtung zu Theil geworden ist. Zunächst verdanken wir James D. Dana einige hierauf bezügliche Mittheilungen, welche derselbe i. J. 1849 in den Proceed. Amer. Acad. Sei. II und später in seinem grossen Werke: On the Classification and Geographical Distribution of Crustacea (Philadelphia 1853) veröffentlicht hat. Viel umfassen- der, aber bisher ganz unberücksichtigt geblieben sind die späte- ren Untersuchungen, welche uns R. L. King in den beiden Ab- handlungen: On some of the Spocies of Daphniadae found in New South Wales und On Australian Entomostracans in den Papers and Proceedings of the Royal Society of Van Diemen's Land, Vol. II, Part II 1853 überliefert hat. Angeregt durch das i. J. 1849 erschienene Werk über die britischen Entomostraceen von W. Baird Hess es «ich King angelegen sein, zunächst die Cladoceren -Fauna von New South Wales zu erforschen. Er folgt in seinen Mittheilungen der Baird 'sehen Classification und berichtet, dass er für die Familie der Sididen keinen australi- schen Repräsentanten gefunden habe; auch eine Polyphemide ist ihm dort nicht vorgekommen. Recht zahlreich vertreten aber fand er die F;;milie der Daphniden. Von ihnen führt er zunächst 2 12 Gesellschaft naturforschender Freunde. eine Daphnia carinata auf, die aber nicht identisch ist mit der später von G. O. Sars unter gleichem Namen beschriebenen Art, welche Schödler deshalb als Daphnia Sarsii (= Daphnia carinata, Sars) hiervon unterscheidet. Die Daphnia carinata King erreicht eine Länge von 4,5 Mm. und ist der Daphnia macrura, Dana sehr nahe verwandt, welche Dana aus einem Süsswasserpfuhl bei Sidney entnommen und beschrieben hat. Unter Vorbehalt späterer ausführlicher Darlegung wies Schöd- ler in Kürze nach, dass in den von King 1. c. pag. 247 und 25.3 aufgeführten vier Varietäten seiner Daphnia carinata noch drei besondere, wohl berechtigte Species vorliegen. So ist zunächst die schon von King selber angezweifelte Varietät, die er in Sümpfen gefunden hat, welche mit der Botany-Bay zusammen- hängen, ihres abweichenden und auffälligen Kopfhelms wegen nicht mit der obigen Art zu identificiren. Der Vortragende unterscheidet sie daher als Daphnia Kingii (= Daphnia cari- nata var. B. King 1. c. pag. 247, Plate I. B.). Bei ihr über- ragt der Stirncontour des halbkreisförmigen Kopfhelms die nach vorn ausgestreckten Ruderartennen fast bis zum zweiten Gliede des dreigliederigen Antennenastes, während sie bei D. carinata nur bis zum Ende des Antennenstammes reicht. Noch abweichender aber ist die zweite Varietät, die King auf PI. VI unter B. abgebildet und aus zwei verschiedenen Fund- orten gesammelt hat. Der Habitus dieses Thierchens ist so ab- weichend, dass über seine Art-Berechtigung nicht zu zweifeln ist. Schödler unterscheidet sie daher als Daphnia cepha- lata (= Daphnia carinata Kg. var. cephalata 1. c. pag. 254). Sie erreicht eine Länge von 5 Mm. und kennzeichnet sich durch eine buckelartige Auftreibung des Cephalothorax von analoger Form, wie solche zur Erweiterung des Brutraumes am Schalen- rücken bei Bosmina gihbera und Holopedium gibberum vor- kommen. Ebenso bildet die auf PI. VI unter A abgebildete dritte Varietät, welche King als Daphnia carinata var. gravis 1. c. pag. 253 verzeichnet hat, eine besondere Species. Sie erreicht nach King's Angabe eine Länge von 6,5 Mm. und nähert sich ihrem ganzen Habitus nach am meisten der Daphnia Schaefferi (Baird), unterscheidet sich von dieser aber schon durch die Sitzung vom 20. Februar. 13 stark zugespitzte Schnabelbildung des Kopfes, sowie namentlich auch durch das „Ephippium" , welches nach King's Aufzeich- nung vier, in der Längsrichtung des Ephippiums paarweise ab- gelagerte Wintereier enthält, während die D. Schaefferi deren immer nur zwei aufzuweisen hat. Seh öd 1er unterscheidet sie daher als Daphnia gravis (= Daphnia carinata [King] vnr. gravis) und ist der Ansicht, dass mit dieser die auf PI. I unter C abgebildete vierte Varietät zu vereinigen sein möchte, deren stummelartiger Schalendorn wohl nur eine zufällige Verkürzung erlitten hat. Von Simocephalen haben ebenfalls beide Beobachter austra- lische Vertreter nachgewiesen. Dana beschrieb einen Simo- cephalus australiensis aus der Umgegend von Sidney, wel- cher dem Simocephalus exspinosiis (De Geer) ähnelt; sich von diesem aber durch eine abweichende Bildung der Ruderantenuen unterscheidet. King dagegen führt uns unter der Benennung seiner Daphnia Elizabethae die bei uns am häufigsten vor- kommende Art, den Simocephalus vetulus (O. F. Müll.) vor, wie — abgesehen von allen anderen Kennzeichen — schon aus der dreizipfeligen Gestalt des Nebenauges zu erweisen ist. Aber weder mit dem Simocephalus vetulus, noch mit dem Sim. australiensis zu vereinigen ist die Daphnide, welche King auf PI. VI unter C abgebildet und als Varietät seiner Daphnia Eliza- bethae verzeichnet hat. Sie erreicht die beträchtliche Grösse von 3,5 Mm. und übertrifft hierin alle bis jetzt bekannte Simocepha- len. Schödler unterscheidet diese Art als Simocep halus paradoxus {= Daphnia Elizabethae [King] vor. acuti-r ostrat a 1. c. pag. 254), weil die Kopfbildung desselben mit der Phy- siognomie eines Simocephalus im Widerspruch zu stehen scheint. In der Seitenlage des Thierchens gewähren seine Schalenklappen eine trapezoidische Form, welche dadurch entsteht, dass die Dorsalkante der Schalenklappen sich sehr weit nach hinten ver- längert, um mit dem schräg nach vorn abfallenden Hinterrande der Schale eine ähnliche beuteiförmige Ausweitung zu bilden, wie der Hinterrand der Schale bei Simocephalus serrulatus auf- zuweisen hat. Mit der scharf zugespitzten Schnabelbildung des Kopfes erinnert der Simocephalus paradoxus auffällig an die marine Sidide Penilia avirostris, Dana. 2* 14 Gesellschaft naturforschender Freunde. Auch für die niedliche Sippe der Ceriodaphnien hat King in seiner Ceriodap hnia (Daphnia) honorata einen austra- lischen Vertreter nachgewiesen. Ebenso hat er die munteren Rückenschwimmer der Gattung Scap hol eberis daselbst an- getroffen. King sammelte sie aus zwei getrennten Fundorten; in beiden Fällen aber begegnete ihm , wie er ausdrücklich her- vorhebt, immer nur die ungehörnte Art, die Scap holeberis mucr onata (O. F. Müll.). — Ihnen anzureihen sind ferner zwei hübsche Vertreter der Lyncodaphninen : eine Macrothrix spinosa, welche der Macrothrix laticornis nahe steht, und eine Lathonura leinnae. Letztere hat King allerdings irriger Weise als eine Moina lernnae aufgeführt, indem er der falschen F'äbrte W. Baird's folgte, welcher die verwandte Lathonura arectirosfris (= Pasifhea rectirostris, Koch) ebenfalls ungerecht- fertigter Weise in seine Gattung Moina aufgenommen hatte. ■ui. Von besonderem Interesse ist endlich die Moina Macleayii der australischen Fauna, welche sich, wie King in seiner Be- (S(threibung und Abbildung ausdrücklich hervorhebt, durch ihre AiUlsrüstung der Rudertennen von allen bisher ermittelten Arten der Gattung unterscheidet. Sie trägt nämlich an jedem der Ufiiden Antennenäste fünf gegliederte Fiederborsten, die sich vom ßftsajgliede anhebend am viergliederigen Aste auf die einzelnen Xcrii^iier nach der Formel = (0 -+- 0 + 1 -|- 4) vertheilen, wäh- iteßdider dreigliederige Ast sie in der gewöhnlichen Vertheilung: (ilifrf-,! -f- 3) besitzt. — Diese Ausrüstung erinnert an den bisher ii«Y;h\''nicht wieder aufgefundenen Monoculus longicollis (Jurine), wuelcber als Moina longicollis der Moina Macleayii (King) anliijSQhliessen sein dürfte. .iniHÜieber die von King nachgewiesenen 10 Lynceiden der Hu^tf'iallischen Fauna bemerkte der Vortragende schliesslich noch, <^3i$ßS;-,,- ;.IiIßtJtiiV. Martens zeigte eine Landschnecke von der •JrftSQj): A^qflension , im atlantischen Ocean, vor, die erste von dort bekannt gewordene, von ür. Tb. S tu der während der Sitzung vom 20. Februar. 15 Fahrt der „Gazelle" gesammelt; es ist Helix similaris Fer., eine in den Hafen platzen des tropischen Amerikas und Indiens weit verbreitete Art, welche daher wahrscheinlich auch erst durch die Schifffahrt nach Ascension gekommen sein dürfte; ihr ur- sprüngliches Vaterland scheint der indische Archipel zu sein, nach ihrer allgemeinen Verbreitung daselbst und dem Vorkom- men verwandter Arten ebenda zu schliessen. Derselbe sprach ferner über die Mol luskenfauna des Thü- ringer Waldes, nach den Erfahrungen, welche er im August und September des vorigen Jahres daselbst, namentlich bei Friedrichs- roda, gemacht, mit Hin Weisung auf die von Dr. Küster in Liebenstein undvon Direktor Rieh t er in Saalfeld mitgetheilten Beobachtungen. Dem Gebirge eigenthümliche Arten, den niedrigeren Gegen- den Mittel- und Nord -Deutschlands fremd, finden sich nur im südöstlichen Winkel an der Saale, so Htjalina glabrd, Helix holo- serica und die hierwohl ausgestorbene Helix ic /i f hy onitna Held (H.foetens var.Duffti Kobel t), welche in mit Diluviallehm gefüllten Spalten des Obernitzer Felsens bei Saalfeld gefunden wurde, zuerst im Jahre 1858 von Dr. Carl v, W allen berg in Gemeinschaft mit Prof. Beyrich und Direktor Richter, und 1869 auch durch Hofapotheker Dufft aus Mauerritzen am Schlossberg von Rudol- stadt angegeben wurde; sie lebend in Mittel-Deutschland zu fin- den, ist bis jetzt noch nicht geglückt, wohl aber lebt dieselbe Art gegenwärtig in Tirol und Oberösterreich. Der Kamm des Thüringer Waldes, durch den „Rennweg" bezeichnet und zu- gänglich, ist sehr arm an Landschnecken: nur einige Nackt- schnecken: Limax marginatus (Müll.), agrestis und Arion ater, sowie eine kleine Art mit glänzender Schale, Hyalina pttra, konnte der Vortragende dort auffinden; Clausilien sind von einzelnen Höhenpunkten bekannt, so Cl. plicatula var. curfa A. Sc hm. vom Inselsberg; Cl. nigricans fand der Vortragende auf dem Dolmar (Basalt). Die Abhänge und Schluchten („Gründe") etwa zwischen 2000' und 1400', sind auch noch verhältniss- mässig arm an Schnecken, was theils der ungünstigen, kalk- armen und die Feuchtigkeit nicht lange zurückhaltenden geo- gnostischen Unterlage, theils dem Vorherrschen des Nadelholzes oder doch hochstämmiger Laubwälder ohne Unterholz zuzuschrei- ben sein dürfte. Limax cinereoniger. Heli.r lapicida. 16 Gesellschaft naturforschender Freunde. Hyalina radiutula, öfters albin (vergrünt), und die ganz kleine Helix (Punctum) pygmaea kommen in diesen Wäldern mehr- fach vor, doch ist nicht überall auf sie zu rechnen; der obere Lauf der Bäche und Flüsschen ernährt kleine Limnaeen (peregra und ovata) und namentlich Aneylus fluviatilis, der von Prof, E. Weiss schon in einer Höhe von etwa 2000' gefunden wor- den. Nur einzelne Stellen zeigen einen grösseren Schnecken- reichthum, theils in Folge kalkhaltigen Grundes, z. B. Lieben- stein (Zechstein-Dolomit), theils in Folge der Bodengestaltung, wie die sogenannten Katzensteine am Gottlob, etwa 1500', die einzige Stelle in der Umgebung von Friedrichsroda, wo schroffe weithin sichtbare Felsenzacken (Melaphyr-Conglomerat) auftre- ten; hier fand ich 9 Arten von Landschnecken, darunter zwei Clausilien, parvula und plicalula, auf wenigen Quadratfussen ziemlich zahlreich beieinander; stärkere Erwärmung durch die geneigte Fläche rechtwinklig treffende Sonnenstrahlen im Gan- zen bei einem Ueberfluss von einzelnen schattigen Schlupf- winkeln in den Felsenritzen und unter den losen Steinen schei- nen die Momente zu sein, welche das Schneckenleben hier be- günstigen. Am Thorstein, einer ungleich grösseren aber im Walde versteckten Felsmasse ohne lose Steine am Boden konnte ich keine Schnecken finden. Eine andere begünstigte, übrigens auch schon etwas tiefer gelegene Stelle bilden die Abhänge der Wart- burg, wo unter Anderen die seltene Balea perversa voi kommt. Wo die Schluchten sich zu Wiesenflächen erweitern und der Anbau des Bodens grössere Ausdehnung gewinnt, im Allgemei- nen bei 1400 — 1200' treten an geeigneten Stellen auch wieder mehr Schnecken auf, so im Ufergebüsch Helix hortensis und incarnata, an Gartenmauern mehrere Clausilien, und mit den stehenden Gewässern auch zahlreichere Süsswasserschnecken, wie Limnaea stagnalis, die echte aiiricularia, Physa fontinalis und mehrere Arten von Planorbis, (Reinhardtsbrunn), doch noch nicht der grosse PI. cornens und auch noch nicht die grossen Paludinen. Auffallend war es mir, weder hier noch weiter oben Helix arbustorum zu finden, die doch sonst in Gebirgsgegen- den eine grosse Rolle spielt, z. B. in Schlesien, Süddeutschland und Norwegen, übrigens auch im Harze nicht häufig ist. Im Norden wie im Süden wird der Thüringer Wald von Muschel- Sitzung vom 20. Februar. 17 kalkstrecken umsäumt und auf diesen treten sogleich die Land- schnecken in auffällig grösserer Anzahl sowohl von Arten als von Individuen auf; schon der schmale Muschelkalkstreifen, der sich vom Dachsberg bei Friedrichsroda nach Rödichen und Schnepfenthal hinzieht, bot mir 18 verschiedene Arten von Land- schnecken, worunter mehrere grössere Arten, wie Helix pomalia, nemoralis, ericetorum und allein fünf Clausilien; sieben von die- sen achtzehn waren mir in der näheren Umgebung von Friedrichs- roda sonst nirgends vorgekommen, und auf dem südlichen Muschel- kalkgebiete, zwischen Meiningen und Kühndorf, kamen noch fünf neue hinzu. Charakteristisch für den Muschelkalk zu beiden Sei- ten des Gebirges sind namentlich die hellfarbigen (weissen oder hellgelben) Schnecken steinreicher Rasenflächen, wie Helix ericetorum, striata, Bulimimis detritus, Pupafrumentum, ferner Vertigo minntissima und pusilla; mehrere derselben sind aber auch von den Herren Küster und Richter auf dem Kalkboden des Zech- steins gefunden worden. Eine andere kalkliebende Pupa, F. avenacea, ist bis jetzt im Gebiet des Thüringer Waldes nur an zwei Stellen gefunden worden, dem Wartberg bei Thal von Apotheker Lappe und bei Elgersburg von Prof. W. Peters; beide Orte liegen in dem schmalen Streifen von Zechstein-Dolo- mit, der sich am Nordabhang des Gebirges hinzieht. Es ist dabei zu bemerken, dass auch in andern Gegenden Deutsch- lands mehrere Arten nur auf Einer geognostischen Unterlage vorkommen, aber dieselben Arten anderswo wieder auf sehr verschiedenen; die chemische Beschaffenheit des Bodens ist eben nur einer unter den vielen Faktoren, deren Zusammenwirken den einzelnen Arten das Dasein ermöglicht, und sie wirkt wohl weniger unmittelbar als mittelbar durch ihren Einfluss auf die Feuchtigkeitsverhältnisse, die Erwärmung und die Vegetation; sie kann daher in der einen Gegend entscheidend sein, in einer andern gegen andere begünstigende Einflüsse zurücktreten. Herr Magnus fragt, ob unter den Landschnecken etwa auch Fälle bekannt seien, wie die von Prof. Nägel i an ver- schiedenen Alpenflanzen hervorgehobenen, dass nämlich zwei nahe verwandte Pflanzenarten innerhalb des Gebietes, wo beide vorkommen, sich gegenseitig auf eine bestimmte geognostische Grundlage beschränken, aber anderswo, wo nur eine von ihnen 18 Gesellschaft naturforschender Freunde. überhaupt vorkommt, diese sich nicht an die eine Bodenart bindet. Darauf antwortet Herr v. Martens, dass ihm keine augenfälligen derartigen Beispiele unter den Landschnecken be- kannt seien, und dass in der Regel bei denselben den zahlreichen kalkholden und lokal kalksteten Arten keine nahe verwandten granit- oder sandsteinholden gegenüberstehen; doch sei von einigen Stein- und Gebirgsschnecken mit mehr oder weniger Sicherheit angenommen , dass sie sogenanntes Urgebirge vor- ziehen, so von Helix zonata, holoserica, Baleu perversa und Vertigo edentula; diesen könne man als kalkliebende Verwandte etwa H. cingulata, obvoluta, die meisten Clausilien und Pupa minutissima gegenüberstellen und es wäre nicht unmöglich, dass fernere darauf gerichtete Beobachtungen bei einer oder der an- dern von diesen das obige Verhältniss nachweisen würden. Herr F ritsch legt der Gesellschaft eine von Herrn Hof- gärtner Reuter auf der Pfaueninsel eingesandte Ratte vor, deren Natur der Einsender festgestellt wünschte. Dieselbe ist ein halbwüchsiges Exemplar und zeigt desshalb die Species- charaktere noch nicht in voller Deutlichkeit, indessen entspricht der gedrungene Bau, die schwarze gegen den Bauch zu wenig hellere Färbung, die grossen Ohren und glatten Gaumenfalten am meisten dem 3Ius rattus L. Der Schwanz, welcher die Kör- perlänge ungefähr erreicht, hat wohl dem jugendlichen Zustande entsprechend seine volle Länge noch nicht bekommen. Ist die Bestimmung am vorliegenden Exemplar vielleicht nicht mit voller Sicherheit zu geben, so wird sie doch auch unterstützt durch den Umstand, dass mehrere solcher Thiere gleichzeitig zur Beobachtung kamen, sowie dadurch, dass aus früherer Zeit her gleichfalls von der Pfaueninsel Exemplare von M. rattus an das zoologische Museum gelangten. Es scheint also, dass die genannte fast gänzlich ausge- storbene Art sich auf der Insel noch als ein schwacher Rest erhalten habe, und dürfte es gerade die isolirte Lage sein, wo- durch die Hausratte im Kampf ums Dasein gegen den fremden Eindringling, die Wanderratte M. deciimaniis , einen gewissen Schutz fand, um der (gleichfalls bereits auf der Insel vorhan- denen) feindlichen Art längeren Widerstand zu leisten. Sitzung vom 20. Februar. 19 Herr Reuter wurde gebeten, auf erwachsene Exemplare der gleichen Beschaffenheit sein Augenmerk zu richten. — Nächstdem legte der Vortragende als Antwort auf eine von Herrn Braun in der vorigen Sitzung ausgegangene Interpella- tion hinsichtlich der Möglichkeit, mit dem damals vorgestellten Mikrotom Holz zu schneiden , einige Proben solcher Präparate vor. Mit express dafür gearbeiteten schweren Klingen von brei- tem Rücken, deren Schneide keine Neigung zum Federn verräth, lässt sich in der That auch Holz von nicht zu beträchtlicher Härte oder zu grosser Ausdehnung sehr wohl bewältigen. Auch hier, wie überhaupt bei der Verwendung des Mikrotoms, ist die Rücksicht auf den vollständigen Ueberblick der Organisation, besonders bei wechselnden Dichtigkeiten im Gewebe das leitende Moment, um sich nicht der Hand allein, sondern eines unter- stützenden Apparates zu bedienen. Wächst der Widerstand des zu schneidenden Holzes über ein bestimmtes Maass, so sind die G u d d e n'schen Mikrotome vorzuziehen. Differente Karminfärbung hebt an den Präparaten die verholzten Theile von den noch Plasma haltigen sehr vortheilhaft ab. Herr Otto Müller macht eine vorläufige Mittheilung über pelagische Formen von Diatomaceen aus dem süd- lichen Eismeere. Dieselben wurden bei Gelegenheit der Challenger-Expedition durch Herrn Dr. v. Willemoes-Suhm der Meeresoberfläche entnommen und gelangten durch die Herren Marine -Ober -Stabsärzte Dr. Klefeker und Dr. Bohr in die Hände des Herrn Professor Hart mann, welcher sie Vortragen- dem durch Herrn Dr. P. Magnus übermittelte. Die Probe ist in mehrfacher Beziehung sehr interessant. P. T. Cleve hat im Jahre 1873 in den Abhandlungen der schwedischen Akademie die Diatomaceen des nördlichen Eis- meeres beschrieben und es bietet sich nun Gelegenheit, die For- men beider Meere zu vergleichen. Sodann enthält die Auf- sammlung eine Reihe seltener und insbesondere auch grosser Arten, welche ein sehr willkommenes Material zu anatomischen Untersuchungen abgeben. Die getrocknete Probe bildet eine weisse, verfilzte Masse, der Watte ähnlich, die durch Aufschlämmen in Wasser nur un- 20 Gesellschaft naturforschender Freunde. vollkommen entwirrt werden kann, weil anatomische Eigen- thümlichkeiten einzelner Formen deren Trennung erschweren. Der weitaus grosseste Theil dieser Masse besteht aus einer von Cleve erst 1873 aufgefundenen und benannten Synedra, der Synedra Thalassothrix Cl. Hiernach folgen in Betracht der Häufig- keit verschiedene Chaetoceraeen, Rhizosolenien , Coscinodiscen und Fragilarien. Alle übrigen Formen kommen nur in verein- zelten Exemplaren vor und verschwinden gegen die Häufigkeit der vorgenannten. Cleve hat in seiner Arbeit über die Diatomaceen des nörd- lichen Eismeeres eine Anzahl neuer Species beschrieben und benannt. Von diesen constatirt Vortragender zunächst das Vor- kommen folgenderauch im südlichen Eismeere: Synedra Tha- lassothrix; Chaetoceros boreale; Chaetoceros decipiens; Chaetoceros atlanticum; Cocconeis glacialis. Dagegen scheint die Thalassio- sira Nordenskjöldü CL, von der Cleve sagt, sie fluthe in grossen Mengen auf dem nördlichen Eismeere, in dieser Probe nicht vor- zukommen. Eine ausführlichere Analyse und eingehendere Mit- theilungen über den Bau der Synedra Thalassothrix und der Chaetoceros-Arten behält Vortragender sich vor. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Schübeier, Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiania, 1875. Bulletin de V Academie imp. des sciences de St. Petersbourg. XXH, No. 4 et dernier; XXHI No. 1. 1877. Sars, On some remarkable forms of animal life from the great deeps off the norwegian coast. II Researches on the structure and affinity of the gentis Brisinga. Christiania, 1875. Monatsbericht der K. Preuss. Akademie der WisseOschaften in Berlin. Septbr. und Octbr. 1876. Annales de la Societe d'agriculture, histoire naturelle et arts utiles de Lyon. 4°»« serie, t. VH. 1874. Leopoldina, Amtliches Organ der Kaiserl. Leopold.- Carolin. - deutschen Akademie der Naturforscher. XIH, 1 — 2. 1877. J. H. Kawall, Organische Einschlüsse im Bergkrystall. Mos- kau, 1876. Sitzung vom 20. Februar. 21 Derselbe. Zur Biologie der Schwalben. Moskau, 1876. Acta horti Petropolitani. Supplementum ad tomum III; t. IV, facs. 1 et 2. St. Petersbourg, 1876. M. J. Plateau, Sur les couleurs accidentelles ou subjectives. 2™e note. Bruxelles, 1876. Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brunn. XIV. 1875. Bulletin de la Societe imper. des naturalistes de Moscou. 1876. No. 2. Liebke et Sparre Schneider, Enumeratio insectorum nor- vegicorum. Facs. II et III. Christiania, 1875. 1876. Orth, Ueber einige Aufgaben der wissenschaftlichen Meeres- kunde. 1875. Derselbe. Ueber einige Aufgaben betreffend die Kartographie des Meeresbodens und die Benutzung der Seekarten. 1875. Knoblauch, Ueber die Reflexion der Wärmestrahlen von Me- tallplatten. Halle, 1876. A.W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Sitzung; s-ße rieht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 20. März 1877. Director: Herr Peters. Herr K. Möbius aus Kiel (als Gast anwesend) beschrieb einen neuen Rhizopoden von den Korallenriffen bei der Insel Mauritius, welchen er Rhaphidodendron albvm nennt. Zur Erläuterung legte er Gruppen, mikroskopische Prä- parate und Abbildungen desselben vor. Der Bau dieses Rhizo- poden führte ihn zu vergleichenden Studien anderer Rhizopoden und des Eozoon canadense. Ueber die Natur des letzteren sind seine Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Zahlreiche Abbildungen von Fora- niiniferen, Eozoon und verschiedener Würmer von Mauritius wurden der Gesellschaft vorgelegt. Herr Kny sprach über das Dickenwachsthu m des Holzkörpers an beblätterten Sprossen und Wurzeln und seine Abhängigkeit von äusseren Einflüssen, ins- besondere von Schwerkraft und Druck. Forstleute und Gärtner sind ohne Zweifel längst mit der Thatsache vertraut, dass an genau verticalen Achsen peren- nirender Holzgewächse, wofern die Auszweigung nach keiner Richtung hin überwiegend gefördert ist und auch alle sonstigen Bedingungen, welche das Wachsthum des Holzkörpers beein- flussen, sich allseitig das Gleichgewicht halten, das Mark eine 3 24 Gesellschaft naturforschender Freunde. genau oder doch annähernd centrale Lage zeigt, dass es hin- gegen an Zweigen, welche mit der Lothlinie einen Winkel bilden, meist nach aufwärts oder abwärts verschoben ist, und zwar bei derselben Art im Allgemeinen um so stärker, je mehr dieser Winkel sich einem rechten nähert. In wissenschaftlicher Form geschieht dieser Erscheinung zuerst durch Carl Schimper Erwähnung, dessen Scharfblick die Morphologie der Pflanzen so manche neue Anregung ver- dankt. Auf der 31. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Göttingen im September 1854^) legte Alexander Braun in seinem Auftrage einige schriftliche Mittheilungen vor, deren zweite „das ungleichseitige 2) Anschwellen des Stengels, namentlich holziger Gewächse, an den seitlich abgehenden Zweigen" betrifft, ^Hyponastische, epinastische und diplonastische Gewächse werden darnach unterschieden, dass seitlich abgehende Aeste entweder unten, oder oben, oder unten und oben zugleich excentrisch sich stärker ausbilden. Hyponastisch sind die Coni- feren Pinus sihestris und Juniperus Dirginiana, besonders deut- liche 3) Beispiele ferner: Rhus Cotinus, Buxus sempervirens. Epi- nastisch sind die meisten Laubhölzer, ferner auch Ephedra. Ex- treme Fälle sind Viscum album, Mespilus germanica. Diplo- nastisch sind Rosa canina, Corylus Avellana. Endlich kommt auch excentrische Ausbildung der Flanken des Zweiges vor, z. B. bei den Cruciferen, wo sogar die Staubfäden der schlechten Seite verloren gehen. Spironastie ist die spiralige Anschwel- lung, die durch Anschmiegen bei Lonicera z. B. eintritt." „Anhangsweise wird auf Cissus hederacea aufmerksam ge- macht; dieser hat Heteronastie, wo die Markstrahlen auf der geförderten Seite convergiren, auf der zurückbleibenden divergiren. " Der einzige Forscher, welcher unseres Wissens bisher den Versuch gemacht hat, diese Ungleichmässigkeit im Dickenwachs- thume seitlicher Achsen auf ihre Ursache zurückzuführen, ist Hofmeister. In seiner „Allgemeinen Morphologie der Ge- ') siehe den amtlichen Bericht p. 87. *) Im Originaltext steht „ungleichzeitige", was als Druckfehler be- trachtet werden darf. ') Im Originaltext steht „deutsche", was wir ebenfalls als Druckfehler betrachten. Sitzung vom 20. März. 25 wachse" (1868) behandelt er die von C. Schimper entdeckten Thatsachen zusammen mit anderen morphologischen Erschei- nungen, welche seiner Auffassung gemäss unter demliirecten und unmittelbaren Einflüsse der Schwerkraft zu Stande kommen. Auf Seite 604 1. c. sagt er wörtlich: „Bei den meisten Laubhölzern wächst auch das Holz an der nach oben gewendeten Seite seitlicher Zweige stärker in die Dicke, als an der unteren. Das Wachsthum, die Thätig- keit des holzbildenden Cambium sind in der Richtung aufwärts gefördert. Das Mark solcher Zweige hat eine excentrische, nach unten gerückte Lage. Beispiele: Viscmn album, Mespihts germanica."' „Die nicht lothrecht gerichteten Achsen einer Anzahl von Pflanzen werden in ihrem Dickenwachsthume durch die Schwer- kraft in genau umgekehrter Weise beeinflusst. Die dem Erd- mittelpunkt zugewendete Längshälfte ihrer geneigt oder hori- zontal wachsenden Achsen verdickt sich überwiegend. Es be- steht somit zwischen verschiedenen Pflanzenformen in Bezug auf die Förderung der Stammverdickung durch eine in Richtung der Lothlinie wirkende Kraft ein ähnlicher Gegensatz, wie in Bezug auf die Förderung des Breitenwachsthumes der Blätter (S. 586)." So viel die Erklärung Hofmeister 's durch ihre Einfach- heit Verlockendes hat, bleibt sie nichtsdestoweniger zahlreichen Einwürfen oflfen. Schon von vornherein ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass dieselbe einfache Naturkraft — die Schwere — denselben bei allen dicotylen Holzgewächsen im Wesentlichen so überein- stimmenden Entwickelungsprocess, wie es die Bildung der Jahres- ringe ist, bei verschiedenen Arten in entgegengesetztem Sinne beeinflussen sollte. Es drängt sich unmittelbar die Vermuthung auf, dass andere Momente wenigstens mitwirkend thätig sein werden, um das Resultat nach der einen oder an- deren Richtung abzulenken. Noch grössere Bedenken muss es erregen, wenn wir sehen, — was bei einer ausführlicheren Veröffentlichung durch Bei- spiele belegt werden soll, ■ — dass das Maass der Hyponastie oder Epinastie in den aufeinanderfolgenden Jahresringen erheb- 3* 26 Gesellschaft naturforschender Freunde. liehen Schwankungen unterliegt, dass bei manchen Holzgewächsen der erste oder mehrere der ersten Jahresringe der Regel nach hyponastisch sind, während die folgenden epinastisch werden; ja dass in Ausnahmsfällen zwischen epinastischen Jahresringen ein vereinzelter hyponastischer eingeschaltet sein kann und um- gekehrt bei Coniferen zwischen hyponastischen ein epinastischer. Eine nähere Erwägung der Umstände, welche die Ent- wickelung der Pflanzensprosse und besonders das Dickenwachs- thum ihres Holzkörpers bestimmen, wird nur dazu dienen können, den ersten Zweifel zu befestigen ; gleichzeitig wird sie die Ueber- zeugung begründen, dass der oberirdische, beblätterte Spross überhaupt kein geeignetes Object ist, um den Einfluss der Schwerkraft auf das Dicken wachsthum des Holzkörpers in einfachster und klarster Form kennen zu lernen, — dass nur die Wurzel die hierzu nothwendigen Erfordernisse in sich vereinigt. 1) Vor Allem ist darauf hinzuweisen, dass die Ober- und Unterseite horizontaler und schief geneigter Sprosse nicht nur die Wirkung der Schwerkraft in entgegengesetztem Sinne er- fahren, sondern dass sie auch von anderen Agentien, deren hohe Bedeutung für das Pflanzenleben bekannt ist ( — Licht, Wärme, feuchte Niederschläge — ) in verschiedenem Maasse beein- flusst werden. Die Oberseite eines Zweiges empfängt zu allen Tageszeiten mehr Licht, als die Unterseite, und ist bei directer Besonnung durch ein grösseres Maass von Wärme bevorzugt, während sie andererseits in kalten Nächten mehr Wärme durch Strahlung verliert, als die Unterseite. Wird nun auch das Licht vermuthlich nicht von hervor- ragender Bedeutung sein, da das Cambium von Bast, Rinde und Epidermis (resp. Periderm) oder von Bast und Borke bedeckt ist und die Zell theilungen, soweit bis jetzt bekannt, von der Beleuchtung unabhängig erfolgen, so ist doch zu bedenken, dass die geringen Lichtmengen, welche bis zu den jüngsten Partbieen des Holzkörpers gelangen, wahrscheinlich nicht ohne Einfluss auf das Flächenwachsthum der jungen Holzzellen sein werden. Schieben sich die Holzzellen , einer stärkeren Verlängerung an der Ober- oder Unterseite des Zweiges entsprechend, hier weiter Sitzung vom 20. März. 27 zwischen einander ein, so muss dies nothwendig eine Vo- lumenvergrösserung des Holzkörpers an dieser Seite zur Folge haben. Es wäre also zuvorderst zu untersuchen, ob das Licht in der angedeuteten Weise wirkt und ob sein Einfluss, falls er sich als vorhanden feststellen lässt, bei allen Holzgewächsen ein gleicher oder verschieden grosser ist. Dass die Thätigkeit des Cambium unter dem Einflüsse der Wärme steht, bedarf kaum eines Hinweises. Steigerung der Temperatur bis zu einem Optimum wird, unter sonst gleich günstigen umständen, erhöhtes Zellenwacbsthum und lebhaftere Zellvermehrung zur Folge haben. Es wäre deshalb vor Allem wichtig, zu erfahren, ob bei einem geneigten Seitenzweige der grössere Wärraegewinn der Oberseite durch Besonnung ihren grösseren Wärmeverlust durch Ausstrahlung im Verlaufe der Vegetationszeit überwiegt, oder ob das Umgekehrte der Fall ist. Die Lösung dieser Frage Hesse sich in einer forstlichen Versuchsstation durch Beobachtung von Thermometern, welche an älteren horizontalen Zweigen von Holzgewächsen an der Ober- und Unterseite bis zum Cambium eingeführt und gegen directe Insolation geschützt sind, wohl ermöglichen. Für unseren Zweck brauchbare Daten würden sich natürlich nur dann ge- winnen lassen , wenn die Beobachtungen nicht nur an Zweigen verschiedener Arten und bei derselben Art an solchen von ver- schiedenem Alter, sondern wenn sie auch an mehreren Zweigen derselben Art und gleichen Alters ausgeführt würden, von denen einige direct besonnt, andere tief beschattet sind. Zwar sind die wasserreichen Gewebe der Achsen gegen allzureichliche Verdunstung durch verkorkte Gewebe nach aussen geschützt. In der Jugend versieht diese Function die Epidermis mit der sie bedeckenden Cuticula und den Cuticular- schichten ihrer Aussenmembranen; später treten Periderm und Borke an ihre Stelle. Doch ist der Wasserverlust der inneren Gewebe dadurch wohl beschränkt, aber nicht aufgehoben, da ver- korkte Membranen für Wasser in tropfbar flüssiger Form und als Gas zwar schwer durchgängig, aber nicht undurch- gängig sind. An jüngeren Sprossachsen findet dabei durch die Spaltöffnungen und später durch die Lenticellen noch eine von 28 Gesellschaft naturforschender Freunde. der Permeabilität verkorkter Membranen unabhängige Communi- cation zwischen Atmosphäre und Rindengewebe statt. Wurde von Haberlandt^) an den jungen Internodien ein- jähriger horizontaler Zweige von Holzgewächsen die Zahl der Spaltöffnungen an Ober- und Unterseite annähernd gleich gefunden, so stellte sich seinen Beobachtungen zufolge für die Lenticellen später ein sehr abweichendes Verhältniss heraus. An jüngeren Zweigen fand er sie an der Unterseite zahlreicher als an der Oberseite. „Diese Verhältnisszahl ändert sich nicht nur mit der Species, sondern auch mit dem Alter des Zweiges. Im Allgemeinen wird die ungleichmässige Vertheilung der Lenti- cellen allmälig ausgeglichen, was sich an Ulmenzweigen schon im 3. bis 5. Jahre geltend macht, bei Triaenodendron jedoch am längsten hinausgeschoben wird." (S. 26 des Sep.-Abdr.) Es wäre nun zu untersuchen, ob an horizontalen und schief geneigten Achsen der Wasserverlust durch Verdunstung, trotz der Verschiedenheit der äusseren Einflüsse, welche an der Ober- und Unterseite die Verdunstung bedingen, sich als ein allseitig gleichmässiger herausstellt oder ob, wie dies von vornherein wahrscheinlich ist, Ober- und Unterseite sich hierin verschieden verhalten. Sollte sich, was zu vermuthen steht, ergeben, dass an jungen Zweigen die Oberseite stärker verdunstet, als die Unterseite, so würde hierin die von Hofmeister 2) gemachte interessante Beobachtung, dass die Gewebe der oberen Hälfte geneigter junger Zweige ein grösseres specifisches Gewicht besitzen, als die der unteren Hälfte, wol zum Theil ihre Erklä- rung finden. Es schliessen sich hier die Angaben von Geles- noff^) an, wonach bei jenen Zweigen der von ihm unter- suchten Holzgewächse, deren Mark unter dem geometrischen Centrum des Querschnittes liegt, der Wassergehalt der unteren Hälfte grösser als der der oberen Hälfte ist; dass dagegen bei den Zweigen der Coniferen, deren Mark höher als das geome- trische Centrum liegt, die obere Hälfte wasserreicher als die untere ist. In wie weit auch diese Thatsachen mit einer ver- •) Beiträge zur Kenntniss der Lenticellen (in den Sitzungsber. der k. Akad. d. W. in Wien. Juli 1875.) ^) Allgem. Morphol. d. Gew. p. 601. 3) Ueber die Quantität und Vertheilung des Wassers in den Pflanzen (Arbeiten der St. Petersb. Ges. d. Naturf., Band V, Heft 2 (1874) und Just's Botan. Jahresber. II (1874), p. 756. Sitzung vom 20. März. 29 mutheten Verschiedenheit in der Verdunstungsgrösse der Ober- und Unterseite geneigter Zweige von Holzgewächsen in Verbin- dung stehen, lässt sich zur Zeit kaum ermessen. Immerhin aber ist es bemerkenswerth, dass bei den von Gele snoff erwähnten Arten geringerer Wassergehalt und Steigerung des Zuwachses correspondirten. Wenn sich der grössere Wassergehalt der Ober- oder Unterseite gleichzeitig in einem gesteigerten Turgor der Cambiumzellen während der Bildungszeit der neuen Holzlagen ausspricht, müssten wir, falls nicht andere Momente entgegen- wirken, genau das umgekehrte Resultat erwarten, nachdem Sachs überzeugend dargethan hat, dass der von dem flüssigen Zellinhalte auf die gespannte Membran geübte Druck deren Flächenwachsthum fördert. ^) 2) In den vorstehenden Bemerkungen war des unmittel- baren Einflusses gedacht, welchen Licht, Wärme und der durch Verdunstung geregelte Wassergehalt der Cambiumzellen auf den Zuwachs des Holz- und Bastkörpers haben müssen. Nebenher wird sich aber auch eine indirecte Einwirkung äusserer Agentien geltend machen. Mag das Maass von Wärme, welches horizontalen und schief geneigten Zweigen von aussen her zufliesst, und mag der Wasser- gehalt ihrer Gewebe an der Ober- oder an der Unterseite ein durchschnittlich grösserer sein: jedenfalls ist sicher, dass die Schwankungen in der Temperatur und der Feuchtigkeitszufuhr der zunächst betroffenen äussersten Rinden- und Bastgewebe an der Oberseite sehr viel grösser sind, als an der Unterseite. Geringe Regenmengen kommen nur der Oberseite dickerer Seitenzweige zu Gute; sie dringen hier .in die Fugen der Borke ein, bevor das Wasser Zeit hat, an den Seiten abwärts zu fliessen und auch die Unterseite zu netzen. Ist der Regenfall ein aus- giebigerer und gelangt eine beträchtliche Wassermenge auch an die Unterseite der Zweige, so wird sie sich bei der Rückkehr sonnenheller Witterung hier länger halten, als oben. Von gröss- tem Einflüsse wird hierbei die Lage des Zweiges gegen den Meridian, seine Stellung im Gesammtbau des Pflanzenstockes und der Grad seiner Beschattung sein. Ist er nach aufwärts ') cf. Sachs, Lehrb. der Bot. IV. Aufl., p. 762 und H. de Vries, Ueber die Ausdehnung wachsender Pflanzenzellen durch ihren Turgor. (Botan. Zeitg. 1877, p. 1 ff.) 30 Gesellschaft naturforschender Freunde. und nach derjenigen Himmelsrichtung hin, aus welcher die betreffende Oertlichkeit den grösseren Theil ihrer feuchten Nieder- schläge empfängt, durch ein dichtes Laubdach geschützt, so wer- den die Extreme im Wassergehalt der Borke an der Oberseite im Verhältniss zu denen an der Unterseite geringer ausfallen müssen, als wenn der Zweig fast allseitig frei exponirt ist. Dasselbe gilt natürlich auch von der Wärme, die auf den Feuch- tigkeitsgehalt der Rinde ihrerseits wieder zurückwirkt. Steht ein Baum im geschlossenen Bestände des Waldes, wo die Sonnen- strahlen nur spärlich und für kurze Zeit Zutritt finden, wo der Regen zum grösseren Theile vom Laubdache abfliesst, ohne die Borke der Zweige zu erreichen, und die Luft meist mit Wasser- dampf reich beladen ist, so werden die Zweige und insbesondere deren Oberseite einen sehr viel geringeren Wechsel in Tempe- ratur und Feuchtigkeitsgehalt erleiden, als wenn, bei freiem Standorte, alle Atmosphärilien ungehindert Zutritt haben. Auch an demselben Baume werden die verschiedenen Aeste sich aus denselben Ursachen sehr ungleich verhalten. Ein rascher Wechsel von Wärme und Kälte, von Trocken- heit und Feuchtheit, wie er in höherem Maasse an der Oberseite der Zweige stattfindet, wird nothwendig zur Folge haben, dass die nach aussen gekehrten Gewebe (Epidermis, Periderm, Rinde, Borke) hier sich stärker und in rascherer Folge bald ausdehnen, bald zusammenziehen. Da die äussersten Gewebeschichten an älteren Zweigen stets aus plasmaleeren , abgestorbenen Zellen bestehen, so muss die fortdauernde Volumenveränderung das Gefüge in ähnlicher Weise lockern, wie wir es an der frischen, der ungehinderten Einwirkung der Atmosphärilien ausgesetzten Bruchfläche eines porösen Gesteins beobachten. Die älteren und gleichzeitig äusseren Parthieen der Borke werden also dem von innen durch den sich erweiternden Holzkörper auf sie geübten Druck, welcher sich bekanntlich in einer Transversal-Spannung äussert, an der Oberseite horizontaler Zweige im Allgemeinen einen geringeren Widerstand entgegensetzen, als an deren Unterseite. Nun wissen wir aus den auf Anregung von Sachs unter- nommenen schönen Untersuchungen von Hugo de Vries^), dass •) De Vinfluence de la pression du über su)' la structure des couches ligneuses annuelles. {Extrait des Archives Neerlandaises. T. XI, 1876.) Sitzung vom 20. März. 31 der vom Baste auf das Cambium geübte Druck dessen Zellthei- langen und die Ausbildung der jüngeren Elementarorgane des Holzkörpers in hervorragender Weise beeinflusst. Wird der Druck auf künstlichem Wege vermindert, so steigt nicht nur die Zahl der tangentialen Zelltheilungen und es finden dieselben noch zu einer vorgerückten Jahreszeit statt, wo sie unter natürlichen Verhältnissen schon erloschen sein würden, sondern es dehnen sich die im Herbste gebildeten Elementarorgane des Holzkörpers auch in radialer (resp. tangentialer) Richtung mehr aus und es werden die Gefässe nicht nur weitlumiger, sondern auch zahl- reicher, als sie es im normalen Herbstholze sind. Umgekehrt nimmt das Gewebe schon im Frühjahr den Character des Herbst- holzes an , wenn der von Rinde und Bast auf das Cambium geübte Druck künstlich gesteigert vvird.^) Vortragender glaubt nicht fehl zu gehen, wenn er die Ur- sache der so scharf ausgeprägten Epinastie bei den seitlich ab- gehenden Zweigen vieler dicotyledoner Holzgewächse zum grossen Theile in analogen Verhältnissen findet. Wird durch die grösseren Schwankungen von Wärme und Feuchtigkeit an der Oberseite hier eine Lockerung im Zusammen- hang der äussersten Gewebeschichten herbeigeführt und wird der auf das Cambium von ihnen geübte Druck dadurch geringer, als er auf der Unterseite ist, so wird sich dies nicht nur in der grösseren Zahl der Holzzellen an der Oberseite des Zweiges und in der Steigerung ihres Radialdurchmessers, sondern auch im Vorherrschen der Gefässe und in ihrem grösseren Umfange aussprechen müssen, — kurz es wird der obere Theil des Jahresringes mehr von den Eigenschaften des Frühlingsholzes, der untere mehr von denen des Herbstholzes annehmen müssen. Dass dem wirklich so ist. liess sich in mehreren Fällen, wie bei Tilia parvifolia, Gleditschia latisiUqua u. a. m., wo die Epinastie horizontaler Zweige sehr stark hervortritt, deutlich nachweisen. 2) ') 1. c. p. 37 u. 39. *) Wie sehr das Dickenwachsthum des Holzkörpers durch Vermin- derung des Druckes gefördert wird, zeigen unter Anderem auch die an Wundstellen und Frostspalten von Stämmen sich bildenden Ueber- wallungswülste. Sehr stark treten sie besonders an solchen Frostspalten her- vor, die sich in jedem Winter von Neuem öffnen. Von der Wunde nimmt die 32 Gesellschaft naturforschender Freunde. Die Verschiedenheit des Druckes, welcher auf dem Cam- bium der Ober- und Unterseite horizontaler und geneigter Zweige lastet, wird übrigens, je nach der histologischen und chemischen Natur der Epidermis, Rinden- und Bastschichten, sehr verschiedene Werthe annehmen müssen. Herrschen in Rinde und Bast Elementarorgane vor, welche stark verdickt und in tan- gentialer Richtung zugfest verbunden sind, und ist deren Anord- nung eine solche, dass sie das Cambium in geschlossenem Hohl- cylinder umfassen, so wird der Wechsel in der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt der Aussenschichten eine sehr viel ge- ringere Auflockerung und Druckverminderung an der Oberseite zur Folge haben, als da, wo die Zellen zartwandig und dehn- bar sind oder wo, wie bei der Linde, die zu den einzelnen Leit- bündeln gehörigen Streifen stark Terdickter Bastzellen ausser- halb der primären Markstrahlen durch saftreiche Gewebe- parthieen getrennt sind, welche durch nachträgliche Theilungen der Dehnung des Holzkörpers zu folgen vermögen. Auch ge- Holzbildung nach allen Seiten hin an Mächtigkeit ab. Schliesst sich die Wunde, so wird die Holzbildung ausserhalb derselben von nun ab geringer. Mit dem geringeren Drucke, welcher an der Oberseite vieler horizon- taler Zweige auf dem Cambium lastet, hängt es wahrscheinlich auch zu- sammen, dass hier zahlrei chere Ad ventivkno spen hervortreten, als an der Unterseite, wenn es auch noch nicht ausgemacht ist, ob die Schwer- kraft hierbei nicht direct mitwirkt. (Vergl. die von mir ausgeführten, im Sitz.-Ber. dieser Gesellsch. vom 21. März 1876 und Bot. Zeitg. 1876, p. 362, mitgetheilten Versuche.) Dass die an der Oberseite stärker hervortretenden Temperatur- und Feucbtigkeits - Schwankungen und die hierdurch bewirkte Auflockerung der Rinde wesentlich dabei betheiligt sind, geht daraus hervor, dass auch verticale Stämme und Zweige, wenn sie durch Entfernung be- nachbarter Bäume nach einer Seite hin dem Einflüsse der Atmosphärilien frei ausgesetzt werden, hier zahlreichere Adventivknospen hervorbringen (1. c, p. 31). Von anderen Thatsachen, welche zeigen, dass Verminderung des Druckes die Neubildung adventiver Sprossungen begünstigt, führe ich das Hervorbrechen von Adventivzweigeu an solchen Stellen älterer Stämme (z. B. von Tilia parvifolia) an, wo der Zusammenhang der äusseren Gewebeschichten durch früher hervorgetretene Adventivzweige schon gelockert ist (sogen. Maserbildung); ferner das von mehreren Beobachtern constatirte häufige Hervorbrechen von Adventivwurzeln aus Lenticellen, was zu der selbst von namhaften Forschern getheilten irrigen Ansicht Veranlassung gegeben hat, als ob die Lenticellen Wurzelknospen seien (cf. Stahl, Entwickelungsgeschichte und Anatomie der Lenticellen in der Bot. Zeitg. 1873, p. 562 und 563 und Haberlandt 1. c, p. 10). Sitzung vom 20. März. 33 wisse Stoffe, wenn sie in der Rinde oder im Baste in grösserer Menge vorkommen, werden deren "Widerstandsfähigkeit gegen den vom Hoizkörper auf sie geübten Druck und gegen die äusseren Agentien, welche auf die Dehnung und Lockerung der peripherischen Schichten hinarbeiten, zu steigern vermögen. In diesem Sinne ist der reiche Gehalt vieler Coniferen an Harzen und ätherischen Oelen möglicher Weise nicht ohne Bedeutung. Ja, es wäre wohl denkbar, dass durch die höheren Temperatur- grade , welche auf die Oberseite horizontaler und geneigter Zweige, wo sie frei exponirt sind, bei Besonnung einwirken, bei einzelnen Holzgewächsen in gewissen, ihnen eigenthümlichen Stoffen chemische Veränderungen eingeleitet werden, welche die Widerstandsfähigkeit der von ihnen durchtränkten Membranen gegen den von innen aus wirkenden Druck hier steigern. Dann würde sich das Verhältniss zwischen Ober- und Unterseite umkehren. Vortragender hob indess ausdrücklich hervor, dass die ausgesprochene Hyponastie der Coniferen zum grösseren Theile durch andere Ursachen, als die eben angedeuteten, bedingt sein müsse. Wäre bei ihnen der Rindendruck an der Unterseite der Zweige geringer, so müssten die Holzzellen hier in radialer Rich- tung ausgedehnter und weniger dickwandig sein, als an der Ober- seite. Die Beobachtung zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Die Wände der Holzzellen erwiesen sich an der Unterseite der Zweige bei den hierauf untersuchten Arten im Durchschnitt sogar erheblich stärker verdickt, als an der Oberseite. Es wurde dies constatirt bei Juniperus communis, J. occidentalis, Thuja occidentalis, Taxodium distichum, Abies pecti- nata, A. Nordmanniana, Tsuga canadensis, Picea excelsa, Larix euro- paea, Taxus baccata. Dabei war es auffallend, dass nicht selten gerade die Zellen des Frühlingsholzes durch besonders starke Membranen ausgezeichnet waren. Dass bei den genannten Coni- feren an der Unterseite horizontaler Zweige das Holz reicher an Membransubstanz ist, als an der Oberseite, tritt an Querschnitts- fiächen schon für das unbewaffnete Auge durch die hier inten- siver und dunkler bräulichgelbe Färbung hervor. Was diese reichlichere Ernährung der Unterseite bedingt, lässt sich zur Zeit nur vermuthen, nicht sicher bestimmen. 34 Gesellschaft naturforschender Freunde. 3) Das Material an plastischen Substanzen, welches die oberirdischen Sprossachsen zum Fortbau ihres Holz - und Bast- körpers verwenden, empfangen sie zum bei weitem grösseren Theile von den grünen Laubblättern. In erster Linie arbeiten diese für die Zweige, von denen sie unmittelbar entspringen; doch wird der Ueberschuss ihrer assimilirten Baustoffe durch die leitenden Gewebe (Weichbast und Grundgewebe) rückwärts in die ältere Zweige und in den Stamm geschafft. Das Dicken- wachsthum eines Sprosses wird also wesentlich mit bedingt sein durch die Masse der Belaubung, die er trägt. Ist diese nach allen Richtungen hin gleichmässig vertheilt, so werden Holz und Bast, falls auch alle übrigen Einflüsse sich die Wage halten, in allen Theilen gleichmässig ernährt werden; einseitige Förderung der Belaubung dagegen wird auch eine entsprechende einseitige Begünstigung des Dickenwachsthums zur Folge haben müssen. Einige Beispiele werden dies erläutern. Steht ein Baum am Waldessaume nach einer Seite hin frei und entwickelt er hier kräftige Aeste, während nach der ent- gegengesetzten Richtung die Nachbarschaft anderer Bäume die Entfaltung seiner Krone hemmt, so verräth sich dies auch in der Ungleichmässigkeit seiner Jahresringe. Bäume, welche am Abhänge eines Berges wachsen, entwickeln nach der freien Seite hin mehr Zweige und stärkere Jahresringe, als nach der entgegengesetzten.*) An den Ufern des Rothen Meeres wird durch das constante Vorherrschen der Nordwinde eine Ver- kümmerung der nordwärts hervortretenden Aeste bewirkt. Die Folge ist, dass die Holzringe sich nach Süden hin beträchtlich stärker entwickeln und das Mark eine auffallend excentrische Lage erhält. 2) Nun wissen wir aus den Untersuchungen, welche Frank, Hofmeister und Wiesner zu gleicher Zeit und unabhängig von einander angestellt haben, dass an Zweigen, welche nicht vertical gerichtet, sondern gegen die Lothlinie geneigt sind, die relative Massenentwickelung der Blätter abhängig ist von dem Winkel, welchen ihre Medianebene mit der Horizontalen ') cf. Schacht, der Baum. 2. Aufl. (1860), p. 97 und 98. '^) cf. Schweinfurth in dem Sitzungsbericht dieser Gesellschaft vom 15. Januar 1867, p. 4. Sitzung vom 20. März. 35 bildet. Besonders deutlich spricht sich dies an solchen Sprossen aus, deren Blätter zu mehreren auf gleicher Höhe des Stengels entspringen, also in Wirtein angeordnet sind, wie z. B. bei Arten von Acer, Aesculus, Fraxinus, Staphylea, Sambucus. Sind die Blätter eines der in der Knospe sich kreuzenden Paare nach vollendeter Ausbildung gegen den Horizont gleich geneigt, so sind ihre Massen genau oder doch annähernd gleich. Wird die Neigung für beide Blätter eine verschiedene, so werden auch Volumen und Gewicht ungleich. Zenithwärts gerichtete Blätter weisen das Minimum, erdwärts gerichtete Blätter das Maxi- mum der Masse auf.^) Dasselbe Verhältniss zeigen auch solche Arten, deren Laubblätter in mehrzähligen Quirlen oder in fort- laufenden, spiraligen Zeilen angeordnet sind; unter letzteren tritt es besonders augenfällig bei vielen Coniferen {Abtes, Tsuga, Taxus etc.) hervor. Für mehrere dieser Fälle von „Anisophyllie" ist durch den Versuch der Nachweis erbracht, dass sie unter Mitwirkung der Schwerkraft zu Stande kommen. 2) Ihnen reihen sich andere an, wo die Erscheinung zu einer habituellen, von der Stellung des Zweiges und der Blätter gegen den Horizont unabhängigen geworden ist und durch Vererbung auch auf verticale Sprosse übergeht (Selaginella, Goldfussia anisopliylla, Centradenia rosea). Doch hat Wiesner gezeigt, dass bei Goldfussia anisophylla die habituelle Anisophyllie durch directen Einfluss der Schwerkraft gesteigert oder vermindert werden kann.^) Auch bei dem einzelnen Blatte, dessen Mediane nicht mit der Verticalebene zusammenfällt, scheint die nach abwärts gekehrte Seite in ihrer Enwickelung stets durch die Schwer- kraft gefördert zu werden.'*) Der Grad der Beeinflussung zeigt auch hier die mannichfachsten Abstufungen; bei den einen Arten ist der Unterschied in der Grösse der nach oben und der nach ') Wiesner, Beobachtungen über, den Einfluss der Erdschwere auf Grössen- und Formverhältnisse der Blätter (Sitzungsber. der Wiener Akad. d. W. V. Novbr. 1868, p. 4). *) Frank in der Botan. Zeitg. v. 1868, p. 876 flF. und Kny in der Botan. Zeitg. v. 1873, p. 434. 3) 1. c, p. 14. •) Wiesner, 1. c, p. 15 ff. 36 Gesellschaft naturforschender Freunde. unten gekehrten Blatthälfte schon mit blossem Auge erkennbar; bei anderen lässt sie sich erst mit Hilfe der Wage erweisen. Auch hier spielen 'habituelle (vererbte) Eigenthümlichkeiten der einzelnen Arten eine grosse Rolle, und es wird der directe Ein- fluss der Schwerkraft durch sie mannichfach verdeckt. Als Bei- spiel möge die bekannte Asymmetrie der Blätter von Begonia, Ulmus, Celtis etc. erwähnt werden. Da, wo die Spreite seitlich inserirter Blätter annähernd horizontal gerichtet und beiderseits, soweit der Augenschein Gewissheit darüber geben kann, gleich- massig ausgebildet ist, zeigt doch die Basis des Blattstieles häufig eine deutliche Förderung auf der nach abwärts gekehrten Seite, was sich, nachdem die Blätter abgefallen sind, meist noch in der Form der Narbe ausspricht. Beispiele von Asymmetrie bieten z. B. die seitlichen Blattkissen von Acer dasycarpum, A. JSegundo, Fraxinus excelsior, Aesculus Hippocastanum , Robinia Pseudacacia, Gleditschia macrantha, Gymnocladus canadensis.^) Bei anderen Arten ist die Differenz der beiden Hälften des Blattstieles eine geringere oder überhaupt nicht deutlich er- kennbare . Die besprochenen Ungleichheiten in der Blattentwickelung horizontaler und schief geneigter Zweige haben zum grössten Theile die Tendenz, der Unterseite der Sprossachse mehr plasti- sches Material zuzuführen, als der Oberseite und in Folge dessen eine überwiegende Massenzunahme der Unterseite zu begünstigen. Dasselbe wird der Fall sein bei jenen ausgesprochen bilateralen Seitenzweigen, deren alternirend in zwei seit- lichen Zeilen angeordnete Blätter an der Unterseite der Spross- achse einander mehr genähert sind, als an der Oberseite, wie bei Tilia, Corylus, Fagus, Platamis u. a. m. Die Versorgung mit plastischem Material wird hier, so lange die Laubblätter assi- miliren, an der Unterseite eine ausgiebigere sein. Im zweiten oder den folgenden Jahren tritt bei den dico- tylen Holzgewächsen in den Verhältnissen, welche die Ernährung des Cambiums regeln, sehr gewöhnlich eine wesentliche Aeude- rung ein. ') siehe meine Mittheilung im Sitzungsber. der Geeellsch. naturf. Freunde in Berlin v. 16. Juli 1876. Sitzung vom 20. März. 37 Untersucht man einen horizontalen einjährigen Zweig von Aesculus Hippocastamim im Herbste, so findet man an Blatt- paaren mit verticaler Medianebene in der Achsel des kleineren Oberblattes die kleinere Knospe, in der Achsel des grösseren Unterblattes die grössere Knospe, während genau seitlich inse- rirte Blätter von gleicher Masse auch annähernd gleiche Knos- pen bergen. Der Grösse der Anlage entsprechend sehen wir in folgendem Frühjahr aus der unteren Knospe der Regel nach den kräftigeren, aus der oberen Knospe den kleineren Jahres- trieb hervorwachsen. Auch mehrere Arten der Gattung Acer verhalten sich im Ganzen ähnlich, i) Andere Arten, wie Li- gustrum vulgare., zeigen häufig das entgegengesetzte Verhalten; die nach oben gerichtete Achselknospe eines opperirten, mit verti- caler Mediane inserirten Blattpaares ist die grössere und wächst im folgenden Jahre zu einem längeren Jahrestriebe aus. Das Grössenverhältniss der Achselsprosse ist hier übrigens nicht in erster Linie von ihrer Stellung zur Lothlinie, sondern von ihrer Entstehungsfolge innerhalb des zweigliedrigen Quirles bedingt. Die in der Achsel des zweitangelegten Blattes stehende Knospe bleibt der anderen gegenüber an Umfang zurück und es sind dem entsprechend auch die Knospen eines genau seitlich inse- rirten Blattpaares von verschiedenem Umfang. Letzteres tritt sehr deutlich auch bei Sambucus nigra und Syringa vulgaris hervor. An älteren horizontalen und schiefgerichteten Aesten dico- tyledoner Holzgewächse sind in der Regel die nach oben gerichteten Seitenzweige den unteren gegenüber in der Entwickelung ge- fördert. Ausserdem treten aus der Oberseite meist reichlich Ad- ventivsprosse hervor, die sich zum Theil kräftig fortentwickeln, während sie an der Unterseite sparsamer sind oder ganz fehlen. Sehr schön sah ich den Contrast in der Häufigkeit der Adven- tivsprosse auf Ober- und Unterseite bei Acer dasycarpum, Po- pulus pyramidalis, Salix fragilis u. a. m. ausgesprochen. Selbst- ') Die Förderung der jüngsten Auszweiguiigen an der Unterseite hori- zontaler Aeste fand ich meist nur an jungen Bäumen von Aesculus und .4ccr deutlich ausgesprochen. An den seitlichen Auszweigungen älterer Bäume dagegen fand ich häufig die jüngsten Jahrestriebe nach oben hin kräftiger entwickelt. 38 Gesellschaft naturforschender Freunde. verständlich wird diese Regel überall da zahlreiche Ausnahmen erleiden , wo durch örtliche Einflüsse die Unterseite der Ober- seite gegenüber begünstigt ist, wie an Aesten, welche von oben her dicht beschattet sind, von unten her dagegen Licht und Luft ungehindert empfangen können. Ferner werden die nach unten hervortretenden Seitenzweige dann reichlicher ernährt werden, wenn die oberen durch Verletzungen in der Entwickelung zurück- geblieben oder ganz abgestorben sind , u. s. f. Alle diese Ver- hältnisse werden sich im Wachsthume der Jahresringe des Mutter- astes bis auf bestimmte (bei den einzelnen Arten vermuthlich ungleiche) Entfernung von der Insertionsstelle der Seitenzweige geltend machen. Die Coniferen verhalten sich zum Theil in der Auszwei- gung sehr abweichend von der Mehrzahl der Dicotyledonen. Als Beispiel möge die Rothtanne {Picea excelsa) gelten. Nicht nur sind hier die immergrünen Laubblätter an der Unterseite horizontaler Seitenzweige deutlich grösser, als an der Oberseite, wodurch die Internodien in ihrer zenithwärts gekehrten Hälfte für die ersten Jahre benachtheiligt sind; es gelangen an der Unterseite auch mehr Achselknospen zur Entwickelung und diese wachsen zum Theil zu langen Sprossen aus, während die Oberseite der primären Aeste des Stammes und ihrer seitlich abgehenden Zweige nahezu unproductiv bleibt. Hier ist also die Unterseite durch grössere Zufuhr plastischen Materiales dauernd begünstigt. In den soeben erörterten Verhältnissen findet wahrschein- lich eine wichtige Thatsache ihre Erklärung, welche bisher voll- kommen unbeachtet geblieben zu sein scheint. Während näm- lich bei einer Reihe dicotyler Holzgewächse, die ich bisher unter- suchte, alle Jahresringe der Regel nach epinastisch sind, das Mark also schon bei einjährigen Zweigen mehr oder weniger deutlich nach abwärts gerückt ist, zeigen andere die Epinastie im ersten Jahre meist in geringerem Maasse ausgebildet, als später; und wieder andere sind im ersten Jahre sogar fast immer deutlich hyponastisch und werden erst im zwei- ten oder einem späteren Jahre epinastisch. Beispiele der letzteren Art sind : Corylus Avellana, Aesculus Hippocastanum^ Acer Negundo. Von den bei genannten Arten angestellten zahl- SitzuTK] vom 20. März. 39 reichen Messungen werde ich in einer späteren ausführlicheren Veröffentlichung eine Auswahl mittheilen. Dass übrigens der Ungleichmässigkeit in der Zufuhr assi- milirter Substanzen in ihrem Einflüsse auf das Wachsthum des Holzkörpers keine allzugrosse Bedeutung beigemessen werden darf, dass andere Momente sie compensiren, selbst überwiegen können, zeigt unter Anderen Juniperus prostrata. Die am Boden hinkriechenden Achsen dieses Strauches entsenden Auszweigun- gen vorzugsweise aus ihrer Oberseite; trotzdem sind die Jahres- ringe deutlich hyponastisch. 4) Wird schon durch das in der Natur gegebene Zusammen- wirken der bisher erörterten Verhältnisse die Aufgabe sehr er- schwert, zu ermitteln, wie viel von der einseitigen Förderung im Dickenwachsthum nicht verticaler Zweige auf Rechnung eines jeden der namhaft gemachten Einflüsse zu stellen ist und wie viel als Resultat der Schwerkraft übrig bleibt, so wird diese Schwierigkeit durch die bei vielen oberirdischen Achsen eintre- tende Aenderung der bei der Anlegung ihnen eigenen Stellung zu einer fast unüberwindlichen gemacht. Am störendsten wirken die Drehungen um die eigene Längsachse, welche viele Sprosse im Laufe ihrer Entwicke- lung erfahren. Schon bei einer früheien Gelegenheit^) habe ich darauf hingewiesen, dass an zweizeilig beblätterten Sprossen gewisser Arten (z. B. Tilia parvifolia, Corylus Aveflana), welche im ent- wickelten Zustande eine sehr ausgesprochene Tendenz zu hori- zontaler Stellung zeigen und die beiden Blattreihen meist seit- lich (symmetrisch zur verticalen Medianebene) tragen, nicht schon im Knospenzustande die Foliationsebene horizontal ist. Sie zeigt im Gegentheil eine recht erhebliche seitliche Neigung gegen die Foliationsebene des Muttersprosses, wodurch ihre eigene zukünftige Oberseite dem Muttersprosse schief zugekehrt, ihre Unterseite ihm schief abgekehrt ist. Die Neigung beträgt zur Zeit der Winterruhe bei den beiden oben namhaft gemachten Arten mehr oder weniger als einen halben Rechten. Schon auf den ersten Stufen der Fortentwickelung im nächsten Früh- ') Sitzungsber. der Ges. naturf. Freunde vom 16. Juli 1876, p. 106. 4 40 Gesellschaft naturforschender Freunde. jähre tritt dann in den unteren Internodien der Sprosse eine Achsendrehuug ein, mittels deren die beiden Blattzeilen des Sprosses sich seitlich zu stellen streben. ^) In Folge dessen ge- langen Tbeile der jungen Zweige, welche bei ihrer Anlegung genau zenithwärts gekehrt waren, schief nach oben und seitlich, und es wird nun, falls die Schwerkraft auf ihr Wachsthum von Einfluss ist, dieser Einfluss sich fortan in einem von dem früheren verschiedenen Sinne äussern müssen. Auch sonst kennt man Achsendrehungen austreibender Sprosse, welche eine gewisse Regelmässigkeit zeigen. So treten bei den einjährigen seitlich gerichteten Zweigen mehrere Arten von Holzgewächsen mit decussirter Blattstellung in den aufein- anderfolgenden Internodien Drehungen abwechselnd nach rechts und links ein, denen zu folge schliesslich alle Blattpaare genau oder doch annähernd in derselben, der Horizontalen sich nähern- den Ebene inserirt sind. Beispiele bieten Arten der Gattungen Buxus, Cornus, Lonicera, Phi/adelphus, Deutzia u. a. m. „Die Blattstellung der Erlen ist" nach A. Braun 2) ^an Stamm und Zweigen -g-, wovon man sich am leichtesten bei Alnus glulinosa überzeugt, deren Stengel (besonders am Mittel- trieb) dreikantig ist und zwar so, dass die Kanten den Mitten der Blätter entsprechen. Allein die ursprüngliche Anordnung wird bald durch eine schwache Drehung in der Richtung des kurzen Weges modificirt, wodurch die Divergenz vergrössert wird und die wirkliche -J- Stellung, wenn die Drehung ihr Maxi- mum erreicht, in eine scheinbare f Stellung übergeht Da nun die Blattstellung ebenso häufig rechts als links ist, so ist auch die Drehung bald rechts, bald links." Viel häufiger sind Drehungen, welche nur gelegentlich und in ganz regelloser Weise, ohne Beziehung auf die Lage des Zweiges zum Horizonte oder auf eine bestimmte Aenderung des Divergenzwinkels der auf einanderfolgenden Blätter, eintreten. Am leichtesten sind sie an Arten mit decussirter Blattstellung ') Vergl. Frank, die natürliclie wagrechte Richtung von Pflanzentheilen. Leipzig 1870, p. 30 ff. '^) Ueber den schiefen Verlauf der Holzfaser und die dadurch bedingte Drehung der Stämme (Monatsber. d. K. Acad. d. W. in Berlin 1854, p. 22 der Sep.-Abd.) Sitzung vom 20. März. 41 zu constatiren, wie bei Fraxinus excelsior, Syringa vulgaris, Li- guslrnm vulgare, Sambucus nigra, vielen Arten von Acer u. a. m. Man kann hier Zweige finden, deren Blätter (resp. Achselsprosse) ohne jede Störung in rechtwinklig sich kreuzenden Paaren auf- einanderfolgen, während an anderen Zweigen desselben Stockes kein einziges Internodium ungedreht geblieben ist. Im letzteren Falle kann der Drehungswinkel zwischen sehr erheblichen Gren- zen schwanken; die Drehung kann entweder überall in dem- selben Sinne, oder sie kann bald nach rechts, bald nach links erfolgt sein. Dass die Achsendrehungen mehrjähriger Zweige , wo sie sich durch die Anordnung ihrer Seitenzweige offenbaren, vor- wiegend im ersten Jahre erfolgt sind, ist wahrscheinlich, aber meines Wissens nicht erwiesen. Dreht sich ein Inter- nodium im zweiten oder einem späteren Jahre, so würde nicht nur das Dickenwachsthum des eigenen Holzkörpers dadurch be- einflusst; es würden auch sämmtliche von ihm entspringende Seitenzweige, welche der Bewegung passiv folgen müssen, in Mitleidenschaft gezogen werden. Es kann diejenige Seite eines solchen Tochterzweiges, welche früher zenithwärts gekehrt war, hierdurch zur unteren werden, ohne dass an dem betreffenden Zweige selbst eine Achsendrehung erfolgt ist. Man sieht, dass die Schwierigkeit, zu ermitteln, in welcher Richtung die einzelnen Theile des Holzkörpers ursprünglich angelegt wurden und in welcher Stellung sie die einzelnen Phasen ihrer Ausbildung voll- endeten, hierdurch empfindlich gesteigert wird. Zu alledem kommt noch, dass, falls eine Beeinflussung des Dickenwachsthumes verholzter Achsen durch die Schwerkraft besteht, wir nicht wissen, ob und wie lange sie bei inzwischen veränderter Stellung derselben zum Horizonte nachwirkt. Die an Laubblättern, deren Mussenentwickelung durch die Schwerkraft in erheblichem Grade beeinflusst wird, gemachten Erfahrungen würden das Bestehen einer Nach wir k u ng im höch- sten Grade wahrscheinlich machen, und nicht minder wahrschein- lich würde es sein, dass dieselbe bei verschiedenen Holzgewäch- sen verschieden lange Zeit andauere. Es bliebe also, falls nicht sorgfältige Untersuchungen über den letzten Punkt vorher Auf- schluss gegeben hätten , bei einem unter gleichzeitiger Drehung 4^ 42 Gesellschaft naturforschender Freunde. sich verdickenden Zweige immer der Zweifel bestehen , ob eine einseitige Förderung in bestimmter Richtung als alleiniges Er- gebniss der letzten oder als gemeinsames Resultat der letzten und der früheren Stellungen zu betrachten sei. Aehnliche Be- denken würden natürlich auch für die übrigen das Dickenwachs- thum bedingenden Einflüsse, bei denen möglicherweise eine Nachwirkung statt hat (Wärme, Licht, Druck), Berücksichtigung finden müssen. Ebenfalls störend für die Beurtheilung des Antheiles, welcher den verschiedenen von aussen einwirkenden Agentien auf die ungleichseitige Verdickung seitlich abgehender Zweige zukommt, werden — wenn auch in sehr viel geringerem Grade, als die Achsendrehungen, — etwa stattfindende Heb ungen und Sen- kungen der Sprosse sein müssen. Es gehören hierher vor Allem einseitige Nutations- beweg ungen sich fortentwickelnder Sprosse, wie sie an den Seitenzweigen zahlreicher Holzgewächse (Ulmus, Fagns, Corylus, Tilia etc.) bekannt sind. Die genannten Gattungen stimmen darin überein, dass die Internodien in frühester Jugend vertical oder schief nach abwärts gerichtet sind, um sich später zu schief-absteigender, horizontaler, schief-aufsteigender oder selbst verticaler Stellung zu erheben. i) Auch Sprosse, deren Spitze nicht nutirt, ändern häufig im Laufe der Entwickelung ihre Neigung zum Horizonte und werden bogig gekrümmt. Gewöhnlich geschieht dies in dem Sinne, dass der vordere Theil sich aufzurichten strebt. Ausser von äusseren Kräften wird dies unzweifelhaft auch durch die Stellung bedingt, welche ein Spross im Gesammtbau des Pflanzenstockes einnimmt. Wird ein Baum vor dem Austreiben der Knospen im Frühjahr seines Gipfeltriebes beraubt, so übernehmen bekanntlich ein oder mehrere Seitentriebe dessen Stelle, Statt, wie ihnen unter frü- heren Verhältnissen vorgeschrieben gewesen wäre, horizontal oder in schiefer Richtung auszuwachsen, zeigen sie nun einen aufstrebenden Wuchs, wobei die Richtung der bereits angelegten Internodien sich zum Theil ändert. ') Sind die Sprosse dauernd nach abwärts gerichtet, wie dies bei der Hängebuche und der Hängeulnie die Regel ist, so zeigen die fortwachsenden Spitzen keine Nutationskrümmung. Sitzung vom 20. März. 43 Ob auch an mehrjährigen Aesten noch eine weitere dauernde Hebung eintritt, ist meines Wissens bisher nicht ermittelt. Falls die geringen Unterschiede der Beleuchtung, welche dem Cambium und den jungen Holzzellen der Ober- und Unterseite geneigter Aeste noch zu Gute kommt, eine Steigerung ihres Längenwachs- thumes auf der Unterseite zur Folge haben, so würde eine Vor- bedingung liierfür gegeben sein. Jedenfalls würde dem aber der Zug nach abwärts entgegenwirken, welchen die gesteigerte Belastung durch Austreiben neuer Knospen und Blätter und durch Verdickung der schon vorhandenen Auszweigungen ausübt und dem die durch Bildung neuer Jahresringe erhöhte Tragfähigkeit der älteren Astglieder möglicherweise nicht die Wage hält. Ueber- (iies wird, da die Belastung bei der Entfaltung neuer Blätter und Zweige im Frühjahr und beim Blätterfalle im Herbste sich periodisch ändert und auch die Elasticität und Biegungsfestigkeit des Holzkörpers durch Steigerung und Verminderung des Wasser- gehaltes zu verschiedenen Jahreszeiten periodische Aenderungen erfährt, die Neigung der Zweige gegen den Horizont sich bald steigern, bald vermindern müssen. Unabhängig hiervon finden, wie von Petri^), Caspary^) und Gelesnoff^) näher ermittelt wurde, durch den unmittel- baren Einfluss der Wärme sehr beträchtliche Hebungen und Senkungen seitlicher Aeste statt. Der Wechsel der Temperatur wirkt bei verschiedenen Arten nicht durchweg in gleichem Sinne; bei der einen wird der Winkel, welchen der Zweig mit der Ver- ticalen macht, durch Abkühlung vergrössert, bei der anderen verringert. Obschon die Beobachtungen nur zur Winterszeit ausgeführt wurden, die Möglichkeit also nicht ausgeschlossen ist, da9S neben der Aenderung der Temperatur auch das Gefrieren und Aufthauen des Imbibitionswassers im Holze dabei eine Rolle spielt, so ist es doch wahrscheinlich, dass auch im Sommer wäh- rend der Thätigkeit des Cambiums die Neigung der Aeste keine unveränderte bleibt. ') Tageblatt der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Stettin im Jahre 1863. *) Ueber die Veränderungen der Richtung der Aeste holziger Gewächse bewirkt durch niedrige Wärmegrade (^Report of the iniernat. horlic. exhib. and bot. congress. — London 1866). ') Sitz.-Ber. der Ges. naturf. Freunde 1867, p. 23. 44 Gesellschaft naiurforschender Freunde. Anhangsweise verdient noch die Bedeutung localer Einflüsse für die Richtung der Zweige kurz erwähnt zu werden. Es wird nicht unerheblich sein, ob ein Baum oder Strauch sich in geschütz- ter Lage entwickelt oder ob er den Luftstöraungen frei ausgesetzt ist. Starker Wind wird unregelmassige Krümmungen, nicht nur Hebungen und Senkungen, sondern auch seitliche Verbiegungen und Drehungen zur Folge haben, welche, wenn sie sich fort- dauernd in gleichem Sinne wiederholen, durch Wachsthum fixirt werden können. 5) Wir gingen bisher von der Voraussetzung aus, dass die Achsen der Holzgewächse ihrer Anlage nach allseitig gleich- artig sind, dass dieselben Ursachen während ihres Dicken wachsthums überall dieselb en Wirkungen her- vorrufen. Diese Ansicht ist in der That sehr verbreitet, und bis in die jüngste Zeit haben einzelne Autoren geglaubt, in dem Vorhandensein und dem Mangel bilateraler Ausbildung eine strenge Grenzscheide zwischen Blatt und Stamm erkennen zu dürfen. So sagt van Tieghem: y^Ainsi, tandisque laxe t^egetal, dans les deitx parties, racine et tige, qui le consfifuent, est tont entier symetrique par rapport ä une droite, Vappendice n'est symetrique qiie par rapport ä un plan."' i) Doch zeigt schon die äussere Gliederung der Sprosse, dass diese Regel in so strenger Fassung nicht durchführ- bar ist. Es giebt Sprosse, — auch solche, die vertical aufwärts wachsen, — deren alternirend in zwei Reihen eingefügte Blätter an der einen Seite des Stammes einen grösseren Divergenz- winkel zeigen, als auf der entgegengesetzten. Im Extrem weisen dies u. A. klimmende Stämme von Ficns scandens und mehrere Aroideen auf. Die beiden Blattreihen sind bei letzteren an der der Stütze abgekehrten Seite beträchtlich stärker genähert, als an der, welche die Haftwurzeln hervortreten lässt. Bei den Gräsern zeigt sich die Bilateralität des Sprosses in der bekann- ten antidromen Einrollung der aufeinander folgenden Blattscheiden, womit auch eine Antidromie in der Blattstellung ihrer Acbsel- ') Rech, sur la syrnetrie de structure des plantes vasculaires {Ann des sc. nat. (Botanique) V. serie, t. 13, p. 13. Sitzung vom 20. März. 45 knospen Hand in Hand geht. ^) Antidrome Achselknospen finden wir in gleicher Weise an den zweizeilig beblätterten Seitenzweigen mancher dicotyledoner Holzgevvächse (z. B. Tilia), die überdies eine gegen die Oberseite des Sprosses gerichtete Verschiebung der Achselsprosse erkennen lassen. ^) Wo mehrere in der Blatt- achsel befindliche Knospen abwechselnd nach rechts und links sich gegen die Blattmediane verschieben , wie dies bei manchen Leguminosen der Fall ist, liegen auch hier die ersten Knospen sämmtlich nach derselben Seite des Stengels hin. In wieder anderen Fällen spricht sich die Bilateralität der Sprosse beson- ders deutlich in der Form der Blätter aus, von denen jedes ein- zelne für sich unsymmetrisch, dagegen zu den in der gegenüber- liegenden Reihe ihr nächsten Blättern annähernd symmetrisch gebildet ist (z. B. Ulmiis, Celfis, Begonia). Es ist nun gewiss kein Grund abzusehen, weshalb ein Gegen- satz zwischen Bauch- und Rückenseite sich nicht ebensogut im inneren Bau eines dicotylen Sprosses, wie in dessen äusserer Gliederung aussprechen könnte, um so mehr, als wir bei niede- ren Pflanzen (z. B. den Marchantiaceen, den meisten Jungerman- niaceen u, a.) Beides auf das Engste verknüpft sehen. Nach einigem Suchen fand ich auch bald einige sehr schöne Fälle dieser Art, welche nicht nur den Holzkörper der Leitbündel, sondern auch andere Gewebeparthieen betreffen. Untersucht man einjährige Achsen \ on Ficus s candens , welche genau senkrecht an der Mauer des Gewächshauses empor- gestiegen sind, deren verschiedene Seiten von der Schwerkraft also während des grössten Theiles ihrer Entwickelung gleichmässig beeinflusst wurden, so findet man Holz- und Bastkörper auf der Bauchseite deutlich gefördert. Die Gefässe sind hier durch- gehends zahlreicher und von grösserem Durchmesser, als auf der Rückenseite. Die stark verdickten Bastzellen, welche sich an der äusseren Grenze des Phloems zu unregelmässigen, tan- gential angeordneten Gruppen sammeln, fand ich an der Bauch- seite häufig zahlreicher und stärker verdickt, als auf der Rücken- ■) C. Schimper, Beschreibung de? Symphytum ZeyJieri (Geiger's Magazin für Pharmacie, Band 29 (1830), p. 46 ff. ') Näheres hierüber in meiner Mittheilung im Sitzungsber. der Ges. naturf. Freunde vom 16. Juli 1876. 46 Gesellschaft natur/orsch ender Freunde. Seite, ohne dass indess hierin eine Beständigkeit zu bemerken ge- wesen wäre. Dafür ist aber die Rückenseite häufig in anderer Weise der Bauchseite gegenüber bevorzugt. In der äussersten Parthie der Rinde, dicht unterhalb des Periderms, fanden sich bei man- chen einjährigen Sprossen stark verdickte Sclerenchymzellen. An der Rückenseite bildeten dieselben eine nahezu continuirliche, an einzelnen Stellen sogar doppelte Schicht; an der Bauchseite traten sie mehr vereinzelt auf. Um Gewissheit darüber zu erlangen, ob die ungleichmässige Förderung von Bauch- und Rückenseite bei Ficits scandens durch Erblichkeit erworben ist oder ob sie erst nach Anheftung des Sprosses an einer festen Unterlage durch einseitigen Druck zu Stande kommt, wurden auch solche verticalen Sprosse unter- sucht, welche die Mauer des Gewächshauses nicht erreicht hatten und im Dickicht benachbarter Zweige emporgewachsen waren. Auch hier waren Holz- und Bastkörper an der Bauchseite mäch- tiger, als an der Rückenseite; — ob in demselben Maasse, wie an festgewurzelten Sprossen, möge zunächst dahingestellt bleiben. Begonia scandens verhält sich meinen Beobachtungen zufolge umgekehrt, wie Ficus scandens. Hier sind die Leitbündel der Rückenseite denen der Bauchseite 'gegenüber gefördert. Sehr stark trat dies an einigen an der Wand des Gewächshauses vertical emporgewachsenen Sprossen hervor; doch zeigten auch frei über den Rand des Topfes herabhängende Sprosse noch in Entfernung von etwa 1 Meter von der fortwachsenden Spitze die bezeichnete Ungleichmässigkeit deutlich ausgesprochen, wenn auch in geringerem Grade. Aus Vorstehendem ergiebt sich die Nothwendigkeit, bei allen Holzgewächsen, deren Seitenzweige eine Förderung des Dicken- wachsthums an der Ober- oder Unterseite zeigen oder deren Horizontal- und Verticaldurchmesser constante Verschiedenheiten aufweisen (Diplonastie nach C. Schimper), vor Allem zu prüfen, ob dies nicht Folge einer durch Erblichkeit auf den Spross überkommenen, von seiner Stellung zum Erdradius unabhängigen Bilateralität ist. Insbesondere wird diese Untersuchung bei sol- chen Arten vorausgehen müssen, wo die Seitenzweige äusserlich eine erhebliche Verschiedenheit von Ober- und Unterseite erken- nen lassen. In befriedigender Weise wird sie aber nur bei Sitzung vom 20. März. 47 solchen Arten durchgeführt werden können, bei denen einzelne Sprosse vom ersten Beginn ihrer Anlegung verticale Stellung liaben, dabei aber in ihrer Blattstellung und sonstigen äusseren Gliederung mit den horizontalen Zweigen derselben Art überein- stimmen. Bei Holzgewächsen, deren Spitzen an aufgerichteten Sprossen Nutation zeigen (Fagus, Tilia, Ulmus etc.) werden also nur vertical abwärts gerichtete Zweige hängender Varie- täten geeignete Objecte darbieten. Nachdem im Vorstehenden einige der wichtigeren Einflusse her- vorgehoben worden sind, welche das Dickenwachsthum der ober- irdischen Sprossachsen und insbesondere ihres Holzkörpers re- geln, wird man uns gewiss beistimmen, dass die Entscheidung der Frage, ob die Schwerkraft bei der ungleichmässigen Ver- dickung des Holzkörpers geneigter Achsen unmittelbar be- iheiligt ist, an beblätterten Sprossen nicht in erster Linie in Angriff genommen werden kann. Schon die Herstellung all- seitig gleichartiger äusserer Wachsthumsbedingungen ist bei ihnen kaum ausführbar, ohne ihre normale Entwickelung zu beeinträchtigen und ihre längere Lebensdauer zu gefährden. Wie aber Hesse sich eine durch Erblichkeit überkommene Bila- teralität im inneren Bau aufheben? Wie die im V^erlaufe der Längsstreckung etwa erfolgenden Achsendrehungen und Rich- tungsänderungen beseitigen? Wie Hesse sich erreichen, dass im ersten Jahre die Blätter und in späteren Jahren die Seiten- sprosse an Ober- und Unterseite sich gleichmässig entwickeln und so dem Carabium eine gleiche Menge plastischen Materiales anfangs entziehen und später zuführen? Viel günstiger sind in allen diesen Beziehungen die WMir- zeln gestellt. Die Wurzel ist bei der grossen Mehrzahl aller Pflanzen ihrem Grundplane nach ein typisch multilaterales Gebilde. Sie zeigt in ihrem inneren Bau fast niemals einen Gegensatz zwischen Bauch- und Rückenseite und wird durch mehr als eine Ebene in ähnliche Hälften getheilt. Bilateralität kommt, streng genommen, nur bei den monarchen Wurzeln einiger weniger Leitbündel -Cryptogamen vor.^) Eine Neigung zu ihr könnte ') Russow, Betrachtungen über das Leitbündel- und Gruudgewebe etc. Dorpat, 1875, p. 45. 48 Gesellschaft naturforschender Freunde. man allerdings auch bei den sehr zahlreichen diarchen Wur- zeln der Leitbündel - Cryptogamen und Dicotyledonen suchen. Doch bleibt, selbst wenn man diese Wurzeln zunächst von der Untersuchung ausschliesst, noch ein überaus reiches und mannig- faltiges Material an polyarchen Wurzeln von Monocotylen und Dicotylen für die Prüfung der uns beschäftigenden Frage übrig. Die Zahl der Nebenwurzelreihen, welche eine Wurzel trägt, steht, wie bekannt, in engster Beziehung zu der Zahl der pri- mären Vasalbündel des Centralcylinders; meist ist sie ihr gleich, nur bei wenigen Familien (den Umbelliferen und Araliaceen nach van Tieghem) beträgt sie das Doppelte. Zwar sind, besonders bei horizontalen und schief geneigten Wurzeln , nicht alle aus ihnen entspringenden Nebenwurzeln in gleichem Masse gefördert, und es können hierdurch Ungleich- heiten in der Verdickung verschiedener Seiten der Mutterwurzel hervorgerufen werden ; doch lässt sich diese Schwierigkeit da- durch vermindern oder ganz ausschliessen, dass man vorzugs- weise solche Wurzeln zur Untersuchung wählt, welche auf lange Strecken sehr wenige und dann nach allen Seiten möglichst gleich grosse Nebenwurzeln entsenden. Bewegt sich eine Wurzel mehrere Zolle unterhalb des Bodens, so wird sie durch das Licht gar nicht mehr erheblich, durch Wärme und Feuchtigkeit von allen Seiten annähernd gleichmässig beeinflusst. Nur der Druck, welchen sie bei der Verdickung zu überwinden hat, wird nicht überall gleich gross sein und, je nach der Natur der an die Aussenschichf grenzenden Bodenpartikelchen, mannigfache Abstufungen erfahren. Er wird sich für dieselbe Stelle im Laufe der Entwickelung steigern müssen, wenn die Wurzel Widerständen begegnet, welche ihr Ausdehnungsstreben nicht zu beseitigen vermag, wenn z. B. zwei benachbarte Wurzeln in ihrem Dickenwachsthume sich gegenseitig hindern; er wird sich vermindern müssen, wenn der Boden durch Spaltenbildung beim Austrocknen, oder durch die Thätigkeit unterirdisch lebender Thiere (besonders Insecten), oder durch benachbarte Wurzeln aufgelockert wird. Um die durch die Wirkung ungleichmässigen Druckes hervorgerufenen Störungen beurtheilen zu können, werden ausser Wurzeln, welche dem Sitzung vom 20. März. 49 Boden entnommen wurden, auch solche untersucht werden müssen, welche unter allseitig gleichartigen Bedingungen in Luft oder in Wasser bei verscliiedener Neigung zur Lotblinie erwachsen sind. Freilich ist ein Uebelstand, welcher uns für die beblätterten Sprosse als sehr empfindlich entgegentrat, auch bei den Wur- zeln nicht ganz zu vermeiden und, wenn letztere in Wasser oder Luft wachsen, wird er in noch höherem Maasse auftreten können, als im Boden. Wir sprechen von den Achsendrehungen, welche schon von Clos^), C. Schimper^) und A. Braun ^) an Wurzeln beobachtet wurden und die sich in einem tangen- tial-schiefen Verlaufe der Nebenwurzelreihen offenbaren. Doch ist gerade durch den letzten Umstand die Möglichkeit gegeben, sieh vor einer durch Achsendrehung verursachten Täuschung zu hüten. Es werden in erster Linie solche Wurzeln zur Unter- suchung zu wählen sein, welche durch den geraden Verlauf der Nebenwurzelreihen zeigen, dass sie von einer Drehung verschont geblieben sind. Und wo Nebenwurzeln auf weite Strecken nicht zum Vorschein kommen , wie bei den Luftwurzeln vieler Orchi- deen und Aroideen, wird durch besondere Untersuchung ermittelt werden müssen, ob sie der Achsendrehung unterworfen sind. Eine einfache Erwägung sagt uns übrigens, dass Wurzeln, welche sich im Boden reichlich verzweigen, nur in ihrem jüngsten Theile, zwischen der fortwachsenden Spitze und der Stelle, wo die Nebenwurzeln hervorbrechen, eine erhebliche Achsendrehung erleiden können. Sind sie einmal im Boden festgeankert, so ist ihre Lage eine unverrückbare, so lange die Nebenwurzeln lebenskräftig sind. Fände eine Achsendrehung der Mutterwurzel noch in älteren Theilen statt, so müsste sich dies an einseitigen Zerrungen und Verbiegungen der Nebenwurzeln nahe bei deren Ursprungsstelle kenntlich machen. Wo solche nicht beobachtet werden, dürfen wir annehmen, dass das betreffende Wurzelstück seit dem Hervortreten der Nebenwurzeln keine weitere Achsen- drehung erfahren hat. ') Ebauche de la rhizotaxie (These pour le doctorat äs sciences) Paris 1848. p. 37, 44 u. 45. ') Amtlicher Bericht über die 31. Verf. deutscher Naturforscher -und Aerzte zu Göttingen im September 1854, p. 87. ^) Sitzungsberichte des botanischen Vereines für die Provinz Branden bürg Jan. u. Febr. 1877. 50 Gesellschaft naturforschender Freunde. Die Resultate, welche Vortragender bei Untersuchung der Wurzeln erhalten hat, wird er der Gesellschaft in einer der ncächsten Sitzungen mittheilen. Herr A. Braun sprach, im Anschluss an eine soeben er- schienene Abhandlung von A. Kerner und unter Vorlegung getrockneter Exemplare, über Parthenoge nesis bei Anlennaria alpina (L.). Herr O. Brefeld sprach über die En to mophthoreen und ihre Verwandten. „Im Herbst 1869 ') habe ich eine Untersuchung über insecten- lödtende Filze ausgeführt, welche einer Familie von Filzen, den En- tomophthoreen, angehören, die im System bislang einen verlorenen Posten einnahmen und auch aus meinen Untersuchungen in dieser Beziehung unaufgeklärt hervorgegangen sind. Ich bin jetzt in der Lage, auf Grund erneuter Untersuchungen die Lücken in derKennt- niss der Entwicklungsgeschichte auszufüllen, welche an einer Stelle geblieben sind und hiermit zugleich über die systematische Verwandtschaft der Filze die nothwendige Aufklärung zu geben. Der erste Filz, den ich früher untersuchte, war Etnpusa lHuscae, welche unsere Stubenfliegen bewohut und sie im Herbst in grossen Schaaren tödtet. Die auffällige Erscheinung dieses Pilzes auf den Fliegen, welche mit geschwollenen, todtenstarren Leibern sporensprühend an Fenstern und Spiegeln festsitzen, hat seit Anfang dieses Jahrhunderts viele Beobachtungen ver- anlasst, welche von Goethe bis auf den Grafen Solms^) hin- abreichen. Alle Beobachtungen sind mangelhaft geblieben, sie beschränkten sich auf gewisse Zustände des Filzes im Fliegen- leibe, die Cohn^) am ausführlichsten beschrieben, und auf die Sporenbildung aussen am Fliegenleibe, welche Solms besser gesehen hat, als Cohn. Durch zweckmässig herbeigeführte Cultur auf dem einzig möglichen Substrate, auf dem lebenden Fliegenleibe selbst, wurde ^) Brefeld, Untersuchungen über die Entwicklung der Empusa Muscae und Empusa radicans. Halle 1871 bei H. \V. Schmidt (Abb. der naturf. Gesellschaft in Halle, Bd. XII). '^) Sitzungsber. der naturf. Gesellschaft in Halle, 31. Juli 1869. ') Cohn, Empusa Muscae u. die Krankheit der Stubenfliege, Nova acta V. XXV, P. 7, S. 300. Sitzung vom~20. März. 51 es mir möglich , die Lebensgeschichte des Pilzes von der kei- menden Spore bis zur Wiederbildung der Sporen am Tbiere selbst lückenlos zu verfolgen. Ich beobachtete das Eindringen des Pilzes, welches nur an den weissen Hautstellen des Unter- leibes stattfindet, beobachtete weiter die ersten Entwicklungs- stadien des eingedrungenen Pilzes im Fliegenleibe, seine Ver- mehrung durch Zergliederung kurzer Sprosse, welche schliess- lich je zu einem Schlauche auswachsen , der an der Spitze an- schwellend aus dem Fliegenleibe hervortritt. Auf den sich dicht nebeneinander ordnenden Schläuchen wird nun je eine Spore gebildet, die durch Aufplatzen des Schlauches mitsamrnt dorn mitausgeworfenen Inhalt desselben, von diesem umhüllt, in die Umgebung geschleudert wird. Die Keimung erfolgt sofort, es wird eine Secundärspore gebildet und diese durch Aufplatzen der Mutterspore abermals ^abgeworfen. So lang auch unter Wasser die Keimschläuche des Pilzes auswachsen, ausnahmslos erfolgt an der Spitze die Bildung der Secundärspore, wenn diese die Luft erreicht, bevor der Inhalt des Schlauches er- schöpft ist. Diese Vorgänge der Keimung, welche nichts sind, wie eine möglichst kurze, in den Act der Kei- mung zusammengedrängte Wiederholung der Ent- wicklung, resp. der Fructifi catio n des Pilzes, stehen, wie ich zeigte, mit der Verbreitung des Pilzes, seiner natürlichen Infection , im directen Zusammenhange. Die Secundärsporen werden den Fliegen an den Unterleib geworfen , wenn sie eine Stätte betreten, wo eine Empusa-FliQgc vorher ihre Sporen aus- geworfen hat; eben der Unterleib ist die allein inficirbare Stelle am Thiere und durch das mitausgeworfene Protoplasma der Mutterspore wird die Spore dem Leibe angeklebt. — Fort und fort habe ich im Jahre 1869 in einem (auf Grund der erkannten natürlichen Infection) zweckmässig hergestellten Infectionsge- fässe lange, consecutive Infectionsreihen ausgeführt, die Krank- heit bis in den Februar an überwinternde und aus Eiern ge- zogenen Fliegen erhalten; dann brach die Untersuchung ab, weil durch zu grosse Kälte die Fliegen starben. Sie war in allen Punkten klar und vollständig bis zu der Frage gekommen: Wie überwintert der Pilz? In den Sporen war eine Ueberwinte- rung nicht möglich, sie behielten nur 1 — 2 Tage ihre Keim- 52 Gesellschaft natur/orschender Freunde. kraft; ich blieb bei der nicht unmöglichen aber sehr unwahr- scheinlichen Annahme stehen, dass sich am Ende die Krankheit unter den überwinternden Fliegen erhalten könne, um von ihnen aus im Frühjahre mit neuer Vermehrung der Thiere einen immer grösseren Wirkungskreis zu finden. Doch in jedem Augenblicke war ich mir der grossen Lücke in meiner Untersuchung bewusst, der grösseren Wahrscheinlich- keit bewusst, dass der Pilz einen weiteren Entwicklungsabschnitt mit Dauersporen besitzen müsse, und dass erst in der Auf- findung dieser Dauersporen die Kenntniss von der Lebensge- schichte des Pilzes den natürlichen Abschluss erreicht haben würde. Alljährlich habe ich im Herbst die Untersuchungen seither erneut, alljährlich vergebens, bis die Ueberzeugung die Ober- hand gewann, dass wenn der Pilz in Dauersporen überwintere, diese jedenfalls nicht in der Fliege gebildet würden, dass sie auf einem andern Insect zu suchen sein würden, dass mithin der Pilz heteröcisch sein müsse. Ich verliess darum die Untersuchungen, um von nun an meine ganze Aufmerksamkeit einer zweiten Form dieser Pilze zuzuwenden, welche ich im Jahre 1869 auf Kohlraupen neu entdeckt, genau untersucht^), aber seither nicht wiedergefunden hatte, der Entomophthora radicans. Auch bei diesem Pilze war meine Untersuchung bis zu dem kritischen Punkte gediehen, bis zur Frage nach seinem Dauerzustande, in welchem er sich den Winter hindurch erhält, während das natürliche Substrat, die Kohlraupen , in der Natur fehlen. Die Entomophthora radicans ist bis jetzt von mir nur auf Kohlraupen im Herbst beobachtet, welche sie, einmal in den Leib des Thieres eingedrungen, grau- sam bis auf Haut, Tracheen und Darminhalt aufzehrt. Nur 5 Tage sind nothwendig, bis dies geschehen, bis der Pilz in überaus mächtigen, gegliederten, von Scheidewänden durchsetzten Mycelien, das ganze Thier ausfüllt; es erstarrt im Pilz, ist im Tode prall und steif, und die unveränderte Haut lässt äusserlich nichts von dem Pilze erkennen, der von dem Thiere völlig Be- sitz genommen, der es in eine Pilzpseudomorphose verwandelt hat. Am nächsten Tage, dem 6. nach der Infection, treten am ') Man vergl. meine Arbeit 1. c. p. 14. Sitzung vom 20. März. 53 Unterleibe zwischen den Beinen — und immer nur an dieser Stelle — grosse dicke Hyphcnbündel hervor, weiche als Rhi- zoiden das Thier an seine Unterlage befestigen. Die Rhizoiden bestehen aus Bündeln eng verbundener, reich gegliederter Fäden. Diese dicken mächtigen Hyphenstränge theilen sich mitunter in mehrere Stränge, bis ihre Spitzen die Unterlage erreichen, welcher sie sich, anschwellend und verbreiternd, gleichsam plastisch an- schmiegen und zwar mit grosser Festigkeit. Diese Rhizoiden sind die analogen Bildungen, welche bei den Basidiomyceten sehr verbreitet sind und hier in gleicher Weise am eben ent- stehenden Fruchtkörper angelegt werden, um ihn zu befestigen. Sie documentiren, bei der Anlage des Fruclitlagers diesem vor- ausgesandt und nur an bestimmten Stellen gebildet, die morpho- logische Einheit des Pilzes. Kaum haben sie die Unterlage er- reicht, das Thier resp. den Pilz an seine Unterlage befestigt, so beginnt die Ausbildung des Fruchtlagers. Gleichzeitig an allen Stellen brechen in grosser Zahl die Hyphen, welche das F'rucht- lager bilden sollen, durch die Haut der Raupe hervor. Die vom Anfange an reich gegliederten Hyphen wachsen durch Spitzen- wachsthum und zeigen mit ihrer Verlängerung eine immer zu- nehmende Tendenz zur Verzweigung, zwar so, dass sie die mit der Entfernung, mit der Länge des Radius, wachsenden Raum- interstitien zwischen sich durch Verzweigung völlig decken. Mit- unter sind sie von Anfang an zu gewaltigen Strangmassen ver- bunden, die sich nach oben mehr und mehr verbreitern wie die Fruchtkörjier der Basidiomyceten. Zum Schlüsse des Längen- wachsthums wird die Verzweigung so massenhaft, dass sich die letzten Aeste durch seitliche Berührung zu einem grossen, con- tinuirlichen Fruchtlager schliessen. Diese letzten oberen Ver- zweigungen bilden das Hymenium des Pilzes; sie bleiben kurz, sind von gleicher Länge, und eine Scheidewand trennt sie als Basidien des Pilzes vom Mutterfaden. Auf der Spitze der Ba- sidie wird durch Ausstülpung eine Spore erzeugt, welche eine spindelförmige Gestalt annimmt und durch Aufplatzen der Ba- sidie, mit deren Inhalt äusserlich beladen, in die Umgebung ge- worfen wird. Neue Basidien ersetzen die verblühten , bis die Nährstoffe erschöpft sind: ein Wall von Sporen und ein un- kenntlicher Raupenrest, von dem Sporenwall umzäunt, sind die 54 Gesellschaft natur/orschender Freunde. Endresultate der Fructification, die in der Frist eines Tages zu Ende geht. Die Sporen keimen sofort, indem sie eine Secundär- spore bilden, die wiederum sofort keimt und durch die Raupen- haul mit ihrem Keimschlauche eindringt, wenn sie sich auf einer Raupe befindet. Der durch die Haut eingedrungene Keimschlauch des Pilzes, seinen Weg durch Bräunung der Haut so deutlich als möglich kennzeichnend, wächst wiederum zu dem grossen gegliederten Mycelium heran , welches am Ende das Thier aus- füllt. Analog der Empusa Muscae findet auch hier an den My- celien durch Abgliederung kurzer Zellen eine vegetative Ver- mehrung durch Gonidien statt; sie ist bei dem ersteren Pilze, der Empusa Muscae, in anderer Art ausgebildet, so dass es hier durch reiche Zergliederung zu normalen Mycelien gar nicht kommt und jeder einzelne Gliedertheil zu einem sporentragenden Schlauche, zu einem Individuum, für sich auswächst. In eben dieser grossen Pormverscbiedenbeit beider Pilze, von denen einer dem Ausgangspunkte, der andere dem Endpunkte der Familie nahe stehen dürfte, ist ihre Trennung in 2 Gattungen nicht bloss genügend begründet, sie ist geboten, ich belasse dem Fliegenpilze den Namen Empusa, der inzwischen ganz allgemein geworden ist und nenne den Raupenpilz Entomophthora nach Fres euius.^) Weil auch die Sporen der Entomophthora radlcans , die Sporen des grossen Fruchtlagers, nur 1 — 3 Tage ihre Keim- kraft bewahren, weil sie nicht überwintern können und die Kohlraupen ebenfalls den Winter lebend nicht überdauern, so folgt mit Nothwendigkeit aus diesen Thatsachen, dass Dauer- zustände des Pilzes existiren müssen. Nach dem Herbst 1869 habe ich 7 Jahre vergeblich in jedem Herbst nach dem Pilze auf Kohlraupen gesucht. Erst im Herbst 1875 fand ich ihn wieder, aber nur vereinzelt und so spät, dass ich aus Mangel an Kohlraupen keine Unter- suchungen ausführen konnte. Aber ich fand schon in vielen Raupen Dauersporen, die ich früher nie gesehen. Ich hoffte sie zur Keimung zu bringen, indess meine Hoffnung war vergebens, ') Fresenius, Abh. der Senkenb erg'schen naturf. Gesellschaft, Bd. 2, II. Abtheilung, S. 201; man vergleiche auch meine vorläufige Mittheilung in der botanischen Zeitung 1870. Sitzung vom 20. März. 55 die Sporen keimten im nächsten Frühjahre nicht. Im letzten Herbst endlich traf ich den Pilz und die Krankheit unter den Kohlraupen schon am 12. September an einzelnen Stellen stark verbreitet an, zu einer Zeit, wo die Raupen noch in Massen auf dem Kohl leben, wo eine neue Infectionsuntersuchung im grossartigen Maassstabe ausgeführt werden konnte. Hatten die Dauersporen versagt zu keimen, war es nicht möglich geworden, durch ihre Keimung die genetischen Beziehungen zur Entomoph- thora radicans zu erweisen , für welche ein gemeinschaftliches Vorkommen an Mycelien in den Raupen gar nichts beweist, — es gab noch einen zweiten Weg zum Ziele, ebenso sicher viel- leicht belehrender als der andere: den Weg der Infection mit den Sporen des Sporenlagers. Ich schlug diesen Weg ein. Ge- sunde Raupen mit diesen Sporen inficirt, mit den Sporen der fortschreitenden Pilzgenerationen fort und fort inficirt, mussten durch Erzeugung der Dauersporen den genetischen Zusammen- hang beider mit Noth wendigkeit erweisen. Control versuche mit demselben Raupenmaterial, welches nicht inficirt gesund bleiben musste, diente als begleitender Beweis, dessen Sicherheit hier- durch unanfechtbar wurde. Ich wählte für jede Serie von Infectionen 120 Kohlraupen aus, welche ich von Standorten herholte, an welchen nicht eine Spur von dem Pilze zu entdecken war. Von den Raupen wur- den 100 mit den Sporen inficirt und 20 nicht inficirt zur Controle zurückgestellt. Die Infection führte ich mit frisch geworfenen Sporen einer Raupe aus. Sie wurden in Wasser zertheilt und jede Raupe in diesem Wasser einmal umgedreht, so dass sie ganz davon benetzt war. So bleiben erfahrungsmässig viele Sporen an der Haut kleben, von denen schon eine zur Infection genügt. Diese gelingt ausnahmslos, die Sporen keimen auf der Haut und dringen ein; ich verweise hier auf meine früheren Infectionen in der oben citirten Abhandlung. Gleich vorab will ich bemerken, dass durchschnittlich 20 — 25 pCt. der inficirten Raupen für die Versuche unbrauchbar werden, einmal, wenn sie von thierischen Parasiten, den Larven des Pteromalus puparum, bewohnt sind (wodurch die Entwicklung des Pilzes, so lange die Larven im Fettkörper des Thieres sind, sehr verlangsamt wird), das zweite Mal, wenn eine Verpuppung eintritt, also die 5 56 Gesellschaft naturforschender Freunde. Haut der Raupe eher abgestreift wird, als sie von dem eindrin- genden Pilzschlauch völlig durchwachsen ist. Bei der ersten Infectionsreihe von 100 Raupen erlagen 81 der Krankheit, 19 wurden durch Verpuppung und thierische Parasiten unbrauchbar. Unter den 81 Raupen trat bei 62 die Eruption des Pilzes normal ein, bei 19 war sie nicht normal, bei einigen sehr schwach, auf kurze Strecken oft auf 2 Stellen unabhängig von einander beschränkt, bei anderen trat sie gar nicht ein. Diese Thiere waren angefüllt mit den Mycelien des Pilzes, nachdem sie in der vorschriftsmässigen Zeit von 5 Tagen gestorben waren, dieselben Rhizoiden kamen an derselben Stelle des prallen todten Leibes zum Vorschein, die bevorstehende Eruption des Pilzes ankündigend; — aber diese kam nicht. Die anfangs starren und festen Leichen wurden nach einigen Tagen weich und schlapp, schrumpften dann allmälig zusammen und trock- neten zu Mumien ein, die nur einen kleinen Bruchtheil des früheren Volumens der Raupen einnahmen. Sämmtliche Mumien waren angefüllt mit Dauersporen, denselben Dauersporen, welche ich den Herbst vorher in den Raupen gefunden hatte, ebenso auch diejenigen Raupen , welche nur eine theilweise Eruption des Pilzes erfahren hatten, an allen den Stellen, wo die Eruption ausgeblieben war. — Ehe ich zur Entwicklung der Dauersporen übergehe, will ich erst den Verlauf der consecutiven Infections- reihen zu Ende beschreiben. Mit den Sporen einer Raupe der ersten Serie inficirte ich das 2. Hundert Raupen 6 Tage später. 50 Raupen unter diesen zeigten die Eruption des Pilzes, 28 trockneten zu Mumien ein. Bei der dritten Serie, mit den Sporen der zweiten inficirt, war schon das Verhältniss ein nahezu gleiches : 38 wurden Mumien und 39 bildeten die eruptiven Fruchtlager. In der vierten Serie trockneten 54 Raupen ein, 29 zeigten gemischte Eruption schwächer als früher, im Innern waren überall Dauersporen in grösserer oder geringerer Zahl zu finden. Darauf sank in der fünften Serie die Zahl der eruptiven Raupen auf 14, und in der letzten Serie war die Fruchtlagerbildung zu Gunsten der Dauersporen überall bis auf 3 Individuen erloschen, welche sie sehr schwach zeigten, die ganze Masse der Raupen trocknete zu Mumien ein. — Zur Ergänzung sei bemerkt, dass die jedesmaligen Controlraupen Sitzung vom 20. März. bl sämmtlich gesund und pilzfrei blieben , dass demnach über den Ursprung der Dauersporen an den von den Basidiosporen erzeugten Mycelien, und über den genetischen Zusammenhang beidei- Fructifi- cationen als Formen eines und desselben Pilzes auch nicht der allerleiseste Zweifel bestehen kann. Es geht aus der Gesammtreihe der Versuche hervor, dass die Bildung der Dauersporen die eruptiven Basidiosporen-Frucht- lager successive nach dem Spätherbst hin ablöst und schliess- lich ganz allein in deren Stelle eintritt. Die Mycelien, an welchen die Dauersporen auftreten, erreichen dieselben Dimen- sionen wie früherund ehe diese gebildet werden, werden dieselben Rhizoiden angelegt, welche das Thier an die Unterlage befestigen. Erst dann wird der Entwicklungsgang ein anderer, die Mycelien treiben nicht zu Fruchtlagern aus, verbleiben ganz im Leibe des Thieres. Im Verlaufe der Fäden treten an verschiedenen, oft sehr nahe gelegenen Stellen kurze seitliche Ausstülpungen auf, die allmälig zu grösseren Kugeln anschwellen und sich mit dem Inhalte der Fäden füllen. Der Gesammtinhalt der Fäden wandert in diese Seitenanschwellungen, in die zukünftigen Dauersporen, die unmittelbar ohne stielartige Verjüngung den Fäden aufsitzen. Die ursprünglich vorhandenen Scheidewände bezeichnen nicht immer die Mycelabschnitte, welche für je eine Dauerspore be- stimmt sind, sie entstehen viel zahlreicher, als Scheidewände natürlich im Mycelium vorhanden, und deshalb werden durch nachträglich gebildete Scheidewände die den einzelnen Dauer- spore entsprechenden Theile zuerst begrenzt. Wenn dies ge- schehen, treten in diesem Abschnitte noch weitere secundäre Wände auf, welche das in die Dauersporen einwandernde Plasma nach rückwärts enger abgrenzen in dem Maasse, als es aus den Mycelien in die Dauersporen entleert wird. Die Bildung der Dauersporen ist eine fast gleichzeitige an allen Fäden. Ihre Zahl richtet sich nach dem Reichthum der Fäden an Protoplasma. Sie stehen mitunter ziemlich weit von einander, öfter aber so nahe zusammen , dass es schwer wird, iliren Ursprung an den Fäden im Mycelknäuel sicher zu sehen, zumal wenn die sporentragonden Fäden wirr durcheinander gehen. Hier und da wachsen die Mycelien nach der Anlage von Dauersporen in kurze Ausstülpungen weiter, um an diesen 5* 58 Gesellschaft naturforschender Freunde. weiterhin Dauersporen anzulegen; dies alles hängt von der Fülle von Nährstoffen ab, die in den Mycelien angehäuft sind. Die Dauersporen wachsen nicht über eine bestimmte Grösse hinaus, sie werden durchschnittlich 0,025 Mm, dick und haben eine voll- kommen runde Gestalt. Sobald alles Protoplasma der Mycelien in die Sporen eingewandert ist, lösen sich die Fäden auf und verschwinden. Die noch jugendlichen Dauersporen schwimmen frei in der aufgelösten Masse der Mutterfäden. In diesem Sta- dium der Entwicklung des Pilzes wird das Thier, vorher noch prall und fest, weich und schlapp und es beginnt einzutrocknen. Isolirt in der flüssigen Masse der gelösten Mutterfäden bilden sich die Dauersporen weiter aus; sie sondern eine dicke Membran ab, die sich dann in Endo- und Exosporium differenzirt. Beide Häute sind farblos, aber von grosser Mächtigkeit. Während ihrer Ausbildung sondert sich auch das vorher schaumige Proto- plasma. Es werden Oeltropfen ausgeschieden , die später zu einem grossen Tropfen verschmelzen , welcher in einem lichten Protoplasma schwimmt, welches ihn umgiebt. In der Zeit, in welcher die Raupe langsam im Laufe von 8 — 12 Tagen zur Mumie eintrocknet, sind auch die Dauersporen fertig ausgebildet. Sie entstehen ausnahmslos ungeschlechtlich wie die Fruchtlager der Basidiosporen. Eine trockene Mumie besteht nur noch aus den dichten unzählichen Massen der Dauer- sporen; nur selten theilt sich eine Spore, oder es werden 2 über einander gebildet, welche in Verbindung bleiben. In diesen Dauersporen überwintert der Pilz. Bei der Kei- mung der Spore im Frühjahr (die bei ihrem Fettreichthum schwer zu erreichen sein wird), werden ohne Zweifel die Fruchtlager der Basidiosporen in einzelnen Fruchtträgern wieder erzeugt, an deren Stelle die Dauersporen im Herbste gebildet wurden. Von diesen ersten aus den Dauersporen erzeugten Fruchtträgern geht die Entwicklung des Pilzes im Frühjahr aus, sie dauert den Sommer und Herbst in derselben Fruchtform der Basidiosporen- lager fort, bis wiederum im Spätherbst die Dauersporen diese Fruchtform ablösen und den Entwickelungsgang beschliessen. — Hiermit ist das Loch ausgefüllt, welches in der Entwicklungs- geschichte der Entomophthoreen bislang bestand: die Pilze über- wintern in besonders gebildeten Dauersporen. Sitzung vom 20. März. 59 Die eben beschriebenen Danersporen der Entomophlhora radicans sind im fertigen Zustande schon früher von Fresenius gefunden worden und zwar in denselben Kohlraupen, wo ich sie erzeugt habe; sie sind aber nicht als Dauersporen der Entomo- phthora erkannt, sondern als eine besondere Species der Entomo- phthora angesehen worden und von Fresenius Entomophthora sp ha ei' 0 Sperma ^) benannt. Die Species erlischt durch meine Untersuchungen. Ferner hat Ho ff mann Dauersporen in Blatt- läusen gefunden, welche ebenfalls von einer Empusa befallen werden; Fresenius hat sie als Entomophthora Aphidis unter seine Entomophthoreen aufgenommen. Sie gehören gewiss der Empusafructification des Filzes an, der auf den Blattläusen vor- kommt. Endlich hat Cohn^) vor einigen Jahren einen Pilz mit Gonidien-Vermehrung und Dauersporen beschrieben, welcher in letzteren so völlig mit der Entomophthora sphaerosperma und Aphidis von Fresenius übereinstimmte, dass Cohn ihn ohne weiteres mit diesen zusammengestellt und am Schlüsse seiner Arbeit alle 3 Formen als Vertreter einer neuen Gattung, die er Tarichium nannte, beschrieben hat: Tarichium megaspermtim, sphaerospermum und Aphidis. Cohn ist bereits bei seiner Unter- suchung auf die Vermuthung etwaigen genetischen Zusammen- hanges von Tarichiiim mit der Empusa-Fructification gekommen. Durch meine Untersuchungen ist die von Cohn begründete Gattung Tarichium als blosser Dauersporenzustand der Entomo- phthoreen erwiesen , sie hat folglich ihre Existenzfähigkeit verloren. Wir kennen bis jetzt unter den Entomophtoreen 2 Gattun- gen genau: Empusa Aphidis und Entomophthora radicans. Von der Empusa megasperma und der Empusa Muscae kennen wir hier die Basidiosporenfructification, dort die Dauersporen allein, viel- leicht sind beide die verschiedenen Fruchtformen ein und des- selben Pilzes, der auf Fliegen nur Basidiosporen , auf den Erd- raupen die Dauersporen bildet. Weitere von Fresenius beschrie- bene Formen der Familie (die gewiss weit reicher an Vertretern ist als wir es vorläufig wissen, weil die Pilze als ephemere ') Man vergleiche die vorher citirte Abhandlung von Fresenius. *) Cohn, üeber eine neue Pilzkrankheit der Erdraupen, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Breslau 1870, p. 58—87. 60 Gesellschaft naturforschender Freunde. Erscheinungen sich der Beobachtung entziehen) sind vorläufig, wie Empusa Muscae, nur in einer Fruchtform bekannt. Durch die Kenntniss der Dauersporen der Entomophthoreen ist die Situation zur Beurtbeilung der systematischen Stellung dieser Pilze auf Grund morphologischer Thatsachen mit einem Schlage geklärt. Schon in meiner ersten Abhandlung, in welcher ich die Entwicklung der Basidiosporen- Fruchtlager allein beschrieb, habe ich bei der Entomophthora radicans auf die unverkennbaren Beziehungen dieses Pilzes zu den niederen Formen der Basidio- rayceten hingewiesen. Die gegliederten von Scheidewänden reich durchsetzten Mycelien entsprechen den vegetativen Zuständen höherer Pilze, die Bildung der Rhizoiden, der mächtigen Hyphen- bündel aus gegliederten Fäden in Form eines Scheingewebes kommen bei den höheren Pilzen vor, sie sind, wie ich in meiner grossen Arbeit über die Basidiomyceten (die als III. Heft meiner Schimmelpilze im Druck begriffen ist) dargethan, eine fast allgemeine Erscheinung bei der Bildung der grossen Frucht- lager dieser Pilze. In den Fruchtlagern selbst, im Aufbau der Fruchtlager, in der Bildung des Hymeniums, der Basidien und der Sporen, dem Sporenentwickelungsprocesse etc. entsprechen die Entomophthoreen ganz den Basidiomyceten, am meisten den niederen Formen: Exobasidium, Tremellinen etc., nur sind hier die Basidien einsporig. Leider ist diese Stelle meines Manuscriptes, worin ich im Jahre 1869 schon diese üebereinstimmungen der Ento- mophthora radicans mit den Basidiomyceten hervorgehoben habe, wider meinen Willen nicht gedruckt worden. Ich Hess das Manu- script, als ich in den Krieg 1870 einberufen wurde, bei Beginn des Druckes Prof. de Bary zur freien Verfügung zurück und de Bary hat, nach damaliger Auffassung gewiss mit Recht und in wohlmeinender Absicht, diese Stelle meines Manuscriptes gestrichen; ich werde sie in meiner von Abbildungen begleiteten Hauptpublication (die in meinen Schimmelpilzen in einem bereits abgeschlossenen IV. Hefte nach dem Drucke des III. sofort erfolgen wird), nachdrucken lassen, wie sie sich in dem Original- manuscripte, welches ich aufgehoben habe, vorfindet. In der Entomophthora radicans haben wir einen specifischen Basidiomyceten, welcher den niederen Typen dieser grossen Classe Sitzung vorn 20. März. 61 angehört, die freie Fruchtlager besitzen; in den Arten der Gat- tung Empusa führt die Familie der Entomophthoreen zu einzelli- gen höchst einfachen Formen zurück, welche an den Stellen, wo die Dauersporen aufhören , in die einfachsten Basidiomyceten auslaufen. Zu einer Basidiomycetenfrucht sind nunmehr die Dauersporen gefunden. Wenn überhaupt, so wären nach aller Analogie, ohne die Kenntniss der Entwicklungsgeschichte, doch nur für die Dauersporen anzunehmen, dass sie sexuellen Ursprungs sein könnten. Ihre Auffindung illustrirt daher so klar als möglich die ünhaltbarkeit der Annahme einer sexuellen Bildung der Basidiomycetenfrucht, die ich durch directe Beobachtung bei allen Typen der Classe zuerst dargethan und demnächst in meinen Schimmelpilzen durch Abbildungen darlegen werde. — Aber auch die Dauersporen entstehen ungeschlechtlich: schon bei den ein- fachsten Formen der höheren Pilze ist in allen Fruchtformen im ganzen Entwickelungsgange der Pilze keine Spur von einer Sexualität durch Beobachtung erweisbar. Die Entomophthoreen bilden einen von den verschiedenen Ausläufern der höheren oder besser der eigentlichen Pilze, die ich „Mycomyceten" nennen will. Die Basidiomycetenfruchtform dieser Pilze erreicht in den gewaltigen Fruchtkörpern der speci- fischen Basidiomyceten den Höhepunkt dieser Classe, den Höhe- punkt nach der Richtung, in welcher keine Dauersporen auftreten. Bei diesen Basidiomyceten kommt noch eine Nebenfruchtform vor, welche ich als eine höhere Entwicklung der bei den Ento- mophthoreen bereits primitiv ausgebildeten Gemmenbildung deu- ten möchte, welche sich, eine ursprünglich vegetative Bildung, später zur Fructification neben der Basidiosporenfruchtform ent- wickelt hat, aber in dem Maasse wieder zurücktritt, als letztere sich immer höher entwickelte. Bei den Tremellinen schon, wie ich im HI. Hefte meiner Schimmelpilze zeigen werde, sind die Goni- dien der Entomophthoreen zu einer niederen Fructification gewor- den, zu derselben Stäbchenfructification, deren Stäbchen bei Coprinus nach Reess und van Tieghem im Jahre 1875 als männliche Geschlechtszellen functioniren sollten. Sie sind bei den Tremellinen noch keimfähig und dienen (oft in Nestern in Form von „Spermogonien" nach Tulasne's Beobachtungen 62 Gesellschaft naturforschender Freunde. vereinigt) der Vermehrung dieser Pilze. In den gleichen Organen bei den Tremellinen und bei den höheren Basidiomyceten z. B. den Agaricinen ist die Verwandtschaft dieser Typen als niedere und höhere Glieder einer Classe erwiesen, in dem Umstände, dass dieselbe Fructification bei den Tremellinen noch keimt und regelmässig auftritt, bei den Agaricinen (z. B.) nur mehr unregel- mässig auftritt und nicht mehr keimfähig ist, ist das Zurücktreten dieser Fruchtform zu rudimentären Bildungen bei den höheren Basidiomyceten, die sie zum grössten Theile gänzlich verloren haben, angedeutet und somit die wahre morphologische Deutung dieser Fruchtform in klaren Zügen gegeben. Dauersporen giebt es bei allen Basidiomyceten, bei welchen die Basidiomycetenfrucht den Höhepunkt der morphologischen Differenzirung erreicht i), nicht, so weit bis jetzt unsere Kenntnisse reichen. Sind sie nicht aufgetreten in der hier eingeschlagenen Entwicklungs- richtung? sind sie früh erloschen zu Gunsten der Basidiomyce- tenfrucht? — Niemand ist dabei gewesen; hier giebt es nur Vermuthungen, ich persönlich bin der ersten Deutung zugeneigt. Nur bei den niederen Formen der Basidiomyceten sind Dauer- sporen vorhanden und ich vermuthe, dass sich die ächten Basidio- myceten, die sie nicht besitzen, eher von diesen abgezweigt haben als die Dauersporen auftraten. Die mit Dauersporen ver- sehenen Basidiomyceten bilden demnach eine andere und zweite Entwicklungsrichtung gegenüber den ersten typischen Basidio- myceten, in welcher die ursprüngliche Basidiosporenfructification zu Gunsten der Dauersporenbildung zurücktritt. Die erste Stufe eben dieser 2. Richtung, die neben den ächten Basidio- myceten sich von den einfachen Pilzformen, 4ie vielleicht jetzt nicht mehr oder nur in Rudimenten vorhanden sind 2), erheben ') Auf die Systematik dieser Basidiomyceten, also der Classe der Basi- diomyceten im engeren, nach entwickelungsgeschichtlichen morphologischen Gesichtspunkten, werde ich in einem demnächstigen Vortrage an dieser Stelle näher eingehen. '^) Ohne Zweifel wird es solche Formen ohne Dauersporen geben, welche den Centralpunkt bilden, aus welchem die ächten Basidiomyceten und die Entomophthoreen etc. sich als divergente Eutwickelungsrichtungen erheben, vielleicht sind Kickxella, Martensella etc. solche Formen, vielleicht auch Deniatium und andere. An der Stelle, wo auch die Basidiosporenfructification aufhört, bleibt die Vermehrung in Gonidien allein übrig. Als eine Form dieser Art sehe ich Oidium lactis an, mit welchem ich seit Jahren alle mög- Sitzung vom 20. März. 63 dürften, nehmen die oben beschriebenen Entomophtho- reen ein: Gonidienbild ung, in einzelnen Fällen hoch entwickelte Basidiomycetenf ruch tform, endlich mit Dauersporen abschliessende Entwicklung sind die charakteristischen Merkmale dieser Familie. Auf der 2. Stufe derselben Richtung stehen ohne Zweifel die Ustilagineen. Bei diesen ist die Dauersporenbildung bereits die vorherrschende Fructification geworden, die Gonidienbildung und die Basid iosporen frucht- form existiren nur mehr rudimentär, sie kommen allein noch bei der Keimung der Dauersporen zur Erscheinung. Die Promycelien mit Kranzkörperche n undSporidien sind die homologen Fructificationen. Ich lasse es dahingestellt, ob man die Sporidien als Stäbchenfructi- fication oder als Basidiosporen deuten will, nur das ist sicher, in Tilletia- und t/rocys/i^-Keimu n gen sind beide vorhanden, sind beide in den kurzen Act der Keimung zusam- mengedrängt; die Kranzkörperchen ^) sind die Stäbchen der Basidiomyce ten , sie erzeugen in kurzer Genera- tion die Basidiosporen, — ein Schritt weiter und sie sind erloschen! Und thatsächlich sind bei manchen Ustilagineen die schon sehr zurückgetretenen Fructificationen keine nothwendigen Glieder der morphologischen Differenzirung mehr, die Keim- schläuche dringen direct ein, die Dauersporen werden klei ner, immer reicher gebildet und dürften über kurz oder lang die einzige Fruchtform der Brandpilze sein. — Somit sind die Kei- mungserscheinungen der Ustilagineen, räthselhaft und dunkel seit- her, im Wege vergleichender morphologischer Untersuchungen liehen Experimente aufgestellt habe , um etwas Anderes zu beobachten, als die blosse Zergliederung der Fäden; ich habe die Ueberzeugung gewonnen, dass nichts Anderes von dem Pilze existirt. Oidiumfructification bei Asco- bolus (der sie besitzt) sehe ich als die analogen Vermehrungsformen an, die bei diesen kleinen Pilzen in auffallender Weise in ursprünglicher Form als keim- fähige Gonidien erhalten sind, während die Basidiosporenfructification nicht mehr existirt. Oidium würde dann den Uebergang zu den niedrigsten Pilz- formen bilden. ') Die Fusion zweier Kranzkörperchen stimmt mit anderen vegetativen Fusionen bei höheren Pilzen überein. In mehreren Fällen sind diese Fusionen höchst charakteristisch; ich komme hierauf, ohne mich auf Deutungen an dieser Stelle einzulassen, in meiner Basidiomyceten-Arbeit zurück. 64 Gesellschaft naturforschender Freunde. in (leu natürlichen Gang der morphologischen DifFerenzirung eingelührt. Was früher dazu diente, unsere Anschauungen zu trühen, die Ustilagineen auf die Rumpelkammer der Thallo- phyten zu stellen, ebendasselbe diente als leitender Faden zur richtigen Deutung, zur Einführung der Ustilagineen als lebendiges und nothwendiges Glied in den Gang der morphologischen Diffe- renzirung, den die Pilze genommen haben. Die Ustilagineen bil- den den Endpunkt derjenigen Richtung, die ich eben bezeichnet habe. In der Bildung der Dauersporen bei Urocystis, bei welchen eine Differenzirung in einen vegetativen und fructificativen Theil^), „in Dauersporen und Nebensporen" bereits eingetreten ist, müs- sen wir vorläufig den Höhepunkt der Familie der Ustilagineen erkennen, aber wahrscheinlicher dürfte er in Thecaphora und Sorisporium gegeben sein, deren Untersuchung auf Grund meiner Darlegungen zu einem dringenden Bedürfniss geworden ist und einen besonderen morphologischen Werth gewonnen hat. Die drei Fruchtformen der Ustilagineen: die Stäb- chenfruetification, die Basid iosporenbildung und die zuletzt erzeugten Sporen, die hier als Dauersporen functioniren, sind sämmtlich bei derjenigen grossen Classe von Pilzen vorhanden, deren systematische Stellung bis jetzt nicht minder unklar geblieben ist, wie die richtige morpholo- gische Deutung ihrer ganz abnorm erscheinenden Fruchtformen,b ei den Uredineen oderAeeidiomyceten. Alle drei Frucht- formen sind aber hier nicht blos erhalten, sie sind alle nebeneinander in der morpho logi sehen Differen- zirung mehr oder minder vorgeschritten gegenüber den Ustilagineen. Schon diese hatten in Urocystis (und wahrscheinlich in Thecaphora und Sorisporium) unverkennbar den Aulauf einer höheren Entwicklung der letzten Sporenfrucbt genommen. Sie hat sich bei den Aecidiomyceten vollzogen in der Ausbildung der hoch differenzirten Sporenfrucht, in den Aecidienfrüch t en , diese sind vom vergleichend mor- phologischen Standpunkte aus die Analoga der Dauer- sporen der Ustilagineen und En tomoph thoreen. Die *) G. Winter, Einige Notizen über die Familie der üstilaginen, Flora 1876, No. 10—11, Tafel 5, Fig. 3—9. Sitzung vom 20. März. 65 Spermogonien ^) entsprechen den Gonidien der letzteren und der Stäbchenfructification der Tremellineen resp. der Basidiomyceten. Die Teleutosporenlager sind die ächten Basidiomyce- ten fruchte, die sich in der Form am meisten (wenigstens in einigen Fällen) den Tremellinen anschliessen. Bei Cronarfium ist der continuirliche Entwicklungsgang in der Ausbildung der Basidiosporenfructification bis zu den Basidiosporen beibehalten, bei Chrysomyxa, Coleosporium und Podisoma ist die spätere Unterbrechung durch die sogenannten Teleutosporen bereits in der Form angedeutet, bei Triphragmium, Phragmidium, Puccinia, Urotmjces etc. ist sie vollzogen. Bestimmt geformte Tbeile des Hymeniums (auf deren Formausbildung die jetzige systematische Eintheilung der Aecidiomyceten gegründet ist) gehen vor der Bildung der Basidiosporen in den Dauerzustand über und lösen sich als Sporen ab. Diese in den Grenzen der Classe von Cronartium bis Pvccinia eingeschaltete gleichsam künstliche Sporenbildung ist jedenfalls aus der Beein- flussung der morphologischen Diflferenzirung durch äussere Ver- hältnisse 2) hervorgegangen, ist als eine blosse Adaptations- erscheinung zu deuten. Nach Ueberwindung der Ruhezeit des Dauerzustandes geht der unterbrochene normale Entwickelungs- gang weiter, es werden die Basidiosporen auf den Promycelien bei der Keimung der Teleutosporen ausgebildet. Die Spori- dien sind die wahren Basidio sporen der Aecidiomyce- ten, es wird mit der Keimung im Frühjah r nachgeholt, ') Ich spreche hier von den Spermogonien als morphologischen Bildungen und schliesse jegliche Berücksichtigung functioneller physiologischer Fragen von meiner Betrachtung aus. Das Vorkommen von Spermogonien mit Uredo- und Teleutosporenlagern ist bekannt z. B. bei der Gruppe der Heraipuccinien (nach brieflicher Mittheilung des Herrn Dr. Schroeter) und ebenso der Aecidien ohne Spermogonien z. B. bei Puccinia Allii (nach Schroeter), auch de Bary giebt das Vorkommen von Aecidien ohne Spermogonien bei EndopkyUum Semperfnri an. Die Caeomalager halte ich mit Schroeter, Prantl etc. für Aecidienlager mit rudimentärer oder ganz fehlender Peridie. ') Ich verstehe diese Beeinflussung so, dass unter den Variationen, welche im Gange der morphologischen Difterenzivung auftraten , diejenigen erhalten wurden, welche den äusseren Verhältnissen am besten entsprachen; dass die äusseren Verhältnisse die Pflanzen nicht bestimmen konnten, überhaupt Teleutosporen zu bilden, dass diese unabhängig von allen Einflüssen bekannter Art im Gange der Difi'erenzirung ursprünglich aufgetreten sind, versteht sich ganz von selbst. 66 Gesellschaft naturforschender Freunde. was im Herbst versäumt ist. Die Uredosporen sind Pro- pagationsorgane, die vor die Bildung der Basidiosporen fallen und der Vermehrung dienen; bei den ächten Basidiomyceten werden sich vielleicht Andeutungen ähnlicher Vorkommnisse finden, wenn die Aufmerksamkeit besonders darauf gerichtet wird, ich erinnere z. B. an die Chlamydosporen von Nyctalis asterophora, die de Bary in der Morphologie der Pilze S. 191 abbildet und beschreibt. Die Aecidiomyceten sind Basidiomyceten mit Aecidienfrüch ten, d. h. zu der ursprünglichen Basi- diosporenfru ctification sind die Aecidien als nach- trägliche Bildung hinzugekommen, wie bei denEnto- mophthoreen und üstilagineen die Dauersporen. In diesen, in den Dauersporen und Aecidien kommt der verschie- dene Gang der morphologischen Differenzirung zum Ausdruck, der von den Basidiomyceten ausgehend die Entomophthoreen und Üstilagineen einerseits und die Aecidiomyceten andererseits ein- geschlagen haben gegenüber der 3. Richtung, die sich ohne Neu- bildung von Fruchtformen in der alleinigen Ausbildung der Basidiosporenfructification in den Grenzen der Basidiomyceten selbst vollzogen hat, die ich als typische ächte Basidiomyceten bezeichne. Und dafür dass bezüglich der Aecidiomyceten diese Deutung richtig ist, dass wir die Aecidien als die letzte morphologische Bildung der Fruchtformen zu deuten haben, dafür will ich nur noch eine Thatsache von unumstösslicber Sicherheit anführen. Bei Endophyllum wird nach jetziger Deutung der erste Abschnitt der Entwicklung, die Basidiosporen- fructification, übersprungen. Ist das richtig, wird sie wirklich übersprungen? — gewiss nicht! Sie ist so gut vorhanden wie bei den Üstilagineen, aber sie ist auf die bescheidensten Ver- hältnisse wohl zu Gunsten der Aecidien zurückgesunken, die Basidiosporen werden nur mehr bei der Keimung der Aecidiosporen gebildet, diese Sporen keimen mit Pro- niycelien und Sporidien, beide sind zwar nur das Rudi- ment aber das morphologische Analogen des ersten Abschnittes, der bei anderen Formen vorläufig noch in typi- schem Glänze fortbesteht. Sitzung vom 20. März. 67 Betreffs der Ascomyceten ergeben sich die richtigen Ver- gleichspunkte von selbst. Die hier erfolgte Mittheilung enthält meine Auffassungen über den Gang der morphologischen Differenzirung und über die Grundzüge der natürlichen Systematik bei den eigentlichen typi- schen Pilzen, welche auf die niedrigsten Formen zurückgehen. Ich bin der Meinung, dass sie in ihrer Gesammtheit eine grosse natürliche Abtheilung des Pflanzenreiches bilden mit selbstständigem Ausgangspunkte and ver- schiedenen Endpunkten, welche den Abschluss eben- so vieler divergirender Entwicklungsrichtungen be- zeichnen; Endpunkte dieser Art sind in den höchsten Basidiomycet en , in den üstilagineen, den Aecidio- myceten und den Ascomyceten gegeben. Die Zygomyceten und Oosporen im weitesten Sinne schliesse ich vorerst von den ächten Pilzen aus, für sie halte ich mit Sachs den Ursprung von den Algen für wahrscheinlich, der alte Name .^Phy comycetes'^ bezeichnet sie durchaus charak- teristisch gegenüber den ächten Pilzen, die ich .^^Mycomycetes'^ nenne. Die „Myxomyceten" nehmen als kleinere, weniger ent- wickelte und weniger hervortretende Abtheilung eine selbst- ständige Stellung neben den Mycomyceten ein. Die ganze Masse der Pilze umfasst demnach 2 selbstständige unabhängige Abt heilungen : Myco- myceten und Myxomyceten, denen sich eine dritte unselbstständige,von den Algen abstammende Gruppe, die Algenpilze (Phycomyce ten) anhangsweise an- schlies sen. Zum Schlüsse meiner Mittheilung weise ich kurz auf die Berechtigung hin, den Titel meines Vortrages mit dem Nachsatze zu ergänzen: „über die morphologische Deutung der fructificativen Sporenkeimungen bei den üstilagi- neen und Aecidiomyceten. " Herr Reinhardt legte eine Anzahl japanischer Land- und Süsswassermoll usken vor, die zumeist von Herrn Pro- 68 Gesellschaft naturforschender Freunde. fessor Dönitz in Jedo gesammelt waren, und charakterisirte folgende Arten als neu: Alycaeus ISipponensis. Testa umbiäcata, depressoturbi- nata^ confertim costulala, pallide cornea, spira elata, apice mamilliformi, anfr. -i rotundati, ultimus inflatus, pone aperturam leviter constrictus , dein deflexus, usque ad aperturam costulatus ; tubulus suturae adnatus^ c. imm longus; apertura circularis, peristotnate subduplicato, incrassato, breviter expanso', operculum tenue, corneum^ profunde immersum. Diatn. maj. 4, min. 3^°^™, alt. 2'"™. Diam. apert. 1:^'°™. Von Alycaeus japonicus v. Mart. (Ostasiat. Landschnecken p. 13) veröchieden durch geringere Grösse, den weniger einge- schnürten letzten Umgang, der auch über die Einschnürung hin- aus gleichmässig berippt ist, und das weit weniger ausgebreitete Peristom. Das Embryonalgehäuse ist glatt, der nächste Um- gang zeigt Spiralstreifen, die allmälig den Querrippen Platz machen. Diese Art wurde auch von Dr. Hilgendorf an mehreren Stellen gesammelt. Hyaline (lUicr ocy stis) Doenitzii. Testa perforata, orbiculato - depressa , tenuis, nitidissima, sub lente sub- tilissime slriatula, succinea, subtus albescens; spira par um elevata; anfr. 5^ convexiusculi, regulariter accrescentes, ultimus nee dilatatus, nee carinatus; sutura albo-margi- nata; apertura oblique lunata; peristoma simplex^ acutum, margine columellari täte reflexo. Diam. maj. 7, min. 6""™; alt. c. 3|°"^. Diese von Herrn Dönitz bei Jedo unter dürrem Laub ge- sammelte Hyalina unterscheidet sich von der aus Japan be- kannten H. labilis Gould durch den nicht gekielten, von der gleichfalls in Japan gefundenen H. rejecta Pfr. durch den nicht erweiterten letzten Umgang; letztere ist ausserdem bei gleicher Anzahl der Windungen bedeutend grösser. Hyalina (Crystallus) Hilg endorfii. Testa arbiculato- depressa, arctispira, imperforata, albida, diaphana, sub- tiliter striata, utrinque coiwexiuscula; anfr. A^ teretes, sensim accrescentes, ultimus dilatatus; sutura anguste marginata; apertura lunata, ovato-rotundata, marginibus Sitzung vom 20. März. 69 remotis, inferiore rotundato, columellari paullnm incras- sato, reßexinsculo. üiam. 2f '>i'", alt. c. 1^™'". Diese von Herrn Dr. Hilgendorf in Kanga-Yashki (Tokio) unter Steinen gefundene Hyalina gehört der bisher aus Japan (und überhaupt aus Ostasien) unbekannten Gruppe der H. cry- stallina an. Durch den gänzlichen Mangel des Nabels schliesst sie sich der deutschen H. diaphana Stud. an , unterscheidet sich jedoch von derselben durch die geringere Zahl und die gerun- dete Form der Windungen; in letzterer Hinsicht sieht sie mehr der H. subferranea Bourz. oder subrimata Reinh. ähnlich. Helix (Patula) amblyg ona. Testa nmbilicata, depresso- turbinata., rufa., concolor, striata, in junioribus membra- naceo-lamellata; anfr. 4 obtuse carinati, vltimus puullum deflexus; apertura trapeziforrnis ; peristoma simplex, acu- tum, marginibtts conniventibus , columellari pai/llum re- flexo. Diam. 2|-, alt. c. 1™'". Auch diese von Herrn Dönitz in mehrfachen Exemplaren gesandte Schnecke hat ihre nächste Verwandte in einer euro- päischen Art, der H. rupestus Drap.; sie unterscheidet sich von dieser durch das flachere Gewinde und den stumpf gekielten letzten Umgang. Bei den jüngeren Stücken liegen die Win- dungen fast in einer Ebene und sind mit entfernt stehenden häutigen Rippen, die schräg nach rückwärts verlaufen, bedeckt; dazwischen findet sich feinere Streifung. Der letzte Umgang steigt etwas herab, so dass der Kiel der vorhergehenden Win- dung sichtbar bleibt; die häutigen Rippen verschwinden und es bleibt nur die Streifung. — H. flocculus Morelet aus Kamt- schatka scheint dieser Art nahe zu stehen, allein sie ist fiilvo et griseo-rariegata, während unsere Art das gleichförmige Roth- braun der Hei. rupestris zeigt. Helix (Vallonia) tenera. Testa aperte umbilicata, de- pressa, albido-flavescens, dense costulata; spira vix ele- vata; anfr. 3^ convexiuscvli, regulariter accrescentes, ultimus antice dilatatus, vix deflexiis; apertura perobli- qua, ovato-rotundata, marginibus conniventibus, superiore fere stricto', peristoma albo-labiatum, expansum. Diam, 2 •"">,• alt. c. 1™'°. Diese Vallonia, die erste, die aus Japan bekannt geworden, 70 Gesellschaft natur/orgchender Freunde. wurde von Herrn Dr. Hilgendorf bei Uweno (Tokio) in zahlreichen Exemplaren gesammelt. Sie steht der europäischen V. costata Müll, äusserst nahe, ist jedoch in allen Theilen zarter. So ist die Grösse etwas geringer, das ganze Gehäuse flacher, die Rippen sind weniger hervorspringend , jedoch dichter ge- stellt, die Lippe am Mundsaum ist weit schmaler. Die Mün- dung, bei H. costata fast kreisrund, ist bei der japanischen Art in die Breite gezogen, und namentlich bildet der Oberrand fast eine gerade Linie. CHjrbicula straminea. Testa oblongo-rotunda, subaequi- latera, latere antico rotundato, postico breviore subtrun- cato, ventricosa, solida, transverse-costulata, straminea, nitida; ligamentum breve; umbones tumiduli, obtusi, erosi; cardo incrassatus, dentibus validis; margarita vio- lacea. Lat. 13°""; alt. 10^"""; diam. 8°"°. Von der aus Japan bekannten C. Leana Prime schon durch die geringen Dimensionen (bei grosser Stärke der Schale) ver- schieden. Die Berippung ist regelmässig und kräftig; es sind ca. 20 concentrische Rippen auf einer Schale vorhanden, abge- sehen von den zerfressenen Wirbeln, an denen die Rippen ver- schwunden sind. Cn^rbicula biformis. Testa rotundato-trigona, subaequi- latera, compressiuscula, solida, nitida, atro-fuscescens, supra subtiliter arcuato-striatula, infra costulata; liga- mentum breve; umbones inflati, conniventes; margo su- perior angulatus, ceteri arcuati; cardo crassus, dentibus validis; margarita violacea. Lat. 17°"°; alt. 15^ ""j' diam. 9^°"". Diese Art ist auffallend durch ihre Sculptur. Die Wirbel und der obere Theil der Schale sind mit feinen Querstreifen versehen, während in der unteren Hälfte starke, entfernt stehende Rippen auftreten. Hierdurch, sowie durch bedeutend geringere Grösse unterscheidet sich die Muschel von C. japonica Prime. Herr Beyrich legte ein durch Herrn Splitgerber mitge- theiltes Stück Grauwacka von Ems vor, welches in ausge- zeichneter Erhaltung einen spiral aufgerollten Crinoiden- Stengel zeigt, ähnlich wie die Darstellung in Goldfuss's Sitzung vom 20. März. 71 Petref. GennaniaeTaf. 58, Fig. 7pu. r. Da diese, in der Literatur wenig beachtete Erscheinung häufiger bei Stengeln der Gattungen Rho- docrinus und Crenocrinus wiederkehrt, so kann sie nicht von einer zufälligen oder monströsen Ausbildung herrühren; vielmehr ist anzunehmen, dass jene Crinoiden sich auf dem sandigen, von Wasser getränkten Meeresboden, ohne festgewachsen zu sein, entwickelten, indem sie theils durch Einsenkung ihrer kuppei- förmig endenden Stengel in den Sand, theils durch deren spirale Aufrollung die ihnen erforderliche Stütze suchten. Herr Ascherson legte ein Exemplar von Borneo-Holz vor, welches das kgl. botanische Museum von Herrn Schirm- Fabrikanten Spannuth hierselbst zum Geschenk erhalten hat. Die Stammpflanze dieses vor einigen Jahren zur Anfertigung von Regenschirmen sehr beliebten Holzes scheint noch wenig bekannt zu sein, da Mr. Jackson in seinem kürzlich erschie- nenen sehr beachtenswerthen Aufsatze „Walking-sticks" (Gar- deners' Chronicle 1877, 27. Jan. S. 105 und 3. Febr. S. 137, von den Rajah-canes aus Borneo (unter diesem Namen ist das- selbe Object in England bekannt) nur anzugeben weiss, dass dieselben die Stämme einer Palme seien. Diese Angabe ist nur theil weise richtig; das Borneo-Holz, wie es zur Anfertigung der Schirme dient, besteht aus einem etwa 0.05 M. dicken, 0.07 M. langen Abschnitt eines Palmenstammes, aus welchem der Griff hergestellt wird, und aus einem seitlich aus diesem Stammstück hervorgehenden, stielrundlichen, 0.015 M. dicken Stabe, welcher den eigentlichen Schirmstock liefert. Das Ansehen dieses Stabes erinnerte keineswegs an einen Blattstiel, für welchen man ihn wohl zunächst anzusprechen geneigt gewesen wäre; noch weniger konnte derselbe für einen Zweig des Palmenstammes gehalten werden. So blieb Vortragender über die morphologische Deu- tung dieses Gegenstandes im Unklaren bis sich das Räthsel durch Auffindung einer bereits im Jahre 1871 im Nuovo Giorn. botan. S. 21 veröffentlichten Angabe des hochverdienten italieni- schen Reisenden O. Beccari löste, welcher von der von ihm a. a. O. beschriebenen neuen Palmenart Eugeissona minor, welche einen caudex brevissimus, radicibus aereis numerosis, metr. et ultra long, suffultus besitzt, bemerkt, dass die Wurzeln dieser 6 72 Gesellschaft naturforschender Freunde. und vielleicht auch einiger verwandten Arten von den Dajaken den Händlern zu Sambas, Pontianak und Sarauak verkauft wer- den, von wo sie, über Singapore nach Europa eingeführt, haupt- sächlich zur Anfertigung von Regenschirmstöcken (manichi d'ombrelli) dienen. In einem in derselben Zeitschrift 1874, S. 205, 206 abgedruckten Briefe aus Makassar vom 1 Dec. 1873, bemerkt Beccari wiederholt, dass die Rajah-canes die Luft- wurzeln von Eugeissona- KriQU sind. Herr Hilgendorf legte aus seinen in Japan gemach- ten Sammlungen ein Exemplar einer Pleurotomaria vor, das von den beiden lebend bekannten Arten abweichend erscheint und daher von ihm mit einem neuen Namen, Pleuro- tomaria Beyrichii, belegt wurde. Von der in der Grösse ähn- lichen PL Adansoniana Crosse und Fischer ist sie durch den Besitz eines falschen Nabels und die tiefe Lage des Schlitzban- des unterschieden, Merkmale, in denen sie mit der PI. Quoyana Fischer und Bernardi übereinstimmt, welche aber wiederum durch feinere Skulptur sich von der PI. Beyrichii entfernt, sowie ferner durch geringere Grösse, stumpfere Spira und gradlinigeren Verlauf der Anwachsstreifen im Bande. Es finden sich von Naht zu Naht Spiralrippen : apicalwärts vom . „ j basalwärts vom Ti j im Bande „ , Bande Bande bei PL Beyrichii 8 2 2 - Quoyana 13 5 4 — 5 - Adansoniana 2 0 7 — 8. Die Rippen sind bei der PL Beyrichii, ähnlich wie bei der PL Adansoniana, nur grob wellig (die Knoten etwa 3 mal so lang als breit), stellenweise sogar fast glatt; bei der PL Quoyana werden die Rippen von rundlichen Perlen gekrönt. Auf der Basis trägt die PL Beyrichii (von dem Nabelfeld aufwärts bis zum Spalt) 20 Rippen. Die Umgegend des Nabels ist sehr fein- gekörnt. Färbung hell fleischroth mit pomeranzengelben bis mennigrothen, unregelmässigen, groben, ziemlich dicht gedräng- ten Querbinden. Der grosse Durchmesser der Schale (soweit dieselbe vollständig) 83 mm., der kleine 78 mm., Höhe 82 mm. — In dem oberen Theile der Spira findet sich neben dem Reste Sitzung vom 20. März. 73 einer Austerschale eine durchbrociiene Stelle; die Mündung ist noch ein Wenig über den Grund des Schlitzes hinaus abge- brochen, doch erkennt man seine Spur noch an der inneren Fläche in einer Vertiefung bezüglich einem Fehlen der Perl- mutterschicht; die Nabelgegend ist wohl erhalten. Innen auf- sitzende Serpula- Röhren und ßryozoen beweisen, dass die Schale schon längere Zeit am Meeresgrunde ohne Thier gelegen haben mass; Abreibungen, wie durch einen Pagurus veranlasst, sind nicht erkennbar. Die beiden Exemplare der westindischen PI. Quoyana wurden aus grösseren Tiefen (120 Faden) gewonnen (das Herkommen des einzigen Exemplares der PI. Adansoniana ist in völliges Dunkel gehüllt); wenn man dem entsprechend auch den Wohnort der neuen Art in den unteren Zonen des Meeres zu suchen hätte, so wäre wohl am wahrscheinlichsten, dass das japanische Exemplar zufällig mit einer Tiefseeangel, welche vielleicht an einer der Schale aufsitzenden Koralle oder dergleichen einen Angriffspunkt fand, an die Oberfläche beför- dert wurde, wenigstens wird eine solche Fangmethode in Japan häufig in Anwendung gebracht. Da das Stück mit einer älteren, etiquettenlosen Sammlung erworben wurde, so ist über dessen Herkommen Genaueres nicht zu erforschen gewesen; dass in- dessen die Meere Japans es geliefert haben, wird dadurch ziem- lich sicher, dass die anderen Stücke jener Sammlung entschieden japanische Arten waren. Die Gattung Pleurotomaria hat ihren Schwerpunkt in der Juraformation, in dem mittleren und oberen Tertiär scheint sie aber bereits gänzlich zu fehlen ; es haben demnach die wenigen Pleurotomarien - Arten der Jetztzeit ein gewisses Anrecht auf den Titel „lebende Fossilien", und aus diesem Grunde dürfte der neue Fund nicht ohne Interesse sein. Herr Fritsch theilt die Resultate einer Untersuchung des Herrn Karl Brandt über die Fortpflanzung von Actinosphae- rium Eichhornii Stein mit. Die Vermehrung durch Theilung war schon im vorigen Jahrhundert durch die Entdecker von Actinosphaerium , Otto Fr. Müller und Eichhorn beschrieben worden. Seitdem aber 6* 74 Gesellschaft naturforschender Freunde. KöUicker ^) ein Verschmelzen zweier „Individuen" Schritt für Schritt verfolgte, wurde man wieder zweifelhaft, ob nicht alle die anscheinenden Trennungsvorgänge als Copjugationsacte zu deuten seien. Erst neuerdings trat Greeff^) mit Entschieden- heit für die Theilung ein; ja er wollte sogar den Verschrael- zungsprocess nur als eine Theilung gelten lassen, die nur des- halb leicht verkannt werden könnte, weil die beiden Hälften, solange sie noch bisquitförmig wären, in Folge der Beunruhigung gewöhnlich wieder zusammenschmölzen. Diese Erklärung passt aber nur für solche Fälle, in denen man bisquitförmige Exem- plare zu einem runden verschmelzen sah, nicht aber für die, in welchen ein langsames Ineinanderaufgehen zweier, anfangs voll- ständig getrennter Exemplare verfolgt wurde. Eine solche Er- scheinung findet aber in der That statt, wenn gleich sehr viel seltener als Theilung. Etwa 30 Male brachte ich zwei Actinosphaerien , die ent- weder von derselben Stelle herrührten, oder an ganz ver- schiedenen Fundorten geschöpft waren, in einen kleinen Tropfen und beobachtete ihr gegenseitiges Verhalten, das an Mannig- faltigkeit nichts zu wünschen übrig liess. Nur in 5 Fällen ver- schmolzen diese beiden Sonnenthierchen direct; meist theilten sie sich erst. Im letzteren Falle vereinigten sich dann entweder die Theilstücke eines oder die von beiden ursprünglichf^n „Indi- viduen." Oft näherten sich auch die Thierchen so sehr, dass ihre Strahlen zum Theil verschmolzen, ja dass ihre Körper in manchen Fällen sogar an der Berührungsebene sich gegenseitig abplatteten, und doch fand kein Verschmelzen statt; vielmehr rückten sie nach einiger Zeit wieder langsam aus einander. Auch dann, wenn ein Vereinigen stattgefunden hatte, konnte es entweder so innig sein, dass von dem Hervorgehen aus zwei Thieren keine Spur zu erkennen war, oder es wurde durch Ver- schmelzen der Rindensubstanz eine Bisquitform hervorgebracht. An der Verschmelzungsstelle der beiden Thiere war der sonst so scharfe Unterschied von Mark- und Rindensubstanz in dem Grade undeutlich geworden, dass man nicht unterscheiden konnte. ') Das Sonnenthierchen, Actinophrys sol, Zeitschr. f. wies. Zool. I. 1849. ^) Sitzungsbericht d. niederrhein. Ges. XXVIII, 1871, Sitzung vom 20. März. 75 ob nur die Rindensubstanzen mit einander verschmolzen waren oder ob auch die Marksubstanzen an der Verschmelzung Theil genommen hatten. Nach einigen Stunden trennten sich die beiden Thiere wieder von einander. Von einer Beziehung des Verschmelzungsprocesses zur Fortpflanzung konnte nichts wahr- genommen werden. — Den von Cienkowski^) entdeckten Encystirungs- process bei Actinosphaerium haben in neuerer Zeit Schnei- der 2) und F. Eilh. Schulze^) eingehender beschrieben. Schneider war der erste, welcher das Verhalten der Kerne bei der Encyst'rung berücksichtigte und ausserdem die wichtige Entdeckung machte, dass sich für jede Keirakugel (ein Ausdruck, den F. E. Schulze zuerst für die Produkte des Encystirungs- processes in Anwendung brachte) eine aussen rauhe, innen glatte, dickwandige, aus vielen Kieselstücken zusammengesetzte Cyste bildet. Die Angaben F. E. Schulze 's ergänzen die Beobach- tungen Schneider's, weichen jedoch in einem Punkte von diesen ab. Während nämlich Schneider die weiche Innen- masse einer jeden Cyste 8 — 10 Kerne, die sich von den gewöhn- lichen Actinosphaerium -Kernen nicht wesentlich unterschieden, an deren Stelle aber später eine einzige „feste Kugel mit Kern- körper" trat, enthalten sah, besass nach Schulze jede Kugel gleich anfangs nur einen Kern. Die Resultate, zu denen ich auf Grund eigener Beobach- tungen gekommen bin, difFeriren in mehrfacher Hinsicht von den Ergebnissen der früheren Forscher. Schon in Betreff der sehr eingreifenden Veränderungen, welche sich beim üebergange in die Keimkugelform an dem Sonnenthierchen abspielen, ist hinzuzufügen, dass das Actinosphaerium dabei gar nicht selten eine eigenthümliche amöboide Form annimmt. Diese Ver- änderungen beginnen damit, dass ein grosser Theil der Alveolen, unter gleichzeitigem Abrunden zusammenschrumpft, wodurch die ganze Masse immer compacter, dunkler und kleiner wird. Die Pseudopodien verkürzen sich und gehen in der ihnen gleicharti- ') Beiträge zur Kenntniss der Monaden, Max Schultze's Archiv I. 1865. 2) Zur Kenntniss der Radiolarien. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXI. 1871. ^) Rhizopodenstudien I, Max Schultze's Archiv X. 1874. 76 Gesellschaft naturforschender Freunde. gen Rindensubstanz auf, nachdem der Axenfaden, der die Rin- densubstanz durchsetzend, bis zur Marksubstanz reicht, wahr- scheinlich in diese zurückgezogen ist (welcher Vorgang jedoch noch nicht genau beobachtet ist). Das bisher Gesagte ist ganz allgemein giltig. Bei der amöboiden Form tritt jedoch jetzt folgender Unterschied im Verhalten auf: Noch ehe alle Pseudo- podien eingezogen sind, strecken sich hier und da an der Peri- pherie kurze, dann immer länger werdende zipfelartige Fortsätze der Rindensubstanz hervor, die sich nicht selten in zwei oder mehr Zipfel gabeln und stets feinspitzig endigen. Sie unter- scheiden sich von den gewöhnlichen Pseudopodien des Sonnen- thierchens stets durch den Mangel eines Axenfadens und durch ihre Gabelbildung. Vermittelst dieser zipfelartigen Pseudopodien werden langsame kriechende Ortsbewegungen vorgenommen, wobei der sonst so starre Körper eine grosse Mannigfaltigkeit und Veränderlichkeit der Form an den Tag legt. Während dieses beweglichen Zustandes , der höchstens 24 Stunden dauert und nicht selten mit einer Zweitheilung der ganzen Masse endigt, verschwindet das schaumige Aussehen des Körpers durch immer weiter gehende Reduction der Alveolen, die Pseudopodien wer- den ganz allmälig eingezogen, und der Körper rundet sich ab. — Was F. E. Schulze über die jetzt zunächst eintretenden Veränderungen gesagt hat, ist vollkommen zu bestätigen, nament- lich was die Ausscheidung der von concentrischen Körnchen- streifen durchzogenen Gallerthülle und die Reduction der Kerne betrifft; dagegen ist hervorzuheben, dass sich die späteren Keim- kugelkerne sehr wesentlich durch ihre Grösse sowohl, als auch durch ihren Inhalt von den gewöhnlichen Actinosphaerium- Kernen unterscheiden. Während diese nämlich einen Durch- messer von 0.008 — 0.02 haben und nicht selten ein unregel- mässig gestaltetes oder mehrere Kern körperchen und einen feinkörnigen Inhalt besitzen, enthält der Keimkugelkern, bei einem Durchmesser von 0.025 — 0.03 mm, stets nur ein kugeliges Kernkörperchen und einen wasserhellen Inhalt. Beim Beginn der Theilung des runden, seltener elliptischen Klumpens befindet sich in dessen compacter, homogener Mark- masse so viele Kerne, wie nachher Theilstücke vorhanden sind. Durch die zur Beobachtung gekommenen Fälle wurde ferner Sitzung vom 20. März. 77 klar, dass das von F. E. Schulze als allgemein giltig hinge- stellte Gesetz der continuirlich fortgesetzten Zweitheilung hier nicht immer zur Geltung kommt. Gewöhnlich zerfällt vielmehr der Klumpen gleich von vorn herein in die seiner Grösse ent- sprechende, nicht selten ungerade Anzahl von Theilstücken (2 — 35). ^) Jedes derselben enthält einen Keimkugelkern und umgiebt sich mit einer membranartigen Hülle, die noch wochen- lang nachher die ursprüngliche unregelmässige Gestalt des ab- geplatteten Theilstückes zeigt. Dann verschwindet die Membran allmälig, wahrscheinlich durch Resorption. Innerhalb seiner Hülle geht jedes der immer mehr zusammenschrumpfenden Theilstücke eine Zweitheilung ein. Die hierdurch entstehen- den Theile enthalten je einen Kern, sind gewöhnlich etwa von der Gestalt eines Kugelsegmentes und liegen zuerst platt zu- sammen, rücken aber bald etwas aus einander, um sich dann wieder zu nähern und mit einander zu verschmelzen. Die nun- mehr kugelrunde Masse von 0.06 — 0.11 mm. Durchmesser um- giebt sich mit einer aus Kieselstücken zusammengesetzten Cyste. Die Zeit, innerhalb welcher sich die einzelnen Stadien ab- spielten, war nicht immer übereinstimmend. Im Allgemeinen geschahen die Vorgänge von dem Auftreten des ersten, durch den runden Klumpen repräsentirten Stadiums an bis zur Aus- scheidung von Kieselstücken in 2 — 3 Tagen. Die längste Zeit nahm das erste Stadium in Anspruch (24 — 36 Stunden). Die beiden folgenden Stadien, nämlich vom Anfang der Theilung bis zum Beginn der Zweitheilung, und von da bis zur Wieder- vereinigung, erforderten meist nur je 12 — 18 Stunden, zuweilen selbst noch weniger. Die Keimkugelbildung wurde in allen Fällen vom Juni bis zum December in der oben beschriebenen Weise beobachtet. In den ersten Tagen des März öffneten sich dann mehrere der Cysten, und aus jeder trat ein junges mehr- kernigps Actinosphaerium hervor, ganz in der von Schneider beschriebenen Weise. Die höchst eigenthümliche Halbirung und Wiedervereinigung der Theilstücke wird von keinem der früheren Beobachter er- ') Ist jedoch das Mutterthier sehr klein, so encystirt es sich, nach vor- übergehender Halbirung, als ganzes. 78 Gesellschaft naturforschender Freunde. wähnt, und besitzt auch, soweit ich in Erfahrung bringen konnte, i\ convexiiiscnli, regulariter et celeriter crescentes, ultinms ampliattis {penultimo duplo major) ; sntura an- giiste marginata; apertura hinato-rotundata, latior quam alta , marginibus approximatis, columellari vix reflexo; peristoma simplex , acutum. Diam. maj. 3, min. 2, alt. vix 1 ™™. Dies ist mit grösster Wahrscheinlichkeit die Art, welche Adams unter dem Namen H. electrina Gould (= H. radiatula Aid.), jedoch auch als fraglich, von Kino-0-Sima anführt. Sie gleicht der eben genannten Species im Glanz und in der Strei- fung und durch die schnelle Zunahme der Windungen allerdings sehr, unterscheidet sich jedoch durch flachere Form mit wenig hervorragendem Gewinde, weiteren Nabel, sowie dadurch, dass der grösste Durchmesser der Mündung nicht schräg nach unten, sondern fast horizontal gerichtet ist. Herr Hilgendorf sam- melte die Schnecke bei Mohedsi in der Nähe von Hakotade auf Yesso. Sitzung vom 17. April. 91 3. H. Yessoensis sp. nov. Testa orbiciilato-depressa, perspective umbilicata, cornea nitidula, irregulariter striata; .spira elevata, obtnse conica; anfr. 4^ ( — 5) convexiusculi , siitura profunda discreti, ullimus subangulatiis, non dilatutns, subtus convexius- culus; apertura obliqua, subdiagonalis , lunato-ovalis, peristoma rectum., acutum., marginibus approximatis , co- lumellari vix reflexo. Diam. maj. 6|-, min. 5|™™; alt. 31 mm Diese Art, welche im Berliner Museum von Hakotade (aus Cuming's Sammlung) vorhanden ist, erinnert im Habitus an die europäischen Arten H. nitidula und nitens, jedoch ist der letzte Umgang nicht erweitert und etwas gekielt. Herr Hi lg en- do rf sammelte ein unausgewachsenes Exemplar ebenfalls bei Hakotade auf Yesso, das lebhafteren Glanz zeigt, fast so wie die vorige Art. c) Crystallus. 4. H. Hilgendorfii Reinh. (s. diese Berichte 1877, p. 68) Kanga-Yashki (Hilgendorf). 5. H. microdiscus sp. nov. Testa minima, depressa, imperforata , arctissime spirata, albida, diaphana, supra plana, subtus conrexiuscula; an- fr actus 3^ — 4 convexi, sutura profunda marginata dis- creti, regulariter accrescentes, ultimus paullum dilatatus; apertura late lunata, marginibus remotis, superiore mox deßexo, inferiore strictiusculo, columellari brevi reßexius- culo. Diam. 1^, alt. c. |™'". Am Teich von üweno, bei Kanga-Yashki u. a. O. bei Yedo von Herrn Hilgendorf gefunden. Die Stücke von den verschiedenen Fundorten sind von ziemlich gleicher Grösse, so dass man annehmen darf, dass diese Art nicht viel grössere Dimensionen erreicht. H. Hilgen- dorßi unterscheidet sich durch ein hervorragendes Gewinde und schneller zunehmende Windungen ; gleich grosse Stücke der noch in Betracht kommenden H. diaphana Rossm. sind viel dicker und haben mindestens eine halbe Windung weniger. 92 Gesellschaft natur/orschender Freunde. d) Ps eudohy alina. 6. H. minuscula W\ni\ey. Um Yedo an mehreren Punkten von den Herren Doenitz und Hilgendorf gesammelt und daselbst, wie es scheint, nicht selten. — Diese be- reits von Adams zwar nicht von Japan, aber von der Vladimir Bay an der gegenüberliegenden Küste des Amurlandes angegebene Art erregt besonders dadurch Interesse, dass es eine der wenigen amerikanischen Species ist, deren Verbreitungsbezirk sich bis hierher erstreckt. In Amerika ist sie von den westindischen Inseln bis an die Küsten des Stillen Oceans verbreitet. e) Microcystis. 7. H. rejectaVir. Von Adams auf Tsus-Sima gefunden; sonst in China. 8. H. lab ilis Go\x\^. Hakotade auf Yesso. Scheint weder von Adams, noch von späteren Beobachtern wieder- gefunden zu sein. 9. H. Doenitzii Reinh. (s. diese Berichte 1877, p. 68). Um Yedo an mehreren Punkten von den Herren Doenitz und Hilgendorf gesammelt; sie scheint daselbst häufig zu sein. Der Vortragende schaltete an dieser Stelle die Beschreibung einer neuen chinesischen Art aus derselben Gruppe ein, nämlich H. Möllendorffii sp. nov. Testa perforata, depresso-globosa, fitlva, nitidissima, sub- tiliter striatula, sub lente striis spiralibiis creberrimis subtilissime deciissata; spira obtuse conica; anfr. b^teretes, regidariler accrescenfes, ultimiis rotundatus non deßexus; sutura anguste marginata; apertura lunato-rotmidata', peristoma rectum, acutum, intus sublabiatum, marginibus remotis, columellari ad inserlionem triangulatim expanso. Diam. maj. 10, min. 8"'", alt. 5^™"". Ad Tachiaosse prope Peking legit dar. v. Möllendorff. Diese Art ist von allen aus Ostasien mir bekannt gewordenen Mi- crocysten durch die feine und dichte Spiralstreifung zu unterscheiden, wie solche sich bei einigen afrikanischen Arten (egenula Morelet vom Senegal, abyssinica und Vesti Jick. aus Abyssinien) vorfindet. Sitzung vom 17. April. 93 /■) Conulus. 10. H. pupula Gou\d. Nach Adams bei Hakotade (und der Vladimir Bay). 11. //. pustulina sp. nov. Testa conoideo-globosa, obtecle perforafa, Cornea, parum nitida, glabra, sola basi planiuscula nitida et irregu- lariter radiatim striatula: spira conica, elata, apice ob- tuso; an fr actus 6 convexiusculi, sutura profunda discreti, ultimus rotundatus ; apertura lunato-rotundata ; peristoma Simplex., rectum, acutum, marginibus distantibus, colu- tnellari reßexo. Diam. o, alt. 2|-'"'". Die Schnecke erinnert in der Gestalt etwas an Helix la- mellata, namentlich durch die flache Basis und das stumpf- konische, oben fast -abgerundete Gewinde. Nur die Basis glänzt und zeigt Radial-, bei starker Vergrösserung auch sehr feine Spiralstreifen. Herr Hilgendorf sammelte sie um Yedo, bei Uweno, und auch bei Hakotade auf Yesso. H. pupula Gould. ist nach der Beschreibung bernsteingelb, unten convex, mit stumpf kantigen Windungen und hat bei 6 Windungen ca. 5^™™ Höhe. 12. H. sinapid i u m sp. nov. Testa depresso- globosa, obtecte perforafa, arctispira, Cornea, nitida, sub lenfe subtilissime radiatim striatula; spira elevata, depresso - conica; sutura anguste margi- nata; anfraclus 4 convexi, ultimus non carinatus, basi convexiusculus ; apertura oblique hinata ; peristoma rectum, acutum, marginibus retnotis , coliimellari reflexiusculo Diam. 1|, alt. vix 1«™. Diese Art ist der H. Gundlachi Pfr. von Cuba in Gestalt und Grösse täuschend ähnlich , unterscheidet sich von derselben jedoch leicht durch den gänzlichen Mangel der Spiralstreifen. Herr Doenitz sandte ein Exemplar von Yedo, Herr Hilgen- dorf sammelte die Art bei Uweno und im Nikkogebirge. 13. H. phyllophila A. Adaras. Vom Autor bei Mososeki an der Strasse von Simonoseki (zwischen Nippon und Kiusiu) gesammelt. Hierher scheint eine von Herrn Hilgendorf mitgebrachte Schnecke zu gehören, bei welcher jedoch die Höhe bedeutend hinter der Breite 94 Oesellschaft naturforschender Freunde. zurückbleibt, während bei H. phyllophila beides gleich sein soll. 14. H. incerta A. Ad. Eine unsichere Art, vom Autor auf Tabu-Sima gesammelt. 15. H. tenera A. Ad. Matsumai auf Yesso (Adams). Herr Hilgendorf fand mehrere Stücke bei Mohedsi in der Nähe von Hakotade. 16. H. Steno gyra A. Ad. Nur vom Autor auf Tsus-Sima gefunden. 17. H. acut an gula A. Ad. Diese von Adams bei Tago auf Sikok gesammelte Schnecke fand Hilgendorf auch bei Yedo. Von den 17 angeführten Hyalina- Arten sind bis jetzt 14 nur in Japan gefunden w^orden. Zu den 3 Arten, die es mit andern Ländern theilt, gehört zuerst die anfangs erwähnte //.? nitida Müll., die mit einer europäischen Art entweder iden- tisch ist, oder ihr jedenfalls sehr nahe steht; H. minus cula Binn. ist, wie schon oben hervorgehoben, eine amerikanische Species; H. rejecta Pfr. endlich ist zuerst aus China bekannt geworden. Dieselben Anklänge an die drei eben genannten Faunengebiete lassen sich nun auch erkennen, wenn man die verwandtschaftlichen Beziehungen der Japan eigenthümlichen Arten ins Auge fasst. Die Microcystis- Arten gehören einer in Ostasien und überhaupt in den Tropen verbreiteten Gruppe an. Die Euhyalina- und Crysfal/us- Arten haben ihre nächsten Verwandten in Europa; namentlich die letztere Gruppe ist bisher nur im europäischen Faunengebiete (incl. Nordafrika und Kleinasien) beobachtet worden, und es ist auffallend, sie plötz- lich wieder im äussersten Osten des ungeheuren Continentes, und zwar in 2 den europäischen Formen ziemlich nahestehenden Arten auftreten zu sehen. Nur die Kleinheit und die versteckte Lebensweise der hierher gehörigen Schnecken, sowie die geringe Bekanntschaft mit dem Innern Asiens machen es erklärlich, dass in der gewaltigen Ländermasse zwischen Ural und dem Stillen Ocean bisher noch keine den Zusammenhang vermittelnden Ver- treter dieser Gruppe bekannt geworden sind. Ebenfalls noch an eine europäische Art, die Hyalina fulva Drap, erinnern unter Sitzung vom 17. April. 95 den Con«/Ms- Arten //. pupula und H. pushilina , wohingegen H. sinopidiiim ihre nächste Verwandte in einer amerikanischen Art, der H. Gundlachi Pfr., findet, der sie im Habitus zum Ver- wechseln ähnlich ist. In gleicher Weise scheinen die grösseren gekielten Coniiliis- Arten ihre Verwandten in amerikanischen Arten (z. B. H. seinen lini Moric.) zu haben. Das Auftreten amerikanischer und speciell mittelamerikanischer Arten und Typen in einem Lande, das durch die weite Wasserfläche des Grossen Oceans von jenem Continente getrennt wird, ist jeden- falls eine sehr auffallende und beachtenswerthe Thatsache. Derselbe Vortragende legte sodann noch folgende, von Herrn Dr. Hilgendorf in Japan gesammelte Landschnecken als neu vor: Succinea horlicola. Testa ovato-oblonga, aotminata, oblique striata, solidius- cula, pallide Cornea; spira conica, elata; anfractns 3^ convexi, sutiira profunda discreti; apertura vix |- longi- tndinis aeqnans, ovata, svperne vix angulafa; cohime/la strictiiiscula, lamina columeUaris lata; peristoma rectum^ acutum, margine externo satis arcuato. Long. 10, lat. 6^°"°; apert. 6^""° long., 41""° lata. Die Art, im Garten der medicinischen Schule zu Yedo ge- sammelt, ist der Succ. oblonga Dr. im Habitus ähnlich, doch ist diese letztere schlanker, die Mündung derselben kleiner, die Naht tiefer und die Farbe grünlich. Siicc. lauta v. Martens (Ostasiat. Landschnecken p. 34), non Gould ist mit vorstehender Art identisch. Helix (Fruticico la) verrucosa. Testa conico-globosa, anguste perforata, griseo-fusca, oblique striata, papillis exsculptis creberrimis obsifa; spira conica, elata, apice obtuso; anfractus 5^ convexius- culi, nltimus obtuse angulatus, basi convexiusculus; aper- tura rotundato-lunata; peristoma rectum, acutum, tnargine columellari late reflexo ; marginibus callo tenui junctis. Diani. 5^, alt. 5""". Hab. Uweno prope Yeddo. Leicht an den Wärzchen zu erkennen, welche in ähnlicher 96 Gesellschaft naturforschender Freunde. Weise, wie bei Hei. iticamata, jedoch viel deutlicher ausgeprägt, die ganze Oberfläche der Schale bedecken. Pupa (Vertigo) hy drophila. Testadextrorsa ovata, rimata, nitida, glabra, sub lente stria- tula, Cornea, pellucida; spira conica, obtusa; anfractits A\ convexiiisculi, celeriter accrescentes, pennltinms maxinms, ultimus rolundatus, basi non compressus ; aperlura frans- verse cordata, 5 — 6 dentata; plica una parietalis valida, altera obsoletn; 2 colnmellares , super a validiore, pala- tales 2; dentes palatales et colnmellares callo eburneo splendido, extus ritfo, inter se conjuncti; perisloma acu- tum, expansiusculum , marginihus remotis, callo tenui junctis, dextro paullum producto et simiato-inflexo, colu- mellari reflexiusculo. Long. If, lat. 1™™. Hab. Hakotade ins. Yesso. Gehört in die Verwandtschaft der P. antivertigo und steht namentlich der P. ovata Say nahe, welche jedoch durch etwas schlankere Gestalt, den an der Basis etwas zusammengedrückten letzten Umgang und durch die kräftiger ausgebildete Bezahnung abweicht. Pupa (Leucochila?) armig erella. Testa dextrorsa, conico - ovata, rimata, albida, pellucida, nitidula, laevigatay anfractus 5 teretes, sutura profunda sejuncti, ultimus basi compressiusculus; aperlura rotun- dato - triangularis, 7 dentata; dentes 2 in pariete aper- turali, alter pone insertionem marginis externi oriens lamelliformis, compressus, flexuosus, bivertex, alter colu- mellae propior minimiis nodiformis, profundus; columella bidentata, dente supero validiore; dentes palatales 3, summus minimus, infimus maximus, callo transverso extus conspicuo inter se conjuncti. Peristoma subconlinuum, simplex, expansiusculum, margine dextro superne ad colu- mellam dilatatam inclinato. Long. 2^, lat. 1°"°. Hab. Misaki. Diese Art schliesst sich hinsichtlich der Form und Stellung der Zähne fast genau an die amerikanische P. armifera Say an, die jedoch fast 3 mal so gross ist. Verwandte, in der Grösse ziemlich gleiche indische Formen, wie P. filosa und palangula, Sitzung vom 17. April. 97 weichen in der Gestalt und in der Bezahnung erheblich ab. — Die jungen Stücke zeigen keine Spur von Zähnen, aber ein deutliches, durch den umgeschlagenen Columellarrand etwas ver- decktes Nabelloch. Carychium no dvliferum. Testet vix rimnfa, turrifa, albo-hyalina, parum nitida, ar- gute slriatnla', spira elongala, cylindracea, versus apicem acuminata; anfr actus 5^} convexitiscuH, sutura profunda discreti, u/timus c. ^ long, ocaipans; aper Iura paullum obliqua, ovata, inaequilalera , A-dentata; paries apertu- ralis prope columellam plicu coiupressa, obliqua, intrante munitus; columella nnidentata; margo externus lexnter sinuatus, ad injlexionem dente prominulo et infra pone aperluram denticulo nodiformi extus conspicuo instructus. Peristoma undique expansnm , albo - labiatum, marginibits callo lato nitida junclis. Long. 2°"°, lat. |^""", apert. c. I""" long. Hab. Misaki. Eine ausgezeichnete Art mit sehr feiner, aber scharfer regelmässiger Streifung, die sich von allen bisher beschriebenen Carychien durch den knötchenförmigen Höcker auf der Aussen- wand unmittelbar hinter dem Mündungsrande unterscheidet, der, wie bei vielen Pwpa- Arten die Gauraenleisten, nach aussen durch- schimmert. Herr von Martens gab im Anschluss an den vorher- gehenden Vortrag eine Uebersicht über die von den Herren Dr. Fr. Hilgendorf und Dr. W. Dö^nitz in Japan ge- sammelten Binnenmollusken. Der grösste Theil derselben ist im mittleren Theil der Insel Nippon gefunden, um und in Yeddo (Tokio) selbst oder in Entfernungen bis zu 12 — 14 geogr. Meilen von da, im Norden bis in das Nikko- Gebirge (Nikwo- San der Sieb ol d 'sehen Karte), etwa halbwegs zur Nordwest- küste, im Südwesten bis in das Hakone- Gebirge (Fakone der- selben Karte) und im Osten durch Dr. Hilgendorf auch von der Halbinsel, welche von den Provinzen Kadsusa und Awa gebildet wird und die Bay von Yeddo vom grossen Ocean trennt. Ausserdem hat Herr Hilgendorf auch bei Hakotade und dem 98 Gesellschaft naturforschender Freunde. benachbarten Mohedsi unmittelbar am südlichen Ende der Insel Yesso (Jezo) gesammelt und endlich erhielt er von einem seiner Schüler auch einige Arten aus der Provinz Idsumo an der Nord- westküste der Insel Nippon, gegenüber Korea. Für die schon länger bekannten Arten verweist der Vortragende auf seine Zusammenstellung der japanischen Landschneckenfauna in dem officiellen Werk über die preussische Expedition nach Ost-Asien, zoologischer Theil , zweiter Band 1867, S. 9 u. folgende, sowie auf die Publikationen von Arthur Adams in Annais and Ma- gazine of natural history, fourth series I, 1868, p. 457 und in Proceedings ofthe Zoological Society 1867, p. 313, von H. Crosse in dem Journal de conchyliologie, XVII, 1869 und XIX, 1871, von W. Kobelt in den Jahrbüchern der malakologischen Ge- sellschaft 1875 und 1876 und von Edgar Smith im Quarterly Journal of Conchology, Febr. 1876, p. 118. Bei den Süsswasser- Conchylien sind auch die von dem Vortragenden selbst früher in Japan gesammelten berücksichtigt, da dieselben bis jetzt noch nicht zusammengestellt worden sind: 1. Cyclophorus Herklotsi Martens, Expedit. Ost-Asien, S. 13. Kano San und Taka-Kura im mittleren Nippon, Hilgendorf. War bis dahin nur von Nangasaki, Tsu- Sima und Kobe bekannt. 2. Alycaeus Nipponensis Reinhardt, s. den vorherge- henden Sitzungsbericht, S. 68. Yeddo, Dönitz und Hilgendorf, Frühling 1873, namentlich in Kanga- Yashki und auch im Hakone - Gebirge von Letzterem gefunden. 3. Pupina rufa Sow, thesaur. conchyl. III, pl. 265, fig. 29. Aus dem südlichen Japan erhalten, Hilgendorf. 4. Diplommatina labiosa n. Testa dextrorsa, rimata, conico-ovata, oblique argute striata, rufescenfi-cornea, nitidula; spira ventroso-conica, obtusiuscula; anfr. 7, con- vexi, regulariter crescentes , ultimus penultimo angustior et htimilior, initio subito constricfns , dein plica palatali latiuscula extus conspicua munitus , antice ascendens; apertiira ob/iqua, piriformi-circularis, peristoma duplex, utrumque expansum, externum disjunctum, internum in- crassatum , superne in anfr. penultimum productum, con- Sitzung vom 17. April. 99 tinuum; plica columellaris horizontalis, immersa. Long. 4, diam. 2, apert., alt. et lat. 1^°"". Hakone-Gebirge, unter Steinen, Jnli 1875, Hilge ndoif". Weist durch die ziemlich starlve Columellarfalte zu Paxillus hin, ist aber rechts gewunden ; eigenthümlich ist auch der sack- artig verlängerte, die Einschnürung zwischen vorletzter und letzter Windung halbüberdeckende Ober-Theil des Mundsaunis. 5. Dipl ommatina pusilla n. Testa siiiisfrorsa , rimata, ovata, oblique costulata, pallide ßamda, nitidula; anfr. 5, convexi, sutura seit profunda discreti, priores dno laeves, conulum obfusum constilnentes , terttus diametro valde crescens, humilis, quartus paulo lalior, diiplo fere allior, strictura debili terminatus, ultiimis paulo angnstior, basi rotutidatus ; apertura paulum obliqua, circularis, peristoma duplex, externum expansum, superne interruptnm, inter- nmn porrectum, superne continuum, appressum, plica co- lumellaris parvula. Long. 2, diam. 1, apert. I^""™. Uweno unmittelbar bei Yeddo, Hilgendorf. 6. Helicina Japonica A. Adams Ann. und Mag. n. h. VIII 1862, p. 141. Zahlreich auf dem Gipfel des Berges Tsukuba-San, nördlich von Yeddo, 9°"" breit und 7 hoch; bedeutend grösser, 12 breit und 11 hoch, am Buko-San, Hilgendorf. Rücken des lebenden Thieres violett- schwarz, Seiten und Sohle weisslich; die Fühler werden bei Berührung an die Schnauze angelegt; diese ist vorn zweilappig, Athemöffnung links (nach Angabe des Finders). 7. Pkilomycus bilineatus Bens. Expedit. Ostas. S. 16. Yeddo im Hof der medicinischen Schule, unter Steinen, 21. März, ferner im Nikko- Gebirge und bei Hakotade, August 1874, Hilgendorf. 8. Limaxa, wahrscheinlich agresfis L. (vgl. rarians A. Adams, p. 460), einfarbig gelblichweiss, Fühler und Nacken dunkelbräunlich, kriechend 34°"" lang, wovon 11 auf den Schild kommen; dieser concentrisch gerunzelt, das Athemloch im hinteren Drittel. Auf schattigem Rasen und unter Steinen am östlichen Abhang der Hügel bei Hakotade, August 1874, Hilgendorf. 100 Gesellschaft naturforschender Freunde. 9. Hyalina Yessoensis Reinh. Hakotade, Hilgendorf. 10. — radiatella Reinh. Mohedsi bei Hakotade. 11. — {Cry Stalins) Hilgendorfi Reinhardt. Kanga-Yashki bei Yeddo, Hilgendorf. 12. — — micro discus Reinhardt. Uweno bei Yeddo, an einem Teich, 5. März 1874, Hil- gendorf. 13. — (^Pseudohyalina) minus - cula Binney. Yeddo, unter Steinen, im Garten der medi- cinischen Schule, demjenigen der Legation, sowie bei Uweno und Kanga-Yashki, April 1873 und Januar 1874, Hilgendorf und Dönitz. 14. — (Micro cystis) Dönitzi Reinh. Yeddo, Dönitz und Hilgendorf. 15. — (Conulus) tenera A. Adams Ann. Mag. 1868, 468. Mohedsi, Hilgend orf. 16. — — sinapidium Reinhardt. Uweno bei Yeddo, 5. März 1874, Hilgendorf. 17. — — pustulina Reinh. Yeddo und Hakotade, Hilgendorf. 18. — — acutangula A. Adams loc. cit. 468. Yeddo, Hil- gendorf. 19. Patula pauper Goald. Exped. Ostas. 18., wahrschein- lich identisch mit H. declivis Newcomb Proc. Californ. Ac. nat. sc. HI 1866, p. 180 und nächstverwandt mit- der nordamerikanischen sfriatella Anthony, einfarbig und rippenstreifig wie die europäische ruderata, aber stumpf- Vgl. über diese Arten die Angaben von Dr. O. Rein- hardt in diesem und dem vorhergehenden Sitzungsbericht, S. 68 — 70 und 90 — 94. Sitzung vom 17. AiJril. 101 kantig und an der Oberseite eigenthiinolich schief ab- fallend , bis 8°"" breit und 4 hoch. Yeddo , im Garten der Gesandtschaft, März 1873, Juni 1875, und bei Kanga-Yashki, Hilgendorf. Von demselben auch bei Hakotade gesammelt. 20. Patula amblygona Reinhardts, den vorigen Sitzungs- bericht S. 69 Yeddo, Dönitz und Hilgendorf. 21. He/ix {Vallonia) tenera Reinhardt s. den vorigen Sitzungsbericht S. 69. Yeddo, im Garten der Legation und bei üweno, 5. März 1874, Hilgendorf. 22. — (Plec fotropis) Mackensi A. Adams et Reeve Zoology of the voyage of H. M. S. Samarang 15,6. Oyamo und Buko-San, Hilgendorf; die grösseren Exemplare flacher, die kleineren höher, jene z. B. 25^°"" breit und 11 hoch, diese 22 und 13. Bis dahin nur von der Inselgruppe Meiako-Sima bekannt. 23. — — squarrosa Gould? unausgewachsene Exemplare mit hautartigen , bei Befeuchtung sich aufrichtenden Schüppchen. Halbinsel Kadsusa-Awa. A. Adams hat noch mehrere verwandte Arten unterschieden. 24. — (Acanthinula), eine der H. orcula Bens, nach Ab- bildung und Beschreibung zu urtheilen, höchst ähn- liche Art. Yeddo und Idsumo, Hilgendorf. 25. — (Fruticico la) similaris Per. Exped. Ostas. 19. Yeddo, im Hof der medicinischen Schule und dem- jenigen der Gesandtschaft, an feuchten Mauern, ferner auf dem Berge Kano-San , im Hakone- Gebirge und auf der Halbinsel Awa, Hilgendorf. Sehr variabel in der Grösse (diam. maj. 13 — 17), der relativen Höhe und dem Grade der knieförmigen Einbiegung des Unterrandes, die meisten der vorliegenden Exem- plare ziemlich flach und ohne Band (meine frühere genulabris) , eines oben vollkommen eben, ähnlich wie H. unguicu/a, aber früher verletzt und vernarbt. 26. — — conospira Ffr. Exped. Ostas. 23. Yeddo, unter dürrem Laub, mit papierartigem Winterdeckel, Januar 1875, Dönitz; Uweno, an Bäumen und an Gras, 8 102 Gesellschaft naturforschender Freunde. 5. Mai 1873 und 2. Mai 1874, sowie auf dem Berg Kano-San, Hilgendorf. 27. Helix (^Fruticicola) verrucosa Reinh. s. oben. Park üweno bei Yeddo, unter Steinen, 18. April 1874, Hilgendorf. 28. — (SatsM7na) Jap onica Fer. Exped. Ostas. 20. Sehr verbreitet in der weiteren Umgebung von Yeddo, so an und auf den Bergen Kano-San, Buko-San, Hako- San und Tsukuba-San, dann im Hakone - Gebirge zwischen Ashinonga und Kinga, ferner bei Misaki, Oyamo und auf der Insel Eno-Sima von Dr. Hilgen- dorf gefunden, sehr veränderlich in der Gestalt, die höchsten, 15""" hoch und 16 breit, von Kano-San, die relativ flachsten, 13^ hoch und 19 breit, von Misaki, die kleinsten 13 — 14 hoch und 14 — 16 breit, zu- gleich sehr stumpf kantig, vom Hako-San. 29. — (Acusta) Sieboldiana Pfr. Expedit. Ostas. 22. Yeddo, im Garten der medicinischen Schule, an feuchten Mauern, 15. Oct. 1874, und bei Uweno, Misaki, Kano-San und im Hakone - Gebirge, Hil- gendorf. 30. laeta Gould Proc. Bost. soc. n. h. VI, p. 422. Hakotade, 25. Juli 1874, Hilgendorf. Ein schönes Exemplar, gelbbraun mit zwei braunrothen Bändern, wie es scheint, — (2? 3). 4. — , diam. maj. 35""", alt. 28, apert. lat. 19|^, alt. 21, im Habitus an H. ad- spersa und Buffoniana erinnernd. Zwei andere Stücke, einfarbig und mehr grünbraun, sowie mehrere junge dürften auch hierher gehören. 31. — (Camena) callizona Crosse. Journ. Conch. XIV, 1871, 309 und 226, 13,3 (unausgewachsen); Mär- ten s, Jahrb. nat. Ges. III, 358; H. Amaliae var. Kobelt, Jahrb. nat. Ges. III, 150, 5,2. Hilgendorf erhielt mehrere Stücke aus der Provinz Idsumo an der Westküste, unweit Hagi (Fagi), von wo das Berliner Museum sie früher durch Herrn Hiller er- halten, gross, 25 — 30""" breit, 23 — 25 hoch, die Sitzung vom 17. April. 103 letzte Windung kugelig, Mundrand umgeschlagen, röthlich, Bänder 3. (4,5) oder (4,5), das unterste stets sehr breit bis in den Nabel sich erstreckend. 31b. Helix (Camena) callizona var. Eine etwas kleinere Form, 26™" breit und 2ü hoch, mit mehr gedrückter letzter Windung und schmalen Bändern, 3. — 5., das fünfte von der dunkeln Färbung des Nabels weit getrennt, sammelte Hilgendorf in wenigen Exem- plaren bei Hatta im Hakone- Gebirge; es ist wohl das die eigentliche H. Amaliae, Kobelt's Jahrb. II 1875, 327, 12, 3. 4. Auch H. serotina, A. Adams, Ann. Mag. 1868 I, 461, vom Cap Notoro, Südspitze von Sachalin, dürfte ähnlich sein. 32. — — peliomphala Fir. Exped. Ostas. 25. Zahlreich in und um Yeddo, im Garten der Gesandtschaft und dem der medicinischen Schule, sowie bei Uweno, Hilgendorf und Dönitz, unter 42 Stücken dreissig mit 3 Bändern : — 2. 3. 4. — , fünf mit zwei : 3. 4. — , sieben mit nur Einem Band : 3 , und keines ohne Band; das grösste 36°"" breit und 22 hoch, das kleinste 29 und 17, das relativ höchste 33 und 20. Auch in den bergigen Gegenden, Taka- Kura, Kano-San und Buko-San, am grössten und auffallend flach, 35 — 41'"'" im Durchmesser und nur 21 — 21^ hoch, im Hakone- Gebirge, Hilgendorf. Eier 20 — 30 oder mehr, im Winter ^ — 1 Zoll tief in lockerer Erde unter Bäumen, Dönitz. Pfeil etwas gebogen, ohne Kante, spitzig, 7'"° lang, Capreoltts über 13°"" lang, Hilgendorf. 32b. — var. nimbosa. Eines der kleineren Exemplare aus Yeddo, 30""" breit und 19 hoch, hat vielfach unter- brochene Bänder und bildet damit den üebergang zu H. nimbosa^ Crosse, Journ. Conch. XVII, 2, 1; ein zweites, 30 breit und 18 hoch, ganz eben so strahlig, wie das von Crosse, gezeichnet, aber blass- grau statt braun und ohne Nabelfleck, fand Hilgen- dorf im Nikkogebirge^ es macht mir auch die Ver- 8* 104 Gesellschaft naturforschender Freunde. scbiedenheit von H. Brandti Kobelt, Jahrb. II, -12, 3. 4., zweifelhaft. 32c. Helix Luchuana Sow. Exped. Ostas. 28, grösser, stärker gewölbt, gröber und unregelmässiger gestreift, Grund- farbe nicht gelb, sondern braun und immer das obere und untere Band verwaschen und breit, das mittlere scharf, 40 — 44°"" im Durchmesser, 27 — 27^ hoch, aus Idsumo an Hilgendorf geschickt. H. Sencken- bergiana K. oh e\t, Jahrb. II, 12, 1.2., ist sehr über- einstimmend, aber noch grösser. Verbindungsformen zu peliomphala sind nicht vorgekommen. 33. — quaesita Fer. Exped. Ostas. 28. Veddo, junge, eben ausgekrochen, unter einem Stein, Januar 1874, Dönitz. Yeddo, Uweno, Oyamo, Tomi-San, Kano- San , Buko-San, Tsukuba-San, Hatta im Hakone- Gebirge, Misaki und Mela an der Felsenküste süd- lich von der Bay von Yeddo. Die Grösse wechselt zwischen 30 und 58°"" im Durchmesser und 20^ bis 30 in der Höhe, die grössten Stücke von Oyamo; die meisten sind einbandig : — — 3 — — , wenige ohne Band. Vom Berg Tsukuba-San Exemplare mit brauner Grundfarbe und verwaschenen Spuren eines oberen und unteren Bandes, also an Luchuana er- innernd, aber links gewunden und auch sonst in der Gestalt und im Nabel mit der typischen quaesita übereinstimmend. Eine von Dr. Hilgendorf ent- worfene, anatomische Zeichnung zeigt ein langge- stieltes Receptaculum seminis, die Vesiculae multißdae in Ein Bündel vereinigt und ein kurzes Flagellum. 34. — — scae 11 ola n. Testa sinisfrorsa, umbilicata, de- pressa, oblique costulata, fuscescens , ad peripheriam ohfuse angulata, albida, anguste unifasciata; spira brevis , subconica, anfractus 5, planati^ vlfimns ad aperturam perbreviter descendens, subtus paulum con- vexior ; apertura valde obliquata, lunato-rotundata, peristoma marginibus distantibus, supero recfo, infero brevifer reßexo, coluniellari snbverticali, dilatato. Diam. inaj. 27, min. 22, alt. 14; apert. long. 12, alt. obliqua 14"°', Sitzung vom 17. April. 105 Im Hakone-Gebirge zwischen Ashinanga und Kinga, Hilgendorf, Flacher und nait stärkerer Sculptur als H. quaesita. 35. Helix (Camena) myomphala Martens. Exped. Ostas. 29. Oyamo, Hilgendorf. 36. Editha A. Adams. Ann. Mag. 1868 1, 462. Mo- hedsi bei Hakotade, 9. August 1374, Hilgendorf. Bänder : — 2. — 4. — . 37. — — Blakeana Newcomb. Proc.Calif.Acad.nat.se. III 1861, p. 180. Hierher gehören wahrscheinlich mehrere durch Verbleichen einfarbig weiss erschei- nende Stücke, diam. maj. 28, min. 24, alt. 18, apert. lat. 16, alt. obl. 13, fein spiralgestreift, jede einzelne Windung etwas vorstehend, an die Gestalt von Zo- nites verticillus erinnernd, von Hilgendorf bei Mo- hedsi unweit Hakotade gefunden. 38. Buliminus ReinianusK.ohe\t.Jahrh.lI,SS2. 12,10.11., kaum zu unterscheiden von dem chinesischen B. Cantori, doch grösser und der Aussenrand der Mündung meist etwas stärker gebogen. Berg Buko-San, Hilgen- dorf. Jay's angeblicher Bulimus rimatus aus Japan (Perry expedit. II, p. 296) beruht vielleicht auf dieser Art, da der ächte rimatus Pfr., zur afrikanisch -ara- bischen Gruppe Petraeus gehörig, doch nicht wohl in Japan vorkommen kann. 39. Steno gyra Jav anica Reeve. Exped. Ostas. 30 und 377. Uweno bei Yeddo, 9. und 18. März 1873, Hilgendorf. — gracilis Hutton. Exped. Ostas. 375. Yeddo, im Garten der Gesandtschaft, 16. März, bei Kassedjo, 25. März 1873, und am Berg Kano-San, Hilgen- dorf. Weit verbreitet in Ostasien, aber bis jetzt noch nicht so weit nördlich bekannt. 40. Balea variegata A. Adams. Ann. Mag. 1868 I, p. 461) (Ostas. Exp. II, 31). Uweno bei Yeddo, unter Baum- rinde, zahlreich, 18. März, und Uweno, 5. Mai, Hil- gendorf. Yeddo, in hohlen Bäumen, Januar 1874, D ö n i t z. 106 Gesellschaft natur/orsch ender Freunde. 41. Clatisilia Reiniana Kobelt. Jahrb. nat. Ges. II, 12, 7.9. Hatta im Hakone- Gebirge, Dr. Hilgendorf. Ein Exemplar von 44'"'" Länge zeigt 8 erhaltene Windungen, die Spitze ist abgebrochen, kleinere, frischere von 36 — 39"""" bei unversehrter Spitze 10 — 10^. Die Ausbildung des oberen Astes der Unterlamelle und die Annäherung der Subcolumellar- falte an den Mundsaum zeigt starke, graduelle Ver- schiedenheiten; die oberste der kleinen Gaumenfalten verlängert sich nach hinten über den gleichmässigen Anfang der folgenden hinaus mehr oder weniger. Obwohl mir 6 Exemplare vorliegen, 4 von Dr. Hil- gendorf und 2 von Herrn von Roretz gesammelt, so wage ich doch nicht, über ihre Artverschiedenheit von Cl. Yokohamensis Crosse ohne Vergleichung von dessen Originalen abzuurtheilen. 42. — ducalis Kobelt. Jahrb. nat. Ges. III, 5, 7. Ein Exemplar, 39^"""" lang, ohne nähere Fundortsangabe von Dr. Hi Igendorf. 43. — Hilgendorfi n. Tesfa fusiformi-turrita, solida, obli- que costulato - striata , nitida, castanea, superne atte- nuata; anfr. 11 — 13, secundus usque ad quartum planiuscnli , v>ix crescentes , sequentes modice convexi, regiilariter crescentes, ultimus suhcompresstts, gracilior, sutura magis obliqua, cerince rotundata; apertura piri- formi-oblonga, fere verticalis; lamellae parietales ap- proximatae, supera compressa, marginem subattingens, in lamellam spiralem intersfifio subnullo continuata, infera antrorsum humilior , retrorsum valida, valde forta; plica subcolumellaris conspicua, marginem attin- gens; plica palatalis principalis elongata, superior (suturalis) unica, debilior, inferior (secunda) brevior, deorsum divergens et infima brer>issim.a, valde a prae- cedente remota; liinella nulla; clausilium integrum, infra quasi unguiculatum; peristoma, contimmm cras- siusculum, superne appressum, album. Long. 32 — 39, diam. 8 — 9, apert. long. 9, tat. 6 — 7'"'". Aus Idsumo erhalten, Dr. Hilgendorf. Sitzung vom 17. April. 107 Von Cl. Nippoensis durch die schlankere, mehr normale Ge- stalt der vorletzten und letzten Windung und damit die ent- schieden stärker schiefe Richtung der Nath zwischen beiden auf der Rückenseite, sowie durch die dunklere Farbe leicht zu unterscheiden. 44. Clausilia eury Stoma sp, n. Testa subconico - turrita, solidiuscula, oblique costulato- striata, nitida, virenti- castanea, flavido-adspersa , superne attenuata; anfr. 11, secundus usque ad quintum planiiisculi, vix crescentes, sequentes conti exiusculi, regulariter crescentes, ultimus penultimo aequalis, sutura antrorsum vix magis obliqua, cervice rotundata; apertura late piriformis , fere verti- calis; lamellae parietales approximatae, supera compressa, marginem attingens, infera antrorsum humilior, retrorsum valida, valde torta; plica subcolumellaris conspicua, mar- ginem attingens; plica palatalis principalis elongata, in- ferior brevior, deorsum divergens, infima brevissima, valde a praecedente remota; lunella nulla; peristoma conlinuum, superne brevissime solutum, crassiusculum, album. Long. 28—31, diam. 8, apert. long. 7^—8, lat. 7 """". Berg Tsukuba-San, Hilgendorf. Nur zwei Exemplare und auch diese an der Mündung nicht ganz fehlerfrei, im Allgemeinen der Cl. Hilgendorfi sehr ähnlich, aber schon in den obern Windungen und noch deutlicher in den letzten breiter und bauchiger, und namentlich durch die breite Mündung auffallend. 45. Clausilia nodulifer a n. Testa fusiformi-turrita, so- lidiuscula, oblique costulato -striata, nitida, castanea, su- perne attenuata; anfr. 12, secundus usque ad quartum planiusculi, vix crescentes, sequentes convexitisculi, regu- lariter crescentes , ultimus penultimo subaequalis, sutura vix magis obliqua, cervice rotundata; apertura piriformis, subverticalis; lamella parietalis supera punctiformis, inferior antrorsum humilior, porrecta, retrorsum valida, subhorizontalis ; plica subcolumellaris conspicua, post interruptionem admar ginem denuo intumescens; plica palatalis principalis elongata; lunella distincta, superne continua, dein bis interrupta; peristoma con- 108 Gesellschaft naturforschender Freunde. tiniium, superne appressum, crassiusculum, album. Long. 31^, diam. 7, apert. long. 7^, lat. 5^°"°. Insel Nippon, wahrscheinlich Umgebung von Yeddo, von Prof. Dönitz leider nur in Einem Exemplare eingeschickt; durch die Charaktere der oberen Lamelle, der Subcolumellarfalte und der Mondfalte auffällig von allen mir bekannten Arten ver- schieden; da die Mündung sonst ganz vollkommen ausgebildet ist, dürfte nicht wohl individuelle Abnormität durch Kalkmangel anzunehmen sein. 47. Clausilia Japonica Crosse, Journ. Conch. XIX 1871 p, 228 und 320, pl. 13, fig. 5. Ein Exemplar, unter am Berg Kano-San gesammelten Naturalien von Hilgen- dorf gefunden, stimmt recht gut mit der angeführten Abbildung und auch mit der Beschreibung, wenn man annehmen darf, dass Crosse unter der Bezeichnung pH palatal und pH columellaire die obere und untere Lamelle der Mündungswand versteht und die Subco- lumellarfalte als zweite Columellarfalte nennt, dagegen der eigentlichen Gamenfalten gar nicht erwähnt. Das mir vorliegende Stück zeigt eine massig lange Principal- falte, welche von der Mündung aus nur, wenn die Schale sehr schief gehalten wird, zu sehen ist, darunter eine kürzere und schief herabsteigende, zweite Gaumen- falte und endlich die Spur einer ganz kurzen untersten am Ende der Mondfalte. Ich kann sie aber kaum für hinreichend verschieden halten von der durchschnittlich etwas grösseren und heller gefärbten, oft oben etwas gekrümmten Cl. Nippenensis Kobelt, Jahrb. med. Ges. III, 8, 3. 4., von der mir mehrere von Hrn. v. Roretz gesammelte Exemplare vorliegen und zu welcher auch Edg. Smith 's CL Kobensis, Quart. Journ, of Conchol. Febr. 1876, p. 122, gehören könnte. 47. Clansilia Gouldi A. Adams Ann. Mag. 1868 I, p. 470. Hierher möchte ich einige von Hrn. Dönitz zu Kinga im Hakene-Gebirge gesammelte Stücke rechnen, welche im Vielen der vorhergehenden ähnlich, aber viel kleiner, 18 — 21 """^ lang und 4""° dick sind, vielleicht auch zwei noch kleinere, 16 """ lang und 3^°"" dick, von Hrn. Sitzung vom 17. April. 109 Hilgendorf ohne nähere Fundortsangabe. Unter der langen Principalfalte finden sich mehrere kurze Fält- chen, soweit sich von aussen an mit Oel befeuchteten Exemplaren erkennen lässt, in der Regel 4, die oberen etwas länger. 48. Clausilia brevior n. Testa subclavata, ruguloso- striata, pallide brunnea, sericeo-nitdida, stiperne attenuafa; anfr. 9, secundus subglobosus, nitidus, laevis, tertius fere angnstior, planus, seqiientes convexiusculi, regulariter accrescentes, ultimtts penultimo paulum angnstior, sutura paulo magis obliqua. cervice rotundata; apertura ovata, subverticalis; lamellae appropinguatae, superior valida, marginem atlingens, cum l, spirali continiia, infera an- trorsum obsolescens, retrorsmn valida, valde torta, sub- horizontalis; plica subcolumellaris conspicua, marginem attingens; plica palatalis principalis elongata, inferiores 5 — 6 breves, superior et infima paulo longiores ; peristoma continmtm, superne subsolutum, crassiusculum , album. Long. 14 — 17, diam. 4, apert. long. 4, tat. 3^""". Misaki am Eingang der Bai von Yeddo, Hilgendorf. Schliesst sich noch an die Reihe der Cl. Japonica an, unter- scheidet sich aber leicht durch die kurze, gedrungene Gestalt. Cl. pingnis A. Ad. ist durch die Worte: anfr. tilt. basi in cristam brevem compresso zu unterscheiden. 49. Clausilia proba A. Adams loc. cit. 471. Klein, 12 bis 15°"° lang und 3°"" dick, glänzend gelblich, fein ge- streift, vorletzte Windung besonders bauchig, Mündung eigenthümlich schief-birnförmig, untere Lamelle schwach ausgebildet, Subcolumellarfalte etwas vortretend. Um- gebung von Yeddo, zahlreich, Döuitz und Hilgen- dorf, namentlich auch am Wege nach dem Nikko-Ge- birge gesammelt. Eine oder zwei hier und an Cl. aculus Bens, sich an- schliessende kleine Clausilienformen übergehe ich hier, da mir nur wenige Exemplare vorliegen und es mir noch nicht klar geworden ist, ob sie etwa mit von A. Adams beschriebenen Arten identisch sind. 110 Gesellschaft naturforschender Freunde. 50. Cluusilia plat yauchen n. Testa fusiformi - turrita, gracilis , oblique striata, nitidtila, corneofusca, sursum attenuata; anfr. 12 — 13, secundus subglobosns, tertius fere minor, planiusculus , sequentes lente accrescentes, convexiuscnli, ultimus cervice subcomplanata, rugulosa, sutura aequaliter obliqua; apertura piriformiovata, sub- verticalis; lamella supera valida, marginem attingens, in- fera antrorsum obsolescens, retrorstim oblique ascendens, strictiuscula, obscure furcata; plica subcolumellaris in- co7ispicua; plica palatalis una (principalis) elongata; lu- nella distincta, continua; peristoma continuum, superne subsolufum, crassiusculum, albmn. Long. 26 — 27^, diam.b^, apert. long. 6 — 6^, tat. 5 '°°'. Berg Tsukuba-San, nördlich von Yeddo, Hilgendorf. Im Habitus meiner Cl. platydera (Jahrb. mal. Gesellsch. III, 362) ähnlich, aber durch die nicht vortretende Subcolumellarfalte ver- schieden. Bei einem Exemplar ist die obere Lamelle durch eine kleine Lücke von der Spirallamelle getrennt, bei zwei anderen geht sie direct in dieselbe über, soweit ohne Verletzung der Mündung zu erkennen ist. Aehnlich der Cl. platydera scheint auch Cl. bilabrata Edg. Smith, Quart. Journ. of Conch., Febr. 1876, p. 120 von Kobe, aber durch eine untere Gaumenfalte und den doppelten Mundsaum verschieden zu sein. 51. Clausilia hyperolia n. Testa conico -turrita., levissime sfriatula, pallide flavescens , pellucida, epidermide per fasciolas spirales decidua; anfr. 12, convexiusculi, sub- regulariter crescentes, ultimus pemiltimo subaequalis, su- tura aequaliter obliqua, cervice rotundata; apertura sub- obliqua, subparva, tetragono -piriformis; lamella supera valida, marginem attingens, a lamella spirali disjuncta, infera antrorsum obsoleta, retrorsum subverticaliter ascen- dens; plica columellaris conspicua, valida, in ipso mar- gine prominens; plicae palatales nullae; lunella distincta, substricfa; peristoma continuum, superne bre- viter solutum, crassiusculum, albmn. Long. 18 — 20, diam. 4^, apert. long. 4, lat. 3^ """. üweno bei Yeddo, Hilgendorf. Sitzung vom 17. April. 1 1 1 52. Clausilia decuss ata n. Testa conico-turrita, sub- fusiformis. solidula, leviter confertim striata et lineolis impressis spiralibus confertis decussata, oli- vaceo-flavescens, oleoso-nifidula; anfr. 10, secundus siib- globosiis, sequentes subregulariter crescentes, ultimus pe- nultimo subaeqiialis , cervice rotnndata; apertnra sub- obäqua, ovato-piriformis, lamella snpera valida, marginem attingens, cum lamella spirali continua, infera antrorsnm et retrorsum obsolescens, subverticaliter ascendens; plica subcolnmellaris plerumque conspicua, marginem attingetis; plica palatalis principalis elongata, altera inferior brevis; lunella indistincfa] peristoma continuum, superne ap- pressum, crassum, subrectum. Long. 16 — 18^' diam. 4, apert. long. 4|, lat. 3 ""°. Berg Tsukuba-San, Hilgendorf. Von den sieben vor- liegenden Exemplaren zeigen vier eine bis zum Rand vortretende Subcolumellarfalte, bei zwei ist dieselbe nur bei schiefem Ein- blick in die Mündung zu sehen, bei einem gar nicht. Cl. lirulata A. Adams loc. cit. 471 stimmt in Vielem, namentlich auch in der eigenthümlichen Sculptur, überein und ist vielleicht dieselbe; doch sprechen die Worte: lamina supera sursnm bipartita, plica palatalis l. und perist. undique expanso gegen die Identität. 53. Pupa armiger ella Reinhardt s. oben S. 96, Misaki, Hilgendorf. 54. Vertigo hydrophila Reinhardts, oben S. 96, Hako- tade, Hilgendorf. 55. Succinea lauta Gould Proc. Bost sog. VI, 1859, 422, Hakotade und Mohedsi, 10. Aug. 1874, Hilgendorf; 26°"" lang, 16 breit, Mündung 18 lang und 12 breit. Eine der grössten Arten , im Ganzen sehr ähnlich grossen Exemplaren der europäischen S. putris. 55. — hör ticola Reinhardt s. oben S. 95, Yeddo im Garten der medizinischen Schule, 18. März 1875, Hilgendorf. Es ist dieses auch dieselbe, welche von M. Wichura auf Blumentöpfen bei Odsi im Winter 1860 — 61 gefunden und von mir in Exped. Ostas. S. 34, Taf. 22, Fig. 20 als S. lauta? beschrieben und abgebildet wurde. 1 1 2 Gesellschaft naturforschender Freunde. 57. Succinea, eine dritte Art, vielleicht Japonica Newcomb Proc. Calif. Ac. 1865, in Einem Exemplar von Dr. Hil- gendorf mitgebracht. 58. Carychitim noduliferum Reinhardt, s. oben, S, 97, Misaki, Hilgendorf. 59. Planorbis compressus var. Japonicus, Martens, Malakozoologiscbe Blätter, XIV, 1867, S. 214, Yoko- hama V. Martens 1860. In einem Teich bei Uweno, bei Yeddo, 24. März, Muko-Sima und Hakodate, Hilgendorf. Variirt bedeutend in dem mehr oder weniger scharfen Hervortreten des Hautsaums an der Kante. 60. — a/6?/s, Müll., Hakone-See, Dönitz: Teich beiüweno, 27. März 1873, Hilgendorf. Schw^erlich PL spiriltus Gould Proc. Bostsoc. n. h. VII, 1859, 40 von Ousima. 61. — nitidellus n., calathus (non Benson), Martens, Malak. Blätter, XIV, 1867, S. 217. Yokohama, v. Martens 1860. Muko-Sima und Hakodate, Hil- gendorf. Unterscheidet sich von dem europäischen nitidus leicht durch die geringere Involution, wodurch auf der Oberseite das Gewinde einen merklich grösse- ren Raum einnimmt. Ich hatte ihn a. a. O. auf Prof. D unk er 's Angabe für PL calathus Benson an- genommen, aber ersehe nunmehr aus von Nevill erhaltenen indischen Exemplaren, dass diese Art ebenso stark involut wie PL nitidus und also von der japanischen verschieden ist. Die von Dr. Hil- gendorf gesammelten Stücke erreichen eine Grösse von Diam. maj. 6, min. 5, alt. 2^, apert. alt. 2^, lat. 3"". 62. Limnaea Jap onica, Jay Perry exped. 294. 5, 10-12. — Martens Mal. Blatt. VII, 1860, 42. — Reeve, conch. ic. XVIIl, fig. 69. Yokohama in Reisfeldern, häufig, V. Martens 1860. Uweno bei Yeddo, in einem Teich, Hilgendorf. Hakone-See, Dönitz und Hilgendorf. Sehr wenig von der europäischen ovata und der chinesischen plicatula verschieden. Bis 28"" lang und 20"" breit, Mündung 22—23"" lang Sitzung vom 17. Afrü. 113 und 13°"" breit; Gewinde stumpf, zitzenförmig, Nath seicht, wie bei L. ovala., Columellarfalte scharf, G3. Limnaeapervia, Martens, Mal. Blatt. XIV% 18G7, 221. Yeddo in einem Regenfass und im Garten der medi- cinischen Schule, 24. März 1873, von Dr. Hilgendorf gesammelt, die grössten 14°"" lang, 9 — 11 breit, ihre Mündung 8 — 10 """' lang und 6 — 7 breit. Bis dahin nur aus dem nördlichen China mir bekannt. Sollte vielleicht L. Goodwini Edg. Smith Quart. Journ. Conch. 1S76, p. 125 auch hierher gehören? 64. Ancylus Haconi, Bourguignat, Proc. Zool. Soc. 1833 = Verruca Benson Ann. and Mag. nat. bist. 1855. Zu dieser indischen Art, welche das Berliner Museum auch aus dem Libmanan-Flusse in Luzon durch Hrn. F. Jäger erhielt, möchte ich einige Stücke rechnen, welche Dr. Hil- gendorf zu Kanga-Yashki bei Yeddo, 10. Oct. 1874, gesammelt hat; sie erinnern an den europäischen A. la- cusfris , sind aber weniger länglich und weniger flach. 65. Paludina Japonica, Martens, Mal. Blatt. VII, 1860, S. 44. Reeve, conch. ic, Fig. 13. Vivipara Sclateri, Frauenfeld 1865. Häufig um Yokohama in den Gräben der Reisfelder, Martens 1860, ebenso um Yeddo, Hil- gendorf; Hakone-See, Dönitz. Ein ungewöhnlich grosses Exemplar, aus einer alten japanischen Samm- lung von Dr. Hilgendorf mitgebracht, ist 72°"" lang, 56 breit, die Mündung 39 lang und 31 breit. Von den drei Kanten, die auf den obern Windungen deutlich sind, erhält sich nur die untere auf den letzten Windungen und auch diese schwindet gegen die Mündung hin mehr oder weniger. Die neugeborenen zeigen alle drei Kanten scharf ausgeprägt, aber keine Haare. 56. Paludina stelmaphora, Bourguignat, Revue zool., 1862, pl. 5, Fig. 7. 8. (spicileg. 10, 7. 8.), P. malleata, Reeve, conch. ic, 1863, Fig. 25. Yokohama und Yeddo, zahlreich, oft in Gesellschaft der vorigen, Martens, Hilgendorf und Dönitz. An den stärker gewölbten Windungen ohne Kante, den hammerschlagartigen Ein- drücken und den dreireihigen Haarnarben der oberen 114 Gesellschaft naturforschender Freunde. Windungen leicht zu unterscheiden, der Mundsaum der Erwachsenen oft schwärzlich. Beide Arten sind ohne Zweifel weit durch Japan verbreitet, beide wurden schon von Ph. Fr. v. Siebold aus Japan, verniuthlich der Umgegend von Nangasaki, dem Leydener Museum gebracht und beide glaube ich auch in der handschriftlichen Liste der Schnecken zu finden, welche A. Adams auf den kleinen Inseln an der Westseite von Japan gesammelt hat, P. Japonica ist wohl seine Paludina sp. with subamjular periphery von Mososeki und Tsauliau, F. stelmaphora seine am- pullaeca? with black peristoine von Sando u. Tati-Yama. 66. Bithynia striatula, Bens. Yokohama am schlam- migen Ufer des Flüsschens bei der ersten Brücke noch in ganz süssem Wasser, von Martens 1860. Wohl- bekannt aus China und dem Amurland. — Pal, histrica Gould Proc. Bost. soc. n. h. VII, 1859, 41 von Ousima und den Liu-kiu-Inseln ist vielleicht dieselbe. 67. Melania libertina, Gould 1859, Brot neue Ausgabe von Chemnitz, Melania S. 59, Taf. 6, Fig. 14 = temn- snlcata Dunker 1859 = ambidextra von Martens 1860 = Japonica Reeve 1859, zahlreich sowohl um Nangasaki als um Yokohama, hier namentlich im Fluss von Kanagawa von mir gefunden, von Dönitz auch bei Kinga im Hakone-Gebirge, von Hi Igen dorf bei Yeddo selbst, dann bei Takakura und im Hakone-See ge- sammelt, also wahrscheinlich durch ganz Süd- und Mittel- Japan verbreitet. Nach der Ausbildung der Sculptur lassen sich folgende 4 Varietäten unterscheiden: a) vSiY.plicosa'. breite, glatte, wellenförmige Verticalfalten, auf den oberen Windungen bis einschliesslich der vor- letzten viel stärker hervortretend als die flachen Spiral- leisten, auf der letzten schwächer und nicht viel über die grösste Peripherie hinabgehend, hier dagegen die Spiralleisten stärker ausgeprägt. b) var. de cu SS ata: feine, schmale, wenig erhabene, ge- bogene Fältchen, zahlreich aber nicht ganz regelmässig, Sitzung vom 17. April. 115 die Spiralleisten kreuzend, auch diese auf der letzten Windung wenig über die Peripherie herabgehend. c) var. tenuisulcata: keine Vertical-Sculptur, die Spiral- leisten auf der letzten Windung von der Nath bis zur Basis ziemlich gleichmässig, nur unten etwas stärker. d) var. ambidextra: die Spiralleisteu an der letzten Win- dung nur oben und unten ausgeprägt, in der Mitte schwindend oder nur durch einige weiter von einander abstehende kantenförmig erhabene Linien ersetzt; keine Vertikalfalten. Diese vier Skulptur- Varietäten gehen allmälig in einander über und kommen miteinander vor, wenigstens finde ich unter meinen bei Yokohama gesammelten Exemplaren charakteristisclie Exemplare von allen, nebst Zwischenformen, unter denen von Nangasaki wenigstens die zwei letzteren, unter denen von Ha- kone die zweite und dritte, während von Takakura nur die vierte in mehreren Exemplaren vorliegt. Das grösste und besterhaltene Exemplar, das mir vorliegt, im Hakone-See von Hilgendorf gesammelt und zu b) gehörig, misst in der Länge 40°"", im Durchmesser 15°"" und die Mündung ist 15 ""^ hoch. Die oberen Windungen sind stets flacher, die unteren stärker gewölbt, der Columellarrand der Mündung bei älteren daher auch stärker Spiral gedreht als bei jüngeren, alte Exemplare erscheinen daher bauchiger als junge und um so mehr, je mehr Windungen sie verloren haben. Die Farbe der jüngeren ist grünbraun oder dunkelolivenfarbig, einfarbig oder mit einem bis drei breiten, schwärzlichen, mehr oder weniger deutlichen Binden, die mittlere etwas über der Peripherie und daher auch auf den früheren Win- dungen oberhalb der Nath sichtbar; diese Bänder erhalten sich selten bei alten Exemplaren, welche meist matter und dunkler, zuweilen ganz schwarz werden, wie viele andere • Süsswasser- schnecken. Reeve's Abbildung von Mel. Japonica stellt augen- fällig ein ganz junges, noch lebhaft gefärbtes Exemplar dar, aber auch alle Unterschiede, welche Brot a. a. O. zwischen Japonica und libertina anführt, scheinen mir wesentlich Altersunterschiede zu sein. Die Stücke von Nangasaki sind durchschnittlich etwas breiter. An von herabrieselndem Wasser befeuchteten Felsen bei Yokohama fand Hr. M. Wichura eine Reihe von Exemplaren, 116 Gesellschaft naturforschender Freunde. welche durch ihre geringe Grösse (nur bis 20™°' lang, 8°"" dick, die Mündung 8™"" lang), deutlichen Bänder und schwach ge- drehten Columellarrand der Jugendform gleichen, aber doch durch das völlige Verschwinden der Basalkante und die starke Cariosität des oberen Endes den Eindruck von Vollwüchsigen machen; es ist möglich, dass der ungünstige Einfluss des Stand- ortes ihr Wachsthum ungewöhnlich beschränkt hat; ich möchte sie nach dem Vorschlag des verstorbenen Finders als (var.) irrig ua bezeichnen. Der Sculptur nach gehören sie zu unserer dritten Varietät. 68. Melania Niponica, Edg. Smith, Quart. Journ. Conch. Febr. 1876, p. 123. Hakoue-See, Dönitz und Hil- gendorf. Auch auf der Halbinsel Kadsusa-Awa von letzterem gefunden. Nächtverwandt mit M. cancellala, Benson 1842 = Bensoni Rv. 1859 = Hanleyi, Brot 1860 = Amurensis, Gerstfeldt 1859, aber durch die zahlreichen, an Nath und Basis gleichbleibenden Spiralleisten verschieden. Die grössten vorliegenden Exemplare, oben stark aus- gefressen und nur noch 4 — 5 Windungen zeigend, sind 28™"' lang und 12 breit, Mündung 11^ lang und 8 breit. 69. Assiminea Jap onica m. Testa imperforata, convexe conica, solidula, striata, lineis impressis spiralibus nullis, olivaceo -nigricans; anfr. 4|^, convexiuscnli, sutura sat profunda, superiores erosi, ultimus obsolete angulatus, basi parum convexus; apertura modice obliqua, piriformis, superne acuta, peristoma obtusum, rectum, margine colu- mellari incrasssato, albido. Long. 7, diam. maj. 5, min. 4^, apert. long. 4, lat. vix 3 '"'°. Yokohama, im Brackwasser am Kanal hinter der zweiten Brücke, 1860, von Martens. 70. Valvata Japonica n. Testa semiglobosa, modice nm- bilicata, argute striata, pallide fuscescens, nitida; anfr. 3, convexi, prinius vix, secundus valde prominens, ultimus omnino rotundatns; apertura subperpendicularis , circu- laris ; operculum immersum. Diam. maj. 3^, min. 2^, alt. 2|-, apert. vix 2"""'. Hakone-See, Hilgendorf, nur Ein Exemplar. Steht in der Gesammtform und in der Nabel- Sitzung iioiii 17. April. 117 weite ungefähr in der Mitte zwischen der osteuropäi- schen V. naticina und der nordamerikanischen V. sii cera. Der Deckel und die Beobachtung des lebenden Thieres durch den Finder sichern die Gattung, die bis dahin noch nicht aus Japan bekannt war. 71. Neritina crepidularia Lam. vgl. Martens in der neuen Ausgabe von Chemnitz, Neritina^ S. 37, Taf. 7, Fig. 3, 4. Dr. Hilgendorf erhielt in Yeddo einige Stücke mit anderen Brackwasser-Conchylien, z. B. Lam- pania muUiformis; sie sind stark zusammengedrückt, grünlichbraun, einige einfarbig, andere mit deutlicher Netz -Zeichnung, bei allen die Mündung grau gefärbt; grosser Durchmesser 21, kleiner 8^, Mündungsbreite 13°"". Auch ich selbst fand einige Exemplare in dem Bache bei Yokohama, nahe seiner Mündung ins Meer. 72. Anodonta Jap onica Clessin in der neuen Ausgabe von Chemnitz, Anodonta S. 114, Taf. 47, Fig. 3, 4. Yokohama, nicht selten, v. Martens 186Ü. Umgebung von Yeddo, in Reisfeldern, Dönitz und Hilgendorf,- letzterer fand sie namentlich in dem Teich bei Uweno und erhielt zwei ungewöhnlich grosse Exemplare aus einer alten japanischen Sammlung, 122 und 130"™ lang, 83 und 84 hoch, 59 und 61 dick, Wirbel in l und | der Länge. 73. Anodonta laula n. Tesfa rotnndata, postice rosfrata, inflata, solida, ala mediocri, margine ventrali valde et ntrinque aequaliter arcuato, concentrice striatula, viridi- fusca, nitida, intus roseo-margaritacea, limbo opaco cine- reo-ßavescente lato; vertices plicis paucis latis obliquis sculpti; lamina cardinalis tenuissima, in valva sinistra ante, in dextra pone vertices subdistincta, sinu postliga- mentali majusculo terminata. Long. 124, alt. Hb, crass. 50°"". Vertices in y longitudinis. Im heiligen See bei Uweno, bei Yeddo, G. Aug. 1873, Hilgendorf. Nächstverwandt mit der chinesischen An. magnifica Leu, aber von mehr kreisförmigem Umriss und dickschaliger; innen ein 9 118 Gesellschaft naturforschender Freunde. ziemlich breiter, perlmutterloser, graugelblicher Saum, wie bei der südamerikanischen A. latemarginata und deren Verwandten. 74. Cristaria. spatiosa Clessin (Anodonta) in der neuen Ausgabe von Chemnitz, S. 17.3, Taf. 57, Fig. 2, Copie von Anod. Herculea (Midd.) Reeve conch. ic. fig. 7. Zu dieser Art möchte ich zwei Stücke rechnen, eine halbe Schale, 274""'° lang, 143 hoch und 29 in der Wölbung, welche Dr. Hilgendorf aus der Halbinsel Kadsusa- Awa erhielt, und eine vollständige, 210""" lang, 119 hoch und 58 im Querdurchmesser, die derselbe auf dem Wege zum Nikko-Gebirge frisch gefunden. Sie unter- scheiden sich von der chinesischen Cr. plirnta Solander und der mit dieser vielleicht identischen An. Herculea Midd. sofort durch die schnabelförmige Gestalt des hintern Endes mit starker Aufbiegung des Unterrandes. Die breiten, schiefen Falten an den Wirbeln hat sie mit der Chinesin gemein (Midd en dorff erwähnt ihrer für Her- culea nicht). Senkrechte Falten am hinteren Flügel sind nur schwach angedeutet. Ein vorderer Flügel fehlt. Die Wirbel stehen in \ der Länge. 75. Mar 0 aritana Dahurica Midd. Im Flusse Doyima- gawa, Ausfluss des Sees Inawashiro bei Wakai-matsu, von Herrn Rein gefunden und an Hilgendorf mit- getheilt; die vorliegenden Exemplare sind merklich nie- driger als die festländischen bei Middendorff abge- bildeten und erinnern dadurch etwas an die nordameri- kanische soleniformis Lea (monodonta Say). 7G. Unio Japanensis Lea Proc. Acad. Philadelphia 1859; observ. Unionidae VIT, p. 62, pl. 36, fig. 123. Küster, neue Ausg. n. Chemnitz, Unio 93, 4. Umgegend von Yokohama, nicht häufig, v. M arten s 1860. Zwischen Sanga-ura und Katase, gegenüber Enosima, Provinz Sangami, Hilgendorf. Auch aus Nangasaki durch Herrn Lischke erhalten. Höhe zur Länge wie 1 : 1,5 bis 1,8. Die runzlige Sculptur etwa halbwegs von den Wirbeln zum Rande sich erstreckend. Der accessorische vordere Muskeleindruck von vorn nach hinten lang und schmal, den grossen fast berührend. Seitenzähne hinten Sitzung vom 17. April. 119 quergestreift. Schaleiihaiit etwas seidenglänzend. Das grösste Stück 72^""" lang, 46 hoch, 28 im Querdurch- messer. Mittlere Maasse 48 — 53 in der Länge, 26 — 32 in der Höhe, 17 — 19 im Querdurchmesser. Stellung der Wirbel durchschnittlich in \ der Länge, zuweilen auch etwas weiter hinten, in f — -j^. 77. Unio Nippo7iensis n. Tesla oblongo-elUptica, modice comp?-essn , anfice brevi, rofundata, postice subrosti-ata, margine ventrali recio vel snbsinnato, concentrice striata, prope umbones tuberculis compressis oblique seriatis sculpta , nigricans, ferrnginoso-induta., intus plnmbea; dentes cardinales vrassiusculi, profunde snlcosi, laterales lameflati, subrecti, granuloso-striati. Long. 48, alt. 22, diam. Ib"". Vertices in ^ longitudinis siti. Muho-Sima, Hilgendorf. Durch die gestrecktere Form leicht von dem vorhergehenden zu unterscheiden. 78. Cyrena (Corbicula) Leana Prime. Ann. Lyc. nat. hist. New -York 1864, p. 68. Es ist dieses wahr- scheinlich die eine der beiden Arten, welche ich 1860 um Yokohama häufig in den Gräben der Reis- felder fand, etwas ungleichseitig, hinten länger und schiefer, von den Wirbeln ziemlich gleichmässig con- centrisch gerippt, die meisten Exemplare schwarz und massig glänzend, die grössten 35""" lang, 33 hoch und 19 dick, Wirbel in ^ der Länge. Dieselbe Art fand Dr. Hi Igen do r f im Hakone-See. 79. — — biformis Reinhardt s. den vorigen Sitzungs- bericht S. 70. Bei Yeddo, Dönitz und Hilgen- dorf. Es ist dieses die zweite der um Yokohama von mir gesammelten Arten, die sich durch die glatteren Wirbel und die stark glänzende, meist olivenbraune Schalenhaut von der vorigen unter- scheidet, auch etwas kleiner bleibt; meine Exemplare sind übrigens doch bis 27°"" lang, 23 breit und 14 dick. C. Japonica Prime, loc. cit. p. 69, stimmt nach der Beschreibung durch die schwache Streifung und den starken Glanz überein, aber die beigegebene Zeichnung stellt dieselbe beinahe gleichseitig dar, 9* 120 Gesellschaft naturforschender Freunde. während die vorliegende in der Form nicht wesent- lich von der erstgenannten Art abweicht. 80. — — straminea Reinhardt s. den vorigen Sitzungs- bericht S. 70. Yeddo, Dönitz. Im Hakone- Gebirge, Hilgendorf; hier bis 16°"° lang, 13^ hoch und 9 dick. Erinnert in der Färbung und durch die starken, reifförmigen Rippen an die vorderasiatische C. flnmi- nalis Müll., namentlich die ägyptischen Formen der- selben. 81. — — transversa n. Testa transverse ovata, inßafa, costis concentricis inaequalibus sat conferlis ., antice rotundato - obtusangula , postice subrosfrata, margine ventrali partim urcuato', ctificula niffrofusca, nitidula; facies interna violascens , antrorsum rubescens , dens lat. ant. pariim obliquus , ad impressionem musc. ar- cuatus. Long. 32, alt. 25, crass. 16""". Vertices in I long. Yokohama, Herbst 1860, v. Märten s. 82. Cyclas sp., sehr ähnlich der europäischen calyculata Drap., aber noch etwas mehr der nordamerikanischen truncata Linsley, Prime, American Corbiculadae p. 51. In einem Teich, östlich von Uweno, Septbr. 1874, Hilgendorf. Von diesen 82 Arten gehören neun, soviel wir bis jetzt wissen, nicht Nippon, sondern nur Yesso an, nämlich: Limax varians, Hyalina Yessoensis , radiatella, tenera, laeta, Editha, Blakeana., Vertigo hydrophila und Sitccinea lavta; sieben andere sind Nippon und Yesso gemeinsam, nämlich: Fhilotnycus bilineatus, Hyalina pustulina, Patula pauper , Helix squarrosa, Japonica, Planorbis compressus und nitidellus; von diesen kommt nur die erstere auch auf der südlichen Insel Kiusiu vor und ist demnach durch das ganze japanische Reich verbreitet; Kiusiu und Nippon ge- meinschaftlich, aber Yesso fremd sind aber auch noch zehn andere: Cyclopherus Herklotsi, Helix similaris, conospira, Siebol- diana . Lncluiana, myomphala, Palndina Japonica, stelmaphora, Melania libertina und Unio Japanensis. Der Westküste Nippons, nämlich Tango (A.Adams), Idsumo (Hilgendorf) und Hagi Sitzung vom 17. April. 121 (Hiller), erscheinen bis jetzt ausschliesslich eigenthümlich die ächte (grössere) Helix callizona und Clmisilia Hilgendorfi, der Westküste nebst den vorliegenden Inseln (Sando, Tsu-Sima u. a.) gemeinsam mit der Ostseite Cyclophorus Herklofsi, Helicina Ja- ponica, Philomycus bilineatus, Hyalina acutangnla, Helix orcula?, peliomphala, myomphala, quaesita, Balea variegata, Clausilia Goiddi und die beiden grossen Paladinen. 57 Arten kennen wir bis jetzt nur VOM der Ostseite Mittel-Nippons. Eigenthümlich für Kiusiu bleibt vorerst nur Helix Friedeliana. Ohne Zweifel werden aber weitere Forschungen hierin noch Vieles ändern. Auch ausser- halb Japans kommen 12 — 16 Arten vor: in Europa Planorbis albus und vielleicht Limnaea ovata, im Amurland und dem öst- lichsten Sibirien Hyalina niinvscula, Patitla paiiper, Helix Editha, Bithynia striatula, Margaritana Dahurica und vielleicht Cristaria spatiosa, in Nordamerika Hyalina mimiscula und vielleicht Cyclas trnncata., in China Philomycus , Limnaea plicatula, pervia und Bithynia striatula, vielleicht auch Bnliminus Cantori, in Südost- asien und seinen Inseln überhaupt die beiden Stenogyren und Neritina crepidiilaria. (Das Vorkommen von Melania libertina auf Singapore, Brot a. a. Orte, scheint doch noch sehr zweifel- haft, vgl. Tapparone-Canefri S. 45, wonach seine M. Doriae an Rhizophoren, also im Brackwasser, gefunden wurde.) Sehen wir aber von der oft schwer zu begränzenden Iden- tität der Arten ab und nur auf den allgemeinen Habitus der Molluskenfauna, die Artengruppen, Untergattungen und natür- lichen, kleineren Gattungen, so stellen sich für die japanische wesentlich drei Factoren ziemlich augenfällig heraus: 1) ein europäischer oder richtiger der ganzen nördlicheren, gemässigten Zone durch Mittel- und Nord -Europa, Nord- und Mittel-Asien und Nord-Amerika gemeinsamer, cir cumpolarer im Sinne von Middendorff; hierher Limax, Hyalina mit den Untergattungen Crystalliis und Conulus , Patula, Vallonia, Cary- chitim, die vorhandenen Limnaea- und Succinea- Formen, ferner Valcata, Margaritana und Cyclas. Es sind das vorherrschend kleine Arten und sie überwiegen im Norden, Yesso, während sie nach Süden mehr hinter den anderen zurücktreten. Ein besonderer Hinweis nach Nordamerika liegt in Hyalina minus- cula und Pupa armiferella, auch in Philomycus. 122 Gesellschaft naturforschender Freunde. 2) ein speciell nordost-asiatischer , China und Japan gemeinsamer; hierher die ^e/ij?- Gruppen Acusta und Camena^ beide durch ihre feine Spiralstreifung übereinstimmend, die letztere in auffälligen, mehr oder weniger gebänderten Arten von Sachalin (H.serotina A. Ad.), den kleinen Inseln Rifunsiri und Risiri am Nordende von Yeddo (i/. miranda und Editha A. Ad.) über Mittel -Nippon (//. peliomphala, quaesita u. s. w.), Südwest- Nippon (//. calliz,ona), nach Kiusiu und den Liu-kiu- Inseln (H. Luchuana) und ebenso vom Amurland (H. Maaki), Middendorffi, Editha) über Nord -China (die doch wohl hierher- gehörige H, pijrrhozona) bis Kanton (//. cicatricosa) und Hainan (H. Hainanensis) verbreitet. Dann die ^efe-Gruppe Plectotropis, auf den südlicheren Inselgruppen Liukiu und Meiako-Sima kul- minirend. Ferner die grösseren und ganz grossen Clausilien mit vortretender Subcolumellarfalte (diese fehlt nur zwei unter den zwölf aufgeführten Arten) und die Clausilien mit Spiral- sculptur (C/. lirulata , decussata), Limnaea pervia und Bithynia striatula. Endlich die auf dem Festland und in Japan sich ent- sprechenden Artenpaare: Paludina Chinensis {Ussuriensis) und Japoiiica, Melania canceUata (Amurensis) und Niponica E. Smith, Anodonta magnifica und lauta, Cristaria plicata (Herculea) und spatiosa Clessin. In diese Kategorien gehören demnach die schönsten und grössten unter den japanischen Arten. Vielleicht dürfen wir in der erstgenannten Helix-Gruppe auch eine nähere Beziehung zu den kalifornischen Arionten und zu deu südeuro- päischen Campylaeen sehen. 3) ein südos t-asi ati seh er, in Hinterindien, den Sunda- Inseln und den Philippinen kulminirender ; hierher namentlich die gedeckelten Landschnecken Japans: Cyclophorus , Alycaeus, Pupina , Diplommatina und Helicina, ferner die Stenogyren, Me- lanien und Cyrenen im Allgemeinen, sowie die Brackwasser- formen, Assiminea und JSeritina crepiduluria. Diese Kategorie tropischer und subtropischer Formen tritt selbstverständlich mehr im südlicheren Theil von Japan auf, reicht aber, wie eben die vorliegenden Sammlungen zeigen, wesentlich bis Yeddo herauf. Eine solche Mischung nördlicher und südlicher Formen tritt auch in den anderen Thierklassen sowohl unter den Land- als Meer- bewohnern auf und sie macht auch hierin Japan zu einem asia- Sitzung vom 17. April. 123 tischen Gegenstück von Grossbritaniiien, in welch letzterem die nord- und die südeuropäische Molluskeiifauna, sowohl die des Landes, als die des Meeres, sich in ähnlicher Weise mischt, wie in Japan die sibirische, beziehungsweise nord-pacifische mit der indischen. Herr Magnus sprach über die En t wickeln ng der Pxic- cinia Oreose lini Fckl, In Hedwigia 1877, No. 1, Fig. 2 und No. 2, Fig. 17, unter- scheidet Herr Prof. Kör nicke zwei Puccinia - Avtan auf Peuce- danutn Oreoselinum Mnch. und beschreibt dieselben ausführlich. Die eine Art, Puccinia Oreoselini Kcke., ist namentlich dadurch ausgezeichnet, dass sie in länglichen, grossen Lagern auf ge- streckten, häufig gekrümmten Anschwellungen des Blattstieles und der Theilungen desselben auftritt, während die andere Art, P. Peucedani Kcke., nur in kleinen, zerstreuten Rasen auf der Unterseite der ßlattspreite auftritt. Dieses verschiedene Auf- treten hebt Körnicke selbst als den wesentlichsten Unterschied beider Arten hervor. Da Puccinia auf Oreoselinum in der Umgegend Berlins häufig auftritt, so hatte ich schon früher die eigenthümliche Entwicke- lungsgeschichte dieser Art verfolgt und bin zu dem Ergebnisse gelangt, dass die beiden von Kör nicke als Arten unterschie- denen Formen nur verschiedenen Entwickelungsgliedern einer Art entsprechen. Die Entwickelungsgeschichte der Puccinia Oreoselini Fckl. ist folgende: Wahrscheinlich dringen die von den Pro- mycelien der überwinterten Teleutosporen abgeschnürten Spori- dien in die jungen noch unentfalteten Blätter ein. Die kleinen Spreiten der Fiederchen der Blätter von Peucedanum Oreoselinum Mnch. sind dann noch nicht entfaltet und daher kommt es, dass die Sporidienkeime meistens in den Blattstiel und dessen Ver- zweigungen, und nur sehr selten in die junge Spreite des Fieder- chens eindringen. liier wächst das Mycelium mächtig heran und verbreitet sich in einer mehr oder minder grossen Partie des Blattstieles, wo es durch sein Wachsthum Anschwellungen und oft bedeutende Verkrümmungen hervorruft. Nach kurzer Zeit gelangt es bereits zur Fructification, und zwar legt es 124 Gesellschaft naturforschender Freunde. zuerst Sperniogonien an, die den gewöhnlichen Bau zeigen, also eine nach aussen durch ein Ostiolum geöffnete kugelige Höhlung bilden, von deren inneren "Wandung die nach der Mitte des Hohl- raumes convergirenden Sterigmen ausgehen. Zwischen den Spermogonien werden sofort weite Uredolager unter der Epi- dermis gebildet, die die Epidermis bald sprengen; nach kurzer Zeit treten zwischen den Uredosporen abschnürenden Sterigmen, erst einzeln, später zahlreiche Sterigmen auf, die zweizeilige Teleutosporen d. h. Pucciniasporen tragen ; die Uredosporen fallen wie alle Uredosporen, nach ihrer Reife sofort von ihren Trägern ab, so dass schliesslich die Teleutosporen allein in den weiten Rasen übrig bleiben. Diese weiten Rasen auf dem Blattstiele und dessen Thei- lungen , die von dem aus den eingedrungenen Sporidienkeimen der überwinterten Teleutosporen herangewachsenen Mycel gebil- det werden, sind die Pnccinia Oreoselini Kcke. Die reifen von den Sterigmen eben abgefallenen Uredosporen keimen in hin- reichender Feuchtigkeit sofort aus. Treffen die Keimschläuche auf eine Spaltöffnung der Blätter von Peucedanum Oreoselinum, so dringen sie sofort in dieselbe ein, wachsen dort in den Inter- cellularräumen zu einem geringen Mycelium heran, das bald unter der Epidermis ein geringes, punktförmiges Häufchen von Sterigmen bildef, die zuerst Uredosporen, später auch Puccinia- sporen bilden; Spermogonien werden von diesem aus den ein- gedrungenen Keimschläuchen der Uredosporen herangewachsenen Mycel nie gebildet. Das heranwachsende Uredohäufchen sprengt bald die Epidermis über sich; die herangereiften Uredosporen fallen von ihren Trägern ab, um bei hinreichender Feuchtigkeit sogleich wieder auszukeimen , durch die Spaltöffnungen ein- zudringen und neue punktförmige Häufchen anzulegen. So kann es sich wohl mehrere Male im Sommer wiederholen. Je später im Sommer die Uredokeime eindringen, um so weniger Uredo- sporen bilden die von ihnen abstammenden Sterigmen, bis schliesslich nur noch Pucciniasporen gebildet werden. Da zur Zeit der Reife der Uredosporen die Spreiten der Fiederchen entfaltet sind, so dringen die Uredosporen sowohl in die Fieder- chen wie in den Blattstiel und dessen Theilungen ein, und treten demnach auch auf beiden die punktförmigen Häufchen auf; doch Sitzung vom 17. April. 125 erscheinen dieselben, wahrscheinlich wegen der grösseren Häufig- keit der Spaltöffnungen, im Allgemeinen zahlreicher auf der Unterseite der Fiederchen. Diese von den eingedrungenen Uredo-Keimschläuchen angelegten punktförmigen Häufchen bilden die Puccinia Peucedani Kcke. üeberblicken wir kurz den eben geschilderten Entwickelungs- gang der Puccinia Oreoselini Fckl., so sehen wir, dass die Sporidien- keime der überwinterten Teleutosporen zu einem sich weit verbrei- tenden Mycel heranwachsen, das erst Spermogonien und dann weite Rasen von Uredo- und später Pucciniasporen bildenden Sterigmen anlegt, wohingegen dieKeimschläncheder Uredosporen nur zu einem geringen Mycel heranwachsen, das sogleich zur Bildung von Uredo- resp. Puccinia-Rasen schreitet. Bildung eines Aecidiums findet nie statt; dasselbe ist gewissermaassen durch die Fructification des aus den Sporidien der überwinterten Teleutosporen herangewachsenen Mycels vertreten. Ob etwa dieselbe Art noch auf anderen Wirths- pflanzen auftritt und dort Aecidien bildet, was immerbin denkbar ist, kann ich nicht beurtheilen, da ich über die Umgrenzung der Puccinia- Krien auf Umbelliferen nicht im Klaren bin. Ihrer biologischen Entwickelung nach schliesst sich die Puccinia auf Oreoseliniim am nächsten der auf Centaurea Cyanus auftretenden Puccinia an, über deren Auftreten ich bereits in der Sitzung des botanischen Vereins für die Provinz Branden- burg vom 30. Juli 1875 gesprochen habe (s. Sitzungsberichte S. 89). Treffen hier von den überwinterten Teleutosporen erzeugte Spo- ridien auf die jungen diesjährigen Pflanzen — wie das z. B. leicht geschehen kann, wenn Pucciniasporen den ausgesäeten Samen anhaften — so dringen deren Keimschläuche in dieselben ein und wachsen zu einem die jnnge Pflanze durchwuchernden Mycelium heran , das erst mit Spermogonien , darauf mit i'ahl- reichen Uredo- und Puccinia-Rasen fructificirt, während ein Aecidium niemals erscheint; die Keime der Uredosporen hingegen wachsen nur zu einem geringen Mycelium um die Eintrittsstelle heran , das bald nur auf der Ober- oder Unterseite des Blattes, bald an beiden Blattseiten je einen Rasen von Uredo-, später Pucciniasporen bildenden Sterigmen anlegt, mit dessen Bildung es sich erschöpft. Hier ist die Differenz des Myceliums der Spo- ridienkeime der Teleutosporen und desjenigen der Uredokeime 12G Gesellschaft naturforschender Freunde. durch die weite Verbreitung des ersteren durch die ganze Pflanze noch grösser, als bei Puccinia Oreose/ini. Auch die Puccinia auf Cirsium arvense Scop. , deren Entwickelung Rostrup auf der 11, Naturforscherversammlung in Kopenhagen 1873 aus- einandergesetzt hat, schliesst sich vielleicht diesem Verhalten an. Doch nehmen alle Mycologen, eingeschlossen Rostrup, an, dass hier das Mycel, das die jungen im Frühjahr hervorbrechenden Sprosse ganz durchzieht, mit Spermogonien, Uredo- und Puccinia- Rasen fructificirt und die erste Generation im Jahre bildet, von einem in der Nährpflanze überwinterten Mycelium abstamme, dessen etwaiger Ursprung von eingedrungenen Sporidienkeimen der Teleutosporen noch nicht nachgewiesen ist. Als charakteristischer Zug der eben geschilderten Entwicke- lung tritt die grosse Verschiedenheit des aus den Sporidien- keimen der Teleutosporen abstammenden Mycels von dem aus den Keimschläuchen der üredosporen erwachsenen hervor. Die- selbe Verschiedenheit findet bei den meisten mit Aecidien fruc- tificirenden, pleomorphen Uredineen zwischen dem aus den Sporidienkeimen der Teleutosporen und dem aus den Keim- schläuchen der Aecidiumsporen erwachseneu Mycel statt. Bei ihnen wächst immer aus den Sporidienkeimen ein sich mehr oder minder weit erstreckendes Mycel heran, das erst Spermogonien und dann stets mehrere von einander getrennte Aecidien anlegt? die nur sehr selten in einem gemeinschaftlichen Stroma vereinigt sind, wie ich dies von Aecidium rubellum gezeigt habe (cf. Hedwigia, Bd. XII, 1873, p. 53); hingegen wachsen bei sehr vielen Uredineen die Keimschläuche der Aecidiumsporen nur zu einem geringen Mycel um die Eintrittsstelle herum aus, das sogleich ein kleines Raschen von Sterigmen anlegt, die Uredo- resp. Teleutosporen abschnüren. Am stärksten tritt diese Differenz bei der Puccinia auf Crepis teclorum hervor, wo das aus den Sporidienkeimen der Teleutosporen erwachsene Mycel die ganze Pflanze oder einen grossen Theil derselben durchzieht und daselbst zahlreiche Spermo- gonien und Aecidien anlegt, während die Keimschläuche der Aecidiumsporen nur zu einem beschränkten Mycel heranwachsen, das meist nur ein punktförmiges Raschen von Uredo-, später Teleutosporen abschnürenden Sterigmen anlegt. Ferner möchte ich als Nachtrag zu meinem letzten Vortrage Sitzung vom 17. April. 127 mittheilen, dass Herr Prof. Kör nicke in Hedwigia 1877, No. 3 den von mir als den allen Uromyces excavutus (D C.) angespro- chenen Uromyces auf Euphorbia Gerardiana und E. verrucosa als neue Art beschreibt, die er als Uromyces laevis Koke, bezeichnet, und ausserdem noch auf Euphorbia Cyparist,ias bei Zermatt angiebt. Auch giebt er 1. c. S. 36 das häufige Auftreten eines Aecidiums auf Euph. Gerardiana an, das er aber zu Aecidimn Euphorbiae Pers. zieht, während ich, gestützt auf die Beobach- tungen des Herrn Prof. Voss, glaube es als Fruchtform des Uromyces excavatus (D C.) auf Euph. Gerardiana betrachten zu müssen. Herr Brefeld sprach über die Bedeutung des Lichtes für die Entwickelung der Pilze. In der pflanzenphysiologischen Literatur liegen über den Einfluss, welchen das Licht auf die Entwickelung der Pilze aus- übt, nur vereinzelte Notizen vor. Man hat beobachtet, dass eine Anzahl von Pilzen positiv heliotropisch ist, dass z. B. die Frucht- träger der Mucorinen, der Claviceps purpurea, die Hälse der Peri- thecien von Sordaria fimiseda etc. sich dem Lichte zuneigen. Man hat weiter beobachtet, dass einzelne Vorgänge wie die Sporen - entleerung vornehmlich bei den Ascomyceten , ferner das Ab- schleudern der Sporaugien mehrerer Pilobolus- Arten, durch die Entziehung des Lichtes verzögert, bei dem Wiedereintreten der Beleuchtung beschleunigt und oft in auffallender Weise, z. B. bei den Früchten von Ascobolus, in Scene gesetzt wird; man hat auch gesehen, dass die Fruchtträger von manchen Mucorinen im Finstern etwas länger werden, als es im Lichte geschieht, und endlich sind den Strängen der Rhizomorpha subterranea ne- gativ heliotropische Eigenschaften zugeschrieben, die ich indess an den günstigsten Objecten nicht bestätigen konnte. Diese und andere gelegentlich ausgeführte Beobachtungen zeigen, dass das Licht nicht ohne Einfluss auf die Entwickelungs- vorgänge verschiedener Pilze ist; aber sie sinken gegenüber zahl- reicheren Fällen , in welchen sich das Licht als einflusslos bei ihnen erwiesen hat, zur nebensächlichen Bedeutung herab. Die bekannten Vorkommnisse von Pilzen, die nur unterirdisch leben, von vielen anderen Gährungs- und Schimmelpilzen, welche in 128 Gesellschaft naturforschender Freunde. tiefster Finsterniss gedeihen, liefern so greifbare Beweise von der Bedeutungslosigkeit des Lichtes für die Entwickelung der Pilze, dass man im Allgemeinen zu der Auffassung neigt, dass die Pilze ohne Licht gedeihen, dass sie sich im Finstern so gut entwickeln wie im Lichte. So unzweifelhaft richtig diese Auffassung erwiesener Maassen für zahlreiche Fälle ist, so unzutreffend erweist sie sich in der weiteren Verallgemeinerung. Jch will, dies darzuthun , heute die Reihe der Beobachtungen eröffnen, nach welchen das Licht als noth wendig für die Entwickelung der Pilze gelten muss, Beobachtungen, welche eine mehr oder minder voll- kommene Abhängigkeit normalen Gedeihens, eine Ab- hängigkeit der verschiedensten Entwickelungs Vor- gänge bei den Pilzen von der Einwirkung des Lichtes schlagend darthun. Ein Fall dieser Art ist schon vor einigen Jahren von Winter ^) erwähnt, der beobachtete, dass die aus den Sclerotien keimenden Becherfrüchte der Peziza Fuckeliana ohne Licht nicht zur Entwickelung kommen. Bevor ich zu den Thatsachen selbst übergehe, will ich einige Bemerkungen über die Art der Beobachtungen vorausschicken. Alle den Versuchen unterzogenen Pilze wurden durch Cultur erzogen. Die Wahl des Substrates für diese Culturen wurde so getroffen , dass bei der ausgiebigsten Ernährung normale Pflanzen zur Entwickelung kamen, die nur in soweit die na- türlich vorkommenden an Ueppigkeit übertrafen, als nach der Art meiner Culturmethoden alle fremden Pilzkeime und somit die Mitbewerbung fremder Pilze um das Substrat ausgeschlossen blieben. Erst nachdem im Wege der Cultur die normale Ent- wickelung der betreffenden Pilze sicher gestellt war, wurde durch Verdunkelung der Einfluss des Lichtes zu ermitteln versucht. Zu jeder Versuchsreihe diente eine ganze Anzahl gleicher Culturen der Art, dass von diesen in der gleichen Weise und unter den- selben Verhältnissen hergestellten Culturen ein Theil in normaler Beleuchtung belassen, ein anderer verfinstert wurde. Die Wir- kung der Lichtentziehung wurde nun zuerst durch den Ver- ') Winter, botanische Zeitung 1874, No. I. Sitzung vom 17. April. 129 gleich gemessen ; dann aber wurde, nachdem dies geschehen, an demselben Objecte der unmittelbare Einfluss des Lichtes durch nachträgliche Beleuchtung zur Geltung gebracht. In dieser Weise konnte es nicht wohl geschehen, dass anderweite Einflüsse, die immerhin bei den Culturen eintreten und an den gezogenen Pflanzen pathologische Erscheinungen herbeiführen können, irr- thümlich auf Rechnung des Lichtmangels gesetzt wurden. Um das Licht mit Sicherheit auszuschliessen , wurden die Culturen nicht bloss in einem finsteren, verschliessbaren Schranke auf- gestellt, sondern in diesem noch in 2 schwarze Pappdeckel ein- geschlossen, welche ihrer ganzen Länge nach mit ihren Rändern übereinandergriffen. Die erste Pflanze, mit welcher ich Versuche anstellte, war Pilobolus microsporus, der mir schon lange durch sein Verhalten bei gelegentlichem Lichtabschlusse auffällig erschie- nen war. Die Sporen des Pilzes keimen leicht, wenn man die Culturen nach der Aussaat der Sporen einen Tag bei 25° erhält; bei ge- wöhnlicher Temperatur keimen sie meist nicht oder ganz ver- einzelt. Nach Verlauf von 5 Tagen erscheinen an den beleuch- teten Culturen die Fruchtanlagen auf dem Substrat, welche schon mit blossem Auge an ihrer rothen Farbe leicht zu erkennen sind. Aus ihnen erhebt sich der Fruchtträger, welcher in einer Höhe von einem halben Zoll sein Längenwachsthum beschliesst, indem seine Spitze anschwillt und nach erfolgter Sonderung des Protoplasmas und Bildung der Scheidewand (Columella) zum Sporangium sich ausbildet. Am nächsten Morgen wurden die gereiften Sporangien durch Aufplatzen des Trägers abgeworfen. — Auf den nicht beleuchteten Culturen zeigen sich ebenfalls die rothen Fruchtanlagen an den Enden der Mycelien , welche über das Substrat hervortreten. Aus den Fruchtanlagen erhebt sich normaler Weise der neue Vegetationspunkt des Fruchtträgers, aber dieser wächst durch Spitzenwachsthum fort und fort, ohne dass an dieser fortwachsenden Spitze die Differenzirung des Sporangiums erfolgt. Der Fruchtträger wächst in der Zeit von 8 — 12 Tagen zur Länge von 8 — 10 Zoll aus, ohne ein Sporan- gium anzulegen. Er erschöpft durch Vergeilung schliesslich den ganzen Inhalt der Fruchtanlage am Mycelium, und die Culturen 130 Gesellschaft naturforschender Freunde. gehen ohne Fructification zu Grunde. In einzelnen Fällen setzte ich die Culturen, bevor der Punkt der Erschöpfung erreicht war, dem Lichte aus, und beobachtete ausnahmslos, wie sogleich mit eintretender Beleuchtung das Längenwachsthum aufhörte, und nun an allen noch nicht erschöpften Spitzen der Fruchtträger die Sonderung des Protoplasmas zugleich mit der Anschwellung zum Sporangium begann. Nach Tagesfrist waren die Sporen gebildet, und die Sporangien (häufig von minutiösester Form) wurden, wenn auch mit geringer Kraft, von ihren Trägern ab- geschleudert. — Das Ergebniss war in oft wiederholten Fällen immer dasselbe. Es liefert den Beweis, dass die Ausbildung des Sporangiums beim Pilobolus microsporus, die Dift'erenzirung des Protoplasmas im Fruchtträger und die Bildung der Sporen unter dem Einflüsse des Lichtes stehen, dass ohne Licht die Bildung des Sporangiums unterbleibt und dafür eine völlige Vergeilung des Fruchtträgers herbeigeführt wird. Nur der Pilobolus microsp. zeigt das beschriebene Verhalten, die anderen Arten vergeilen ohne Licht in den Stielen mehr oder minder, aber ihre Spo- rangien bilden sich auch im Finstern aus. Wesentlich in anderer Form macht sich der Ausschluss des Lichtes beim Coprinus stercorarius geltend, einem kleinen Hutpilz, den ich seit mehreren Jahren in Cultur habe. — Der Pilz entwickelt, wenn man seine Sporen auf Pferde- mist aussäet, grosse Mycelien und an diesen nach 10 — 12 Tagen dicke Sclerotien in grosser Zahl, die in kurzer Zeit reifen und sich mit einer schwarzen Rinde umgeben. Die vegetative Ent- wickelung und die Bildung der Sclerotien gehen in tiefster Finsterniss so gut und so schnell vor sich, wie im hellsten Tageslichte, für sie ist das Licht bedeutungslos. Aus den Scle- rotien keimt der Hutpilz direct, aber sowohl seine Keimung wie die weitere Entwickelung stehen in directester Beziehung zur Einwirkung des Lichtes. — Bei genügender Beleuchtung finden die Keimungen an der ganzen Oberfläche des Sclerotiums statt, und der unter diesen zahllosen Anlagen am meisten geförderte F'ruchtkörper erreicht in 8 — 9 Tagen seine volle Reife, während die übrigen verkümmern. In diesem natürlichen Gange der Entwickelung ist der Hut des Fruchtkörpers vorzugsweise, fast aliein gefördert, der Stiel bleibt so kurz, dass man ihn kaum Sitzung vom 17. April. 131 sehen kann, das» er völlig vom Hute eingeschlossen ist. Erst nach vollendeter Ausbildung des Hutes , nach eingetretener Sporenreife kommt die plötzliche Streckung des Stieles mit der Aufspannung des Hutes zum Zwecke der Sporenentleerung gleichzeitig zu Stande. Ganz anders gestalten sich die Dinge, wenn das Licht aus- geschlossen bleibt. Gleich bei der Keimung der Sclerotien macht sich der Lichtmangel geltend. Die Keimungen finden nur ver- einzelt statt, bei Weitem nicht so zahlreich wie im Lichte, mit- unter treten sie gar nicht ein, und die Sclerotien bleiben Monate lang unthätig liegen. Die im Finstern keimenden und wach- senden Fruchtanlagen zeigen nun das umgekehrte Verhalten wie die im Lichte. Die Hutanlage bleibt rudimentär, wächst äusserst langsam, dagegen ist der Stiel fast allein gefördert, er entwickelt sich zu enormer Länge. Das Wachsthum des Stieles geschieht durch eine Theilungszone, welche in seinem Gipfel unmittelbar unter der Insertion des apicalen Hutes gelegen ist. Aus diesen Theilungen geht ein Reihengewebe hervor, welches nach be- deutender Streckung der oben durch Theilung neugebildeten Zellen die Masse des Stieles ausmactit. Eben diese Theilungsvorgänge zur Verlängerung des Stieles sind es, welche bei Ausschluss des Lichtes überwiegen, während die durch das Licht allein ge- förderte Hutanlage nicht oder nur unbedeutend fortwächst. Die Nährstoffe für die Entwickelung des Fruchtkörpers fliessen sonst aus dem Sclerotium durch den kurzen Stiel dem Hute zu; jetzt scheint es, als ob sie unterwegs festgehalten und zur Verlänge- rung des Stieles verbraucht würden, ehe sie den Hut erreichen. Die Vergeilung des Stieles geht bis zu einer Länge von mehr als 2 Fuss fort, dann hört die Zufuhr von Nährstoffen aus dem Sclerotium und damit die Verlängerung auf, Hutanlage und Theilungsgewebe des Stieles sterben ab. Jede Einwirkung des Lichtes auf diese vergeilten Fruchtkörper, wenn rnan sie vor der Erschöpfung exponirt, macht sich so frappant als möglich geltend. Sofort hört der Stiel zu wachsen auf und die Hutan- lage gelangt zur normalen Entwickelung. Hierbei zeigt es sich deutlich, dass die Massenentwickelung der Elemente selbst eine erheblich gesteigerte ist; selbst der Stiel erfährt eine plötzliche Dickenzunahme bis zum 10 fachen, es wird der Moment der 132 Gesellschaft naturforschender Freunde. Lichteinwirkung gleichsam körperlich an der Fruchtanlage fixirt, welche oft wie ein Monstrum an dem feinen, vergeilten Stiele überhängt. — In weitei-en Versuchen mit diesen vergeilten Fruchtkörpern stellte sich heraus, dass eine Lichteinwirkung von 15 Stunden genügt, die nun geförderten Fruchlanlagen auch im Finstern zur Reife zu bringen. Lässt man indess den Wirkungen der Fin- sterniss freien Lauf, so gehen secundäre Erscheinungen vom höchsten biologischen und morphologischen Interesse vor sich. Sobald die ursprüngliche erste Hutanlage verkümmert ist und auch die Theilungszone des Stieles erlischt, erfolgen secundäre Aussprossungen von Fruchtkörpern aus allen Theilen des ersten, sowohl aus dem Stiele wie aus dem Hute, wenn er nicht ab- gestorben ist. Diese secundären Fruchtkörper entstehen genau so, wie die ursprünglichen, an einem Mycelfaden oder aus den Oberflächenzellen des Sclerotiums, nämlich rein vegetativ. Ich habe in einzelnen Fällen mehrere hundert secundäre Frucht- anlagen aus einem lang vergeilten Fruchtkörper aussprossen sehen. Diese Fruchtanlagen vergeilen wie die ersten, ihre Stiele sind dünner und feiner als diese. Sie erreichen eine Länge bis zu 1 Fuss, um darauf ebenfalls durch Verkümmerung des Hutes unterzugehen, die Fruchtkörper 1. Sprossgeneration sprossen nun ihrerseits aus, und es gelang mir so, aus grossen kräftigen Scle- rotien 6 consecutive Sprossgenerationen durch fortdauernde Licht- entziehung in der Länge der Zeit zu erreichen. Diese habe ich mit Sicherheit beobachtet, glaube aber, dass ihre Zahl noch höher ging, nur waren die vergeilten Stiele so wirr durch ein- ander gewachsen, dass dadurch die weitere Beobachtung unmög- lich wurde. Nach langen Sprossgenerationen an vergeilten Fruchtkörpern wuchsen vielfach, an 7 Monate währenden Culturen, Sclerotien statt der Fruchtkörper direct aus den Stielen hervor, gelangten zur vollen Reife und keimten abermals aus. In einem Falle habe ich sicher gesehen, dass ein Sclerotium an dem Stiele der 4. Sprossgeneration entsprang, i) Die Sclerotien kommen aus der Oberfläche des Stieles, wie die secundären Fruchtanlagen ') Wie in früheren Fällen begleitete Vortragender seine Mittheilung mit der Darlegung der betrefFemlen Culturobjecte, die er theils lebend, theils in Spiritus aufbewahrt vorzeigte. Sitzunfj vom 17. April. 133 selbst, oft einzeln, oft zahlreich; von den zahlreich angelegten kam aber njeist nur ein Sclerotium zur vollen Reife. Vorzugs- weise an 2 Massenculturen war die Bildung secundärer Sclero- tien an den vergeilten Fruchtanlagen eine fast allgemeine ; jede von diesen trug ein Sclerotium von der Dicke einer Erbse oder etwas dicker; jedes Sclerotium war normal und keimte sofort aus. Aus den mitgetheilten Thatsachen geht hervor, dass bei Abschluss des Lichtes die natürliche Entwicklung des Coprinus durch Vergeilen des Stieles auf Kosten des Hutes abgelenkt wird; als secundäre Erscheinung treten an den vergeilten Frucht- körpern weitere Sprossgenerationen von Fruchtkörpern und schliess- lich secundäre Sclerotien auf. Dieser Gang der Entwicklung, wie ich ihn beschrieb, ist die Regel bei Abschluss des Lichtes, und es liegt nahe, anzunehmen, dass ohne Licht die Entwicklung des Hutes nicht möglich ist. Indess die Regel hat ihre Aus- nahmen. In den verschiedenen, länger als ein Jahr währenden Versuchsreihen stellte sich heraus, dass bei Temperaturen unter 12'' die beschriebene Vergeilung erfolgt, dass auch bei etwas höheren Graden die Vergeilung für gewöhnlich eine vollständige bleibt, dass aber die Sache sich ändert, sowie bei der Keimung der Sclerotien mehrere Tage hindurch eine höhere Temperatur einwirkt. In allen Fällen, wo dies geschah, wurde neben der Vergeilung des Stieles die Hutanlage gleichwohl so weit geför- dert, dass sie in vollster Finsterniss zur Sporenreife und zur Sporenentleerung kam. Nur in der Vergeilung des Stieles neben einer Verzögerung der Entwicklung um 10 — ^20 Tage war der Unterschied der im Finstern gewachsenen Fruchtkörper von den beleuchteten gegeben. Wenn aber die Vergeilung des Stieles bei rudimentär bleibender Hutanlage einen gewissen Punkt er- reicht hatte, dann nutzten auch die günstigsten Temperaturgrade nichts mehr, der Stiel behielt die Oberhand und der Hut ging unter. Wir müssen demnach die anfangs total erscheinende Ab- hängigkeit der Entwicklung des Pilzes vom Lichte als Regel mit einer Ausnahme hinstellen. Den besprochenen 2 Fällen, in welchen die Entwicklung der Pilzfruchtkörper unter dem unmittelbaren Einflüsse des Lichtes steht, will ich für diesmal nur noch einen dritten Fall anschliessen , bei welchem die Abhängigkeit vom Lichte eine 10 134 Gesellschaft natarforschender Freunde. totale ist, die schädliche Wirkung der Finsterniss sich aber wiederum in ganz anderer Weise und an ganz anderer Stelle geltend machte, als wir es bis jetzt kennen lernten. Dieser Fall ist in dem Coprinus ephemer us gegeben. Dieser Hut- pilz kommt in Culturen auf ausgekochtem Pferdemiste zur üppig- sten Entwicklung. Heerdenweise treten die Fruchtkörper auf, so stattlich und schön, wie sie an natürlichen Standorten gar nicht zu finden sind. In 7 — 9 Tagen werden die Fruchtkörper reif, wenn das Licht einwirkt und entleeren dann mit der Auf- spannung des Hutes und der Streckung des Stieles, der 3 — 4 Zoll lang wird, ihre Sporen. Auf den im Finstern gehaltenen Culturen ist die Zahl der Fruchtkörper eine kaum weniger grosse als bei den dem Lichte exponirten. Während 4 Tagen sind die angelegten Fruchtkörper kaum von den beleuchteten zu unterscheiden, dann aber wird der Unterschied um so bedeutender. Der Hut, äusserlich bis zum Punkte der Streckung der Elemente dilTerenzirt, bleibt stehen, steht 8 Tage bis o Wochen unverändert, bis schliesslich der Stiel schlaff und der Hut welk wird. Kein Fruchtkörper kommt zur normalen Entwicklung, sie vergehen sämmtlich. Wenn es langsam geschieht, kommen auch hier Sprossgenerationen an beliebigen Stellen hervor, die häufig bis zum gleichen Punkte der Entwick- lung gedeihen, um dann ebenfalls zu vergehen. Die in diesen Thatsachen ausgesprochene totale Abhängigkeit der Entwicklung des Pilzes vom Lichte, wird durch jede Exposition welkender Culturen bestätigt. Sogleich werden die Theile wieder straff, die Hüte gewinnen den früheren Turgor wieder, es vollzieht sich die normale Streckung der Hutelemente, welchen die Aufspan- nung und Sporenentleerung nachfolgen. Die Untersuchung der im Finstern gezogenen Fruchtkörper ergab, dass die Anlage der Elemente des Hutes und die Aus- bildung des Stieles normale bleiben bis zu dem Punkte, wo die Neubildung im Hute aufhört, wo die Lamellen völlig angelegt sind und das zweite Stadium der Entwicklung, das der Streckung der Elemente und deren Ausbildung zum Hymenium., beginnt. An dieser Stelle ändert sich die Sache. Während es sonst Regel ist, dass die Enden der Palissadenzonen der Lamellen, die der mittleren Trama aufsitzen, sich gleichzeitig alternirend zu sporen- Sitzung vom 17. April. 135 tragenden Basidien und mechanischen Palissaden ausbilden, welch' letztere durch enorme Streckung die Ausdehnung des Hutes und namentlich im Verein mit einer antagonistischen Huthaut die Auf- spannung des Hutes bewirken, unterbleibt hier die Streckung der mechanischen Palissadcn (Paraphysen) , sie bleiben klein in der Form wie sie angelegt sind; zugleich ist auch das Aus- wachsen der Basidien über die Palissadenzone ein unregelmässiges, weil die seitlichen Stützpunkte fehlen ; die Sporen auf ihnen bleiben klein, reifen nicht normal und sind nicht keimfähig. Der End- effect geht dahin, dass der Hut an seinen Lamellen mangelhafte Sporen trägt, dass er bei dem Mangel der für die Streckung nothwendigen mechanischen Hülfsmittel welk und schlaff bleibt und ohne Aufspannen vergeht. Bei nachträglicher Beleuchtung kann die mangelhafte Ausbildung der hymenialen Elemente dann noch wieder eingeholt werden, wenn sie nicht bereits zu weit vorgeschritten ist. In diesen Fällen ist sie keine allseitig voll- ständige mehr, der Hut nimmt eine schiefe verzogene Form an, bekommt häufig Risse und bricht bei der späteren Aufspannung auseinander, oder die Aufspannung ist doch eine unvollständige und einseitige. Ich will über diese Beobachtungen für diesmal nicht hinaus- gehen. Die .3 beschriebenen Fälle, verschieden in ihrer Art, zeigen die eigenthümlichen Wirkungen, welche durch die Ent- ziehung des Lichtes für die Entwicklung der Pilze herbeigeführt werden und lassen für die hier bestehende Abhängigkeit von der Einwirkung des Lichtes keinen Zweifel bestehen. Uebereinstimmend in allen Fällen erwiesen sich die stark brechbaren Strahlen als die wirksamen; wenn sie ausgeschlossen waren und nur z. B. gelbes Licht einwirkte, verhielten sich die Pflanzen wie in tiefster Finsterniss. Mancherlei Beobachtungen und Versuche, welche ich in den letzten Jahren über den Ein- fluss des Lichtes auf die Entwicklung grosser Pilze im Freien angestellt habe, geben eine Bestätigung dafür, dass das Licht von grösserer und weitgehenderer Bedeutung für sie ist, als wir es vorläufig annehmen. Ich wage es jedoch nicht, diese Beob- achtungen, so interessant sie sind, schon hier mitzutheilen, weil die Möglichkeit anderweiter störender Einflüsse bei Versuchen solcher Art nicht mit Sicherheit ausgeschlossen ist. Diese können 10* l3ö Gesellschaft naturforschender Freunde. allein im Wege der Cultur vermieden werden, wie es in den hier speciell dargelegten Fällen geschehen ist. Vorläufig fehlt es mir aber hierfür an Raum und Hülfsmitteln. Doch ich denke, es lässt sich nach den vielseitigen glücklichen Culturen, die ich auch von grösseren Pilzen ausgeführt habe, wohl mit Grund vermuthen, dass die Culturen dieser grossen und wichtigen Pflanzenabtheilung auch in den Anstalten für Pflanzenculturen im Laufe der Zeit eine Stätte finden werden, die jetzt allein den paar Pflanzenclassen der Farne und Phanerogamen ge- öffnet sind. Als eine weitere Wahrscheinlichkeit für meine Auffassung von dem weitgehenden Einflüsse des Lichtes auf die Pilze will ich noch zum vSchlusse auf die vielseitig übereinstimmenden, aller- dings negativen Beobachtungen hinweisen, dass man in finsteren Räumen überaus oft sterile Mycelmassen (Byssus) findet, deren genetische Beziehungen zweifelhaft sind, weil die Fructification ausbleibt. Es Hegt die Vermuthung nahe, dass diese Mycelien aus Mangel an Licht nicht fructificiron, dass sie Pilzen angehören, deren Fruchtkörper für ihre Entwicklung des Lichtes bedürften, während die Mycelien selbst im B^instern so gut gedeihen wie im Lichte. Herr A. Sadebeck sprach über die Bezeichnung der Zwillingsbildungen bei den Krystallen. Die Verwachsungen zweier Krystalle einer Minoralspecies, bei denen die beiden Individuen gegeneinander eine entgegen- gesetzte Stellung haben, sind unter dem Namen Zwillings- bildungen bekannt. Geht man von zwei parallel gestellten, gleichen Individuen einer Mineralspecies aus, so erhält man in allen Fällen Zwillingsstellung, wenn man das eine gegen das andere um eine bestimmte Linie um 180" dreht. Diese Linie kann man mit einer auf ihr senkrechten vertauschen, so dass nach vollzogener Drehung die Individuen dieselbe Lage wie vorher erhalten. Man hat also die Wahl, welche von zwei auf einander senkrechten Linien bei einer bestimmten Zwillings- bildung man als „Zwillingsaxe" annehmen will. Bei den gewöhnlichen Spinellzwillingen erhält man z. B. dieselbe Stellung der Individuen, wenn man um eine rhom- Sitzung vom 17. April. 137 boedrische Axe oder um die Normale einer Fläche (a : a : ^ a) dreht. Da aber die ßegrcnziing der Individuen in der auf der rhomboedrischen Axe senkrechten Octaederfläclie eine gerad- flüchige ist, betrachtet man die Oktaederfläche als Zwillingsebene, die rhomboedrische Axe mithin als Zwillingsaxe. Sind die beiden Individuen nicht mit der Zwillingsebene verbunden, sondern liegen nebeneinander, so dass die der Zwillingsebene parallelen Oktaederflächen in eine Ebene fallen, so lassen die Zwillinge keine geradflächige Begrenzung erkennen, sondern dieselbe ist unregelmässig, im Allgemeinen senkrecht gegen die Zwillings- ebene, ohne jedoch mit ( iner Ikositetraederfläche (a ; o : ^ «) zu- sammenzufallen. Dies Verhalten zeigt sich bei Beiglanz und Blende und lehrt, dass auch bei derartigen Aneinanderwachsungszwillingen keine Ikositetraederfläche Zwillingsebene ist. Ganz allgemein kann man überhaupt an ihrem Verlauf im Innern die Zwillings- ebene erkennen. Bis jetzt liegt noch keine Untersuchung vor, derzufolge man gezwungen wäre, im regulären System einen Unterschied zu machen zwischen Zwillingen, bei denen eine Oktaederfläche und solchen, bei denen eine Fläche des Ikositetraeders (a : a : ^ a) Zwillingstbene ist, ebensowenig wie man z. B. bei den Feld- spathzwillingen nach dem Karlsbader Gesetz solche unterscheiden kann, bei denen die Hauptaxe und solche, bei denen die Normale der Querfläche Zwillingsaxe ist. Bei einer grossen Anzahl von Zwillingen findet das inter- essante Verhalten statt, dass die beiden Individuen gegen eine oder zwei Ebenen symmetrisch stehen, nämlich gegen die auf den Zwillingsaxen senkrechten Ebenen. Dies Verhalten veran- lasste Herrn Theodor von Gutzeit, in einer Schrift „die Zwillingsbildung am Stein" anzunehmen, dass die symmetrische Stellung der beiden Individuen gegen „die Seh- Ebene" den Zwillingsbildungen überhaupt zu Grunde liege und dass das eine Individuum das Spiegelbild des andern ist. Bei der Blende kommen bekanntlich spinellartige Zwillinge vor, deren Zusammen- setzungsfläche eine Oktaederfläche ist, gegen welche aber die beiden Individuen nicht symmetrisch stehen, da neben einer 1. Tetraederfläche des einen Individuums immer eine 2. des andern liegt. Legt man die beiden Individuen nebeneinander, so stehen 138 Gesellschaft natur/or seh ender Freunde. sie symmetrisch gegen eine Ikositetraederfläche (a ; a : ^ a), wess- halb V. Gutzeit eine solche Fläche als Seh- Ebene annahm. Zugleich erkannte er, dass für diese Auffassung die Kupfer- kieszwillinge geeignet sind, einen Prüfstein abzugeben. Beim Kupferkiese, dessen Grundform nur wenig vom regulären Oktaeder abweicht, kommen ganz ähnliche Zwillinge wie beim Spinell' vor (vergl, A. Sadebeck, Zeitschrift der Deutsch. Geol. Ges. 1868), einer Ikositetraederfläche (« : a : t]- a) entspricht hier unter andern eine Oktaederfläclie (a : a : ^ c). Ist nun eine solche Fläche Zwillingsebene, so können nicht, wie im regulären System, 2 Tetraederflächen parallel sein, sondern 2 Flächen müssten sich unter einem etwas von 180*^ abweichenden Winkel schneiden. Dem widerspricht aber die Thatsache, dass bei den Kupferkies- zwillingen stets eine Tetraederfläche des einen Individuums einer des andern genau parallel ist. Wollte man nun durchaus an- nehmen, dass das eine Individuum gegen das andere in einer Fläche symmetrisch stände, so müsste man eine auf der Oktaeder- fläche senkrechte Ebene als Zwillingsebene betrachten, das wäre eine Fläche, welche nahezu die Lage (a : a : ^ c) hat. Weder die Zwillingsebene noch Zwillingsaxe hat dann eine genau be- stimmte Lage, so dass alle Schärfe der Bezeichnung der Zwillinge verloren geht. Es bleibt in Folge dessen nur übrig, die Nor- male einer Oktaederfläche als Zwillingsaxe anzunehmen und dem entsprechend auch die Zwillinge der Blende zu bezeichnen. Der Umstand, dass bei dieser Bezeichnung die Individuen gegen die Zwillingsebene nicht symmetrisch stehen, ist in keiner Weise störend, da einer ganzen Anzahl von Zwillingen (vergl. A. Sadebeck, angewandte Krystallographie) auch auf künst- liche Weise keine symmetrische Stellung verliehen werden kann. Da also die Symmetrie keine allgemeine Eigenschaft der Zwillinge ist, darf man ihr zur Bezeichnung einzelner Zwillinge nicht, wie es P. Groth in seiner physikalischen Krystallographie gethan hat, die erste Stelle einräumen (v. Gutzeit's Seh -Ebene nennt Groth Symmetrieebene). Er ist dann gezwungen, alle die Zwillinge, deren Individuen nicht gegen eine bestimmte Sym- metrieebenc symmetrisch stehen, auf eine andere Weise zu be- zeichnen; diese aber lässt sich aus seinem Buche nicht ersehen, da er gerade derartige Zwillinge, welche er asymmetrische Sitzung vom 17. Ajjril. 139 nennt, in seinem Buche nicht schildert, obgleich sie doch für die allgemeine Beschaffenheit der Zwillingsbildungen von be- sonderem Interesse sind. Auch die Ausbildung der natürlichen Zwillinge zeigt aufs Unzweideutigste, dass die Symmetrie die Zwillingsbildungen nicht allein beherrscht, indem die einzelnen Individuen auch bei solchen Zwillingen, deren Individuen bei idealer Ausbildung gegeneinander symmetrisch stehen, häufig nicht der Symmetrie entsprechend ausgebildet sind. Die einfachen Aneinanderwach- sungszwillinge mit der Zwillingsebene gehen durch die Inein- anderwachsungszwillinge ganz allmälig in solche über, bei denen die Zusammensetzungsfläche senkrecht gegen die Zwillingsebene steht, oder in Durchwachsungszwillinge. Besonders bei letzlern sind die Individuen nur in seltenen Fällen gleichmässig ent- wickelt, meist herrscht das eine vor, aus dessen Flächen Ecken des andern zwillingsartig herausragen, z. ß. bei den Ilexaeder- zwillingen des Fhissspathes. Bei diesen Zwillingen stehen die einzelnen Theile symmetrisch gegen eine Oktaederfläche und gegen drei Ikositetraederflächen (a : a : ^ a). Dies Verhalten deutet schon darauf hin, dass es am einfachsten ist, die Oktaeder- fläche als Zwillingsebene und die auf ihr senkrechte rhom- boedrische Axe als Zwillingsaxe anzunehmen. Auffallend ist es, dass P. Groth für die Durchwachsungs- tetraeder mit rechtwinkligen Kanten eine Hexaederfläche als Symmetrieebene anführt, für die durcheinandergewachsenen Pentagondodekaeder dagegen rine Dodekaederfläche, obgleich beide Zwillingsbildungen dem einfachen Gesetz „Zwillingsaxe eine prismatische Axe" unterliegen. Eine allgemeinere Eigenschaft der Zwillinge, als die Sym- metrie der Individuen gegeneinander, ist die, dass durch die Zwillingsbildung Gestalten erzeugt werden, welche an die Formen anderer Systeme erinnern, also Pseudosymmetrieen. Derartige Pseudosymmetrieen üben auf die Ausbildung der Einzel -Indivi- duen einen wesentlichen Einfluss aus. Eine bestimmte Pseudo- symmetrie gehört zum Wesen der meisten Zwillinge. Die Bezeichnung der Zwillinge mit Hülfe der Zwillingsaxe ist eine vollkommen scharfe und auf alle Zwillinge passende, indem sie auf unzweideutige Weise die Stellung der beiden In- 140 Gesellschaft naturforschender Freunde. dividuen im Zwilling praecisirt; für einen bestimmten Zwilling ist dann nur noch die Art der Verwachsung anzugeben. Es liegt kein Grund vor, an Stelle dieser Bezeichnungsweise eine veraltete, nur auf einen Theil der Zwillinge passende, zum Theil sehr gekünstelte zu setzen. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: A. Todaro, Horlus botanicus Panorniitantis, Tom. I, Fase. 1 — 6. Panormi, 1875 — 76. Leopoldina, Amtliches Organ der Kaiserl. Leopold.- Carolin. - deutschen Akademie der Naturforscher. XIII., 5 — 6. 1877. Bulletin de f Academie iniper. des sciences de St. Petersbourg. XXIII., No. 2. 1877. Bulletin de la Societe iniper. des naturalisfes de Moscou. Annee 1876. No. 3. Annaes da commissäo central permanente de ijeographia. No. 1. Decembro, 1876. Lisboa. Sitzungsberichte der naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. IL, III., IV. 1. 1875 - 1877. Dritter Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Osnabrück (1874 - 1875). Osnabrück, 1877. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XXL, 3. 1876. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meck- lenburg. XXX. Neubrandenburg, 1876. Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Aussig. Ueber die Bildung des Aussig - Töplitzer Braunkohlenflötzes von A. Purgold. Aussig, 1877. A.W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Sitzunffs-Be rieht der Gesellschaft naturforsclieiider Freunde zu Berlin vom 15. Mai 1877. Director: Herr Kny. Herr Ascherson besprach den botanischen Nachlass des Afrikareisenden Eug. de Pruyssenaere und knüpfte daran einige Bemerkungen über Pflanzen aus altägypti- schen Gräbern. Die geographischen Forschungen des genannten belgischen Reisenden im oberen Nilgebiete sind kürzlich von Prof. Zöppritz in Petermann's Mittheilungen, Ergänzungsheft 50 u. 51, 1877, mit grösster Sorgfalt und Ausführlichkeit aus dem ihm von der Familie übergebenen wissenschaftlichen Nachlasse veröffentlicht worden. Dieser inhaltreichen Schrift entnimmt Vortr. folgende biographische Angaben: Eugene Edouard- Jacques -Marie de Pruyssenaere de la Wostyne, geb. am 7. October 1826 zu Yperen in Westflandern, beschäftigte sich bereits auf der Univer- sität Genf neben seinem juristischen Berufsstudium eifrig mit Geographie, Sprachen und Naturwissenschaften, besonders Bota- nik, da er schon damals weitgehende Pläne von Entdeckungs- reisen in ferne Länder hegte. Die reichen Mittel, die ihm zu Gebote standen, erlaubten ihm, dieser Neigung zu folgen, und nachdem er sich durch mehrjährige Reisen in Südeui-opa und im Orient an fremdes Klima und morgenländische Sitten gewöhnt, finden wir ihn schon 1857 in Nubien; von 1859 an erforschte 11 142 Gesellschaft naturforschender Freunde. er, mit kurzer Unterbrechung durch einen Besuch in der Heimath, die Ufer des Blauen und Weissen Nils, des Söbät, das Land zwischen dem Blauen Nil und Atbara, namentlich aber die Djesirah, die Halbinsel zwischen dem Blauen und Weissen Nil, in welcher er bis fast zum 10'' N. Br., also weiter südlich vor- drang, als irgend einer seiner Vorgänger und Nachfolger. In Karkodj am Blauen Nil wurde er vom klimatischen Fieber, dem er bis dahin stets widerstanden hatte, auf's Schwerste heim- gesucht und starb, nur 5 Stunden nach dem Aufbruche von dort gegen Chartuni, am 15. December 1864. Während seines ganzen Aufenthaltes in den oberen Nil- ländern hat sich E. de Pruysseuaere unausgesetzt neben geo- graphischen Aufzeichnungen der Erforschung der Pflanzenwelt gewidmet, wozu ihn ein reicher Schatz von Kenntnissen und der Besitz der erforderlichen litterarischen Hülfsmittel in hohem Grade befähigten. Welchen Werth er selbst auf diese Seite seiner Thätigkeit legte, beweist der Umstand, dass er noch kurz vor seinem Tode in Karkodj alle seine botanischen Aufzeichnungen in zwei Folio- bände zusammentrug, welche ohne Zweifel die Grundlage eines von ihm beabsichtigten botanischen Werkes bilden sollten. Das „pi' Registre" enthält 318, das zweite 272 Nummern grössten- theils vollständig in lateinischer Sprache ausgeführter Pflanzen- beschreibungen , in der Regel mit ausführlichen Angaben über geographische Verbreitung, einheimische Benennungen und Be- nutzung. Ausserdem haben sich noch unter anderen Papieren botanischen Inhalts eine Anzahl recht sorgfältig ausgeführter Pflanzenabbildungen erhalten. Sehr zu beklagen ist indess, dass von den Sammlungen getrockneter Exemplare, welche der Rei- sende ohne Zweifel angelegt hatte, sich kaum eine Spur erhalten hat. In einem der Hefte fand Vortr. Bruchstücke einer Pflanze, die von dem Reisenden selbst schon als eine Art der Simaru- baceen-Gattung Harrisonia erkannt worden ist; diese Reste, die Beschreibung und Abbildung geben keinen Anlass, diese Art von der von Grant ebenfalls am oberen weissen Nil, in Madi ent- deckten H. abyssinica Oliv. (Fl. Trop. Afr. I, 311) für verschieden zu halten. P. fand sie im Lande der Kitsch häufig und führt als ihren Djen-(Denqa-) Namen Akwöm an; die süssen, wohl- Sitzung iioni io. Mai. 143 schmeckenden Steinfrüchte enthalten ein wachholderähnlich rie- chendes ätherisches Oel. Der Mangel der Pflanzen-Exemplare erschwert die wissen- schaftliche Benutzung dieser immerhin an vielen Stellen lücken- haften Aufzeichnungen , welche dem Vortr. von Herrn Prof. Zop pritz anvertraut worden, ungemein. Jedenfalls ist das Vor- handene ein äusserst werthvolh^s Material zur Kenntniss von Landstrichen, die, obwohl vielfach schon von anderen europäi- schen Reisenden besucht, noch keineswegs als geographisch und noch weniger naturhistorisch genügend bekannt gelten können. Die hier und da gemachten meist wenig umfangreichen Pflanzen- sammlungen lassen mehr den Reichthum der dortigen Flora ahnen, als dass sie uns ein erschöpfendes Bild derselben geben könnten. Bei einer künftigen Bearbeitung der Flora des oberen Nilgebiets wird ohne Zweifel dem Talent und dem Fleisse de Pruysse- naere's die gebührende Anerkennung nicht fehlen. Durch ein eigenthümliches ZusammentreiFen wurde gerade in dem Augen- blicke, wo er dahinsank , ehe er sein Ziel erreichen konnte, dieselbe Aufgabe für nahezu dasselbe Gebiet von einem anderen Reisenden übernommen, der, an Energie und Aufopferung ihm ebenbürtig, an Talent und an gründlicher Vorbildung ihn noch übertraf und dem ein besseres Geschick beschieden war. Georg Schweinfurth, in dessen Charakter die Gerechtigkeit gegen die Leistungen Mitstrebender einer der edelsten Züge ist, wird jedenfalls am meisten befähigt sein, die Leistungen seines un- glücklichen Vorgängers zur Geltung zu bringen. Vortr. beschränkte sich darauf, aus dem reichen Inhalte der Pruy ssen aere'schen Papiere einige Einzelheiten zur Sprache zu bringen. So bemerkte er, da.es der belgische Rei- sende eine sorgfältige Beschreibung der Argun-Palme (Hyphaene Argun Mart.) liefert, welche er wie andere Reisende in den Thälern der Nubischen Wüste unter 21" N. Br. antraf und nur in Frucht beobachtete. Doch konnte er an Resten der männ- lichen Blüthenstände constatiren, dass sie dioecisch ist. Wegen des albumen ruminatum hält er sie für eine von Hyphaene ver- schiedene Gattung, welcher Ansicht, die Vortr. den Palmen- Kennern zur Prüfung überlässt, auch der Herzog Paul Wilhelm von Württemberg war, der sie nach v. Martins (Hist. nat. 11* 144 Gesellschaft naturforschender Freunde. Palmarum III, p. 227) Medemia Argun nannte. Nach P. bezeich- nen diejenigen arabisch redenden Kameeltreiber, welche diese Palme von der Dumpalme unterscheiden, sie mit dem (auch von Herrn R. Hart mann aufgezeichneten) Namen Delldeh. Die Eingeborenen vergraben die unreifen Früchte auf einige Zeit, worauf das Eiweiss einen sehr angenehmen Geschmack, offenbar ähnlich dem der Kokosnuss, annimmt. Vortr. legte eine aus Gräbern der Nekropolis von Theben stammende Frucht dieser Palme vor und erinnerte daran, dass diese Gräberfrucht meh- rere Decennien früher einen wissenschaftlichen Namen {Areca Passalacquae Kunth, welcher Name 1826 freilich ohne eigent- liche Beschreibung veröffentlicht wurde) erhalten, als der Baum selbst botanisch bekannt wurde. Ferner wies Vortr. auf den wichtigen Umstand hin, dass diese Palme bisher nur aus einem kleinen Bezirk des afrikanischen WGstenreichs bekannt sei und dass es daher nahe liege, die afi-ikanisch- vorderasiatische Wüste für die Heimath der Dattelpalme zu halten, gegenüber den Botanikern, die, wie z. B. Schweinfurth (im Herzen von Afrika I, 506) die tropisch -afrikanische Phoenix spinosa Thonn. für die „Stammmutter der Culturart" erklären. Ferner hob Vortr. die philologische Sorgfalt hervor, welche Pruyssenaere an die Feststellung der einheimischen Benen- nungen gewandt hat, für die er offenbar ein besonderes Interesse besass und welche er auch, wie seine Aufzeichnungen zeigen, in den ihm gleichfalls zu Gebot stehenden Werken H. Barth' s und anderer Afrika -Reisenden zu verfolgen und aufzuklären suchte. Vortr. verspricht sich von dieser Seite von P.'s Thätig- keit noch manchen Aufschluss für seine sich auf gleichem Gebiet bewegenden Studien. So gelangte derselbe mit dieser Hülfe zur Deutung des von Barth und Nachtigal mehrfach erwähnten Kanuri-Namens Birgim für einen in Central-Afrika weit verbrei- teten Baum mit essbaren Früchten. Letzterer Reisende führt (Zeitschr. der Ges. für Erdkunde Berlin VIII [1873], S. 311) das arabische Synonym Dzochän an ; Vortr. hatte denselben Namen y^Djokän"" bei Cailliaud (Voyage ä Meroe: Centurie de plantes p. 101, No. 99) als Bezeichnung eines unbekannten Baumes in Fesoglu gefunden; über letzteren giebt nun Pruyssenaere Aufschluss, der ^^[.'ijs>- Djoqdn als Name eines Diospyros auf- Sitzung vom 15. Mai. 145 führt, der ohne Zweifel der auch \^on Kotschy und Cienkowski dort gefundene D. mesinliformis Höchst, ist. Da sich nun die- selbe Art unter den von Dr. Nachtigal mitgebrachten Früchten findet und auf dieselben das, was dieser Reisende über den Birgim notirte, vollkommen passt, so ist an der Identität des letzteren Namens mit Diospyros mespiliformis nicht zu zweifeln. Um wenigstens eine annähernd vollständige Mittheilung zu machen, hält es Vortr. für angemessen, hier eine Zusammen- stellung der Culturpflanzen des ägyptischen Sudan, besonders der Gärten von Chartum zu versuchen. Die Aufzeichnungen P.'s enthalten hierüber zahlreiche Angaben, welche in dankenswerthester Weise von der von Schwein- furth (Zeitschr. der Ges. für Erdkunde, Berlin, IV (1869), S. 339, 340) veröffentlichten „November -Flora von Chartum" coutrolirt und ergänzt werden. Die Reihenfolge der Arten ist wie an dieser Stelle nach Schweinfurth und Ascherson's Katalog der Gefässpflanzen der Nilländer geordnet und sind die Nummern dieses Verzeichnisses hinzugefügt. P. bedeutet de Pruyssenaere, S. Schweinfurth. 1. Culturpflanzen. Mimosaceae. Acacia nilotica D. (= A. arabica 3) (^ant. (S.) — Seyal D. Talch. (S.) — spirocarpa H. major 15 Qammor. (S.) Älbizzia Lebbek Bth. Lebbach. (S.) Jedenfalls erst nach der ägyp- tischen Eroberung eingeführt. Caesalpiniacea e. Caesalpinia pulcherrima Sw. (S.) Ceratonia SiliquaLi. Charrüb. In Chartum 1875 von Dr. Pfund gesammelt. Parkinsonia aculeata L. Sesabän. Sehr gemein. (S.) Erst von den Aegyptern angepflanzt; wächst sehr rasch, dauert aber nicht lange. Giebt keinen Schatten und kein nutzbares Holz; dient den Heimchen als Lieblingsaufenthalt. (P.) Tamarindus indica L. 69. Tamr hendi. Sehr grosse Exemplare. (S.) 146 Gesellschaft naturforschender Freunde. Papilionaeeae. Arachis hypogaea L. 88. Fül Dar För od. Fül Kordifdl Wird besonders in Kordofan und Fesoglu angebaut; wenig von den Stämmen am Weissen Nil, mehr von den weiter nach Westen im Innern angesiedelten Völkern. Man isst die Früchte meist geröstet; als Oelpflanze zieht man den Sesam vor. (P.) Cajanus flavus D. C. 116. (P., S.) Canavalia gladiata D. C. 117. (S.) Cicer arietinum L. Hommug. 120. Wahrscheinlich aus Aegypten eingeführt; wird nur in der Nähe der Städte Sennär's und besonders für die Ansiedler aus Aegypten angebaut. (P.) Clitoria Ternatea L. 122. Aus Fesoglu, wo sie wild wächst, in die Gärten Chartum's eingeführt. (P.) Dolichos Lubia Forsk. 174. Lübid. Gemein. (P., S.) Faha vulgaris Mnch. 198. Fül. Selten. (S.) Wie Cicer arietinum. (P.) Indigofera orthocarjia Berg. (= /. Anil 216). Nil. Cultivirt und im Nilthale von Chavtum bis Schendi wild. (S. in litt.) Der Anbau wurde erst seit der ägyptischen Eroberung ein- geführt (soll wohl heissen: im Grossen betrieben); in der ersten Zeit war er sehr blühend , ist aber aus Mangel an Ausdauer und Capital in Verfall gerathen. (P.) Lablab vulgare Savi 252. Lübid 'afn, d. h. Stinkbohne. Mehr als Viehfutter als zum Genuss für Menschen gebaut. (P.) Lens esculenta Mnch. 260. Ads. Neuerdings eingeführt; gedeiht gut. (P. ; auch von S. aufgeführt.) Lupinus Termis Forsk. 277. Tirmis. Durch die Dongolaner einge- führt, welche sie sehr lieben; noch nicht weit nach Süden über Chartum hinaus vorgedrungen. (P.) Phaseolus Mungo Li. 309. Gemein. (S.) Pisum sativum L. 317. Besillah. Neuerdings eingeführt; gedeiht selten. (P.) Sesbania sp. vom oberen Nil, mit schwarzem Vexillum. (S.) Vigna sinensis Endl. (V. Catiang 414.) (S.) Granataccae. Punica Granatum L. 457. Bummdn. Häufig. (S.) Seit der ägyp- tischen Eroberung eingeführt, gedeiht gut. (P.) Sitzung vom 15. Mai. 147 Lythraceae. Lawsonia alba Lmk. 472. Henna. (S.) An den Nilufern in Unter-Nubien verwildert; in Ober-Nubien nur angepflanzt; dann aber wieder an den Nilufern im Sudan bis 13" N. Br. wie wild angetroffen, obwobl die Benutzung der Blätter nur Seitens der Nubier stattfindet, den Eingeborenen aber völlig unbekannt ist. (P.) Euphorbiaceae. Ricinus communis L. 693. Charud . In Nubien, im Sudan und am Weissen Nil überall, aber stets in der Nähe der Wohnungen oder an früher bewohnten Stätten. Bei Ronga, zw. Sennär und Karkodj, eine Abart mit glatter Frucht beobachtet. Das Oel dient zum Brennen, zum Salben des Körpers, selbst mit Butter gemengt zur Nahrung, aber nicht als Arznei. (P.) Var. megalospernms. (Del.) Von den Berta- Negern ange- baut. (P.) Aurantiaceae. Citrus Aurantium L. 776. Bortuqan- Häufig. (S.) Der Baum gedeiht gut, die Frucht der Apfelsine bleibt aber grün, saftlos, fade (wie schon in Ober-Aegypten nach Klunzinger, wäh- rend sie in der Oase Dachel noch gut gedeiht). Besser ent- wickelt sich die Pomeranze. (P.) — Limonium Risso 778. Lemün. Häufig. (S.) Gedeiht gut. (P.) — — dulce. Lemün helwä. (P.) — medica L. 780. Utrundj. Selten. (P.) Sämmtliche Citrus-Formen sind seit der ägyptischen Er- oberung eingeführt. (P.) l^alanitaceae. Balanites aegyptiaca Del. 781. Hedjlidj. (S.) Tiliaceae. Corchorus olitorius L. 820. MelucMeh. Viel cultivirt. (P., S.) Sterculiaceae. Adansonia digitata L. 867. Homrah. Ein Baum in Chartum, 40 Jahre alt. (S.) Malvaceae. Abelmoschus esculentus Mnch. 871. Bdmid. Viel cultivirt. (S.) Ueberall am Blauen und Weissen Nil cultivirt, bei Karkodj auch wild angetroffen. (P.) 148 Gesellschaft naturfor seh ender Freunde. Gossypium vitifolium Lmk. 887. Qotn. (S.) [P.'s Angaben über die von den Negern cultivirten Gossypium- Arten sind ohne Exemplare nicht zu verwerthen.] Alalva parviflora h. d2Q. Chubbe'sah. Neuerdings eingeführt. (P.) Portulac aceae. Portulaca oleracea L. 1026. Ridjl. In Nubien, im Sudan und den Negerländern überall wild wachsend und angebaut. (F.) C actaceae. Opuntia Ficus indica Haw. 1038. Tin schöki, d.h. Stachelfeige. Neuerdings eingeführt. Gedeiht bei Chartum noch gut, weiter südlich aber nicht. (P.) Cucurbitaceae. Citrullus vulgaris Schrad. 1044. Battich. Ueberall wild, mit kleiner Frucht und fadem weissem Fleisch. In der Cultur, die besonders im trocken gewordenen Nilbette stattfindet (wie in Aegypten), wird die Frucht gross und ihr Fleisch roth und süss. (P.) Cucumis Chate L. 1050. J4djür. Ueberall cultivirt, scheint ein- heimisch. (P.) — — var. Tibeh. Desgl. Frucht stumpf, verkehrteiförmig, 4^ Zoll lang, an der Spitze 3 Zoll dick; am Grunde mit 10 Furchen, mit 10 dunkelgrünen Rippen auf hellgrünem Grunde, dunkelgrün gescheckt. (P.) — Melo L. 1053. Qawwün. Scheint erst neuerdings aus Aegypten eingeführt, nie so gut wie in den Mittelmeer- Ländern. (P.) — sativus L. var. 1055. Fakns. (P.) Cucurbita maxima Duchne. ? 1057. Qard meddwwer. In Karkodj cultivirt. Scheint einheimisch. Fleisch fest, gelb, schmeckt wie Kartoffeln. (P.) Lagenaria vulgaris Ser. 1061. Qard meddwwer und Qard tauil. Die Cultur scheint einheimisch, reicht aber nicht weit nach Süden, z. B. findet sie sich nicht in Karkodj. (P.) [In Dar Roseres von R Hartmann wild oder völlig verwildert ge- funden.] Sitzung vom 15. Mai. 149 Cruciferae. Brassica oleracea L. 1185. Krumb. Neuerdings eingeführt; die Pflanze wuchert üppig, bildet aber nie Köpfe, die Blätter sind lederartig und von ekelhaftem Geschmack. (P.) Lepidium sativum L. 1230. Beschdd. Die Cultur scheint ein- heimisch [jedenfalls schon von altem Datum, aber doch wohl von Norden eingeführt, A.], dient weniger als Gewürz wie als Arznei, besonders bei Krankheiten der Kameele. Eaphanus sativus L. 1251. Fidjl. Neuerdings aus Aegypten ein- geführt. (P., S.) Ranunculaceae. Nigella sativa L. 1310. Habbeh sodah. Vermnthlich neuerdings aus Aegypten eingeführt; wenig verbreitet. (P.) Anonaceae. Anona squamosa L. Qischtah, d. h, Sahne. Neuerdings aus Aegypten eingeführt, in den Gärten von Chartum besonders durch die katholischen Missionäre verbreitet und üppig ge- deihend. (P., S.) Noch besser gedeiht sie in den Etablisse- ments am obern Weissen Nil , wo sie in kurzer Zeit sehr schmackhafte Früchte trägt. (P.) Ampelidaceae. Vitis vinifera L. 1397. 'Aneb. Erst seit der ägyptischen Er- oberung angepflanzt; giebt nur sehr schlechte Trauben. Am Weissen Nil treibt die Rebe gar nicht aus. (P.) Umbelliferae. Coriandrum sativum L. 1422. Kusbarah. Nationales Gewürz der Nubier; ziemlich verbreitet. (P.) Daucus Carota L. 1425. Djasar. Neuerdings eingeführt. Bleibt klein. (P.) Foeniculum capillaceum Gil. 1432. Schemmär. Wie Coriandrum, doch weniger verbreitet. (P.) Petroselinum hortense Holfm. 1448. Baqdünis. Neuerdings ein- geführt. (P.) Crescentiaceae. Kigelia pinnata D. C. (= K. aethiopica Dcne. 1502). Schedjret- el-ßl, d. h. Elephantenbaum. Zwei Bäume in Chartum, 30 Jahre alt. (S.) 150 Gesellschaft naturforschender Freunde. Bignoniaceae. Sesamum Orientale L. 1505. Simsim. Im Sudan überall zur Oelbereitung angebaut; die Oelkuchen dienen als Viehfutter. Auch die Neger am Weissen Nil bauen Sesam, essen aber den Samen ohne Oel zu bereiten. Verwildert sehr leicht und ist vielleicht in Afrika einheimisch. (P.) Solanaceae. Capsicum annuum L. 1G89. Filfil achmar, d. h. rother Pfeffer. In den Gärten der Städte cultivirt. (P.) [Jedenfalls erst neuerdings aus Aegypten eingeführt. A.] — conicum G. F. W. Mey. var. Orientale Dun. 1690. Schitetah. Ueberall cultivirt, bildet den Gegenstand eines lebhaften Handels auch unter den Eingeborenen des Sudan. (P.) [Vortr. darf wohl daran erinnern, dass nach Schwein- furth (im Herzen von Afrika I, 277, 278) die Pflanze von den Nubiern im Lande der Bongo angetroflen wurde, die sie nur als Pfeilgift, nicht als Gewürz benutzten.] Lycopersicum' esculentum Mill. 1701. Badindjdn achmar. Viel cultivirt. (S.) Neuerdings eingeführt, gedeiht recht gut, ist aber viel kleiner und weniger säuerlich als im Mittel- meergebiet. Gedeiht auch am Weissen Nil unter 6^ 30' N. Br. (P.) Nicotiana Tahacum L. 1705. Tomhak und Damak, letzteres eine viel schärfere Sorte, die mit Kalk oder Asche versetzt ge- raucht wird. Die Sudan-Bewohner kauen mehr Tabak als sie ihn rauchen; die Sitte des Schnupfens scheint vor der ägyptischen Eroberung unbekannt gewesen zu sein. (P.) N. rustica L. ist von P. nirgends angetroffen worden. Solanum Melongena L. (= esculentum Dun.) 1720. Badindjdn aswad. (S.) Ueberall in Sudan und den Negerländern cul- tivirt, scheint dort seit alten Zeiten zu existiren, vielleicht aber ursprünglich aus Aegypten gekommen zu sein. (P.) Convolvulaceae. Batatas sp. aus dem Niam-Niam-Lande. (S.) Labiatae. Mentha sativa L. I9fi3. Nana. Neuerdings eingeführt. (P.) Ocimum Basilicum L. 1979. Rihdn. desgl. (P.) Sitzung vom 15. Mai. 151 Apocynaceae. Nerium Oleander L. Tißeh. (S.) Vinca rosea L. (S.) Asclepiadaceae. Cryptostegia grandiflora R. Br. (S.) Jasminaceae. Jasminuni o/ficinale L. Jasmin. Gedeiht vortrefflich. (P.) Comjyositae. Carthamus tinctorius L. 2328. Qortom. Die Cultiir scheint in Sudan einheimisch. [Doch wohl in alten Zeiten aus Aegypten gekommen. A.] Dient zum Färben. Die Samen werden geröstet gegessen. (P.) Lactuca sativa L. 2513. Chass. Neuerdings eingeführt. (P.) Polygonaceae. Bumex Acetosa L. 2778. Hommed. Neuerdings eingeführt. (P.) Cheno2)odiaceae. Beta vulgaris L. 2825. Bangar. Neuerdings eingeführt. (P.) Spinacia oleracea L. 2854. Uidn-el-charüf (d. h. Lammsohr). Neuerdings eingeführt; gedeiht unter 6^' 30' N. Br. vor- trefflich, besser als in Europa. (P.) Moraceae. Ficus Carica L. 2888. Tin. Häufig, schlechte Früchte tragend. (8.) In den Gärten der grösseren Orte nicht selten; trägt reichlich Früchte von grüner und blauer Farbe, welche kleiner als in den Mittelmeerländern, aber nicht unschmack- haft sind. (P.) Palmae. Phoenix dactyli/era L. 2948. Nachl. Sehr viel angepflanzt. (S.) In den Gärten von Chartum sehr viel, obwohl die Ernte häufig durch die tropischen Regen leidet, und der Bedarf an Datteln grösstentheils aus Dongola bezogen wird. Am Weissen Nil nirgends; in dem Etablissement Vayssiere 152 Gesellschaft naturforschender Freunde. unter ß*^ 30' wurde der Anbau vergeblich versucht; am Blauen Nil sieht man , abgesehen von einzelnen unfrucht- baren Stämmen, eine Pflanzung beim Dorfe Kamlin (etwa \b^ N. Br.) und einige Palmen in der Stadt Sennär, welche angeblich zweimal im Jahre tragen sollen. Idris Adlän, Fürst von Gule, hatte den Einfall, nahe seiner Wohnung (etwa 11 '^' 45') einige Palmen anpflanzen zu lassen, die aber ganz klein geblieben sind und nur selten schlechte Früchte reifen. (P.) [Der Reisende bemerkt auch, dass er in Nubien, im Bezirk Sukkot öfter 2theilige Dattelpalmen gesehen habe, bei denen aber stets der eine Spross den Hauptstamm fort- setzte, während der andere viel schwächer blieb. Vgl. Siz- zungsber. 1874, S. G7. Einen weiteren Fall von Verzweigung der Dattelpalme aus Algerien berichtet Balansa, Bull. soc. bot. France II. (1855) p. 50, der bei Oran sogar einen sechs- ästigen Baum beobachtete, an dem indess nur drei Aeste noch vegetirten.] Araceae. Colocasia antiquorum Schott. 2958. Qulqds. Neuerdings ein- geführt; gedeiht unter ß "^ 30' im Schatten der Bananen sehr gut. (P.) Musaceae. Musa j)aradisiaca L. 2988. Miis. Gedeiht mittelmässig. (S.) Erst seit der Aegypt. Eroberung in den Sudan eingeführt, wo die Banane nicht sonderlich gedeiht; vortrefl'lich dagegen ist Boden und Klima am Kir (oberen Weissen Nil) für ihren Anbau geeignet, wo sie in den Etablissements der Elfenbein- händler üppig wuchert. (P.) [Der Reisende hatte bereits ziemlich bestimmte Nach- richten von der Existenz cultivirter Bananen im fernen Innern der Negerländer, wo sie 10 Jahre später von Schwein- furth angetroffen wurden. Sehr merkwürdig sind seine Angaben über zwei 1859 bei dem Etablissement Vayssiere unter ß "^ 25' im Kir treibend gefundene Bananenpflanzen, welche noch so wohl erhalten waren, dass man sie ein- Sitzurifj ijom 15. Mai. 153 pflanzte und der Reisende sie bald darauf in voller Vege- tation antraf. Ihre Fruclit war eine Sfäclirige Kapsel mit Samen von der Grösse einer Kichererbse; sie gehörten mithin der ebenfalls von Schweinfurth im Niam-Niam- Lande angetroffenen Musa Ensete Gm. an.] Liliaceae. Allium Cepa L. 3092. Ba^al. Uebernll cultivirt; den Negern am Weissen Nil unbekannt. (P.) — satnmm L. 3098. T>/m. Kommt aus Abessinien und den Galla-Ländern, wo der Knoblauch sehr reichlich vorhanden ist. Angebaut bei Fadac,^ (am Blauen Nil, zw. Mesalamieh und Woled Medineh). (P.) Gi-amina. Hordeum vulgare L. 3G2G. Scha'ir. Nach der ägyptischen Occupation versuchsweise für die Cav^alerie angebaut; doch hat man diese Cultur, obwohl sie gut einschlug, später auf- gegeben. (P.) [üeber die im ägyptischen Sudan so viel cultivirten Pe- nicillaria- {Duchn-) und Sorghum- (Esch~) Formen finden sich in P's Nachlass die Bemerkungen nicht ausgeführt. In seinem Reisebericht (Peterm. Mittli., Ergänzungsheft 51, S. 2) wird noch Sorghum sacchargtum Pers. 3831, ^4nqoltb, als bei Sen- när cultivirt erwähnt.] Saccharum officinarum L. 3721. Qagab-es-sukkar. Neuerdings eingeführt; nur in der Nähe der Städte cultivirt, (P.) Triticuni vulgare Vill. 3874. Qamch. Der ägyptische Sudan eignet sich noch vorzüglich für den Anbau des Weizens ; die Inseln des Weissen Nils bis 13*^ 40' sind grösstentheils mit Weizenfeldern für den Bedarf von Chartum bedeckt; auch am Blauen Nil reicht der Anbau bis Serü (Karkodj gegenüber), jenseit des 13. Breitengrades. Die Körner sind klein und das Stroh kurz wie in Aegypten. (P.) Zea Mays L. 3893. Esch rifi (d. h. ägyptisches Sorghum; um- gekehrt bezeichnet man in Syrien Sorghum als y,Durra ma^ri"", „ägyptischen Mais", wogegen der Mais in Aegypten Durra schämt, d. h. syrisches Sorghum heisst; der Name des Mais in Bornu, Ma^a7-a, wird ebenfalls auf Mafr, den 154 Gesellschaft naturforschender Freunde. arabischen Namen Aegyptens zurückgeführt, A.). In Nubien überall cultivirt, doch sparsam, da nicht die reifen Körner, sondern nur die unreifen als Leckerei genossen werden. Bei den Negern am Weissen Nil ist der Anbau häufiger und nimmt zu, je mehr man nach Süden kommt; er scheint von der Ostküste [vielleicht auch von der Westküste] gekom- men und von Stamm zu Stamm vorgedrungen zu sein. (P.) Diese Zusammenstellung scheint dem Vortr. ein doppeltes Interesse zu besitzen; einmal ein klimatologisches, da der nördliche Sudan ein Uebergangsgebiet zwischen dem tropischen Klima und dem des Wüstengebiets darstellt, insofern die Grenze der tropischen Regen in nicht sehr grosser Entfernung nord- westlich von Chartüm, bei Dabbeh, den Nil schneidet. Es sind daher besonders in den Umgebungen dieser Stadt noch eine giosse Anzahl Culturpflanzen von nördlichem Ursprung zu finden. Als solche, welche mit verhältnissmässig gutem Erfolge gebaut werden, wären zu nennen: Linse, Granatapfel, Citrone (während die Apfel- sine schlecht gedeiht), Gartenkresse, Jasmin, Safflor, Spinat, Feige, Zwiebel, Gerste und Weizen; die Mehrzahl gedeiht indessen nur kümmerlich, selbst die dem benachbarten Wüstengebiete ange- hörige Dattelpalme. Manche Gewächse von noch nördlicherer Heimat, wie unsere Obstbäume, die schon in Aegypten nicht recht gedeihen, sucht man im Sudan vergebens. Dass Cultur- pflanzen, welche über Aegypten eingeführt sind, eigentlich aber aus tiopisclien Klimaten stammen, wie Anona, Colocasia, Banane, im Sudan und besonders in den Negerländern viel besser ge- deihen, als im unteren Nilgebiet, ist selbstverständlich. Noch grösser ist vielleicht die Bedeutung der hier raitge- iheillen Angaben in culturhistorischer Hinsicht. Man kann mit Hülfe der Nachrichten Pruy ssenaere's, welche im Grossen und Ganzen gewiss zuverlässig sind, die Culturpflanzen des Sudan in mehrere Gruppen nach der Zeit ihrer Einführung sondern, gewissermaassen Culturschichten, die sich übereinander abgelagert haben, wie Schweinfurth und der Vortr. einen ähnlichen Ver- such in Betreff der Vegetation der Aegyptischen Oasen ge- macht haben ^). ') Botan. Zeitung, 1874, Sp. 629 ff. Sitzung vom 15. Mai. 155 Die unterste Schicht würden gewissermaassen diejenigen Culturpflanzen bilden, welche im tropischen Afrika überall von Alters her cnltivirt werden und grösstentheils als dort einheimisch zu betrachten sind'). Hierher gehören: Cajanus , Canavalia., DoUchos Lubia, Indigofera orthoearpa., Labiah, Phaseolus Mungo, Vigna, Ricinus (?) Corchorus, Abelmoschus, Portulak (?), Citrullus, Cucumis Chate, vielleicht auch Cucurbita maxima, Lagenaria, Se- samum, Solanum Melongena (?), Sorghum, Penicillaria. Eine zweite Gruppe ist zwar ohne Zweifel nordischen Ur- sprungs, hat sich indess durch die mehrere Jahrtausende hindurch fortgesetzten kriegerischen und commerciellen Beziehungen Aegyp- tens zu den von braunen und schwarzen Stämmen bewohnten Gegenden am oberen Nil und seinen Zuflüssen seit mehr oder minder entfernten Zeitepochen dort angesiedelt: Kichererbse, Saubohne, Lupine, Henna, Garteukresse, Koriander, Fenchel, Safflor, Feige, Dattelpalme, Zwiebel, Knoblauch, Weizen, wohl auch Gerste, die in Abessinien in zahlreicheren Formen, als in irgend einem anderen Gebiete angebaut wird. Eine sehr merkwürdige Gruppe bilden diejenigen Pflanzen von amerikanischem Ursprung, welche sich von Stamm zu Stamm, auf Wegen, welche erst in den letzten Jahrzehnten geo- graphisch erschlossen oder auch heut noch völlig unbekannt sind, von den europäischen Ansiedlungen an der Westküste Afrika's (zum Theil auch von der Ostküste) bis ins obere Nilgebiet verbreitet haben: Arachis , Capsicmn conicum, Tabak, Mais. Pruyssenaere, welcher die Bedeutung dieser Gruppe sehr wohl erkannt hatte, bemerkt, dass Maniok und Carica Papaya^) das Nilgebiet noch nicht erreicht haben; ersterer ist seitdem von Schweinfurth an den Grenzen desselben im Niam-Niam-Lande angetroffen worden. Beim Mais und Tabak sind sich die beiden Culturströmungen von Westen und von Norden, über Aegypten her, bereits begegnet; von der Gattung Capsicum ist die eine Art, ') Vgl. Schweinfurth, Bull. inst. eg. No. 12 (1873), p. 200 ff. Uebersetzt in Monatsschr. Verein z. Bef. des Gartenbaues in den Preuss. Staaten, 1876, S. 61 ff. ^) Er nennt auch die im Niam-Niam-Lande cultivirte Banane, welche indess, wenn nicht in Afrika ursprünglich einheimisch, nur von Indien ge- kommen sein kann. 156 Oesellschaft naturforschender Freunde. C. conicum auf dem ersten, die andere, C. annuum auf dem zweiten Wege in den Sudan eingedrungen. Eine vierte Gruppe umfasst endlich diejenigen Culturpflanzen des Sudan , welche erst mit der Eroberung desselben durch die Aegypter, also in dem letzten halben Jahrhundert eingeführt worden sind. Sie ist unter allen die zahlreichste und diese hohe Zahl wirft ein vortheilhaftes Licht auf die Culturbestrebungen der Aegypter wenigstens auf diesem Gebiete; es lässt sich ja auch nicht bestreiten, dass die Bewohner des unteren Nilthals zu allen Zeiten fleissige Landbauer und geschickte Gärtner gewesen sind. Es gehören hierher: Lebbek- Akazie, Caesalpinia, Johannisbrot, Parkinsonia, Erbse, Granatapfel, alle C'itrus-¥ ormen, (doch scheint die Verbreitung derselben in Abessinien auf eine weit frühere Einführung zu deuten), Gossypmm vitifolium, Malva, Cactusfeige, die eigentliche Melone, Kohl, Rettig, Schwarzkümmel, Anona, Weinstock, Mohrrübe, Petersilie, Capsicum annuum, Tomate, Minze, Basilicum, Oleander, Vinca rosea, Cryptostegia, Jasmin, Salat, Sauerampfer, Runkelrübe, Spinat, Colocasia (eine nahe verwandte Form fand Schweinfurth indess bei dem Niam Niam), Banane (s. oben), Zuckerrohr. 2. Wild in den Gärten von Chartum. (Grösstentheils nach Schweinfurth.) Crotalaria lupinoides H. 140. Indigofera orthocarj^a Berg. (= /. Anil 216). — paucifolia Del. 237. Bhynchosia Memnonia D. C. 331. Sesbania pubescens D. C. — punctata D. C. 344. Abutilon graveolens W. et Arn. 875. — muticum Webb 879. Gynandropsis pentaphylla D. C. 1112. Gemeinstes Unkraut. (S.) Tamalikat-el-Nuba; wird von den Eingeborenen, ungeachtet des widerlichen Geruchs, gegessen; am Weissen Nil ist TamaUkah Name eines Amarantus. (P.) Peristrophe bicalyculata Nees 1588. Striga hermonthica Benth. 1664. Sitzuno vom if>. Mai. 157 Batatas ■pentaphyUa Chois. 1760. Ipomoea Kairica Webb 1797. — hispida R. et S. (= I. essilißora Rth. 1810). Leptadenia heterophylla Dcne. 2095. Sonchus HochsteUeri Cn. Bip. 2618. Ximenesia enceJioides Cav. Diese mexikanische Pflanze scheint wie im tropischen Westafrika, woher sie schon De Candolle (Prod. V. 627 (1836) von Ualo am Senegal (Perrittet) kannte, sowie auf den ostafi-ikanischen Inseln (Mauritius Sieb er II 118! Belang er nach De Cand. 1. c, Lesson 1825! Reunion Boivin!) so auch mit ungemeiner Schnel- ligkeit sich im oberen Nilgebiete auszubreiten; Dr. Pfund sammelte sie am 27. Nov. 1874 bei Bara in Kordofan (No. .363!). Auch im eigentlichen Aegypten beobachtete sie Vortragender selbst, in Gärten in Benisuef am 11. März 1876! Das Kgl. Herbar in Berlin besitzt sie ausserdem noch von den Sandwich -Inseln ( Hi llebrand!). Aerva javanica Juss. 2788. Vortragender theilte hierauf mit, dass ein im Nachlasse unseres unvergesslichen A. Braun vorgefundener Vortrag über die im hiesigen ägyptischen Museum befindlichen Pflanzeureste (gehalten in der anthropologischen Gesellschaft am 15. April 1871) seinem Collegen Dr. Magnus und ihm zur Herausgabe anvertraut worden sei. Diese Arbeit gab Veranlassung, noch einige hier vorgezeigte Materialien zu untersuchen, welche Herrn Geh. Rath Braun nieht vorgelegen hatten. Im ägyptischen Museum wird unter No. 7022 ein aus der Passalacqua'schen Sammlung stammender (in derselben mit 1596 bis bezeichneter) Gegenstand aufbewahrt, welcher ohne Zweifel von Passalacqua selbst aus Gräbern in Theben erworben wurde. Er besteht grösstentheils aus grasähnlichen, vielfach zusammengebogenen und meist zerbrochenen Blattresten, bei deren Durchmusterung Vortragender drei etwa 0,008 M. lange, 0,004 M. breite Zwiebelchen auffand, welche die auch durch die von Herrn Magnus ausgeführte mikroskopische Untersuchung der Blätter bestätigte Bestimmung als eine Art von Allium gestatteten. Zur Erkennung der Art geben die vorliegenden Exemplärchen V2 158 Gesellschaft naturforschender Freunde. keinen sicheren Anhalt. Auch Prof. Irmisch, der gründlichste Kenner der Knollen- und Zwiebelgewäclise, war nicht in der Lage, ein bestimmtes Urtheil über die Species abzugeben. Die Vorliebe der alten Aegypter für Allium- Avti^n ist mehr- fach bezeugt. Abgesehen von den zahlreichen Darstellungen von Zwiebeln auf den Monumenten (ünger, die Pflanzen des alten Aegyptens, im Sit^ungsber. der Wiener Akad. XXXVII. Bd., Taf. II, Fig. 22 — 24) erinnerte Vortragender an die bekannte Bibelstelle 4 Mose 11. 5, wo von den Kindern Israel in der Wüste die Entbehrung vieler in Aegypten gewohnten Genüsse in fol- genden Worten beklagt wird: „Wir gedenken der Fische, die wir in Aegypten umsonst assen, und der Kürbis, Pfeben, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch." Die hier genannten Pflanzen finden sich auch auf den Gemüseäckern im heutigen Aegypten^) und werden grösstentheils noch jetzt mit denselben Namen wie im biblischen Urtext bezeichnet. Hinsichtlich des Knoblauchs (hebr. Q'ÜJ, arab. *»-J' tum., ghoqoöov der Griechen) und der Zwiebeln (Allium Cepa L. , ~:i?3, arab. J^^aj bafal, griech. üQÖfifAvov) bedarf dies keiner näheren Erläuterung; auch die richtige Deutung des Wortes ^"'21^1 als Lauch oder Porrei {Alliwn Porrum L. , griech. nQoiaov , arab. abweichend von dem hebr. Worte oLi korrät genannt) unterliegt keinem Zweifel. Dagegen sind die beiden Cucurbitaceen von Luther unrichtig übersetzt. Statt mit „Pfeben", welches alterthümliche Wort (das lateinische pepo) eine Art Kürbis bedeutet, ist das hebr. Wort u"'Jltini;* (arab. -^x-V'^ battich) mit Wassermelonen {Citrullus vulgaris Schrad., deren afrikanische Urheimat jetzt keinem Zweifel unterliegt, und deren Kerne in der Passalacqua'schen Sammlung (No. 459 bis) von A. Braun erkannt worden sind) ') Dem Vortragenden ist nicht bekannt, auf welche Thatsachen Unger (a. a. O. S. 42 (108) die Bemerkung gründet, dass Knoblauch und Zwiebeln jetzt bei Weitem weniger als im Alterthum cultivirt werden. Zwiebeln findet man auch heut in Aegypten überall reichlich (eine genaue Beschreibung ihrer Cultur bei Figari, stud. scient. suW Egitto etc. II, />. 140, 141), selbst in den entlegenen Oasen der Libyschen Wüste; Knoblauch wird ebenfalls im Nilthal überall gebaut, ausserdem traf ihn Vortragender in der Grossen und Kleinen Oase und Rebifs in Audjila und Siuah (von Tripolis nach Alexan- drien II, S. 56, 119.) Sitzung vom 15. Mai. 159 zu übersetzen, während der von Luther mit „Kürbis" wieder- gegebene Name ~^&;. Inter- nat, ä Cologne 1875) p. 6, No. 5.'). Mimusops Elengi. Sagar indy [d. h. indischer Baum]. Petit fruit comestible) führt sie nur aus dem jetzt schon in Verfall befindlichen Garten Maniel auf der Insel Rodah bei Cairo auf, wo Ibrahim Pascha vor 30 Jahren eine Anzahl direct aus Indien importirter Bäume anpflanzen liess. Es würde somit die zu Kränzen benutzte Mimusops- Art sich dem Papyrus und dem Nelumbiuui anreihen, welche, im alten Aegypten reichlich vcnhanden, bei aufhörender Benutzung aus- starben oder absichtlich ausgerottet wurden. Nachtrjigl. Zusatz. Mr. Pleyte benachrichtigte den Vor- tragenden seitdem, dass die Todtenkränze des Leidener Museums (über deren rituelle Bedeutung Vortragender an einer anderen Sitzung vom. 15. Mai. 161 Stelle werthvolle Mittbeiliiiigcn desselben verdienstvollen Aegypto- logen veröffeiitliclien wird), zum Theil auch aus Blättern der Olea europaea L. und einer Nymphaea-kri bestehen, und mit dreierlei Blumen verziert sind, von denen die eine nach der übersandten Probe die Blüthen der ^ant- Akazie (Acacia nilotica Del.) dar- stellt, von der bereits Theophrast (Hist. plant. IV, 2. 8) mit- theilt, dass sie zu Kränzen benutzt wurden. Kunth führt (Ann. . des Sciences nat. VIII, p. 422) ^.^Mimosa Farnesiana. Des tetes des fleurs reunies en chapelet (communiquees par M. Jomard") auf. Wahrscheinlich gehörten dieselben aber, falls echt, der ^.w7o^«c« an, da A. FarnesianaV^^iW^. (arab. Fitneh) jetzt zwar häufig in Aegypten wegen des köstlichen Veilchengeruchs ihrer Blüthen cultivirt wird, dort aber erst neuerdings eingeführt ist und wahrscheinlich aus dem tropischen Amerika stammt. Eine zweite Probe gehört dem Chrysanthemum coronarium L. an, einer Pflanze des Mittelmeer- gebietes, die in Aegypten jetzt nur bei Alexandrien wild wach- send beobachtet ist, im Alterthum aber vielleicht, wie in den Gärten Europa's, als Zierpflanze culti^^rt vvurde; eine dritte einer Composita aus der Gruppe Cynareae, welche nach der sehr unvollkommenen Probe noch nicht bestimmt werden konnte. Herr Websky sprach über die zufälligen Färbungen, welche die verschiedenen Gattungen der Mineral- Gruppe der Zeolithe zeigen und unterschied unter den- selben diejenigen , welche durch mechanische Beimengung anorganischer Verbindungen, wie die durch Eisenoxydhydrat bewirkte rothe Färbung gewisser Zeolithe von Dumbarton in Schottland und Fassa-Thal, von den durch organische Verbin- dungen hervorgerufenen. Von den letzteren Vorkommen sind die braunen Krystalle von Desmin und Heulandit, die sich mit Kalkspath als jüngste Bildungen in den Drusenräumen der Magneteisenstein-Lagerstätten von Arendal in Norwegen finden, die bekanntesten; das gelegent- liche Vorkommen von Asphalt in denselben lässt die Entstehung der Färbung durch diesen zweifellos erkennen. In jüngster Zeit bieten die reichlich in gewissen Drusenräumen der Granite von Gräben, westlich von Striegau in Schlesienj vorkommenden Zeo- lithe ein weiteres interessantes Beispiel dieser Erscheinung dar, 162 Gesellschaft naturforschender Freunde. und zwar tritt an diesen ein auffallender und ganz constanter Unterschied in dem Colorit der in verschiedenen braunen Nuancen sich bewegenden Färbungen, je nach der Gattung der impräg- nirten Krystalle hervor, der auch constant bleibt, wenn mehrere Gattungen unter der Bekleidung der älteren Bildung, Quarz, Feldspath, Epidot, eines und desselben Drusenraumes neben und durcheinander auftreten. Die häufigste Gattung der in den Drusenräumen von Striegau vorkommenden Zeohthe ist die des Desmins, welcher immer in blass lederbraunen , ins Holzbraune ziehenden Färbungen auf- tritt. Die ungleich selteneren Krystalle des Chabasits zeigen ein sattes, ins Orangerothe ziehendes Kastanienbraun , sehr intensiv auf der Oberfläche der Krystalle, heller, aber immer noch relativ intensiv im Innern; der Chabasit scheint die grösste Menge fär- bender Substanz aufzunehmen; beim Erhitzen im geschlossenen Rohr färbt sich ein Bruchstück schwärzlich und destillirt eine kleine Menge einer Theersubstanz über; die erkaltete Probe hat eine blasse ins Graue ziehende Farbe; nach längerem Glühen im offenen Rohr verschwindet die Farbe, besonders an der Oberfläche. Eine seltene Gattung ist in den Granitdrusen von Striegau, der Heulandit; zwei Specimen, welche vor zwei Jahren das mineralogische Museum erworben, zeigten frisch ein schönes, jetzt sehr verblasstes Citrongelb, das sich deutlich von der Farbe der mitvorkommenden Desmin-Krystalle abhob. Gleichzeitig mit diesen beiden Stufen wurden auch zwei Specimen erhalten, welche eine Decke kleiner, aber völlig farb- loser Krystalle von Laumontit zeigen. Die in ihren Elementar -Bestandtheilen fast gleichen, nur durch das relative Verhältniss derselben unterschiedenen Ver- bindungen Chabasit, Desmin, Heulandit und Laumontit scheinen daher eine sehr verschiedene Receptionsfähigkeit von färbenden organischen Verbindungen zu besitzen, und bei gleichem Ursprünge der letzteren, von einander verschiedene Erscheinungen von Licht- Absorption hervorzurufen. Ueber den Ursprung der als färbende Substanz in den Zeo- lithen von Striegau angenommenen organischen Materie bezog sich der Redner auf seine (in den Mineralogischen Mittheilungen Sitzung vom 15. Mai. 163 von Tschermak, 1872, p. G8 niedorgelegte) Ansicht, dass diese Drnsenräume als Contact-Bildnngen mit eingeschlossenen Frag- menten eines alten sedimentären Kalksteins anzusehen seien. Schliesslich zeigte der Redner noch eine, mit der allerdings sehr unbestimmten Fundorts- Angabe „Mexiko" ausgerüstete Stufe, welche im wesentlichen aus einem dichten, wahrscheinlich aus Eisenkies entstandenen Brauneisenstein besteht, bedeckt mit einer radial -faserigen Kruste von einem, etwas zersetzten Amphibol- artigen Minerale, auf dem sich eine kleine Menge von durchsich- tigen, blass violblauen Krystallen befindet, deren Härte und Krystallform nicht anders als auf Desmin zu deuten ist; zwischen und neben denselben liegen zwei blass carmoisin-rothe Krystalle einer auf Chabasit zu deutenden Gestalt. Wenn diese allerdings vorerst als Vermuthung dastehende Diagnose in irgend einer Weise bewahrheitet werden könnte, würde das letzte Vorkommen eine bis dahin noch nicht beobachtete Art accessorischer Färbung zeolithartiger Mineralkörper sein; die Verschiedenheit in der zwar analogen , aber doch in dieser Eigenschaft nicht verkenn- baren Färbung nach der Mineralgattung würde gleichfalls für einen organischen Ursprung sprechen. Herr Otto Müller ergänzt seine Mittbeilungen über pela- gische Formen von Bacillariaceen aus dem südlichen Eismeere in der Februar -Sitzung (cf. Sitzungsberichte S. 19) und spricht über den Bau der Zellwand von Synedra tahulata var. Thalasso- trix (S. Thalassotrix Cleve). Die nachfolgenden systematischen Bestimmungen verdankt Vortragender der Güte des Herrn Dr. A. Schwarz. Alle Arten sind entschieden marin. Chaetoceros dichaeta Ehr., sehr viel. * — atlanticum Cleve, nicht selten. * — boreale Bail., nicht häufig. * — Peruvianum Brghtw., seltener. — paradoxum Cleve, zweifelhaft. * Coscinodiscus eccentricus Ehr., nicht häufig, aber in sehr grossen Exemplaren (0,1 ll""™) im Uebergang zu C linea- tus, cf Cleve, Diät. fr. arctic sea, in Kgl. Svenska Vetensk. 164 Gesellschaft naturfürschender Freunde. ■Akad. 1873, Bih. 13, p. G, welcher C. Uneatus als var. von C. eccentricus betrachtet. * Coscinodiscus subtilis Ehr. Dictyocha Speculum Ehr. Eunotia Doliolus Wall., unsicher, selten. Hyalodiscus Patagonicus Ehr. ? * Grammatophora oceanica Ehr. * Melosira nummuloides Ag. * Bhizosolenia stiliformis Brghtw. — Setigera Brghtw. * Bhabdonema arcuatum Ktz. var. ? an nova species? Die Structur der Frustelansicht stimmt mit Bh. arcuatum, dagegen scheinen die Schalen fast kreisrund zu sein, was zu dieser Ai-t nicht passt. Am besten würde diese Form zu StilobibUum passen, wenn nicht die Schalen glatt, wenigstens sicher ohne alle Rippen wären. Bhaphoneis amphiceros. * Synedra tabulata Ktz. var. Thalassotrix (S. Thalassotrix Cleve). Die Structur stimmt mit S. tabulata., sowie auch der ganze Habitus der Form, so dass Schwarz dieselbe nur als var. von S. tabulata betrachten kann. Fragilaria antarctica Schwarz n. sp. Frustula rectan- gularia in fascias longiores plus minusve solutas conjüncta, striis abbreviatis marginalibus ; valvis late ellipticis apicibus rotundatis, striis distinctissimis grosse granulatis, linea laevi media extincta. Magn. 0,028; lat. valv. 0,012. Diese Art hat grosse Aehnlichkeit mit einer Form , welche O'Meara (Linn. Journ. XV, p. 56, T. I, Fig. 4) als Terebraria Kerguelensis beschreibt und von welcher er eine ziemlich paradoxe Abbildung giebt, wonach seine Art nicht zur Gattung Terebraria gehören kann. Die Grösse seiner T. Kerguelensis giebt er zu 0,071; lat. 0,013 an. Dies stimmt allerdings nicht mit Fr. antarctica. In derselben Masse fand Schwarz aber noch eine andere Form, deren Höhe zwar, nicht aber die Breite, zu O'Meara's Angabe passt. Leider fand sich zu dieser einmal in einem Balsam-Präparat befindlichen Form keine entsprechende Schale. Eine niclit weit von dieser Frustel liegende Schale bezieht Sitzunrj vom i5. Mai. 105 Schwarz einstweilen auf Dimeregramma WüUamsonii, obwohl sie nicht ganz dazu passt. Zur genaueren Bestimmung fehlt die Gürtelbandansicht. Schwarz fand keine Frustel, welche auf das Genus Dimeregramma zu beziehen wäre. — Uebrigens bildet Fr. antarciica ein gute« Verbindungsglied zwischen Fragilaria und Glyphodesmis. Ferner fand sich im Balsam -Präparat eine Form, welche an Stephanogonia (namentlich manche Formen von St. jiolygona) erinnert; nicht weit davon zeigt ein Bruchstück derselben Form eine Gestalt, die fast auf Polymyxus schliessen lässt. Schliesslich fand sich ein sehr undeutlicher AuUscus, der nicht näher besiimnit werden konnte, anscheinend aber A. caelatus ist. Vortragender constatirt folgendes Ergebniss der Analysen. Die Probe wurde am 4. März 1874 an einer leider nicht näher bezeichneten Localität des südlichen Eismeeres vom Challenger gesammelt. Ausser verschiedenen nicht näher zu bestimmenden Bruchstücken und unvollständigen Frustein, enthält die Probe 20 verschiedene Species. Von diesen bewohnen nach der oben citirten Schrift Cleve's 12 (mit einem * bezeichnet und 2 in der Februar- Sitzung genannte) gleichzeitig auch das nördliche Eismeer. Unter den 8 anderen tindet sich eine neue Species und eine zweite, deren Neuheit noch unsicher ist. Hierbei ist aber wohl zu beachten, dass die Aufsammlung von nur einer Localität und von der Oberfläche des Meeres stammt, während die Cleve'sche Arbeit sich auf eine Reihe von Localitäten bezieht und submarine, sowie littorale Formen in Betracht zieht. Vortragender wendet sich nun zum Bau der, den grös- seren Theil der Masse ausmachenden , Synedra tabulata Ktz. var. Thalassotrix. Diese Synedra ist eine Bacillarie von aussergewöhnlicher Länge. Cleve giebt dieselbe zu 3 — 4™™ an. Ich fand 2, 4™'" von einem Ende der Frustel zum anderen in gerader Linie ; da dieselbe aber S-förmig gekrümmt ist, wird die Länge wohl auf 3mm geschätzt werden können. Ich zweifle übrigens nicht, dass auch noch längeie Individuen gefunden werden. Die Breite der 166 Gesellschaft naturforschender Freunde. Schale ist dagegen eine sehr geringe und wurde von mir zu 0,0054- 0,006!^™™ bestimmt, da die Breite von den Enden nach der Mitte zunimmt. Diese Messung stimmt mit der Cle versehen nicht überein , welcher 0,042™™ angiebt. Ich kann mir diese grosse Differenz nur erklären, indem ich annehme, Cleve habe die Breite einer ganzen Colonie von Individuen, eines Bandes, gemessen. — Die Breitenbestimmung der Gürtelbandseite von Bacillariaceen ist, streng genommen, überhaupt unthunlich w^egen der verschiedenen Zustände der Einschachtelung, in denen sich die Gürtelbänder (oder, wenn man will, die Gürtelband- hälften) befinden können. Man kann von dieser Seite immer nur die Breite des Pofils einer Schale plus eines Gürtelbandes bestimmen und ganz allgemein sagen, die Gesammtbreite betrage weniger als das Doppelte der Hälfte. Eine solche Hälfte (Schalen-Profil plus Gürtelband) war 0,005™™ breit. Man findet immer eine Anzahl Individuen, drei und mehr, Schale an Schale gelagert, zu einem sehr breiten, aber zugleich sehr kurzen Bande vereinigt, dem Beobachter stets die Gürtel- bandseiten zukehrend. Aus dieser Verbindung können sie nur schwer isolirt werden, wegen eigenthümlicher anatomischer Ver- hältnisse. Es ist dies eine ähnliche Aneinanderreihung, wie sie bei vielen Faden bildenden Gattungen, z. B. den Melosireen, Fragillarien u. s. w. vorkommt. Bei letztgenannten Gattungen bedingt aber das Verhältniss der Breite zur Länge, welches wenig differirt, die Bildung eines Fadens, während in unserem Falle, in welchem die Länge die Breite um mehr als das 350- fache übertrifft, ein breites, kurzes Band hervorgebracht wird. Von der Gürtelbandseite gesehen ist die Frustel S-förmig gekrümmt und gewöhnlich an zwei Stellen ihres Verlaufes je um einen halben Gang spiralig gewunden. Dadurch kommen die Gürtelbandflächen der Enden wiederum in dieselbe Ebene, während die Endpunkte der Schalen und noch mehr deren mitt- lere Theile in verschiedenen Ebenen liegen. Aus diesem Grunde ist es sehr schwierig, eine Wendung der unverletzten Frustel auf die Schale zu bewirken und es gelingt dies nur an Fragmenten. Die beiden Enden der Frustel sind ungleichartig gebaut. Von der Gürtelbandseite aus betrachtet, theilt sich die Linie Sitzung vom 15. Mai. 167 welche die Wand der Schale nach aussen begrenzt, die Pro- jectionslinie der Schalenoberfläche, an dem einem Ende gabelig. Sie steigt nach dem Gürtelbande zu plötzlich und in steiler Curve abwärts, nach aussen in einem stumpfen Winkel aufwärts und endet dort in einem Punkt, der etwas über den äussersten Punkt, des unteren Astes vorgeschoben ist. Von dem freien Endpunkt des oberen Astes verläuft eine sehr zarte Grenzlinie parallel dem äusseren Schalencontour, welche sägeförmig gezähnt ist und die sich nur durch Dif- fractionserscheinungen in den sehr spitzen Winkeln der Zähne überhaupt bemerkbar macht. Sie bildet den äusseren Saum eines überaus zarten, hyalinen Flügels. Wendet man dieses Ende von der Gürtelbandseite auf die Schalenseite, so bemerkt man, dass zwei solcher Flügel an den Seiten der Schale in der ganzen Längenausdehnung derselben verlaufen und noch etwas über das abgerundete Ende der Schale hervorragen, dieser dadurch das Aussehen eines Schneckenkopfes mit gespreizten Fühlern gebend. Vor dem Schalenende sind diese Flügel durch einen niedrigen, halbkreisförmigen Wall, dessen Convexität der Convexität des Schalenendes entgegensteht, mit einander verbunden. Die Flügel erscheinen auf der Schalenseite in Projection und es kann daher der gezahnte Rand derselben nicht gesehen werden. Ueberhaupt entziehen sich die Flügel von dieser Seite aus noch mehr der Beobachtung als von der Gürtelbandseite; nur das Hervorragen derselben über das abgerundete Ende der Schale lässt auf ihre Anwesenheit schliessen. Am entgegengesetzten Ende verhält sich die Projectionslinie der Schalenoberfläche ähnlich wie vorher beschrieben, sie theilt sich aber nicht gabelig, sondern es findet sich an Stelle der Theilung nur eine kurze kegelförmige Erhebung nach aussen, von deren Endpunkt wieder die zarte, gezähnte Grenzlinie des hyalinen Flügels ausgeht. An diesem Ende der Frustel ist der Flügel daher sehr viel niedriger als am anderen, und es werden die Flügel auf der Schaleuseite gar nicht mehr erkannt, da sie nicht über das auch hier abgerundete Ende der Schale her- vortreten. An jedem Ende der Frustel ist die Projectionslinie der 168 Gesellschaft naturforschender Freunde. Schalenobevfläche auf der Gürtelbandseite unmittelbar vor der gabeligen Theilung, beziehungsweise der kleinen kegelförmigen Erhöhung, nach dem Zellinnern zu convex ausgebuchtet, und dem entsprechend bemerkt man auf der Schalenseite an diesen Stellen kleine, scharf begrenzte, ovale Einsenkungen der Membran, deren längere Axe in der Richtung der Schalen-Mediane liegt. Solcher Einsenkungen befinden sich an dem erst beschriebenen Ende gewöhnlich eine, an dem anderen meist zwei. Die Richtung der sägezahnartigen Fortsätze der Flügel- ränder ist in der ganzen Längenausdehnung dieselbe, sie divergirt stets nach dem Ende der Frustel, an welchem die Projections- linie der Schalenoberfläche gabelig getheilt ist. Aus den beschriebenen Structurverhältnissen geht hervor, dass diese Sijnedra mit Bezug auf eine durch ihr Centrum gelegte Querebene asymmetrisch gebaut ist. Aber auch eine Längs- ebene würde nicht zwei völlig symmetrische Hälften abschneiden, da bei dem zuletzt beschriebenen Ende der Frustel an der Gürtel- bandseite die eine Hälfte vor der anderen stets etwas hervor- tritt, wobei auch die Umbiegung der Projectionslinie der Schalen- oberfläche an der zurücktretenden Hälfte in einem merklich stumpferen Winkel erfolgt. Dadurch erhält dieses Ende der Frustel auf der Gürtelbandseite das Ansehen als sei es schief abgeschnitten. Die feinen Zeichnungen, •welche auf dieser Bacillarie sichtbar werden, bestehen aus einem System sehr kurzer, scharf gezeich- neter Striche, welche auf der Gürtelbandseite rechtwinklig zur Projectionslinie der Schalenoberfläche verlaufen und diese auf- fallender Weise durchschneiden , während auf der Schalenseite der äussere Contour der Schale glatt bleibt und von den Striclien nicht ganz erreicht wird. Von der Gürtelbandseite aus betrachtet setzen sich die Striche bis nahe an den gezähnten Rand des Flügels fort; auf der Schalenseite ist ihr Verlauf ein äusserst kurzer. Zwischen den Strichen, nahe dem gezahnten Rande des Flügels, stehen in Gruppen zu je zwei bis vier, kleine, scharf begrenzte rundliche Punkte vertheilt. Um über die wahre Gestalt dieser Zeichnungen, ihre Lage und Bedeutung eine richtige Vorstellung zu gewinnen, ist es durchaus nötliig den Querschnitt der Bacillarie zu construiren. Sitzung vom If). Mai. 1 f)9 Bei der sehr geringen Breite, 0,00(i""'^ im Durchschnitt, ist dies aber eint> reclit .schwierige und bedeid. arenarius L. oder D. superbus L.) darstellen, dessen Wiederaufsuchung wir den Moskauer Botanikern empfehlen. D. contröversus Gand. Fl. Helv. exl. syn. Hoppei (D. Stern- bergii Schleich, nun Hoppe, D. Seguierii 8. controversus^ooXx syn.) 180 Gesellschaft natur/orschender Freunde. dürfte ein Bastard des D. Seguierii mit irgend einer Federnelke sein. Ob die Schi eich er'sche Pflanze identisch mit der von Koch aus Samen des D. Seguierii erzogenen Pflanze (ein Um- stand, der durchaus nicht gegen ihren hybriden Ursprung spricht), bedarf allerdings einer Prüfung auf Grund der Originale. Ein im Berliner Herbar befindliches Schleicher'sches Exemplar, als D. Sternbergii bezeichnet, erinnert kaum an D. Seguierii und gleicht vollkommen dem D. monspessulanus L , bis auf die weni- ger tief getheilten Blumenblätter und etwas kürzeren Kelche. Vielleicht stellt es eine zu dieser Art zurückkehrende Bastard- form dar. Endlich scheint V. v. ßorbäs für seinen in Termeszet 1876, No. 5 beschriebenen D. Levieri vom Monte Cuccioli bei Florenz einen hybriden Ursprung (aus Z>. Balbisii Ser. und D. inodorus Kern.) anzudeuten. Die Durchsicht dieses Verzeichnisses, welches wohl dem- nächst noch ansehnlich vervollständigt werden dürfte, da Prof. V. Kern er dem Vortragenden im Herbst v. J. in seinem Herbar resp. im Innsbrucker Garten eine Anzahl unbeschriebener Hybriden vorzeigte, deren Veröffentlichung bevorsteht, bestätigt die auch in anderen Gattungen häufig gemachte Erfahrung, dass die sexuelle Affinität der einzelnen Arten, d. h. die Geneigtheit, hybride Verbindungen einzugehen, keineswegs mit der taxono- mischen, wie sie sich in der Uebereinstimmung der Merkmale ausspricht, Hand in Hand geht. Von den aufgezählten 12 For- men ist nur eine, No. 10, von zwei sehr nahe unter einander ver- wandten Arten erzeugt worden und bei dieser ist der hybride Ursprung immerhin noch nicht zweifellos festgestellt. Die Hälfte, nämlich die 6 Formen No. 2, 3, 5, 8, 11 und 12 sind von je einer Art der Gruppe der Federnelken (Cryptopteron Doli) mit einer Art der übrigen Gruppen erzeugt und unter den betreffenden Arten scheinen D. harbatus L., die bekannte Bartnelke unserer Gärten, und D. superbus L., die schöne Feder- nelke unserer Wiesen und feuchten Laubwälder, besonders geneigt, Bastarde zu bilden, da jede von ihnen an 3 der aufgeführten Formen betheiligt ist (ausserdem D. deltoides L. an 4, D. Car- ihusianorum L. an 3 — 4, D. alpinus L. und D. monspessulanus an je 2, D. Armeria L. , D. chinensis L., D. Seguierii Sitzung vom 19. Juni. 181 Vill. '), D. inodorus Kern., 1). caryophylloides Rchb. an je 1). Es ist daher weniger auffallend, als es auf den ersten Blick erscheint, dass Bastarde dieser beiden Arten verhältnissmässig nicht zu selten beobachtet worden sind, obwohl sie wenig Gelegenheit finden sich zu begegnen, indem im grössten Theile Mitteleuropas D. barbatus nur in Gärten cultivirt wird, während D. superbus seiner Standortsbedingung nach nicht häufig in der Nähe mensch- licher Wohnungen zu finden ist. Demungeachtet ist dieser Bastard bereits mit Sicherheit von 5 verschiedenen Fundorten in Deutsch- land und Oesterreich bekannt, denen sich mit grosser Wahr- scheinlichkeit ein sechster in Belgien anreiht. 1) Prov. Branden- burg: Auf der grossen Wiese bei der Haltestelle Finkenkrug der Berlin-Hamburger Eisenbahn, südlich von Schlaggraben, fand Herr Oberlehrer Arndt am 17. Juni d. J. das vorgelegte mit zwei Blüthenstengeln versehene Exemplar. 2) Prov. Pommern: Buddenhagen bei Wolgast (H. Zabel, 1. August 1862. Vgl. Archiv Verein der Freunde der Naturgesch. in Mecklenburg, 17. Juni 1863, S. 260, 261). Die vom Finder lebend mitgetheilte Pflanze wurde mehrere Jahre hindurch im hiesigen botanischen Garten cultivirt. 3) Selkethal im Harz (R. Peck nach mündl. Mittheilungen). 4) Freiburg i. Br. am Fusse des Schlossberges (P. Magnus 1866!). 5) Göttweig in Nieder-Oesterreich, im Klostergarten spontan entstanden; von Pater Ludw. Leitgeb 1872 bemerkt und von Prof. Reichardt (a. a. O ) beschrieben. Was das Vorkommen in Belgien betrifft, so ist mit grosser Wahrscheinlichkeit D. Courtoisii Rchb. (Fl.- germ. exe. p. 806, No. 5025, Ic. Fl Germ. VI, tab. CCLV) fig. 5025 hierher zu ziehen, welcher von Courtois an Felsen bei Host en Coudroz im Gebiete der Flora von Spa gefunden, von Lejeune anfangs (Revue de la flore des env. de Spa) für D. asper Willd., eine Form des D. Seguierii Vill., später (Comp. FI. Belg. II, 81) für einen Bastard dieses D. asper mit D. superbus gehalten wurde. Noch später erklärte ihn dieser belgische Florist in Briefen an 1) Rohrbach (Linnaea XXXVI, S. 670) vereinigt, auf die Unter- suchung eines grossen Materials gestützt, nach Fenzl's Vorgange D. Seguierii Vill. mit D. ckinensis L. Ohne die Berechtigung dieser Reduction bestreiten zu wollen, scheint es doch (vgl. oben D. Vukotinoricii) gerechtfertigt, die Bastardformen der verschiedenen Subspecies besonders zu bezeichnen. 182 Gesellschaft naturforschender Freunde. Reichenbach (Fl. excurs. 1. c.) für einen Bastard des Z). bar- hatus und D. superbus, welche Deutung nach der Reichenbach'- schen Figur die grösste Wahrscheinlichkeit hat. Ueber das spätere Schicksal dieser Pflanze, die Lejeune (Comp. 1. c.) ausdrücklich als non spontanea bezeichnet, ist nichts bekannt. Das Berliner Exemplar stimmt mit dem Freiburger so vollständig überein, wie dies bei Bastardpflanzen nur selten beobachtet wird. Beide haben etwa 0,3™ hohe fast einfache Stengel, die an der Spitze eine 5 — 7 blüthige Trugdolde fast sitzender Blüthen tra- gen. Ein oberer Seitenast trägt noch 2 ebenfalls fast sitzende dicht nebeneinander stehende Blüthen. Das Freiburger Exemplar hat nur etwas schlankere Kelche. Die Zabel'sche Pflanze (nach einem im Berliner Garten cultivirten Exemplare) ist weit höher und kräftiger, reich verzweigt (wie bei der Reichenbach'schen Abbil- dung). In der Gestalt und Länge der Kelchschuppen stimmen alle 3 Pflanzen im Wesentlichen überein, ebenso in der Blattform, die wie bei D. barbatus nach oben und unten gleichmässig ver- schmälert ist, indess nur schmal-lanzettlich, nicht fast elliptisch, wie bei dieser Art. Die Blüthenfarbe des Berliner Exemplars war rosenroth, die Blumenblätter am Grunde hellgrau; die Zipfel etwa so lang als das Mittelfeld. Die Blumen verbreiteten einen schwachen Wohlgeruch. In den dem Vortragenden genauer bekannten Fällen wurde diese Bastardform durch Bestäubung der Narbe von D. superbus mit dem Pollen von D. barbatus erzeugt. Bei Berlin, im Harz und bei Wolgast fanden sich die Bastardpflanzen unter D. superbus; bei letzteren beiden Fundorten wurde die An- wesenheit des D. barbatus in benachbarten Gärten constatirt, was in Bezug auf das Berliner Vorkommen noch nachzuholen bleibt. In Göttweig waren die Exemplare aus Aussaat der von D. superbus gesammelten Samen erzogen. Herr Magnus bemerkte, dass die Local Verhältnisse in Freiburg den Ursprung der dortigen Pflanze aus D. barbatus 2 und D. superbus cT wahrscheinlich machten. Die Pflanze sei ihm von Prof. Keller, der sie schon 1865 beobachtete, gezeigt worden; nach dessen Mittheilung habe sich D. barbatus in einigen aus den dortigen Schlossgarten- Anlagen verwilderten Exemplaren in der Nähe befunden, während D. superbus in einiger Entfernung Sitzung vom 10. Juni. 183 steht. Ihm scheine es, als ob das Vorkommen der Mutterpflanze in nur wenigen Exemplaren die Erzeugung von Bastarden begün- stige, da durch diesen Umstand die Vereitelung der hybriden Be- fruchtung durch hinzukommenden eigenen Pollen erschwert werde. Herr v. Martens legte ein Bryozoon vor, das in ähn- licher Weise , wie unter den Schwämmen Suberites domuncula und unter den Hydroid-^oVy^en die Gattung Hydractinia, todte, von Einsied 1er - Krebsen bewohnte Meerschnecken- Schalen überzieht und unkenntlich macht, namentlich auch über die Mündung der Schale hinaus fortwächst. Dieser Ueber- zug erhebt sich von Strecke zu Strecke in frei vorstehende Fortsätze, welche dem Gebilde das Aussehen einer mit langen Stacheln in regelmässiger Spiralreihe versehenen Schnecke geben, obwohl, wie an nur halb überzogenen deutlich zu sehen ist, die Molluskenschale keinen Antheil an diesen Fortsätzen hat. Gefunden wurden diese sehr zierlich aussehenden Gebilde auf der Expedition der „Gazelle" im südatlantischen Ocean nahe der Südspitze von Afrika, unter ?>3^ 59' Südbreite und 17'J 52' Ostlänge (von Greenwich), in der Ausbeute eines Schleppnetz- zuges, der aus einer Tiefe von 50 Faden neben Globigerinen und Naviculen auch zahlreiche kleine Quarzstückchen herauf- brachte; auf den ersten Anblick könnte man auch die vorliegen- den weissen glänzenden Stücke für aus Sandkörnchen zusammen- gesetzt halten, aber eine nähere Betrachtung zeigt sofort die Bryozoen- Natur. Aus demselben Meere, aber nicht derselben Localität, brachte die Expedition der Gazelle auch einen anderen, von einem Anthozoen gebildeten Ueberzug von Schnecken-Schalen mit, die Palythoa cancrisocia, über welche in der Sitzung dieser Gesellschaft vom 15. Februar 1876 schon berichtet worden ist. Herr Wittmack legte einen bei Berlin und vielleicht überhaupt in Deutschland bisher nicht beachteten Rosenpilz vor: Peronospora sjJarsa Berkeley. Derselbe zeigte sich in den Rosentreibereien des Herrn Kunst- und Han- delsgärtners Drawiel zu Lichtenberg bei Berlin seit dem vorigen Jahre und trat im laufenden Jahre bereits so schädlich auf, dass ein grosser Theil der Rosen daran zu Grunde gegangen ist. 184 Gesellschaft naturforschender Freunde. Die von ihm befallenen Blätter sind kenntlich durch die auf ihrer Oberseite auftretenden schwarzbraunen oder schwarz- purpurnen Flecke, welche mit zunehmendem Alter in der Mitte gelbbraun und missfarbig werden — ähnliche Flecke wie nach dem Schwefehi der mit Erysiphe (Sphaerotheca) pannosa Tul. befallenen Blätter, oder nach dem Absterben der Erysiphe über- haupt, auftreten. Meist finden sich die Flecke zu beiden Seiten der Hauptnerven, oft aber auch, besonders wenn ihre Verbrei- tung zunimmt, längs der Seitennerven; stets, oder wenigstens in den meisten Fällen , bleiben die gelben Centren von einander getrennt, während die braune Umgebung derselben in einander verschmilzt. — Diese Flecke sind jedoch nicht der Sitz des Pilzes, sondern nur die Folgen desselben. Der Pilz selber findet sich auf der Unterseite in Form eines zarten grauen Flaums, der sich anfänglich gewöhnlich an dem Hauptnerven des Blattes zeigt und von dort nach den Seitennerven hin sich weiter ver- breitet. Nur einmal fand sich der Pilz auch am Blattstiel. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass der graue Flaum aus einer Unzahl von Conidienträgern einer Peronospora besteht, welche deutlich aus den Spaltöffnungen mit einem ca. 5,G jM dicken Träger hervortreten, der sich oberwärts in eine grosse Anzahl dichotomer Aeste und Zweige theilt. Die Länge der Träger bis zur ersten Gabelung betrug ca. 126 fi. Allem Anscheine nach ist dies die Peronospora sparsa, welche Berke- ley ebenfalls an Topfrosen in Gewächshäusern unter ähnlichen Krankheitserscheinungen auffand und im Gardeners' Chronicle 1862, S. 307 u. 308 beschrieb und abbildete. (Siehe weitere Literatur in Cooke, Handbook of British Fungi 1871, S. 597.) Die Conidien aber wurden bei den hiesigen Exemplaren meist kugelig und zwar mit einem Durchmesser von ca. 17,04 fx gefunden, während Berkeley sie als fast elliptisch (subellipticis) bezeichnet. Da in einzelnen Fällen dergleichen elliptische Conidien auch gefunden wurden, so dürfte die Abweichung nicht wesent- lich sein, zumal der Durchmesser ganz mit dem von Berkeley angegebenen (ytw^ ^^^^ engl.) übereinstimmt. Eine blasenförmige Erweiterung der Conidienträger, wie sie z. B. beim Kartoffelpilz so charakteristisch ist, tritt hier nicht auf, der ganze Fruchtstand zeichnet sich überhaupt durch seine Sitzung vom 19. Juni. 185 steife gerade Haltung und besonders durch die dichotome Ver- zweigung aus. Die letzten Verzweigungen sind an der Spitze oft haarfein, wie man namentlich nach dem Abfallen der Conidien findet, und etwas hakenförmig gebogen. Charakteristisch scheint ferner, dass die Conidien nicht so leicht von ihren Trägern abfallen, wie bei den meisten Peronospora-Arten. Eine Kräuse- lung der Blätter, wie Berkeley sie 1. c. angiebt, wurde nicht beobachtet, dagegen trat als weiteres Erkennungsmerkraal hinzu, dass die befallenen Blättchen oft einzeln von ihren Stielen abfallen. Leider wird sich, da das Mycel wie bei allen Peronospora- Arten im Innern der Blätter wuchert, wenig gegen diesen ver- derblichen Pilz thun lassen. Das Schwefeln kann vielleicht die Conidien tödten, aber nicht, wie bei Erysiphe das Pilzgewebe selbst. Ausserdem dürfte sich empfehlen, wie auch schon Ber- keley vorschlug, das Bespritzen der Rosen mit Wasser zu ver- meiden, um dadurch den Conidien keine Gelegenheit zur Ent- wickelung zu geben. Eine Bildung von Zoosporen in den Coni- dien, wie Berkeley zu vermuthen scheint, findet, soweit Vor- tragender beobachten konnte, nicht statt. Die Conidien treiben vielmehr direct einen Keimschlauch. — Es wäre interessant zu erfahren, ob dieser Pilz schon anderswo in Deutschland beob- achtet ist. Wahrscheinlich ist er bisher übersehen, da er öfter gemeinsam mit Erysiphe auftritt. Die Beschreibung des Pilzes würde in Berücksichtigung der oben erwähnten Abweichungen nunmehr so zu lauten haben: Conidien-Träger zerstreut, meist an den Haupt- und Seiten- nerven sich hinziehend, glatt, steif, letzte Verzweigungen dicho- tom, an der Spitze etwas hakenförmig, aschgrau. Conidien kugelig, seltener kugelig-elliptisch, 0,017™'" Durchmesser. Auf der Unterseite von Rosenblättern, deren Oberseite dadurch braune Flecke erhält. Bisher nur in Gewächshäusern. Herr Wittmack zeigte hierauf verschiedene neue Oel- früchte vor, welche ihm gelegentlich des Besuches der inter- nationalen Gartenbau- und Produkten-Ausstellung in Amsterdam 1877 für das landwirthschaftliche Museum zum Geschenk gemacht waren und die er theilweise auch in gleichen Exemplaren von 186 Gesellschaft natur/orschender Freunde. Herren Cord ua & Co. in Hamburg in Folge der internationalen Mollierei-Ausstellung erhalten hatte. Es sind dies: 1) Samen, die unter dem Namen Be-tree aus Westafrika von der Afrikanischen Handelsvereinigung (Hendrik Muller & Co.) zu Rotterdam, die ihre Factorei in Mayombe (Majumba) hat, in Europa eingeführt wurden. Sie zeigen deutlich die Charaktere einer Lucuma oder Bassial (Sapotaceae), namentlich den so typischen rauhen, fast die ganze Länge des Samens einnehmenden, ziemlich breiten Nabel, sowie die harte, krustenartige, glänzende Samenschale. Die Samen sind länglich, leicht zusammengedrückt, an beiden Enden spitz, etwa 4 — 4^cm j^^g^ ||_2cm breit und 1—1^"" dick. Die Schale ist aussen schmutzig strohgelb bis blass zimmetfarben, innen bräunlich. Ein Eiweiss ist nicht vorhanden; die grossen dicken Cotyledonen liegen flach an einander, sind aussen etwas (nur wenig) runzelig und schwärzlich braun gefärbt, an der Berührungsfläche dagegen sehr glatt, glänzend und dunkelkirsch- roth, im Innern endlich gelblich weiss. Würzelchen am unteren Ende, kurz und dick. Bisher sind zwar keine Z/Mcu?na-Arten aus Afrika bekannt, allein Hook er und Bentham bemerken in ihrer Genera plan- tarum vol. II, pars 2, p. 654, dass wahrscheinlich einige afrika- nische Pflanzen zu dieser Gattung gehören würden, nur kenne man noch nicht ihre Blüthen und Früchte. Die Herren Hen- drik Muller & Co. würden sich daher ein grosses Verdienst um die Wissenschaft erwerben, wenn es ihnen gelänge, die zu den erwähnten Samen gehörigen Blatt- und Blüthenzweige auch zu erhalten. Noch nothwendiger wäre das bei zwei anderen Oelfrüchten 2) ^Niko"' und 3) T^Mabo'^, deren Bestimmung dem Vortragenden noch nicht vollständig gelungen ist. Diese beiden erhielt der- selbe auch von Herren Cordua & Co. in Hamburg, mit dem Bemerken, dass sie aus Liberia stammen. Prof. M. Bernardin in Melle -lez-Gand, dem Vortragen- der auch von diesen Samen übersandte, bemerkt, dass „ße" in der Sprache der Eingebornen gross bedeute; demnach y^be-tree"" grosser Baum. Auch er bestimmte die Samen als den' Sapotaceae verwandt. Sitzung vom i9. Juni. 187 4) ^Mafoureira'^ , erhalten aus Mozambique von der „Han- delscompagnie Mozambique" in Rotterdam, Es sind dies die Samen von Trichilia emetica Vahl (Mafoureira oleifera Bertol.), einer Meliaceae, die nach Oliver, Flora of Tropical Africa I, p. 335 nicht blos in Ost-Afrika und den Nilländern, sondern auch im südlichen Central-Afrika und in Oberguinea vorkommt. Die vorliegenden Samen sind etwa 1^*^'" lang, bis 8™'° dick, länglich, auf dem Rücken hoch gewölbt, auf der Bauchseite flach (weil je 2 Samen in einem Fruchtfache zusammensitzen) und haben in der Gestalt entfernte Aehnlichkeit mit einer Kaffee- bohne. Die Samenschale ist braunschw^arz,. dünn, leicht zerbrech- lich und von einem orangerothen, im frischen Zustande fleiscliigen, scharlachrothen Arillus, der nur den mittleren Theil des Rückens frei lässt, umgeben. Der Embryo liegt lose in der Samenschale, besteht aus 2 grossen , meist ungleichen Cotyledonen, die schief in einer etwas gewundenen Ebene an einander liegen, sich leicht von einander trennen und dann das kleine zwischen ihnen fast am oberen Ende liegende Würzelchen erkennen lassen. Wie Oliver 1. c. nach Kirk mittheilt, sind das Oel und der Talg aus diesen Samen werthvoll und in Menge zu haben. Der Vortragende legte bei dieser Gelegenheit eine sehr empfehlenswerthe kleine Schrift von erwähntem Prof. M. Ber- nard in aus: „L'Afrique centrale. Etüde sur ses produits com- merciaux, Gand 1877" vor, welcher die treffliche Karte über den Standpunkt der Erforschung von Central- und Süd-Afrika bis September 1876 von A. Petermann beigegeben ist. In dieser nur 44 Seiten umfassenden Broschüre findet sich eine höchst dankenswerthe und möglichst vollständige Zusammen- stellung der nutzbaren Fasern, Fette, Oele, Farbstoffe u. s. w. aus dem Thier- und Pflanzenreich; auch interessante geographische und etymologische Notizen. — Bernardin führt in dieser Schrift S. 14 auch Mafoureira auf und fügt als weiteren Vulgärnamen noch Maforia, in Südostafrika, hinzu. Das Oel wird in Europa zur Seifenfabrikation benutzt. — Sehr zu bedauern ist es, dass Oliver in seiner trefflichen Flora des tropischen Afrikas die Vulgärnamen gar nicht aufgeführt hat; es würde dadurch die so mühevolle Bestimmung der Früchte und Samen sehr erleichtert werden. 188 Gesellschaft naturforschender Freunde. 5) Castanhas d^Inhambane aus Mozambique (Koeme oder Kouemi nach Hildebrandt in Zanzibar, Liane le Joliff, auf Mauritius, Ogadioka am Gabon) von Telfairia pedata (Cucurbi- taceae), deren Bau bereits vom Vortragenden in diesen Berichten 1876, S. 74 ausführlicher beschrieben ist. G) Endlich wurden noch Oelfrüchte von den Südsee-Inseln, von Herren Cordua & Co. in Hamburg, vorgelegt. Nach letz- terer Herren Angaben bezeichnen die Seeleute sie mit dem Namen y^Fietau^. Diese erwiesen sich als die Steinfrüchte eines Calo- phjllum, mit grösster Wahrscheinlichkeit Calophyllum Inophylhim, obwohl sie nicht kugelig sind, wie Gärtner in Fruct. et sem. S. 43 sie abbildet, sondern kugelig eiförmig und oben zugespitzt. Der Längendurchmesser beträgt 3^ — 4, der Querdurchmesser 3 — S^'^'^. Zum Theil sind sie noch mit dem eingetrockneten Fruchtfleisch oder mit den weisslichen, zierlich geschlängelten Fasern desselben besetzt, zum Theil aber sind sie davon befreit und zeigen die glatte Schale des Steins. Beim Längsdurchschnitt sieht man, dass diese in den unteren zwei Dritteln durch ein inneres schwammiges Gewebe stark verdickt ist, das nach oben hin immer mehr an Mächtigkeit abnimmt. Durch diese ungleich- seitige Verdickung erhält die Schale etwas Aehnlichkeit mit der mancher Cycadeenfrüchte, z. B. Cycas Thouarsü. Unten, gerade an der dicksten Stelle, findet sich innen eine Vertiefung, in die das Würzelchen hineinpasst. Die Schale ist aussen heller oder dunkler braun, glatt, aber matt, innen dunkelkastanienbraun und schön glänzend. Ein Eiweiss fehlt. Die Cotyledonen sind plan- convex, flach aneinander liegend, schwer zu trennen, sehr dick und etwas ungleich; der grössere geht am unteren Ende unmittel- bar in das dicke, warzenförmige, gekrümmt vortretende Würzel- chen über. An der Berührungsfläche der Cotyledonen findet sich in der Mitte des ganzen Samens eine mehr oder minder grosse Höhlung, wie das auch schon Gärtner 1. c. abbildete. Der Oelgehalt des Samens ist so gross, dass in diese Höhlung öfter Gel in Tropfenform austritt. — Nach dem Catalog der französischen Kolonien 1867 enthält Calophyllum Inophyllum, dessen Früchte von Tahiti ausgestellt waren, 43,87 pCt. Gel, das den Namen Huile de Tamanu führt. Bernardin nennt in seiner Classifi- Sitzung vom 19. Juni. 189 cation de 160 Hiiiles et Graisses vegetales 2 ed., Gand 1874 noch als weitere Vulgärnamen Ati auf Tahiti, Pennacottay oder Poinseedoil in Ostindien, Njamplong und Bientouggoor auf Java. Man benutzt das Gel in Indien zur Beleuchtung; es lässt sich auch zur Seifenfabrikation verwenden. Herr Websky sprach über die bemerkens werthen Vorkommen des Topases am Ural, am Flusse Urulga in Daurien und Villarica in Brasilien, von denen einige bevorzugte Specimen durch das mineralogische Museum in jüngster Zeit erworben worden sind. Er legte den grossen blass himmelblauen Krystall aus der Gegend von Mursinsk zur Ansicht vor, den Alexander von Humboldt auf seiner Reise nach dem Ural und Altai' zum Geschenk erhalten hat, und einen etwas kleineren von berggrüner Farbe, in letzterer Zeit erworben ; ferner den grossen ursprünglich honiggelben, jetzt stark verblassten Krystall von dem Ufer der Urulga, den zweitgrössten , der überhaupt dort gefunden worden ist. Bezüglich der Topase aus Brasilien machte derselbe auf zwei kleine Krystalle aufmerksam, welche an ihrem oberen Ende eine hoch carmoisinrothe Farbe besitzen und zu den grössten Seltenheiten dieser Mineralgattung gehören. Herr Kny sprach über künstliche Verdoppelung des Leitbündel-Kreises im Stamme der Dicotyledonen. Die Forscher, welche sich mit der Entwickelung der durch thierischen Einfluss erzeugten Pflanzengallen beschäftigten, haben die Frage, welche Ursachen diese Bildungsabweichungen unmittelbar hervorrufen, in sehr verschiedenem Sinne beantwortet. Bei den Insecten-Gallen glauben die Einen die abnorme Gewebe- wucherung dadurch erklären zu können , dass mit dem Ei eine saure Flüssigkeit in die Wunde des verletzten Pflanzenorganes eingeführt werde, welche die benachbarten Zellen zu gesteigertem Wachsthum und reichlicheren Theilungen anrege. Andere heben hervor, dass in den von ihnen beobachteten Fällen die Galle erst während der Entwickelung des Eies zur Larve erzeugt werde und mit deren weiterer Ausbildung Schritt halte. Sollte sich diess überall bestätigen, so würden chemische Einflüsse von wesentlich anderer Art in Betracht gezogen werden müssen. 14 190 Gesellschaft naturforschender Freunde. Vortragender ist der Ueberzeugung, dass selbst die sorg- fältigste Untersuchung der Entwickelung von Galle und Gallen- erzeuger für sich allein nicht genügen kann, eine endgiltige Entscheidung herbeizuführen. Nicht nur wirken bei Entstehung einer Galle mechanische und chemische Einflüsse zusammen, welche sich bei der Beobachtung nicht auseinanderhalten lassen ; es ist auch sehr schwierig, die Natur dieser mechanischen und chemischen Einflüsse im Einzelnen genau festzustellen, z. B. die Stoffe sicher zu bestimmen, welche von der Larve ausgeschieden werden und in das umgebende Pflanzengewebe diffundiren. Ein Weg, welcher positivere Ergebnisse verspricht, ist der des Versuches. Seine Form wird sich den in der Natur gegebenen Verhältnissen möglichst eng anzuschliessen haben. Am einfachsten wird es sein, Substanzen, welche mit den in thierischen Organismen erzeugten identisch oder ihnen nächst- verwandt sind, in die Gewebe junger, noch in Entwickelung begriffener Pflanzenorgane einzuführen und ihre Wirkung auf etwaige Neubildungen festzustellen. Vortragender hat einige Versuche dieser Art ausgeführt. Er wählte hierzu sowohl organische Säuren (Ameisensäure, Essigsäure), als thierische Fermente (Speichelferment, frisch bereitete Pepsinlösung) und thierische Gifte (zunächst das- jenige aus den Drüsen der Salamandra maculata) ^). Mit einer zu feiner Spitze ausgezogenen Glasröhre, an deren weiterem Ende ein hohler Kautschuk- Ball luftdicht befestigt war, wurden junge Pflanzentheile angebohrt und ein Flüssigkeitstropfen in sie eingepresst. Es stellte sich dabei aber sehr bald die Nothwendigkeit heraus, zunächst eine Vorfrage zu entscheiden. Die Einführung fremder Substanzen in das Innere eines Pflanzengewebes ist nicht ausführbar ohne mechanische Verletzung. Nach den über die Bildung von Wundgewebe an älteren Inter- nodien bekannten Thatsachen^) war es von vornherein sehr 1) Die letzterwähnten beiden Substanzen wurden ihm von Herrn Pro- fessor O. Liebreich freundlichst zur Verfügung gestellt. *) Stoll, Ueber die Bildung des Kallus bei Stecklingen (ßotan. Zei- tung 1874, p. 737 ff.) und H. de Vries, lieber Wundholz (Flora 1876, p. 2 ff.). Sitzung vom 19: Juni. 191 wahrscheinlich, dass auch an jugendlichen Organen die Ver- wundung für sich allein schon gewisse abnorme Veränderungen hervorrufen werde ^). Die Natur dieser Veränderungen musste zuvörderst festgestellt werden, ehe sich ermessen liess, wie viel bei künstlicher Einführung der oben genannten Substanzen Folge der chemischen Einwirkung, wie viel Folge der mechanischen Verletzung sei. Zum. Ausgangspunkte dienten einige Versuche einfachster Art an jungen Internodien. Dicht unterhalb der Stamm-^ spitze wurde mit dem Scalpell ein durchgehender Längsspalt derart angebracht, dass das Punetum vegetationis unverletzt blieb. Die Sprosse entwickelten sich, falls die Operation zur Zeit lebhaftesten Austreibens vorgenommen wurde, fast immer ungestört weiter; es gelangten oberhalb des geschlitzten Internodiums nor- male Blätter und Seitensprosse zur Entwickelung, die aufstei- gende Wasserströmung und die Bewegung des plastischen Saftes waren nicht unterbrochen und die Ernährung des verwundeten Stammgliedes daher eine möglichst normale. Der Erfolg war bei den untersuchten Pflanzen im Wesent- lichen der gleiche. Ueberall traten in den der Wunde zunächst liegenden Par- ti een des Markes, des Cambiuras und der Rinde lebhafte Thei- lungen besonders durch der Wundfläche parallele Wände ein. Es entstand dadurch ein callusartiges Gewebe, welches sich meist deutlich im Querschnitt gegen die andere Hälfte des Inter- nodiums hin vorwölbte. Nach einiger Zeit wurden die Theilungen besonders lebhaft in einer mehrere Zellschichten unterhalb der Wundfläche liegen- den, Zone. Es constituirte sich hier ein Cambium, das sich beiderseits dem Cambium der normalen Leit- bündel des Internodiums anfügte und von nun ab, gleich diesem, Xylemelemente nach innen undPhloem- elemente nach aussen absonderte. Der durch das Auf- 1) Ausser den Beobachtungen von Geyler und Magnus über Regenera- tion der Stammspitze bei den Sphacelarieen und den bekannten Versuchen von Prantl über Regeneration der Wurzelspitze bei den Phanerogamen liegen, wie es scheint, genauere Angaben über den Einfluss der Verwundung auf jugendliche Organe in der Literatur nicht vor. 14* 192 Gesellschaft naturforschender Freunde. schlitzen des Internodiums getheilte Leitbündelkreis schloss sich auf diese Weise in jeder Hälfte zusammen. ^) Auf einem senk- recht zur Richtung des Spaltes median durch den Stengel geführ- ten Längsschnitte zeigte sich die Wunde allseitig von Leitbündel- gewebe umrahmt. An ihrer freien inneren Seite hatte sich die Wundfläche durch Bildung von Korkgewebe geschützt. Die Pflanzen, an denen es bisher mit Erfolg versucht wor- den ist, den Leitbündelkreis zu verdoppeln, sind: mehrere Arten von Salix, Aristolochia Sipho, Lonicera Caprifolium , Sambucus nigra, mehrere Arten von Syringa, Catalpa syringaefolia, Solanum tuberosum, S. Dulcamara, Ampelopsis quinquefolia, Sedum Fabaria, Acer platanoides, Negundo aceroides, mehrere Hippocastaneen, Impatiens Balsamina, Prunus Padus, Pr. Laurocerasus. Obschon die Zahl der untersuchten Arten noch eine geringe ist, wird man mit Rücksicht darauf, dass die genannten Pflanzen im natürlichen Systeme weit auseinanderstehen, vermuthen dürfen, dass die bei ihnen beobachteten Erscheinungen unter günstigen Verhältnissen bei der Mehrzahl der Dicotyledonen wiederkehren. Ob sich diess bestätigt, werden weitere, bereits eingeleitete Versuche ent- scheiden. Ausser auf Stamm, Blatt und Wurzel der normalen Dicotyledonen sollen sich diese auch auf solche mit abnormem Bau sowie auf Monocotyledonen, Gymnospermen und Leit- bündel - Cryptogamen erstrecken. Es soll dabei weiter geprüft werden, bis zu welcher Grenze die Theilbarkeit des Leitbündel- kreises im normalen Dicotyledonenstamme sich treiben lässt. Das künstlich erzeugte Leitbündelgewebe ist von dem nor- malen in mehrfacher Beziehung verschieden , und schliesst sich den bisher beschriebenen Formen des Wundgewebes im Einzelnen vielfach an. Nähere Mittheilung hierüber behält sich Vortragender für eine ausführlichere, von Zeichnungen begleitete Veröffent- lichung vor. 1) Am nächsten steht diesem Vorgänge das von R. Stell in dem Wundcallus der unteren Schnittfläche eines Steclilings von Hibiscus reginae beobachtete Auftreten einer Cambiumzone, welche nach innen Holz, nach aussen Bast absonderte und sich dem Cambium des verwundeten Internodiums nach aufwärts allseitig anfügte (cf. Botan. Zeitung 1874, p. 767). Sitzung vom 19. Juni. 193 Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Memoires de l'Acad. imper. de St. Petersbourg. T. XXII, No. 11, 12; T. XXIII, No. 2—8; T. XXIV, No. 1—3. Bulletin de l'Acad. imper. de St. Petersbourg, T. XXIII, No. 3. Leopoldina. XIII, 9 — 10. Ferdinandus de Müller, Fragmenta phytographiae Australiae VII— IX und No. 81—86. Ferd. von Müller, Select plants readily eligible for indnstrial culture or naturalisation in Victoria 1876. Ferd. von Müller, Descriptive notes on Papuan plants, I — V. M. J. Plateau, Quelques exemples curieux de discontinuite en analyse. Bruxelles, 1877. Sitzungsberichte der niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, 1876. Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XXI, 4. 1876. Proceedings of the scientific meetings of the zoological society of London for the year 1876. Part 4. Bulletin de la Societe imperiale des naturalistes de Moscou. 1876. No. 4. Annual report of the trustees of the Museum of comparative zoology at Harvard College in Cambridge for 1876. Boston, 1877. Monatsbericht der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. November 1876 bis Februar 1877. Schoedler, Zur Naturgeschichte der Daphniden. Berlin, 1877. J. Beissel, Bericht über die in der Umgebung Aachens gefun- denen Ueberreste der jüngeren Steinzeit. Aachen, 1877. J. Beissel und Siedamgrotzky, Darstellung der geogiiosti- schen Verhältnisse der Städte Aachen und Burtscheid. 1 Karte mit Querprofil und Text. Publication des Königl. Preuss. geodätischen Instituts. Astro- nomisch-geodätische Arbeiten im Jahre 1876. Berlin, 1877. G. C. W. Bohnensieg et W. Burck, Repertorium annuum literaturae botanicae. T. III. Harlemi, 1877. A. W. Schade's Biichdruckerei (h. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Sitz uni>s-ße rieht der üosellscliaft natiirforsclieiider Freunde zu Berlin vom 17. Juli 1877. Director: Herr Hart mann. Der Vorsitzende gedachte des schmerzlichen Verlustes, wel- chen die Gesellschaft durch das kürzlich erfolgte Ableben ihres Ehrenmitgliedes, des Herrn Professor G. A. Er man, erlitten hat und forderte die Anwesenden auf, sich zu Ehren des Verstorbenen von ihren Sitzen zu erheben. Herr v. Märten s machte eine Mittheilung über die Conchylien, welche Prof. Gustav Fi-itsch während seiner Reise nach Persien 1874 — 75 gesammelt und dem Vortragenden zur Untersuchung und zur Auswahl für das Kgl. Zoologische Museum übergeben hat. Dieselben vertheilen sich folgendermassen auf die einzelnen Fundorte : A. Land- und Süsswasser - Conchylien. 1 . K r y m , am M a 1 ak o f f - Hügel bei Sebastopol : Helix Krynickii Andr. und Bulimiyius Tauricus Lang, beide zahlreich und beide Gattungen angehörig, welche in Südeuropa am reich- sten entwickelt, aber auch noch in Mitteldeutschland vertreten sind, die erstgenannte sogar recht ähnlich unserer H. obvia aus den Umgebungen von Berlin und Potsdam. 2. Südküste des kaspischen Meeres : Helix atrolabiata Kryn. var. Hyrcana Dohrn, verwandt mit unserer H. nemoralis^ 15 196 Gesellschaft naturfnrscliender Freunde. bei Roscht; Helix lucorum Müll. l)ei Damaldscheli, in ziemlich flach gedrückter Form, ähnlich der var. Euphratica (v. Martens, vorderasiatische Conchylien, Taf. 4, Fig. 22). Paludina fasciata Müll, einzeln an der Meeresküste bei Enzeli ausgeworfen. 3. Bei Sin sin in Persien: Melania tuberculata Müll, be- kanntlich in Indien, Vorderasien und Nordafrika weit verbreitet, und Limnaea ovata Drap., mit europäischen Exemplaren über- einstimmend. 4. K 1 e i n a s i e n , bei S m y r n a : Hyalina Draparnaldi Beck und hf/datina Rossm., letztere auffallend gross, bis 7 Mill. im Durchmesser. Zonites Smyrnensis Rotli. Helix Cartusiana Müll, in verschiedener Grösse, die kleinsten schon mit einer Lippe am Mündungsrand versehenen 7^ Mill. im Durchmesser und Aij Windungen zählend. H. variabiUs Drap., profuga A. Schmidt {striata Drap.), pyramidata Drap, in einer etwas eigenthümlichen, der H. Hijyponensis Mor. nahe kommenden Form, auffällig rippen- streifig, //. Davidi Bourgnignat (moll. nouv. litig. pl. 10, fig. 8 — 10) und H. acuta Müll. //. cincta Müll, zahlreich, zwischen der auf- geblasen kugeligen Form und der mehr konischen in verschie- denen Stufen wechselnd, daher die Ausmessungen von vier Exemplaren hier angeführt werden mögen : 1) Durchmesser 41, Höhe 44, Mündungshöhe 29 Mill. 2) - 41, - 38, - 30 - 3) - 35, - 40, - 26^ - 4) - 36, - 34, - 26 - Von den Figuren in Ross massier 's Iconographie lassen sich 287a, b und c, sowie 583, nicht aber 584, die einen zu langen Columellarrand zeigt, mit Exemplaren aus Smyrna be- legen; keine dieser unter sich doch recht abweichenden Formen kann daher als geographisch abgetrennte Rasse betrachtet wer- den , woran man bei der ausgedehnten Verbreitung dieser Art, von Oberitalien bis Kurdistan, hätte denken können. H. figulma Parr., dickschalig und nicht besonders klein, an melanostoma Drap. erinnernd, aber mit weisser Mündungswand. Buliminus zehra Olivier, jmpa Brug. und tricuspidatus Küster (neue Ausgabe von Chemnitz, Gattung Pupa, Taf. 8, Fig. 5, 6) = Levaillantianus Bourg. , von dem mittel- und südeuropäischen B. tridens durch einen neu hinzutretenden Zahn am Unterrand und die sehr starke Sitzunfj vom 17. Juli. 197 Ausbildung des Parietalzahns verschieden. Stenogyra decoUata L. Pupa Orientalis Mouss. Diese Landschnecken, von denen einige auch schon von friilieren Reisenden, wie Prof. Fleischer, Roth und Dr. Bellardi, bei Smyrna gefunden worden sind, zeigen durchaus das Gepräge der gemeinschaftlichen Fauna der Mittelmeerländer, manche Arten, alle Gattungen und Untergat- tungen finden sich in Südeuropa und Nordafrika wieder. B. Meer - Conchylien. 1. Aus dem schwarzen Meer bei Sudschuk-Kale, etwas südlich von Anapa, am Südabhang des Kaukasus: Hydrobia stagnalis L. (muriatica Lam.). Bissoa splendida Eichw. Cerithium ferrugineum Brug. Triforis jJerveisa L. Phasianella pulla L. mit schief liniirter Zeichnung, wie bei englischen Exemplaren (Ph. jmlchella Philippi). Cardium edule L., Taj)es floridus Lam. und Syndosmya ovata Phil, sehr zahlreich. Bei Batum dieselbe Syn- dosmya und mittelgrosse Stücke von Mytilus edulis L. Abgesehen von der Phasianella, die sich auch nur in einzelnen Stücken unter den zahlreichen anderen vorfand, ist dieses die Molluskenfauna ruhigeren Wassers und weicheren , schlick- und lagunenartigen Grundes. Sudschuk-Kale liegt in der That auch am Eingang einer tief landeinwärts sich erstreckenden Bucht, in deren In- nerem bei Nowo-Rossisk Prof. Hausknecht vor wenigen Jahren nahezu dieselben Arten gefunden hat. Neu für die Ostküste und überhaupt erst einmal zuvor im schwarzen Meer gefunden ist Tnforis perversa. 2. Aus dem k aspischen Meer bei Enzeli: Cardium edule, C. {Didacna) trigonoides Pall., Adacna laeviuscula und vitrea Eichwald, letztere lebhaft rosenroth. Wenn wir noch Monodacna Caspia Eichw. einschalten, so haben wir hier die dem kaspischen Meer ganz eigenthümliche Reihe zugleich an Schlosszähnen und Schalendicke abnehmender Cardien mit mehr und mehr sich ausbildender Mantelbucht; eine einigermassen analoge, aber geographisch nicht so begrenzte Reihe bildet C. oblonguni und laevigatum (non L.) des Mittelmeers, Norvegicum Spengl. und Grönlandicum Chemn., letzteres zahnlos, aber alle ohne Mantelbucht, wie die übrigen Cardien. 3. Aus dem östlichen Mittel meer bei Smyrna: Conus 198 GeseJhchaft naturforachender Freunde. Mediterraneus Ilwass, Murex brandaris L., trunculus L., cristatus Brocchi, Edwardsi Tayr. , Ftisus Syracusanus L., Nassa reticu- lata L., neritea L., Pisania striata Onipl. {Buccinum maculomm Brug.), Columbella rustica L., Ceritkium vulgaium Briig. , Natica Josej)hiniana Risso (o//a Serres), Trochus articulatus Lam. {Dra- j^arnaudi Payr.), albidus Gmel. (Biasolettri Thil.), ardens Salis (Fennoni Payr.), divaricatus L. und Adansoni Payr., Bulla striata Gmel., Pecten sulcatus Born, und varius L., Lima ventricosa Sow., Area Noae L., Mytilus edulis L., Cardiwm edule L., Venus ver- rucosa L. , Tapes decussatus L. und floridus Lam. (laetus Poli), Mactra inflata Bronn, und triangula Renier, Tellina friKjilis L., Psammobia vespertina Lam. Es ist das die regelrechte Mittel- raeer-Fauna, wie wir sie auch z. B. bei Neapel finden, mit einigen für das obere adriatische Meer besonders charakteristischen Ein- zelheiten (^Trochus albidus); die wenigen dem Südrand des Mittel- meers eigenthümlichen Meerconchylien sind hier noch nicht vor- handen. Herr Ascherson bemerkt hierzu, dass auch im Vorkommen der Meerphanerogamen die Küste Kleinasiens mit der europäi- schen Seite des Mittelmeers übereinstimme, die nordafrikanische dagegen durch den Mangel einer an der europäischen Seite nicht seltenen Art einen gewissen Gegensatz bekunde. Er wirft ferner die Frage auf, wie sich die Faunen des schwarzen und des kaspischen Meeres unter sich und zu derjenigen des Mittelmeers verhalten. Herr v. Martens erwidert darauf, dass betreffs der Meer- Conchylien die Südseite und zwar speciell der südwestliche Winkel mit der Umgebung der Strasse von Gibraltar einige recht auffällige Arten und selbst Gattungen (Siphonaria, Cymbiuni) vor den nördlichen und östlichen Seiten des Mittelmeeres voraus habe. Die Fauna des schwarzen Meeres ist im Allgemeinen diejenige des Mittelmeeres, aber mehr oder weniger verarmt, am wenigsten an der Südküste der Krym, wo die Felsenküste eine reichere Entfaltung des Thierlebens begünstigt; besonders ähnlich ist seine Fauna daher auch derjenigen des oberen adriatischen Meeres, wo ja ähnliche physicalische Verhältnisse eingreifen, Sitzung vom 17. Juli. 199 geschlossenes Ende nach der einen Seite und nur schmale Ver- bindung mit dem grösseren Becken nach der anderen , massen- hafter Zufluss süssen Wassers und grosse Strecken schlammigen Grundes; in der That spielen die Conchylien, welche die venetia- nischen Lagunen zahlreich bewohnen, auch im schwarzen Meer eine grosse Rolle, so Pecten glaber und sidcatus, Nassa reticulata und 7ieritea, Cerithium ferrugineum, Venus gallina u. s. w. Eigen- thümliche Conchylienarten hat das schwarze Meer kaum eine oder zwei und auch diese weichen nur unbedeutend von den nächst- verwandten des Mittelraeeres ab (abgesehen von einer noch zu erwähnenden Ausnahme); dagegen fehlen dem schwarzen Meere viele für das Mittelmeer charakteristische Formen, so ist es z. B. sehr arm an Cephalopoden, was schon Aristoteles betont hat. Etwas günstiger gestaltet sich das Verhältniss bei den Fischen, wo die den Wechsel zwischen Salz- und Süsswasser vertragenden oder gar liebenden, d. h. die des Brackwassers und die in die Flüsse einwandernden, besonders reich vertreten sind, so namentlich Acipenser, Gobius und auch die Pleuronectiden. Doch hat auch hier die neuere Zeit eine Anzahl von Arten, welche als eigenthümlich für das schwarze Meer aufgestellt waren, als identisch mit bekannten Mittelmeerarten nachgewiesen , wie auch bei den Conchylien. Das kaspische Meer hat dagegen nur die wenigen Arten mit dem schwarzen Meer gemeiüschaftlich, welche überhaupt gegen Schwankungen der Temperatur und des Salzgehaltes sehr wenig empfindlich , nach dem Ausdruck von Prof. Moebius, eurytherm und euryhal in hohem Grade, charakteristische Glieder der Brackwasserfauna Europa's und darüber hinaus bilden , so namentlich Hydrobia stagnalis und Cardium edule. Daneben besitzt aber das kaspische Meer eine Anzahl eigener Arten und selbst Gattungen, unter denen nament- lich die schon oben erwähnte Reihe von Cardium bis Adacna hervortritt; vereinzelte Glieder dieser Reihe werden auch vom schwarzen Meer angegeben, aber es ist noch nicht ausgemacht, ob sie dort noch leben oder nur subfossil vorkommen. Unter den Fischen spielen auch hier Acipenser und Gobius die Haupt- rolle, wir finden aber auch einige andere eigene Arten aus Gattungen, die sowohl im schwarzen und Mittelmeere, als in an- deren, nördlicheren und südlicheren, vorkommen, z. B. Sygnathus, 200 Gesellschaft naturforschender Freunde. Clupea; diese lassen einen ehemaligen Zusammenhang durch das schwarze mit dem Mittelmeer nicht unwahrscheinlich erscheinen, beweisen ihn aber noch nicht. Dagegen liegt ein entschiedener Hinweis nach Norden in dem kaspischen Seehund, der zu der sonst rein nordischen Gattung Phoca im engeren Sinne gehört, während der Seehund des Mittelmeeres, Pelagius monachus, wesentlich davon abweicht. Aus den niedrigeren Thierklassen sind in neuester Zeit durch O. Grimm eine unerwartete Anzahl im kaspischen Meer entdeckt worden, Würmer, Spongien, Wimper- Infusorien und Rhizopoden, meist neue Arten weiter verbreiteter Gattungen, die nicht nach einer bestimmten Seite hin den Aus- schlag geben. Endlich finden wir noch ziemlich viele Süss- Wasser -Formen im kaspischen Meer, z. B. DreisseJia, Neritina, unter den Krebsen Astacus, unter den Fischen Cyprinoiden. Der Aralsee verhält sich ähnlich wie das kaspische Meer, nur ist er überhaupt ärmer. Wir dürfen wohl das schwarze Meer in seinem Verhältniss zum Mittelmeer der westlichen Hälfte der Ostsee in ihrem Ver- hältniss zur Nordsee gleichstellen , auch hier eine verarmte Nordseefauna, stellenweise aber, z. B. in Kiel, noch ziemlich reich , das kaspische Meer dagegen der östlichen Hälfte der Ostsee, wo die Uebereinstimmung mit der Nordsee sich auf wenige weitverbreitete Schlamm- und Brackwasser-Bewohner be- schränkt (Mytilus edulis, Cardium edule, TelUna baliica, Mya arenaria., Hydrobia), dagegen die Süsswasserformen das Ueber- gewicht gewinnen und daneben noch Reste einer älteren Fauna, hier derjenigen des Eismeeies, fortbestehen (Cottus quadricor7iis, Idotea eiitomon). Herr Bey rieh fügt hinzu, dass schon in der jüngeren Ter- tiärzeit ein aralokaspisches Becken durch seine Fauna sich gegen Süd- und Mittel -Europa abgränzt, dasselbe aber eine weitere Ausdehnung hatte, so dass das jetzige kaspische Meer und der Aralsee nur als dahinschwindende Reste desselben zu betrach- ten sind. Sitzung vom 17. Juli. 201 Herr F ritsch giebt einige geographische Erläuterungen be- treffs der Fundorte und bemerkt, dass gerade in Persien selbst, das conchyliologisch noch am wenigsten erforscht ist, sowohl die Beschaffenheit des Terrains, als namentlich die Art des Reisens selbst (zu Pferde) und die von den näheren Zwecken der Reise ganz in Anspruch genommene Thätigkeit dem Sammeln hinder- lich entgegentraten; als besonders günstig für Landschnecken empfiehlt er den Nordabhang gegen das kaspische Meer zu. Auch Smyrna's Reichthum an Landschnecken, Individuen sowohl als Arten, hängt wohl damit zusammen, dass hier die Küste bedeutend ansteigt und daher die Seewinde auffangend sich an- dauernd feucht erhält. Herr Schacko machte Mittheilung über die systema- tische Stellung der Krainer Grottenschnecken, in Folge einer Untersuchung des Gebisses, besonders in Bezug auf die Radula. Das Material war demselben vom hiesigen Zoologischen Museum bereitwilligst für die Untersuchung zur Verfügung gestellt worden. Anatomische Untersuchungen anderer Art konnten, da die Gehäuse nur die eingetrockneten Reste der Thiere enthielten, nicht vorgenommen werden. Die folgenden 4 Species wurden untersucht : Carychium obesum Frauenf. et Schmidt aus der Grotte Obergurk. Carychium lautiim Frauenf., Grotte Mlinca. Carychium Schmidtii Frauenf., Grotte bei Goertschach. Carychium Frauenfeldii Freyer, Grotte bei Obergurk. Sämmtliche 4 Species zeigten entschieden bei der Unter- suchung der Radula, dass sie zur Familie der Auriculaceen ge- stellt werden müssen, und nicht zu den Heliceen., wie man in letzter Zeit allgemein angenommen. Man stellte sie in die Nähe von Papa. Nach früheren Untersuchungen des Vortragenden zeichnet sich die Radula der Auriculaceen dadurch aus, dass alle Zahn- platten parallel zur Medianlinie stehen, jede einzelne Zahnplatle erscheint jedoch mehr oder weniger winklig, indem Haken und Hals in bestimmtem Winkel von der Medianlinie sich entfernen, während ihre Basalplatten sich wiederum derselben nähern. Das Aussehen der ganzen Radula erscheint daher wellig. 202 Gesellschaft naturforschender Freunde. In der Radula der Heliceen stehen alle Zahnplatten parallel zur Medianlinie, jede einzelne Platte bildet hier ein Rechteck, daher die ganze Radula gegittert erscheint. Auch zeigen die äussersten Seitenplatten an ihren Haken eine bedeutende Neigung zur Wucherung. Rossmaessler, der diese Höhlen-Schnecken 1835 zuerst entdeckte, stellte dieselben zur Gattung Carychium, deren typische Art, C. minimum Müller, bei uns an feuchten Stellen auf dem Lande lebt. Andere Forscher wie Frauenfeld, Hauffen, F. Schmidt und Frey er fügten weitere Arten hinzu. Eine derselben C. lautum, hat Frauen feld 1854 lebend beobachtet, und nur 2 Fühler gesehen. (Verhandl. zool. bot. Verein 1854, pag. 64.) üllepitsch giebt an, 1860 in einem Briefe an L. Pfeiffer (Mal. Blätter VHI, pag. 2) 4 Fühler deutlich gesehen zu haben, nennt jedoch nicht den Namen der beobachteten Art. Bour- guignat, der selbst keine Beobachtung hierüber gemacht, creirte 1856 auf die eigenthümliche Form der Gehäuse und sonstige Lebensweise des Thieres, ein neues Genus ZosjJe^im, und stellte diese Schnecken neben Pupa und Vertigo. Die gegenwärtige Untersuchung der Radula zeigt nun, dass die 4 oben erwähnten Carychien der Radula nach bestimmt zu den Auriculaceen gestellt werden müssen. Was die Beobachtung von Üllepitsch betrifft, so kann man daran denken, ob viel- leicht unter den übrigen Arten, welche man bisher zu dieser Gattung gerechnet hat, sich etwa eine richtige Pupa verbirgt, aber es ist wenig wahrscheinlich, da sämmtliche Zospeum-krien in Form des Gehäuses ähnliche Verhältnisse zeigen. Die 4 bis jetzt auf die Radula untersuchten Carychien würden sich zu den Land- und Meer -Auriculaceen in folgender Weise stellen. Carychium Frauenfeldii und Carychium lautum Frf. stellen sich in Form und Stellung der Zahnplatten ganz in die Nähe von Carychium minimum Müll., indem die einzelnen Platten etwas von einander entfernt stehen. Carychium obesum Frauenf. et Schmidt und Carychium Schmidtii Frauenf. stellen sich der dicht an einander gedrängten Sitzung vom 17. Juli. 203 Platten wegen in die Nähe von Pedipes afer von Madeira, einer kleinen Meer- Auriculacee, welche an Felsen lebt, die von der Fliith bespült werden. Die Radula von Cari/chium obesum zeigte 89 Längsreihen lind 87 Querreihen. Die Länge der Radula beträgt 0,5'"'", ilire Breite 0,12'""\ Die Radula von Carychium Schmidtii zeigte 74 Querreihen und 82 Längsreihen. Vier Präparate enthaltend die Radula der untersuchten vier Species Carychium wurden der Versammlung zur Ansicht vorgelegt. Herr Reichert, welcher persönlich bei der Sitzung nicht zugegen sein konnte, hatte Herrn Hart mann ersucht, einige Präparate von Giraffen hörnern der Gesellschaft vorzu- legen und über die Ergebnisse seiner Untersuchungen an diesen sowie in Betreff der Hörnerbil düngen am Schädel der Säugethiere im Allgemeinen Bericht zu er- statten. Unter den Präparaten befindet sich ein durch den Museumsdiener Wickersheimer angefertigtes, 3'"™ dickes, sa- gittales Knochensegment vom Hörn einer weiblichen Giraflfe, welche im hiesigen zoologischen Garten gefallen war. Der um die Förderung zootomischer Zwecke so sehr verdiente Director des zoologischen Gartens, Herr Dr. Bodinus, hatte das Thier unmittelbar nach dem Tode dem anatomischen Museum zur Untersuchung überwiesen ; und so war es möglich, das bezeichnete Segment zugleich mit der Haut zu durchsägen und auf diese Weise ein sehr werth volles Präparat für die vergleichende Ana- tomie und für die Königliche Sammlung herzustellen. Die (iiraflfe war noch nicht völlig ausgewachsen, Epiphysen am Skelett noch vorhanden, aber sie hatte nahezu die Höhe erwachsener Thiere erreicht. Das Hörn hatte an seinem Spitzen- abschnitte noch nicht die schlanke Form der Hörner älterer Individuen; es vertritt aber dennoch eine Uebergangsform, inso- fern als der basilare Abschnitt, welcher die protuberantia corni- gera aufnimmt, bereits die starke Aushöhlung und Erweiterung alter Thiere zeigt. Hiermit in Uebereinstimmung findet sich die Ausbildung der sinus frontales in den j)rotuberantiae cornigerae. 204 Gesellschaft naturforschender Freunde. obgleich die Höhle mehrfach durch dünne Knochenlaniellen ab- gekammert ist, welche bei alten Individuen zum Theil resorbirt werden. Die Länge des Hornknochens vom Scheitelpunkt der con- caven basilaren Endfläche bis zur Spitze beträgt O*^™. Zum Ver- gleich konnten die Maasse vom Schädel eines völlig ausgewach- senen Thieres und vom Schädel einer fünfjährigen Giraffe heran- gezogen werden; bei der letzteren sieht man in den protuberantiae cornigerae keine sinus fontales. Der Hornknochen konnte zugleich mit seiner, die concave basilare Basis auskleidenden faserknorp- ligen Endscheibe ohne Schwierigkeit von der protuberantia ab- gehoben werden. Bei der letzteren hat der freie über die pro- tuberantia sich erhebende Theil des Hornes eine Länge von 0,4'^^™; bei der alten Giraffe, deren Hörn grösstentheils mit der Hirnschale verwachsen ist, 5,iS'""'. Ueber das Geschlecht der Thiere, zu welchem die beiden letzten Schädel gehören, findet sich in dem Kataloge keine nähere Angabe. Darf man an- nehmen, dass das Geschlecht keinen wesentlichen Unterschied in der Länge der Hörner — am wenigsten wohl zu Gunsten des weiblichen — darbietet, so ergiebt der Vergleich, dass der frei sich erhebende Theil des Giraffenhornes von Jugend auf einer allmählichen Verlängerung unterliegt. Der Germinationspunkt liegt, wie genauere Untersuchungen lehren, an der Spitze. Bei erwachsenen und alten Thieren dagegen tritt eine Verkürzung, auch sogar eine Verdünnung der Hörner ein, — durch Re- sorption an der Mantelfläche und an der Basis des Horns, ent- sprechend der sich vergrössernden protuberantia cornigera mit den sinus fontales der Schädeldecken. An der Spitze des Horns findet keine Abnutzung statt, wie die stets wohl erhaltene Haut mit den Haarbüscheln es lehrt. An dem vorgelegten Präparat konnte man sich ferner über- zeugen, dass der Knochen des Giraft'enhorns mit di^v protube- rantia cornigera noch nicht verwachsen ist; eine dünne, binde- gewebige Schicht mit Gefässen, an welcher die vereinigten Bein- häute der beiden sich berührenden Knochen anzunehmen sind, ist ganz deutlich zwischen ihnen zu verfolgen. Vielleicht tritt die Verkümmerung des Hirnknochens erst nach Vereinigung mit diCv protuberantia cornigera ein. Diese Vereinigung erfolgt übrigens Sitzung vorn 17. Juli. 205 wie es scheint niemals vollständig, da am Rande der concaven basilaren Endfläche stets Lamellen sichtbar bleiben, welche das Stirnbein locker bedecken. Durch die anatomische Untersuchung hat sich nachweisen lassen, dass der Knochen des Giraffenhorns nicht ein Fortsatz des Stirnbeins, sondern ein Harfgebilde der Haut ist, welches über der Kranznaht an der durch Stirn- und Scheitelbein gebildeten protuberantia cornigera ihre Befestigung an der Hirnschale besitzt. Dass auch am Gesicht, an der durch die Form und Grösse der protuberantia cornigera fast gleichenden eminentia nasalis, eine Hauthorn sich bildet, ist nicht mit Sicher- heit festgestellt. Hiernach ist auch die systematisch-anatomische Eintheilung der an der Decke des Hirn- und Gesichtsschädels vorkommenden Hörner auszuführen. Zu unterscheiden sind: 1) Hörner des Hautsystems unter Betheiligung der Epidermis und des Stratum papilläre des Corium ohne knöcherne Grund- lage. — Hörner der Rhinocerotiden; 2) Giraffenhörner oder durch Hautknochen gestützte Hörner, an welchen die oberflächliche normale Haare tragenden Schichten der Haut als üeberzug sich erhalten ; .3) Hörner, deren knöcherne Stütze durch einen vor der Kranz- naht von dem Stirnbein ausgewachsenen Fortsatz — Stirn- zapfen — gebildet wird und zwar a. Geweihe, b. Hohl- Hörner. Herr Hartman n machte ferner einige Mittheilungen über die Tsetse-Fliege. Auf seine Bitte hatte der verstorbene Reisende Eduard Mohr ihm eine Anzahl Exemplare der echten Glossina morsitans mitgebracht und zur Bearbeitung übergeben. Dieselben waren von den Leuten Mo hr's in der Nachbarschaft des Mösi watunja oder des Victoria-Falls des Zambezi angeblich mit der Hand gefangen und in einem hohlen, mit Wachs verstrichenen Knochenstück vortrefflich conservirt worden. Sie zeigten sich bei der Herausnahme zwar getrocknet, aber noch biegsam. Vor- tragender fand nun unter den Glossinen des hiesigen Königl. entomologischen Museums zwei von der Deutschen Loango-Ex- pedition gesammelte, ebenfalls als Glossinen bestimmte Dipteren. Es zeigten sich dann unter den von Herrn Falkenstein ein- 20fi Gesellschaft naturfor sehender Freunde. gesandten Loango- Insecten noch fernere zwei in Alkohol auf- bewahrte Fliegen, welche durchaus die charakteristischen Merk- male der echte Tsetse (Glossina morsitans) darboten. Bei einer Vergleichung mit dem Zambezi- Exemplar ergab sich nur eine geringe Grössendiiferenz, Während z. B. das aus erstgenannter Gegend stammende Thier eine Körperlänge von 9, eine Fliigel- länge von 10™'° besass, hatte die Loango -Tsetse eine Körper- länge von 10, eine Flügellänge von 11'""'. Während ferner bei jener die Bindezeichnung des Hinterleibes nicht so sehr dunkel und doch dabei scharf von einander gesondert sich zeigte, er- wiesen sich dagegen diese Züge an den letzteren als dunkler und verschwommener. Uebrigens waren bei Beiden der Rüsselbau sowie die doppelt gefiederten Fühlerborsten (der Glossinen) über- einstimmend. Vortragender suchte dies an farbig ausgeführten, bei 100 maliger Vergrösserung aufgenommenen Kopfzeichnungen der Zambezi- und Loango -Tsetse zu demonstriren. Nach den Mittheilungen Herrn Falkenstei n's scheint die Tsetse an der Loango-Küste unschädlich zu sein. Dort ist kein einziger Fall vom Tode eines Hausthieres bekannt geworden, welcher durch Fliegenstiche verursacht worden wäre. Wohl aber sieht man dort Ochsen u. s. w. an sehr wohl diagnosticirbaren anderen Krankheiten zu Grunde gehen. Es stimmt dies mit den vom Vortragenden (Reise des Freiherrn v. Barnim in Nord-, Ost- Afrika n. s. w., Anhang XLI.) zuerst dargelegten Ansichten über die wenn nicht gänzliche Unschädlichkeit, so doch nur ge- ringe Schädlichkeit der unter dem Namen Surrita (Sorreta, Surreta , Serott u. s. w.) bekannten Dipteren , wie die der Tsetse's überhaupt überein. Der Reisende E. Marno hat sich später darüber in ganz ähnlicher Weise geäussert (Reisen im Gebiete des blauen und weissen Nil, Wien 1874, S. 283.) Herr Hartmann sprach dann den Vorbehalt aus, in einer der Herbstsitzungen noch weitere Mittheilungen über diesen Gegen- stand machen zu wollen. Flerr Hartmann ^) besprach ferner einige ihm von Herrn Buchhändler Ernst jun. hierselbt geschenkte, gegen - ') Dieser Vortrag wurde bereits in der Sitzuug vom 19. .Juni gehalten, das Maiiuscript der Redaction aber verspätet eingesandt. Sitzung vom 17. Juli. '207 wältig im a nato mischen Museum zu Berlin be Fi n d liehe Exemplare der Lacerta muralis coerulea Eimer. Sie stammen von dem äussersten der an der Südostküste Capri's gelegenen Faraglioni- Felsen. Es sind H ,^ und 2 2, erstere durchsclinittlich von 210 und 200, letztere von 170'""' Länge. Bei ihrer ursprünglichen Einlieferung zeigten sie noch eine ausser- ordentliche Farbenfrische, in welchem Zustande die drei vom Vortragenden in der Sitzung vorgezeigten Aquarellbilder der Thiere (2(5^, 1$) angefertigt wurden. Die Hauptfarbe war ein schönes, dunkles Grünlichblau oben, ein helleres Grünlichbläulich unten. Unbestimmte, bald zu Augen isolirte, bald zu Binden ineinanderfliessende, dunklere und hellere Flecke zierten Rücken und Seiten. Nur ein $ zeigte sich mehr einfarbig und Hess äusserst undeutliche Flecken erkennen. Der Schwanz war oben bräunlichgrün. Auf seiner Unterseite und an der Spitze färbte er sich in einer Weise gelb, welche Vortragender bildlich nur durch die Farbe Cadmium wiederzugeben verstand. Ebenso waren die Schilder der Schenkeldrüsen der (^ und die Sohlen beider Geschlechter gefärbt. Leider hat die Intensität des Co- lorites seit dem erfolgten unvermeidlichen Umsetzen in Alkohol von verschiedener procentischer Zusammensetzung wesentlich abgenommen. (Der neuzugesetzte Alkohol hatte sich binnen kaum drei Monaten lauchgrün gefärbt.) Vortragender berührte hierauf die bekannten von Th. Eimer vertretenen Ansichten hinsichtlich der Entstehung und Erhaltung jener Art oder vielmehr Abart der gemeinen neapolitanisch- capresischen Mauereidechse auf dem isolirten Faraglione durch natürliche Zuchtwahl, ferner die beistimmenden Ausfüh- rungen Leydig's (Archiv f. mikroskopische Anatomie, Bd. XII, S. 73 ff.), die entgegenstehenden Bedriaga's (Die Faraglione- Eidechse und die Entstehung der Farben bei den Eidechsen. Heidelberg, 1876). Letzterer Forscher führt noch Localitäten in den Balearen, bei Malta und auf den Cykladen an , welche der „blauen Ma uereidechse " zum Aufenthalte dienen sollen. Vor- tragender bemerkte übrigens schon 1857 recht dunkel-bläulich und bräunlich -grün gefärbte Individuen der Mauereidechse in Schluchten der Dolomit-Felsen um den Toblino-See und hinter Vulpian. An diesen Localitäten war von den durch Eimer für 208 Geselhchaft naturforschender Frermde. seine Lacerta muralis coeridea in Anspruch genommenen Lebens- bedingungen keine Rede. Vorfragender, welcher übrigens die Anpassung an die Bodenverhältnisse principiell nicht hinweg- h'lugnet, bemerkt beihuitig, dass nicht alle wiistenbewohnenden Reptilien die Farbe ihres Aufenthaltes, des Sandes, zeigen (cf. Eimer a. a. O., S. o9, Bedriaga, S. Iß). So z. B. machon die zierlich gefleckten und angenehm schillernden Gongylen und Skinke davon eine Ausnahme. Vortragender sprach ferner über den Bau der Ascidia mentula (O. F. Müller i. d. Zoologia Danica, Tab. 89). Dies Thier ist bei Gäsö im Bohuslän-Skärgärd auf 15 — 25 Faden Tiefe stellenweise (an Steinen und Tangstielen festgewachsen) nicht selten, und wurde vom Vortragenden im Augustmonate 1876 eingehender untersucht. Es können hier nun aus Mangel an Raum leider nur gewisse Ergeh nisse jener Dissectionen mit- getheilt werden. In der Mantelsubstanz der hiesigen Asc. men- tula hausen Saxicava rugosa, S. arctica und Modiola marmorata, in ihrer Athemhohle aber treiben träge Schmarotzerkrebse z. B. DorojJijgus auritus Tor., ihr Wesen. Der gerunzelte mit sehr zierlichen Concretionen durchsetzte und rundliche, ovale oder sternförmige Zellen zeigende äussere Mantel wird von vielen gröberen und feineren netzförmig anastomosirenden und z. Th. blinde Ausläufer treibenden Kanälen, von Blutgefässen, dui'chzogen. Diese Gefässe lassen unter ihrer äusseren structur- losen Wand eine zierliche Längsfalten darbietende Schicht er- kennen. Diese Falten sind mit varicösen Verbreiterungen ver- sehen. Das Innere der Kanäle, unter denen zwei Hauptäsfe er- kennbar, ist mit sehr zahlreichen geformten Elementen der Blut- flüssigkeit erfüllt, welche rundlich- oder länglich-oval oder stab- förmig erscheinen, und höckerige, intensiv-roth gefärbte Knollen bilden. An der sogenannten Tunica interna finden sich viele Muskelfasern, nämlich Bündel glatter Fibrillen, deren partielle Querrunzelung und örtliche knotige Anschwellung den Anschein einer Querstreifung zu erwecken vermögen. Diese Bündel durch- kreuzen einander geflechtartig, häufen sich aber auch zu sphincter- artigen Ringschicliten an, welche die mit dichotomisch getheilten Tentakeln eingefasste Mund- und Afteröflnung (Aufnahme- und Sitzung oom 17. Juli 209 Ausgabeöffnung) uniziohon und endlich zu strahlig gegen die Anheftungspartie des Thieres divergirenden Fascikeln sich ordnen. Prof. Cam. Heller giebt übrigens ganz richtig an, dass „eine zusammenhängende Muskelschichte nur auf der rechten Seite des Mantels und zwar auf der dem Darnikanal entgegengesetzten Seite, sichtbar werde." (Untersuchungen über die Tunicaten des adriatischen Meeres. Abth. I, p. 4. Separatabdruck aus den Denk- schriften der Wiener Akademie, XXXIV. Band.) Das von jenem Forscher beschriebene Flattenepithel der Innenfläche der Tunica interna lässt sich mühelos beobachten. Die pentagonalen Zellen zeigen deutliche Kerne. Sehr richtig bemerkt C. Heller auch ferner: „An der linken Seite spaltet sich der innere Mantel in zwei Blätter, um die Eingeweide, namentlich Darm, Herz und Geschlechtsorgane aufzunehmen. Hiervon entspricht das äussere Blatt der unmittelbaren Fortsetzung der Tunica interna., das innere Blatt aber dem Epitelüberzuge, und zeigt daher auch allein Papillen und Ausgangspunkte von Verbindungsschläuchen. Letztere wird wohl auch als äussere Laraelle der sogenannten Tunica tertia bezeichnet." Dem Nervensystem des Thieres wurde vorläufig von Seiten des Vortragenden keine Beachtung gezollt. Der Haupttheil der hinter dem kurzen Aufnahmecanal sich befindenden Athemhöhle zeigte unter rechtem Winkel sich kreuzende, ein zierliches Netzwerk bildende, Gefässwülste. In den Maschen dieses Netzwerkes befinden sich länglich - ovale Spalten. Die letzteren sind mit kurzen, lange, lebhaft schwin- gende Wimpern tragende, Flimmerzellen dicht besetzt. Auf den Balken des Netzwerkes erheben sich mit polyedrischen Platten- epithel bekleidete, spitzig endende, breit entspringende, tentakcl- ähnliche Anhänge (Papillen Heller's u. A.). Ringförmige Muskelfasern umziehen die Basen dieser noch mystischen An- hänge und es setzen sich dieselben in die zahlreichen, die Ge- fässwülste begleitenden, gleichfalls ein Netzwerk darstellenden Bündel glatter Muskelfasern des Gerüstes der Athemhöhle fort. Das Thier zieht aber das Athemwasser in die Athemhöhle hinein, namentlich unter Mitwirkung des von den Wimpern der Spalten bewirkten Affluxus. Durch die Spalten wird das Wasser dann wieder nach aussen in die Mantelhöhle getrieben und aus dieser in die Cloake entleert. 210 Gesellschaft ■naturforschnnder Freunde. Das Herz befindet sich nahe der unteren Magensackfläche, hat dünne muskulöse Wandungen und einen zarten, von der Tunica interna gebildeten lockeren Ueberzug (Pericardium der Autoren). Die Structur der aus dem Herzen entspringenden Gefässe ist ganz wie die oben erörterte der Gefässcanäle des äusseren Mantels. Einige anastomosirende Gefässe versorgen auch die Verdauungs- und Geschlechtstheile, namentlich die Ovarial- schläuche. Ueberall, wo nun Blutgefässe sind, zeigt sich auch deren Inhalt, nämlich die zahlreichen schon vorhin erwähnten Elemente des Blutes. Meist sind diese schön roth; jedoch finden sich dazwischen auch einzelne farblose. Der Blutumlauf ist von Heller richtig beschrieben worden (a. o. a. 0.). Der Magen und der gewundene Darm enthalten grosse, wandständige, kuglige, mit einem vollsaftigen Plattenepithel oder einem runde Maschen bildenden, feingranulirten Netzwerk aus- gekleidete Blasen. Im Innern derselben befindet sich je ein bald grösseres, bald kleineres, unregehnässige Massen darstellendes, gelbes Koncrement, welches der zugeleiteten Essigsäure allmäh- lich weicht und an gewisse, traubige Aggregate des kohlen- sauren Kalkes erinnerte, wie letztere im Verdauungssystem der wirbellosen T hier weit nicht so selten auftreten. Der neben dem Darme gelegene Eierstock ist viellappig und wird durch ein System von verästelten Muskelfasern gestützt, an denen man ebenfalls eine Querstreifung der Fibrillen wahr- zunehmen geneigt sein möchte. Die Eier wurden in allen Stadien der Entwicklung beobachtet, von der ersten Anlage der Keime bis zur vollendeten Furchung und der sich einleitenden Embryo- nalbildung. Einige enthielten bewimperte, runde oder längliche, langsam rotirende Embryonen. An wenigen derselben begann sich von der Hauptpartie eine stielartige Nebenpartie zu sondern. Die Zoospermien der lappigen den Darm und Eierstock über- lagernden Hodenabtheilungen hatten einen länglichen Kopf und einen zarten fadenförmigen Schwanz. Sehr merkwürdig erschienen dem Vortragenden zahlreiche in besonderen ovalen oder sphärischen Blasen eingebettete, theils ebenfalls sphärische oder ovale, zweizipflige, auch den Kürbis- flaschen ähnliche oder selbst walzige, dann aber mehrfach ein- geschnürte Körper. Letztere trieben auch Auswüchse von Form Sitzung vom 17. Juli. 211 der Kugelsegmente. Sie waren sämmtlich dunkelbraun und hart- schalig, etwa wie von derber Chitinsubstanz gebildet und mit mattkörnigem, hellem Inhalte versehen. Sie zeigten sich nament- lich reichlich zwischen den Ovariallappen und einzeln sogar im Innern derselben zerstreut, hier zwischen reiferen Eiern. Die sie umgebenden Blasen waren auf ihrer Innenfläche von grösseren und kleineren Bläschen, anscheinend Fetttröpfchen, austapeziert. Vortragender möchte zwar diese räthselhaften Körper für para- sitische Gebilde halten, weiss sie aber doch bis jetzt nirgend wo unterzubringen. In manchen Einzelnheiten des histologischen Details entfernen sich die Ansichten des Vortragenden von denen C. Heller 's. Diese Diiferenzen mögen zum Theil zwar auf einer verschiedenen Auffassung beruhen, zum Theil aber sicher- lich auch sich auf individuelle und sogar klimatische Variation gründen. Denn dass letztere vorkommt, scheint Vortragendem unbestreitbar zu sein. C. Heller z. B. beschreibt die von ihm an den Gestaden der Adria beobachtete Ascidia mentula als „ob- long, nach vorn etwas verschmächtigt, an der Basis aufgewachsen, mit vorderer endständiger AufnahmeöfFnung, die Auswurfsöffnung an dem Dorsalrande gegen die Mitte hingerückt, manchmal warzig vorspringend" u. s. w. Die Färbung wird als grünlich oder gelblichweiss, selten bräunlich, die Aufnahmsöffnung meist als rothgesäumt beschrieben. Die vom Vortragenden auf Gäsö beobachteten Individuen waren nämlich von der allerdenkbar verschiedenartigsten Einzel- gestaltung, zeigten sich in der Tunica externa matt und unbe- stimmt, in der Tunica interna dagegen intensiv roth (mit Stich in bräunlich) gefärbt. Diese auf den vielen, dem Vortrage zur Erläuterung dienenden Aquarellzeichnungen nachgeahmte Färbung konnte erst nach manchen vergebMchen Versuchen durch An- wendung verschiedener Nuancen von Anilinroth annähernd er- zielt werden. Vortragender ver^'ahrt sich übrigens hierbei gegen den Vor- wurf, er habe seine mikroskopischen Zeichnungen der Asc. men- tula in „unnatürlicher Weise schöngefärbt." Vielmehr steht die Intensität der Färbung in den Bildern derjenigen, welche hier die Natur erzeugt, noch weit nach. Es ist letzteres übrigens aus- drücklich im Verlaufe des Vortrages betont worden. 16 212 Gesellschaft naturforschender Freunde. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Leopoldina. XIII, 11 — 12. Verhandlungen der vom 5. bis 10. October 1876 in Brüssel ver- einigten permanenten Commission der europäischen Grad- messung, redigirt v. d. Schriftführern C. Bruhns, A. Hirsch. Berlin, 1877. Mittheilungen aus dem Jahrbuche der Königl. Ungarischen geo- logischen Anstalt. VI. 1. Budapest, 1877. Monatsbericht der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. März und April 1877. Monthly reports of the department of agriculture for the years 1875 and 1876. Washington, 1876, 1877. Report of the commissioner of agriculture for the year 1875. Washington, 1876. Bulletin of the United - States entomological commission. Washington, 1877. Johannes Hanstein, Christian Gottfried Ehrenberg. Ein Tagwerk auf dem Felde der Naturforschung des neun- zehnten Jahrhunderts. Bonn, 1877. Proceedings of the scientific meetings of the zoological society of London for the year 1877. Part I. A. W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Sitzuno; s-Bericht der Gesellschaft naturforsclieiider Freunde zu Berlin vom 16. October 1877. Director (in Vertretung): Herr Hartmann. Herr Beyrich legte der Gesellschaft einige Conchylien vor, welche er aus einer Löss-Bildung in Ungarn, bei Mogyoros, westlich von Gran, in diesem Herbst ge- sammelt hat, und bemerkt, dass es von Interesse sei, dieselben mit den im Löss anderer geographischer Gebiete vorkommenden Schnecken zu vergleichen. Herr vonMartens, dazu aufgefordert, bestimmt dieselben als folgende Arten : 1. Helix arbustorum L.; die meisten Exemplare ganz weiss, an keinem ein Band sichtbar; Mundsaum verdickt, aber nur wenig ausgebreitet; die verbindende Wulst auf der Mündungs- wand sehr auffällig. Grösse normal; Gestalt mehr oder weniger kugelig, bei einem grossen Durchmesser von 21 Mm. in der Höhe zwischen \b^ und 18 Mm. wechselnd. 2. Helix hispida L. Nabel etwas eng und die einzelnen Windungen ziemlich gedrückt, beinahe kantig; die sogenannte Schmelzleiste in der Mündung deutlich. 3. Pup a dolium Drap., auffallend lang und schlank, 1\ Mm. lang und kaum 3 Mm. breit, dadurch an P. spoliata Rossm. erinnernd, aber mit der doppelten Columellarfalte, welche der P. dolium zukommt. Zahlreiche Exemplare. 17 214 Gesellschaft naturfnrschender Freunde. 4. Pupa muscoruni Li., nur ein Stück und dieses etwas grösser und mehr keulenförmig als gewöhnlich, 4 Mm. lang und 1| Mm. dick. 5. Clausilia dubiaT)i--ap.(?). Da die Mündung des einzigen Stückes während des Lebens zerbrochen und wieder neu gebildet worden, so fehlen einige Anhaltspunkte zur genaueren Bestimmung. 6. Succinea oblonga Drap. var. elongata Hartm. Vergleichen wir diesen Befund mit den im mittleren Rhein- thal vorkommenden Löss-Schnecken, welche durch die früheren Untersuchungen unseres verstorbenen Mitgliedes Alex. Braun typisch für diese Bildung geworden sind, so finden wir zwar dieselben Arten, aber doch einige bemerkenswerthe Unterschiede im Habitus und im Zahlenverhältniss derselben. So ist Helix arbustorum im badischen Löss kleiner, dünnschaliger und zeigt stets noch Spuren ihres Bandes; sie nähert sich mehr der lebenden alpinen Varietät dieser Art, während die mehr massive und kuglige Form des ungarischen Löss mehr den heute noch in Oberbaiern, Oesterreich und Ungarn vorkommenden gleicht, und in dieser Beziehung mag noch erwähnt werden, dass Dr. L. Pfeiffer angiebt, in der Gegend von Salzburg H. arbustorum ebenso häufig ohne als mit Band angetroffen zu haben, während sonst überall Exemplare ohne Band eine Seltenheit sind. Ferner ist die grössere Anzahl von Pupa dolium gegenüber dem einzigen Exemplar von P. muscoruni hervorzuheben, da umgekehrt im Löss des Rhein- und Neckarthals P. muscorum äusserst häufig, dagegen P. dolium selten ist; betreffs der Dimensionen hat schon A. Braun bemerkt, dass Pupa muscorum im Löss meist grösser sei als die lebende. Im Vergleich zu den Befunden des Löss an der mittleren Donau ist zu erwähnen, dass die aus Mogyoros vorliegende Form der H. hispida keineswegs der von S. Cl essin als //. terrena unterschiedenen aus dem Löss bei Regensburg gleicht; diese ist höher gevvanden und zeigt keine Schmelzleiste; dagegen stimmt jene sehr gut mit Exemplaren aus dem Löss bei Grötzingen unweit Carlsruhe überein. Herr Studer (als Gast anwesend) sprach über einige Korallen, welche während der Reise S. M. S. Corvette „Gazelle" gesammelt wurden. Sitzunfi vom lü. Octoher. 215 Eine ziemlich grosse Anzahl von Korallen wurde von den verschiedenen Stationen, namentlich in Neu-Guinea und in der Süd- see, gesammelt, ausserdem aus verschiedenen Tiefen mit dem Schleppnetz gefischt. Ein besonderes Interesse bot hier die West- küste Afrikas. Dieselbe entbehrt der eigentlichen Korallenriffe, und nur wenige der Familie der Astraeidae angehörende Korallen sind bis jetzt beobachtet worden. Schon von 60 Faden an treten Formen auf, die man sonst gewohnt ist in diesen Breiten in tieferem Wasser oder in gemässigten oder kalten Meeren anzu- treffen, nämlich Oculiniden zu Lophohelia und Allopora gehörend, Turbinolidae, so die Carycyphyllia clavus Phil., Bathycyathus ele- gans n. sp. , Paracyatlms confertus Pourt.; schon in 360 Faden wurden eine grosse Virgularia und Umhellularia äff. groenlandicae beobachtet, welche sonst nur aus grossen Tiefen mit kaltem Wasser bekannt ist. Diese Erscheinungen mögen mit einem kalten Meeresstrom in Zusammenhang stehen, welcher, von Süden kommend, der Westküste Afrikas entlang läuft, andererseits mag die Einfuhr gi-osser vSchlammmassen durch die mächtigen Ströme von jeher die Ansiedelung von Rift'korallen verhindert haben. Von den bei der Tiefenfischerei erlangten Korallen mögen zwei hier Erwähnung finden, welche sich durch eigenthümliche Knospungs Verhältnisse auszeichnen. Bei Madeira kam aus 60 Faden Tiefe mit Allopora Madei- rensis Johnst. Madracis asperula M. E. herauf, eine Einzelkoralle, deren systematische Stellung schwierig zu finden ist. Dieselbe stellt einen langgestreckten , cylindrischen Becher dar , der sich am Ende zu einem offenen Kelch erweitert. Die Aussenwand des Bechers zeigt eine Anzahl scharfer Leisten, die am Kelch- rand am stärksten sind und nach der Basis zu allmählich sich ver- streichen; oft zeigt die Wand eine Anzahl ringförmiger Ver- dickungen, an denen die Leisten wieder stärker auftreten. An einzelnen Exemplaren lässt sich deutlich erkennen, dass diese Verdickungen alte Kelchränder darstellen, aus deren Innerem durch terminale Knospung ein neuer Kelch entstanden ist, dessen Basis den Kelchtrichter vollständig ausfüllte. Das Kelchlumen ist bei den einen Exemplaren tief und leer, bei anderen eingenommen von einer wohlentwickelten schwammigen Columella. In das Lumen springen 4 Cyclen von 6 Leisten - Systemen vor. Die 17* 216 Gesellschaft naturforschender Freunde. Septen der zwei ersten Cyclen sind gleich gross, etwas über- ragend, ihr Rand scharf, oft etwas wellig gebogen, die Flächen fein gekörnelt; die des 3. Cyclus zeigen zuweilen am Rande eine feine Zähnelang. Die Tiefe des Bechers wird von Trabeculae durchzogen. Jeder Becher ist nun im Stande Knospen hervor- zubringen, solche entspringen bis zu dreien und vieren vom Kelchrand oder von der Seitenwand, Pourtales beschrieb eine wahrscheinlich identische Koralle aus der Florida-Strasse, wo sie in 68 — 315 Faden Tiefe gefunden wurde. Er rechnet sie nach dem Vorhandensein von Dissepi- menten zu den Astraeideen und zwar zu Coelosniilia, da er bei seinen Exemplaren keine Columella fand. Wegen der reichen Knospenproduction nannte er sie CoelosmiUa fecunda. Vorliegende Exemplare beweisen, dass das Vorhandensein oder Fehlen einer Columella keinen genügenden Charakter abgiebt, dass ferner die für die Eusmilieen charakteristischen scharfrandigen Septen hier nicht ausschliesslich vorkommen. Der ganze Habitus, sowie die Knospungsweise, die hier zugleich terminal und lateral ist, stellen die Koralle in die Reihe der Cladocoraceen, an welche sie an- zureihen sein möchte, es wird dafür der Gattungsname ^ wo mo- cora vorgeschlagen und der Speciesname fecunda Pourt. bei- behalten. In 100 6^9' n g ^^^ 170 jg 59' ^ l, ^„,.^6 aus 150 Faden eine neue Art der Gattung Loj^hohelia gefischt, welche Lopho- helia tuhulosa n. sp. genannt wurde. Der Korallenstock besteht aus äusserst zarten Kelchen von 10 — 11 Mm. Höhe, die Kelche entspringen auseinander in der Zahl von 2 — 3 nahe dem Kelch- rande. Die Kelchwand ist dünn durchscheinend und zeigt nahe dem Rande feine Rippen, die nach unten verstreichen. Die Septen sind sehr dünn, glatt und springen wenig vor; es sind 4 Cyclen entwickelt mit 6 Systemen; die des ersten und zweiten Cyclus ragen über den Kelchrand. Die Weichtheile sind zart rosenroth, welche Farbe durch die dünne Kelch wand durch- schimmert. An dieser Art lässt sich die Bildung der Seiten- knospen leicht verfolgen. Zunächst bildet sich am Kelchrand eine tüllenartige Ausbuchtung; diese ist immer begrenzt von zwei Hauptsepten, deren Leisten in den Rand der Tülle übergehen. In die Ausbuchtung setzen sich drei Septen, zwei des 3. und Sitzung vom 16. October. 217 eines des 4. Cyclus, fort. Während die Wand des Kelches nun in die Höhe wächst, krümmen sich die Ränder der Tülle nach oben , bis sie endlich oben zusammenstossen und so aus der Ausbuchtung der Kelchwand eine Röhre gebildet wird, die nun als junge Knospe betrachtet werden darf. Mit der Bildung der Röhre entwickehi sich gegenüber den 3 ersten Septen drei neue, so dass wir nun eine 6 strahlige Knospe vor uns haben, deren Leibeshöhle mit der der Mutter in Verbindung steht. Mit dem Höherwachsen des Mutterkelches wird nun die Kelchknospe zur lateralen Knospe, wächst und bildet in den Interstitien der ersten Septen Systeme neuer Ordnungen. Mit 3 Mm. Länge sind alle Systeme ausgebildet und es schliesst sich nun die Knospe durch Bildung von Dissepimenten von dem Mutterkelch ab. Die Stellurfg der Lophohelieen bei den Oculinideen wurde von Duncan bestritten, welcher sie auf Grund des Vorhanden- seins von Dissepimenten zu den Astraeaceen in die Reihe der Stylinaceae stellt. Der Umstand, dass die Leibeshöhle der Knospen mit der des Mutterkelches ziemlich lange in Verbindung bleibt und im vorliegenden Falle die Septen nur sehr schwach ent- wickelt sind, mö.chte vielleicht eine Annäherung an die fossilen Tubulosen, speciell die Auloporideen gestatten. Herr Kny brachte genauere Methoden zur Messung der Tiefe in Vorschlag, bis zu welcher Lichtstrahlen verschiedener Intensität und Brechbarkeit in das Meerwasser einzudringen vermögen, und hob die nahe Beziehung der Lichtabsorption zur verticalen Ver- breitung der Meeresvegetation hervor. Die Meeresforschung hat in jüngster Zeit ihre Aufgabe nach den verschiedensten Richtungen hin mit Energie in Angriff genommen. Auf der einen Seite galt es, die Natur des Grundes, die Neubildung sedimentärer Gesteine, die Flora und Fauna in ihren mannichfaltigen Erscheinungsformen und ihrer geographischen Ver- breitung kennen zu lernen. Gleichzeitig aber waren die Untersuchun- gen auf die physikalischen und chemischen Verhältnisse des Meeres gerichtet, welche für die geologischen Vorgänge und die Ent- wickelung der beiden organischen Reiche die Vorbedingungen bieten. Es wurde die chemische Zusammensetzung des Meeres- 218 Gesellschaft naturfurschender Freunde. Wassers, sein Gehalt au fixen Bestandtheilen und an Gasen in verschiedener Tiefe geprüft; es wurden mit Hilfe möglichst genau ausgeführter Instrumente die Temperaturen in regelmässigen verticalen Abständen bestimmt; es wurden die Strömungen in ihren Richtungen verfolgt und in ihrer Intensität gemessen. Nur die Frage nach der Durchgängigkeit des Meeres- wassers für das Licht scheint bei den im offenen Ocean angestellten Untersuchungen noch wenig berücksichtigt worden zu sein. Und gerade sie verdient von pflanzengeographischem Standpunkte das grösste Interesse; denn, soweit wir dies nach den gegenwärtig vorliegenden Resultaten zu beurtheilen vermögen, würden alle anderen Verhältnisse dem Vordringen der Vegetation in grössere Meerestiefen günstig sein ; sie würden hier die noth- wendigen Nährstoffe und meist auch erträgliche Temperaturgrade vorfinden; nur die Verminderung des Lichtes nach abwärts muss der Tiefenausbreitung der chlorophyllhaltigen Pflanzen noth- wendig Schranken setzen^) Unsere Kenntnisse von der Absorption der Lichtstrahlen durch das Meerwasser beschränken sich darauf, dass von den Strahlen, welche das Sonnenspectrum zusammensetzen, die min- dest stark brechbaren zuerst ausgelöscht werden und die anderen nach Maassgabe ihrer grösseren Brechbarkeit nachfolgen. Zu- vörderst sind es die unsichtbaren Wärmestrahlen, welche aufhören, nachweisbar zu sein ; sie werden hauptsächlich für die an der Oberfläche vor sich gehende Verdunstung verwendet. Ihnen folgen die rothen, orangefarbenen, gelben, grünen, indigofarbenen, vio- letten und die ultravioletten Strahlen -). Daher kommt es, dass 1) Dass gewisse Meeresalgen im Stande sind, für längere Zeit mit sehr geringer Lichtzufulir vorlieb zu nehmen, geht aus den interessanten Mit- theilungen vonKjellman im Bullet, de la Soc. botan. de France von 1875 (p. 93) hervor. An der Küste von Mosselbay (Spitzbergen), bei 79" 53' nördl. Breite, wo während dreier Monate inmitten des Winters die Dunkel- heit so gross war, dass man selbst grosse Schrift im Freien nicht lesen konnte und nur selten Mondschein oder schwache Nordlichter die Finsterniss unter- brachen, wo die Temperatur des Meeres sich von Ende November bis Mitte April nie über —1 " C. erhob und seine Oberfläche in dieser Zeit meist mit Eis bedeckt war, zeigten die mit dem Schleppnetze emporgeförderten Algen productives AVachsthum , trieben neue Sprosse und bildeten in deren Zellen Chlorophyll; auch Fructificationsorgane wurden auf das reichlichste entwickelt. ^) Tyndall, Hours of exercise in the Alps. 2'1 edit. 1871, p. 471. Deutsche Ausgabe 1875, S. 416. Sitzung vom IS. Octoher. 219 der Ocean, wenn anders sein Wasser genügend rein ist, von oben gesehen je nach der Tiefe schön blau oder selbst dunkel- schwärzlich erscheint. Dass unter den sichtbaren Lichtstrahlen die grünen, blauen und violetten beim Durchgange durch Meerwasser am spätesten ver- loren gehen, zeigt unter Anderem auch die von H. W. Vogel ^) kürzlich ausgeführte spectroscopische Analyse des blauen Lichtes der Grotte von Capri. „In dem aus dem Wasser kommenden Licht zeigte sich das Roth ganz verschwunden, das Gelb schon erheblich verblasst, so dass die D-Linie kaum zu erkennen war, dagegen erschienen Grün, Blau und Indigo hell und die beiden Linien E und b flössen zu einem deutlichen dicken Absorptionsstreifen zusammen." Salziges Wasser ver- hält sich chemisch reinem Wasser hierin ähnlich; auch in diesem bleiben die brechbareren Strahlen des Sonnenlichtes am längsten erhalten. Die grüne Färbung, welche das Meereswasser besonders in der Nähe der Küsten häufig zeigt, wird nach Tyndall^) durch zahlreiche ihm beigemengte feste Partikelchen verursacht, welche grünes Licht reflectiren. Um die Entfernung, bis zu welcher Lichtstrahlen von bestimm- ter Qualität und Intensität in das Wasser des offenen Meeres ein- dringen, genauer zu messen, giebt es zwei Wege. Entweder lässt man die Lichtquelle sich oberhalb des Meeres- spiegels befinden und versenkt Reagenzien für die verschie- denen Strahlen des Spectrums in die Tiefe. Oder es wird umgekehrt eine ihrer Zusammensetzung nach bekannte Licht- quelle in das Meer versenkt und in einer möglichst dunklen Nacht bei vollkommen spiegelglatter See durch eine innen geschwärzte Röhre, welche über den Rand des Bootes in das Wasser getaucht und nach der Lichtquelle hin gerichtet ist, con- statirt, bei welcher Tiefe dieselbe der Beobachtung entschwindet. Enthält diese Röhre einen Spalt und ein Prisma „ä vision directe", so wird sich das aus verschiedener Tiefe hervortretende Licht auf seine Strahlengattungen analysiren lassen. 1) Spectroscopische Untersuchung des Lichtes der blauen Grotte auf Capri (Poggendorff's Annalen 6. Reihe, Band VI (1875), S. 325). -) 1. c. p. 47-1; deutsche Ausg. S. 419. 220 Gesellschaft naturforschender Freunde. Handelt es sich um Versuche, welche das oben angedeutete pflanzengeographische Interesse in den Vordergrund stellen, so wird sich der erste Weg als der bessere empfehlen. Als Lichtquelle bietet sich naturgemäss die Sonne dar, welche der Meeresvegetation nicht nur den weitaus grössten Theil ihres Bedarfes an Licht, sondern auch die intensivsten Strahlen zusendet. Es wird nicht nur von Wichtigkeit sein , zu erfahren , wie weit unter günstigsten Verhältnissen die letzten Spuren von Sonnenlicht in das Innere des Meeres vorzudringen vermögen; es wird sich die Untersuchung auch mit Bestimmung der Tiefe zu beschäftigen haben, in welcher die einzelnen Strahlengattungen erlöschen. Gegenwärtig, wo Physik und Chemie noch nicht für alle einzelnen Theile des Spectrums feine, von unserem Auge un- abhängige Erkennungsmittel liefern, müssen wir uns damit genügen lassen, diese Ermittelung summarisch für die beiden Hälften des Spectrums auszuführen. Beide sind ja, wie bekannt, für die in chlorophyllhaltigen Pflanzen vor sich gehenden Lebensvorgänge von sehr verschiedener Bedeutung. Für die Erzeugung organi- scher Substanz leisten die hellleuchtenden Strahlen das bei wei- tem Meiste, während die heliotropischen Wachsthumsbewegungen und die Ortsveränderungen der Chlorophyllkörper in der lebens- kräftigen Zelle vorwiegend oder ausschliesslich durch die stärker brechbaren Strahlen des Spectrums inducirt werden. Die praktische Ausführung liesse sich meines Erachtens in folgender Form bewerkstelligen. Es wird ein cylindrischer Kasten hergestellt, dessen untere und seitliche Wandungen aus dicker Lage von Metall gefertigt sind und dessen oberes Ende durch eine starke Spiegelglasplatte luft- und wasserdicht verschliessbar ist. lieber diesem Glasdeckel befindet sich ein zweiter Deckel von Metall, der, wenn er geschlossen ist, keine Spur von Licht in das Innere des Kastens eintreten lässt. Oeffnen und Schliessen des Metalldeckels geschieht, wenn der Kasten bis zur gewünschten Tiefe versenkt ist, auf electrischem Wege. In diesen Kasten wird an Bord des Schiffes, von wo aus die Untersuchung stattfindet, frisch präparirtes photographisches Papier und ausserdem eine in luftdicht verschliessbarem, mit möglichst Sitzung vom Iß. October. 221 durchsichtigem Deckel versehenem Glasgefässe befindliche, lebens- kräftige, chlorophyllhaltige Wasserpflanze eingebracht. Das Vege- tationswasser der Versuchspflanze muss ein geringes, genau bekanntes Quantum von Kohlensäure enthalten ; ausserdem muss sein Sauerstoff- Gehalt vorher sorgfältig bestimmt sein. Ist der Kasten auf solche Weise unter Lichtabschluss beschickt worden, so wird er, nach Schliessen des Glasdeckels und Metalldeckels, möglichst rasch versenkt (um eine erhebliche, durch die Athmung bewirkte Aenderung des Gasgehaltes im Wasser zu ver- hüten). Ist er bis zu der Tiefe vorgedrungen, welche man jeweils zu erreichen wünscht, so wird der Metalldeckel auf electrischem Wege geöffnet, hierauf nach längerer Zeit wieder geschlossen und der Kasten heraufgezogen. ^) Die stärker brechbaren Strahlen verrathen sich, wo solche noch nicht absorbirt sind, durch Schwärzung des photographischen Papieres; die hellleuchtenden Strahlen dadurch, dass ein Theil der im Wasser enthaltenen Kohlensäure zerlegt und Sauerstoff dafür ausgeschieden worden ist. Die Aenderung des Gasgehaltes lässt sich nach bekannten Methoden mit wünschenswerther Genauig- keit bestimmen. In einer Tiefe, wo keine Kohlensäure mehr zerlegt wird, der Assimilations-Process den Athmungs-Process also nicht mehr an Ausgiebigkeit überwiegt, dürfen wir mit ziemlicher Zuversicht annehmen, dass die hellleuchtenden Strahlen erloschen sind. Allerdings wird die Bestimmung der Tiefengrenze für diese letzten Strahlen immer eine nur annähernd genaue bleiben, da die sogenannten chemischen Strahlen bei der Assimilation ja in geringem Maasse betheiligt sind und es unwahrscheinlich ist, dass in der Tiefe, wo die letzten Spuren von Roth, Orange, Gelb und Grün erlöschen, der durch die brechbareren Strahlen des 1) Herr Dr. Werner Siemens, mit dem icli vor längerer Zeit über die von mir beabsichtigten Versuche zu sprechen Gelegenheit hatte, thcilte mir freundlichst mit, dass sein Bruder, Herr Wilhelm Siemens in London, der Challenger-Expedition einen Apparat mitgegeben habe, der, wie es scheint, auf einem ähnlichen Principe beruht, insofern ein mit photo- graphischem Papier ausgerüsteter Kasten versenkt und der über dem Glas- deckel befindliche undurchsichtige Deckel durch einen Magnet unter Wasser geöffnet und später wieder geschlossen wird. Näheres über die Construction des Apparates konnte ich leider bisher nicht in Erfahrung bringen. 222 Gesellschaft naturforscJi ender Freunde. Spectrums allein ausgeschiedene Sauerstoff dem durch die Ath- mung verbrauchten Sauerstoff genau das Gleichgewicht hält. Für den Zweck, zu welchem die Versuche an dieser Stelle zu- nächst in Vorschlag gebracht werden, nämlich die grösste Tiefe zu bestimmen, in welcher an einer gegebenen Stelle des Oceans Pflanzenleben noch möglich ist, dürfte die auf diesem Wege erreich- bare Genauigkeit indess genügen. Algen, welche eine Zellreihe oder einfache Zellfläche dar- stellen, werden als Versuchspflanzen vor submersen Phanero- gamen den Vorzug verdienen, weil sie keine lufthaltigen Inter- cellularräume haben, welche einen Theil der beim Assimilations- und Athmungsprocesse entbundenen Gase aufnehmen, sondern die gasförmigen Producte ihres Stoffweclisels bis auf die geringen Quantitäten, welche im Zellinhalte zurückbleiben, in das um- gebende Wasser ausscheiden. Ausser in dem Gasaustausch äussert sich der Assimilations- process auch, wie bekannt, in der Erzeugung von Stärkemehl in den Chlorophyllkörpern. Benützt man zu den Versuchen durch längeres Verweilen im Dunkeln entstärkte Spirogyra-Fäden, so würde das Neuauftreten von Stärkekörnern in den Chlorophyllbändern für sich schon genügen, um das Vordringen eines zur Assimilation genügenden Lichtes bis zu der untersuchten Meerestiefe zu constatiren. Da die Tiefe, in welcher der Kasten sich befindet, durch die Länge des abgelaufenen Seiles gemessen wird, ist es selbst- verständlich von Wichtigkeit, die Untersuchung womöglich in gänzlich strömungsfreiem oder wenigstens in allen vom Seile durchlaufenen Schichten gleichmässig bewegtem Wasser vor- zunehmen und den Kasten, um ihn möglichst lothrecht unter das Schiff zu stellen, entsprechend zu belasten. Die zweite oben angedeutete Form des Versuches unter- scheidet sich von der ersten dadurch, dass eine künstliche Licht- quelle in das Meer versenkt und von einem dicht oberhalb des Meeresspiegels belegenen Standpunkte beobachtet vt-^ird. Als solche empfiehlt sich das Licht einer electrischen Lampe, da dieses alle Strahlengattungen enthält und ein continuirliches Spectrum giebt. Freilich ist es mit den uns zu Gebote stehenden photometrischen Mitteln nicht möglich, die Litensität der einzelnen Sitzung vom IG. October. 223 Abtheilungen im Spectrum einer electrischen Lampe mit den entsprechenden Abtheilungen des Spectrums eines unter bestimm- tem Himmelsstriche intensivsten Sonnenlichtes zu vergleichen. Die Resultate der nach der zweiten Methode angestellten Ver- suche — vorausgesetzt, dass die ihnen entgegenstehenden prac- tischen Schwierigkeiten sich vollständig überwinden lassen werden — lassen sich also für pflanzengeographische Folgerungen nicht ohne Weiteres verwenden. Doch würde die zweite Methode vor der ersten immerhin den Vorzug haben, dass bei Versenkung des mit der electrischen Lampe ausgestatteten Kastens sich durch spectroscopische Analyse des aus verschiedenen Tiefen empor- gesandten Lichtes genau ermitteln Hesse, wie gross die relativen Differenzen in der Dicke der Meereswasserschichten bei suc- cessiver totaler Auslöschung der einzelnen Abtheilungen des Spectrums sind: ein Resultat, das auf dem ersten Wege nicht erreichbar ist. Beiderlei Versuchsreihen müssten sich also gegen- seitig ergänzen und controliren. Auf weitere Einzelheiten betreffs der im Vorstellenden angedeuteten Versuche ging Vortragender nicht ein. Ihre prac- tische Ausführung muss der Botaniker einem physikalisch durch- gebildeten Hydrographen überlassen. Nur das erlaubte sich Vor- tragender noch hinzuzufügen, dass die Untersuchung sich nicht auf einen einzelnen Theil des Oceans würde beschränken dürfen, in welchem die Bedingungen für den Eintritt des Lichtes in grössere Tiefen besonders günstige sind, sondern dass auch das Wasser in der Nähe von Küsten eine sorgfältige Prü- fung verdient, dessen Durchsichtigkeit, wie Tyndall zeigte, durch zahlreiche sehr kleine Partikelchen getrübt wird. Auch die Tem- peratur des Wassers und sein Salzgehalt müssen bei Unter- suchungen über Lichtabsorption im Meere Berücksichtigung finden. Die Untersuchungen werden sich also auf möglichst zahlreiche Meere und Küstenpunkte auszudehnen haben. Herr von Martens erwähnt, dass z. B. auf S. Maj. Schiff Gazelle Beobachtungen angestellt worden seien, wie tief ein grösserer weisser Körper (eine Boje) unter den Meeresspiegel versenkt werden müsse, um von Bord aus nicht mehr sichtbar zu sein und Prof. Studer fügt hinzu, dass dieses durchschnitt- 224 Gesellschaft naturforscliender Freunde. lieh in 11 Faden (ö6 Fuss) Tiefe eingetreten sei. Uebrigens finden sich in weit grösseren Tiefen noch Thiere mit auffallend grossen Augen, z. B. die Fische Pomatornus, Aulopus., Beryx, zum Theil neben andern Thieren mit verkümmerten Augen, was darauf hindeutet, dass auch in grössern Tiefen noch ein wenig Licht vorhanden sei, etwa wie in der Nacht auf der Erdoberfläche. Herr Hartmann sprach über seine im verwichenen Herbst aufGfisö ausgeführten zooto mischen Arbeiten. Auch in diesem Jahre arbeitete dort zugleich Dr. A. W. Malm von Gothenburg. Im Juli d. J. hatte daselbst Prof. G. Retzius von Stockholm die Anatomie der Myxine u. m. A. studirt. Kaum l" Meilen von Gäsö, zu Kristineberg bei Fiskebäkskil, wo- selbst im Hause des Capten Diderichsen J. Müller einstmals Unsterbliches vollbracht, haben die Schweden jetzt eine zoo- logische Station eingerichtet. Die dazu verwendeten Capitalien sind eine der vielen patriotischen Stiftungen des in Brasilien lebenden schwedischen Arztes Dr. Regnell. Vorläufig besteht die Station aus zwei hart am Meere, an dem Landungsplatze des Oertchens, gelegenen Holzhäusern von landesüblicher Bauart. Das Haupthaus enthält luftige, helle Arbeitsräume, einfache, gesunde Schlafräume, eine kleine Büchersammlung u. s. w. Die Arbeitstische sind ohne jeglichen Luxus eingerichtet. Vortragen- dem gefiel das knappe praktische Armament, in welchem man nur wenige der unendlich vielen, anderwärts gebräuchlichen, häufig so nichtsbedeutenden Färbemittelchen wahrnahm. In dem Neben- bau sah man hölzerne mit Luftzuleitungs- und Wasserströmungs- apparaten versehene Thierbehältcr, Thermometer, Barometer, Schleppnetze, Oberflächennetze, Fangklappen, Senkmaschinen und viele andere Instrumente, selbst compendiös eingerichtete Seilereimaschinen und dgl. Für das nächste Jahr soll ein Neu- bau errichtet werden, in welchem auch Aquarien ihren Platz finden können. Zur Zeit waren zwei schon rühmlichst bekannte jüngere Zoologen, die Herren Dr. Theel und Dr. Tullberg, auf der Station mit ihren Arbeiten beschäftigt. Vortragender hatte sich bei beiden Fachgenossen einer äusserst liebenswürdigen Aufnahme zu erfreuen. Die mit schönen Tagen abwechselnde stürmische Jahreszeit erwies sich bei diesmaligem Aufenthalt Sitzmig tinin Ih'. O et ober. 225 besonders günstig. Weitere specielle Mittheilungen bleiben fiir die späteren Sitzungen vorbehalten. Herr Ascherson legte eine chinesische, aus den Blüthen knospen einer Legu min ose bestehende Drogue vor, welche neuerdings unter dem Namen Waifa in Deutschland als Hopfens urrogat eingeführt worden ist und vom Reichs- Gesundheits-Ämt Herrn Kny zugegangen war, welcher dieselbe dem Vortragenden gütigst zu weiterer Untersuchung mitgetheilt hatte. Diese Blüthenknospen sind in einem noch ziemlich jugend- lichen Entwicklungszustande gesammelt, indem die Blumenkrone noch völlig vom Kelche umhüllt wird und nur bei einzelnen bereits aus demselben hervorgetreten ist. Dieselben gehören der Sophora japonica (Süjplinolohium jap. Schott) an, einem in China und Japan überall angepflanzten, mindestens in ersterem Lande auch jedenfalls wildwachsenden Baume, welcher das Klima Mittel- Europas gut erträgt und in altern Parkanlagen selbst in Nord- deutschland in schönen Exemplaren angetroffen wird, obwohl er nicht jedes Jahr seine gelblichweissen Blüthen entwickelt, die nur bei sehr warmer und beständiger "Witterung, erst im August, sich entfalten. Die perlschnurförmigen, nicht aufspringenden Hülsen reifen erst im October. Obwohl die oben erwähnte Verwendung der »S'opÄora-Blüthen bisher nicht zur Sprache gekommen war, so ist diese Drogue doch im europäischen Handel nicht mehr völlig unbekannt. Sie befand sich unter demselben Namen, Waifa,^) in der chinesischen Ab- theilung der Wiener Welt-Ausstellung 1873. Nach dem von dem österreichisch-ungarischen General-Consul Gustav Ritter v. O ver- beck verfassten Special-Catalog der HI. Abtheilung der chinesi- ') Nach einer den chinesischen Laut genauer •wiedergebenden Recht- schreibung würde dieser Name Tloai-lioa zu schreiben sein. Hoffmann und Schultes führen in ihren ,.Noms indigenes d'un choix de plantes du Japon et de la Chine" 2. ed. (1864) pag. 58 als chinesischen Namen der Styphnolobium japoniciim Schott Iloa'i, als japanesischen Yen-zjou (nach frau- zösischf-r Transscription) an; ein anderer Name, welcher in dem Kwa wi, einer von Y6 nan Den siou verfassten, 1765 in Miako erschienenen Flora von Japan vorkommt, ist (Japan.) Se'i in zjou, (chin.) Chiny-y'm-cJioü. Nach D. Hanbury (Science Papers, 1876, p. 237) lautet der Name der Pflanze Iltoae sliih, der der Blüthen Ilwae hva (engl. Orthographie). Vortragender verdankt diese litterarischen Nachweise seinem verehrten Collegen Wittmack. 226 Gesellschaft naturforschender Frexinde. scheu Ausstellung, in dem Waifa S. 13 No. 215 aufgeführt ist, kommt dieselbe bisher nur in kleinen Quantitäten nach Europa, da ihre Anwendung als gelbfärbendes Pigment noch wenig be- kannt ist. Antoine, welcher in seinen lehrreichen Berichten über das Pflanzenreich auf der Wiener Welt- Ausstellung (Oesterr. Botan. Zeitschrift von Dr. Skofitz, 1876, S. 243) die Waifa bereits unter dem im Overbeck'schen Catalog fehlenden botani- schen Namen aufführt, wiederholt obige Angaben und fügt noch hinzu, dass die Blüthen im Handel „auch unter dem Namen „Gelbbeeren" oder „Natalkörner" kursiren." Vortragender möchte letztere Notiz, die mit der Angabe, dass diese Drogue auch wenig bekannt sei, einigermaassen im Widerspruch steht, nicht vertreten. Unter „Gelbbeeren" versteht man, wie be- kannt, eigentlich die Früchte von Rhamnus tinctorms W. K. Auch Hanbury kennt an der vorher citirten Stelle nur die Anwendung dieser Drogue als Farbstoif; sie wird nach ihm in China häufig zum Gelbfärben, oder vielmehr hauptsächlich zum Grünfärben blauer Baumwollenstoft'e benutzt. Endlicher, ein Forscher, welcher bekanntlich über chinesische Pflanzen ein- gehende Quellenstudien gemacht hatte, erwähnt eine gleiche An- wendung der herbe schmeckenden Pulpa, in welche die Samen der Sophora japonica eingebettet sind; nach ihm werden die gelben Stoffe, welche bekanntlich nur die kaiserliche Familie zu tragen berechtigt ist, mit Sophora gefärbt. (Enchirid. botan. p. 677.) Was die Anwendung als „Hopfensurrogat" betrifft, so mochte zu derselben wohl der sehr niedrige Preis der Drogue auffordern. Nach Overbeck kam der Pikul (133 engl. Pfund) loco Hong- kong 1873 6,50 — 7 Dollar zu stehn; auf der dem Vortragenden vorliegenden Probe ist der Preis sogar nur mit 4,6o Dollar notirt. Eine andere Frage ist, ob die chemischen Eigenschaften der Drogue eine solche Anwendung empfehlenswerth machen. Der Geschmack der Knospen ist anfangs indifferent, hintennach sehr unangenehm bitter und zusammenziehend. Eine nahe verwandte Art, ^S". tomentosa L. (auf den Molukken Upas-bidji genannt) ist seitRumphius als Mittel gegen gallige Diarrhoeen (radixet semm Anticholericae) bekannt. Was Sophora japonica selbst betrifft, so finden sich in der Litteratur mehrfach Angaben über SHzimg twm Iß. October. 227 schädliche Eigenschaften derselben. Wie C. Koch (Dendrologie I. S. 13) berichtet, ^hat das sehr feste Holz einen stark riechen- den, scharfen Stoft", der selbst bei Verwundungen Uebel mancher- lei Art hervorrufen kann." Nach Rosenthal (Synops. plant, diaphor. S. 1030) besitzen alle Theile des Baumes so stark pur- girende Eigenschaften, dass selbst in's Wasser gefallene Blüthen letzterem diese Wirkung mittheilen und Handwerker, welche das Holz bearbeiten, an Kolik und Diarrhoe leiden sollen. Ob- wohl eine genaue experimentelle Prüfung der toxikologischen Eigenschaften unserer Sophora noch nicht ausgeführt worden ist, so muss doch die Anwendung der Blüthen an Stelle des Hopfens als sehr bedenklich bezeichnet werden. Herr Bouche bemerkte, dass er über die giftigen Eigen- schaften der Sophora keine Erfahrungen besitze; wohl aber sei ihm eiij Fall bekannt, in dem einer seiner Verwandten, welcher sich in seinen Mussestunden mit Drechsler- Arbeiten beschäftigte, jedes Mal beim Handhaben des Holzes von Rohinia Pseudacacia L. , bei welcher Operation dies harte Holz viel Staub abgiebt, von Diarrhoe befallen werde. Herr Asche rson fügte hinzu, dass die giftigen Eigen- schaften des letztgenannten Baumes auch anderweitig bekannt seien. So erinnere er sich, vor einer Reihe von Jahren eine Notiz gelesen zu haben, wonach in Frankreich Kinder, welche zufällig Bobinia-W urzeln verzehrt hatten, von den heftigsten Ver- giftungserscheinungen befallen worden seien. Herr Bouche machte Mittheilungen über eine eigen- thümliche Erscheinung an den reifen Samen der Lathraea clandestina L. , die bisher wohl noch nicht beob- achtet zu sein scheint, wenigstens wird sie in einem, in diesem Jahre in der Botanischen Zeitung durch Herrn Hermann Dingler veröffentlichten Artikel über Lathraea rhodopea sowie auch in andern Werken nicht erwähnt. Diese Eigenthümlichkeit der reifen Samenkapseln der gedachten Pflanze besteht darin, dass sie bei vollständiger Reife durch die leiseste Berührung plötzlich aufspringen und die ziemlich grossen Samen mit Vehemenz weit umher geschleudert werden. Das Umherschleudern der Samen 228 Gesellschaft naturforschender Freunde. wird dadurch verursacht, dass sich beim Oeffnen die Ränder der Kapselwandungen der zweiklappigen Kapsel, welche fast horn- artig sind , momentan nach innen umrollen und die Samen mit Heftigkeit hinaustreiben. Herr Dingler hat bei der in Thracien auf dem Rhodope entdeckten neuen Art wohl das Einrollen der Ränder und die hornartige Beschaffenheit der Kapselwandung, nicht aber das Umherschleudern der Samen , beobachtet. In Folge der Kapselbildung betrachtet er mit Recht die neue Art als eine verwandte der L, clandestina L. Da sich nun aber die Früchte der L. Squamoria L. von den beiden andern Pflanzen dadurch unterscheiden , dass die Kapseln zwar ebenfalls zwei- klappig sind, die Klappen aber kaum aufspringen, weil die Wan- dungen sehr weich und häutig sind, in Folge dessen sie leicht verwesen und ihre Samen nur zur Erde herabfallen lassen, ferner, dass die Samen sehr zahlreich in einer Kapsel vorhanden und äusserst klein sind, während die Samen der anderen Arten eine bedeutendere Grösse besitzen und sich nur 4—6 in einer Kapsel vereinigt finden, so dürfte es wohl gerechtfertigt erscheinen, die Gattung Clandestina Lam. aufrecht zu erhalten und darin L. rhodopea Dingl. und L. clandestina L. zu vereinigen. Schliesslich wies der Referent noch auf eine andere Eigen- thümlichkeit der Lathraea clandestina hin, er habe nämlich schon seit einer langen Reihe von Jahren beobachtet, dass alle sie auf feuchten Rasenflächen umgebenden Pflanzen, besonders Gräser und Ranunculus-Arten einen 3 — 4 mal üppigeren, höhern Wuchs und eine dunkelgrünere Färbung zeigten als Individuen derselben Arten, die entfernter von der Lathraea standen, so dass man schon von Weitem sehen konnte, wo der Schmarotzer im Grase zu finden sei. Er schreibe diese Erscheinung dem Umstände zu, dass die Pflanze aus dem Boden überaus viel Feuchtigkeit aufnehme und daher auch sehr viel ausscheide, was sich gegen Abend und Morgens durch die vielen, an der Pflanze hängenden Tropfen bemerkbar mache, die Tropfen fallen herab und tragen dazu bei, dass die Umgebung der Pflanze ununterbrochen feucht bleibe. Mit der Abnahme des Wachsthumes bei Annäherung der Fruchtreife höre die Ausscheidung auf und der Boden werde wieder trockner, aber dennoch machen sich diese Stellen des Pflanzenwuchses bis zum Herbst bemerkbar. Sitzung vom 16. Octoher. 229 Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Festschrift zur Feier des vierhundertjährigen Jubiläums der Eber- hard-Carls -Universität in Tübingen (Würtemberg. naturw. Jahreshefte, 33. Jahrg., 3. Heft). 1877. Receuil des memoires et des travaux publies par la Societe botanique du Grand-Duche de Luxembourg. 11 — III. 1875 — 76. The Canadian Journal of Science, Literature and History. XV, 5. April 1877. Toronto. Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz Branden- burg. XVIII. 1876. Vierteljahrsschrift der naturf. Gesellschaft in Zürich. XXII, 1 — 2. 1877. Proceedings of the scientific meetings of the zoological society of London for the year 1877. Part II. Verhandlungen des naturhistor.-medicinischen Vereins zu Heidel- berg. Neue Folge. II. 1. 1877. A. Braun, die Pflanzenreste des ägyptischen Museums in Berlin Aus dem Nachlasse des Verf. herausgegeben von P. Ascher- son und P. Magnus. Berlin 1877. Bulletin of the Essex Institute. VIII. No. 1—12. Salem, 1876. Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle. XIII, 4. 1877. Leopoldina. XIII, 13 — 14. Memoirs of the Boston Society of natural history. Vol. II. Part IV. No. 5. Deutsche Entomologische Zeitschrift. XXI, 1. Berlin 1877. A. \V. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Sitzun OS-Bericht der Gesellschaft naturforscliender Freunde zu Berlin vom 20. November 1877. Director: Herr von Martens. Herr Schödler machte Mittheilungen zur Diagnose einiger Cladoceren. Durch die Ergebnisse seiner im Mai d. J. über Daphniden veröffentlichten Abhandlung wurde derselbe zu erneuter Untersuchung früherer Wahrnehmungen bei Sididen und einigen Polyphemiden veranlasst. Es betraf dies zunächst die wünschenswerthe Erledigung jener Bedenken, welche der Vor- tragende schon früher (vgl. Neue Beiträge zur Naturg. der Daph- niden S. 67 ff.) über die von Leydig angenommene Identität der so weit verbreiteten Sida crystallina O. F. Müll, mit der von ihm so eingehend geschilderten Sida -Species süddeutscher Fundorte angeregt hatte. Leydig selber äussert sich in seiner Natur- geschichte der Daphniden über diesen Punkt nicht so zuversichtlich, als mancher spätere Beobachter dieser niedlichen Sidide, sondern spricht vielmehr a. a. O. S. 89 die Vermuthung aus, dass die von ihm untersuchte Art des südlichen Deutschlands vielleicht nicht dieselbe Art sei, welche O. F. Müller und späteren Beob- achtern dieses Thierchens vorgelegen habe. Dies ist nach Schödler's Ansicht in der That der Fall. Die eigenartige Pigmentirung der Schalenklappen, auf welche schon Leydig hingewiesen hat, sowie die tiefe Ausbuchtung des vorderen Schalenrandes und die ab weichende A usrüstung des zweiten Autennenpaars unterscheiden diese Sida affinis des südlichen 18 232 Gesellschaft naturforschender Freunde. Deutschlands von der Sida crystallina O. F. Müll. Da nun ana- loge Abweichungen auch unter den Arten anderer Gattungen, wie z. B. durch King bei Moina Macleayii nachgewiesen worden sind, so bleibt der von Leydig in Beschreibung und Abbildung hervorgehobene Fall mit Recht der weiteren Beachtung anheim- gestellt. Vortragender hoffte durch eine directe Vergleichung der Leydig'schen Beobachtungs-Objecte eine Erledigung des fraglichen Punktes herbeizuführen und richtete auf freundliches Anrathen Leydig's die Bitte um gefällige Uebermittlung einiger von Leydig gesammelter und dem Museum in Tübingen über- wiesener Exemplare an den zeitigen Vorstand des dortigen Museums. Herr Prof. Eimer in Tübingen entsprach dieser Bitte bereit- willigst und übersandte dem Vortragenden drei Fläschchen mit den erbetenen Original- Objecten: einer Sida crystallina aus dem Bodensee, dem Polyphemus oculus von einem Fundorte bei Can- statt und dem Bythotrephes longimanus aus dem Bodensee. Die Untersuchung des erstgenannten Thierchens ergab nach Gliede- rung und Ausrüstung genaue Uebereinstimmung mit der Sida crystallina O. F. Müll. — Da Leydig das Material für seine Untersuchungen aber auch aus den klaren Landseen in Mittel- franken (z. B. aus dem Karrachsee bei Rothenburg a. d. T.) entnommen hat und ebenso aus den Seen des bairischen Hoch- gebirges und des Allgäus, so muss die Erledigung der in Frage stehenden Abweichung weiterer Nachforschung überlassen blei- ben. Für die Art -Berechtigung der Sida affinis spricht sich, wie hier beiläufig bemerkt werden soll, auch Alex. Huden- dorff aus, der neueste Beobachter der Süsswasser-Cladoceren Russlauds, welcher in der Umgegend von Belo-Omut (Gouv. Rjäsan) 49 Species und unter ihnen auch die Sida crystallina Müll, beob- achtet hat. Leider war auch für den Polyphemus ocw/zw Leydig's eine Er- ledigung des früher ausgesprochenen Zweifels in Betreff seiner Iden- tität mit dem Polyphemus pediculus (De Geer) nicht herbeizuführen; da Leydig auch dieses Thierchen aus verschiedenen Fundorten für seine Untersuchungen entnommen hat. Die Exemplare des oben angeführten Sammelgläschens erwiesen sich als ganz überein- stimmend mit dem Pohjphemus pediculus (De Geer). Diesem, aber nicht dem Polyphemus ocuZms Leydig's, entspricht auch in Sitzung vom 20. November. 233 der Gestaltung der Ruderantennen vollständig der Polyphemus des Gmundener Sees, den Claus in seiner Abhandlung „Zur Kenntniss des Baues und der Organisation der Polyphemiden" auf Taf. III, Fig. 7 abgebildet hat. Derselbe trägt in normaler Zahl und Anordnung an dem lateralen oder viergliederigen Aste von dem Basalgliede anhebend 0+1-1-2 + 4 und an dem medianen oder dreigliederigen 1 + 1 + 5, also an jedem Aste 7 gegliederte Ruderborsten, während Leydig an dem medianen Aste seines Polyphemus oculus ausdrücklich 1 + 1 + 6 , also 8 Ruderborsten hervorhebt und auch in der Insertion der Ruder- borsten des anderen Astes eine Abweichung geltend macht. Vollständige Erledigung der Frage aber ergab die Unter- suchung der Leydig'schen Original -Objecte des Bythotrephes longimanus aus dem Bodensee. Das bezügliche Sammelgläschen enthielt ausser einigen Fragmenten sechs Exemplare des inter- essanten Tiefsee-Bewohners, die so gut erhalten sind, dass alle Details der Gliedmassen-Gestaltung genau zu unterscheiden sind. Die nähere Untersuchung ergab, dass die von Leydig auf Taf. X, Fig. 74 angegebene Gliederung und Ausrüstung der Ruderantennen nicht genau zutreffend wiedergegeben ist und dass auch die Abbildung desselben Thierchens, welche A. Weismann seinem Vortrage über „Das Thierleben im Bodensee" beigegeben hat, in diesem Punkte den vorliegenden Original-Objecten nicht ent- spricht. Vortragender zeigte beide bisher unterschiedene Arten des Bythotrephes aus der schwedischen Fauna vor, welche in der Gliederung und Ausrüstung der Ruderantennen mit einander und mit dem Bythotrephes longimanus des Bodensees und auch mit dem des Gmundener Sees dahin übereinstimmen, dass sie an dem medianen Ast ihrer Ruderantennen mit 1 + 1 + 5, also mit 7 Ruderborsten ausgerüstet sind, an dem lateralen dagegen mit 0+1 + 2 + 5, also mit 8 derselben. Eigenartig aber und zum Theil schon mit unbewaffnetem Auge unterscheidbar, erweist sich bei beiden die Gestaltung des langen Schwanzstachels, welcher mehr als das Vierfache der Körperlänge erreicht und bei den vorgezeigten Exemplaren der grösseren Species, bei dem Bythotrephes Cederstroemii aus dem Saxen-See in Wermland bei einer Körperlänge von 3 Mm. eine Länge von 12 Mm. aufzuweisen hat. Der Schwanzstachel des Bythotrephes longimanus zeigt die 18* 234 Gesellschaft naturforschender Freunde. von Leydig ganz correct wiedergegebene Gestaltung; er nimmt einen ganz geraden Verlauf, trägt je nach dem Alter des Individuums 1 bis 3 Paar gerader Klauen und ist von dem hinteren Klauenpaare ab seiner ganzen Länge nach mit einer gleich- massigen, feinspitzigen Hautskulptur versehen, welche Leydig in seiner Abbildung ganz zutreffend wiedergegeben hat. — Der Bythotrephes Cederstroeniii dagegen ist auf jeder Altersstufe von dem Byth. longimanus leicht dadurch zu unterscheiden, dass die 1 bis 3 Paare Klauen seines Schwanzstachels verhältnissmässig viel weitläufiger stehen, deutlich gekrümmt sind und eine divergirende Richtung zu einander behaupten, sowie dadurch, dass der Schwanzstachel etwa in der Mitte seiner Länge eine j och artige Biegung vollzieht, welche in ihrem vorderen oberen und ebenso in ihrem hinteren unteren Verlauf mit zahlreichen, gekrümmten, vorwärts gerichteten Widerhaken ausgerüstet ist, während derselbe sonst von dem letzten Klauenpaare ab eine äusserst feinkörnige Oberfläche zeigt. — Diese Beschaffenheit des Schwanzstachels giebt der Vermuthung Raum, dass das Thier- chen sich mit demselben bequem anhängen und auf die Lauer legen mag zur Befriedigung seiner Nahrungsbedürfnisse. Herr Dames legte eine Echi ni de n fauna von der Insel Melos vor, welche von Dr. Krüper im Jahre 1868 gesammelt ist und im hiesigen paläontologischen Museum auf- bewahrt wird. Folgende Arten Hessen sich erkennen: Spatangus purpureus Müller. Fossil bisher nur im Korallen- crag von England gefunden. Die englische Form soll sich nach Forbes mehr dem Sp. meridionalis des Mittelmeeres nähern. Die Art von Melos gleicht jedoch dem echten purpureus mehr. Spatangus Philipn Desor. Syn. p. 420. Bisher fossil nur von Palermo bekannt. Brissus unicolor = columharius. Lebt im Mittelmeer, fossil aus dem Korallencrag Englands, aus den quartären Ablagerungen von Palermo und fraglich aus dem Miocän von Malta bekannt. ScMzaster Scillae Ag. Bisher nur pliocän und miocän aus der Umgebung des Mittel meeres bekannt. Schizaster canaliferus Lam. , Bisher nur lebend bekannt im Mittel- Brissopsis lyrifera Ag. sp. ) meer. Sitzung vom 20. November. 235 Echinus cf. Flemingi Forbes. Bisher mir lebend (im Mittel- meer) bekannt. Psammechinus Eomanus (Merian) Desor. Synopsis p. 122. Pliocän von Palermo, lebend nicht bekannt. Toxopneustes (Strongylocentrotus) lividus Lam. sp. Lebend und bei Palermo im Pliocän. Cidaris multimammata n. sp. Form hoch, kuglig. Die Am- bulacralfelder schmal, leicht wellig verlaufend, mit 4 Reihen gleich grosser Körnchen. Die Porenpaare stehen dicht zusammen. Die Poren sind rund, die eines Paares durch ein Körnchen getrennt. Die Interambulacralfelder tragen 9 Paar Stachelw^arzen, welche sich aus ovalen Scrobikeln erheben, sie sind glatt. Der Warzenkopf ist durchbohrt. Um die Scrobikeln läuft ein Kranz grösserer Körnchen , die oben und unten allein die Begrenzung der Scrobikeln bilden. Zwischen dem äusseren Rande und den Ambulacralfeldern ist noch eine Reihe feinerer zu bemerken. Die Mitte wird von dichtstehenden Körnchen eingenommen, die durch unregelmässig horizontal eingeritzte Linien zu Reihen geordnet werden. Von Peristom und Periproct ist nichts erhalten. Die dazugehörigen Stacheln sind lang stabförmig, mit kreisrundem Querschnitt. Die Gelenkfacette ist glatt. Der Ring springt schwach hervor, das Hälschen ist kurz. Alle diese Theile sind glatt. Die Körper der Stacheln selbst sind mit 19 bis 20 Längsreihen von spitzen nach aufwärts gerichteten Tuberkeln besetzt. Die Tuberkeln der benachbarten Reihen sind so gestellt, dass sie mit einander alterniren. — Diese Art ist weder lebend noch fossil bisher bekannt, und steht namentlich durch die bedeutende Zahl von Interambulacralwarzen sämmtlichen Mittelmeertypen sehr fern. Das Interesse dieser Fauna liegt in der eigenthümlichen Artenmischung, wie sie bisher aus gleichaltrigen jungtertiären Ablagerungen nicht bekannt ist. Zunächst hat sie mit den Paler- mitaner Ablagerungen durch das Auftreten von Spatangus Philqm. Schizaster Scillae, Brissus unicolor, Toxopneustes lividus und Psammechinus nahe Verwandtschaft. Dazu treten nun mehrere Arten, welche bisher nur lebend bekannt waren, nämlich Echinus Flemingi, Schizaster canaliferus, Brissopsis lyrifera und Spatangus purpureus, alles im Mittelmeer verbreitete Arten, die aber aus 236 Gesellschaft naturforschender Freunde, den Palermitaner Ablagerungen noch unbekannt sind und zu diesen gesellt sich noch Cidaris multimammata als eine neue und allen Arten des Mittelmeeres sehr fernstehende Art, als ein inter- essantes Zeugniss, dass noch zu verhältnissmässig sehr jungen Zeiten und in Vergesellschaftung mit den noch lebenden verbrei- tetsten Arten Echinidentypen im Mittelmeer gelebt haben, welche in der etzigen Fauna durchaus keine Analoga mehr finden, wie überhaupt lebende Cidaris-Arten mit so grosser Anzahl von War- zen auf den Interambulacralfeldern noch nicht aufgefunden sind. Herr F. Hilgendorf sprach über den Jugendcharakter der Fischgattung Fistularia. An einem Exemplar einer japanischen Fistularie, die zugleich mit älteren Individuen an der Ostküste Mittelnippons in geringer Tiefe gefangen wurde, zeigte sich dieselbe Stachelbekleidung, wie sie von Klunzinger in seiner Synopsis der Fische des Rothen Meeres beschrieben wird, und die diesem Forscher als Charakter seiner Species F, villosa gilt. Ein weiteres Exemplar, bei Neubrittanien während der „Gazellen-Expedition von Prof. Studer gesammelt und dem hiesigen zoologischen Museum gehörig, besitzt das Merkmal in gleicher Weise. Da nun an allen diesen drei Orten sich die indo-pacifische F. serrata Cuv. findet und die stacheltragenden Exemplare sämmtlich sehr klein sind (das japanische misst 108 Mm. ohne Schwanzanhang), so liegt die Vermuthung nahe, dass die den Körper in unregelmässigen dichten Längsreihen überdeckenden Spitzchen einen Jugendcharakter der F. serrata darstellen, die im erwachsenen Zustande nackt ist. Eine analoge Abweichung zwischen jungen Fischen und alten derselben Art ist bislang nicht bekannt geworden^), und es verdient daher das Verhalten der genannten Gattung Beachtung. Vollständigeres Material, besonders Reihen von der Grösse nach zunehmenden Exemplaren, oder noch besser (wenngleich vorläufig wohl kaum zu hoifen) directe 1) Vgl. Owen, Anatomy of Vertebrates I, p. 612, wo von Günther, die hauptsächlichsten AltersdifTerenzen der Fische zusammengestellt worden sind. — Das Nacktwerden der Wangen hei Balistes fuscus B\. (Klunzinger , Synopsis p. 623) scheint nur darauf zu beruhen, dass die Schuppen im Wachs- thum verhältnissmässig sehr zurückbleiben und daher weit auseinander rücken, nicht aber auf einem Verschwinden derselben. Sitzung vom 20. November. 237 Beobachtung der Entwicklung am lebenden Thiere müsstfe die immerhin recht wahrscheinliche Vermuthung zur verbürgten That- sache erheben. Ob das junge Exemplar der sehr ähnlichen atlantischen F. tabacaria L. im British Museum (cf. Günther 's Catalogue) wirklich der hier beschriebenen Auszeichnung entbehrt, und ob im bejahenden Falle das Stück schon zu alt, oder aber die F. tabacaria von der F. serrata in der Entwicklung ver- schieden ist, muss vorläufig dahingestellt bleiben. Die nächst- verwandte Gattung Aulostoma besitzt übrigens normale, wenn auch kleine Schuppen, aber keine Stacheln. Herr v. Martens theilte die folgende Uebersicht der von Herrn Dr. O. Finsch und dem Grafen zu Wald- burg-Zeil in Sibirien gesammelten Mollusken mit: A. Aus dem nördlichen Sibirien, am unteren Laufe desObi, von 61° N. Nordbreite bis Polarkreis, S.Juli bis 2 5. September. 1. Succinea putris L. Bei Janburri an der Mündung der Schtschutschaja in den grossen Ob, jenseits des Polarkreises, 17. Juli; das grösste Exemplar 13^ Mm. lang und 8 Mm. breit, Mündung 9 Mm. lang. Bei Obdorsk unter dem Polarkreis, 26. Aug.; bei Wandiarski Jurti, 65 Werst oberhalb Obdorsk, an Grasstengeln, 5. Sept.; bei Nerimoskaja, 4 Werst oberhalb Bere- soflf, zu Hunderten an Rohrblättern, 14. Sept.; bei Tschema- tschewskaja, 62^ °, 8. Juli. 2. Succinea P/ei/feri Rossm. In einem Sumpf ober- halb Kuschowat, zwischen Obdorsk und Beresoff, 8. Sept. 3. Limnaea stagnalis L. var. fragilis L., Hartm. (Sturm's Fauna Heft 8 , Taf. 13). Langgestreckte, schlanke Form ohne Spur einer Kante; Mündung schmal, die Hälfte der Gesammtlänge nicht oder kaum überschreitend. Oberhalb Novija, 74 Werst oberhalb Beresoff, etwa 63^", im Sumpf, 15. Sept.; das grösste Stück 36 Mm. lang, 15 Mm. breit, Mündung 18^ Mm., Mundrand bei mehreren ausgebreitet, wie bei L. auricularia. — Bei Käoschka, 380 Werst oberhalb Beresoff, 21. Sept.; bis 40 Mm. lang. Im Sand des Ob am linken Ufer, bei Suchorowskaja, 23. Sept.; massig dickschalig, in die gewöhnliche bauchige Form 238 Gesellschaft naturforschender Freunde. übergehend, auch hier der Mundrand oft ausgebreitet; das grösste Stück 39 Mm. lang, das kleinste mit ausgebreitetem Mundrand 29 Mm. 4. Limnaea palustris MüW. Obdorsk (unter dem Polar- kreise), Fragmente. Oberhalb Kuschowat (Gö*^ nördl. Br.), 6. Sept., klein und schlank, 25 Mm. lang. Oberhalb Novija, 15. Sept., ebenso, 15 — 18 Mm. Bei Novaja, 1 Station oberhalb Kloster Kondinoski (beinahe 62^*), 19. Sept. Käoschka, 21. Sept., auch klein. Bei Suchorowskaja, 23. Sept., klein und gedrungen, 16 Mm. lang, 8 Mm. breit, Mündung 9 Mm. 5. Limnaea truncatula Müll, {minuta Drap.). Jan- burri, 17. Juli, jenseits des Polarkreises. 6. Limnaea peregra Müll. Oberhalb Kuschowat, etwa 65", 245 Werst oberhalb Obdorsk, 6. Sept., nur 8 Mm. lang. Oberhalb Novija (63^°) im Sumpf, schwärzlich, 17 Mm. lang, Mündung 12 Mm., Mundsaum etwas ausgebreitet, 15. Sept. Im Sande des Ob bei Suchorowskaja, etwa 61'', 134 Werst unter- halb Samarowa. 7. Physa fontinalis L. Sand des Ob bei Suchorows- kaja (610). 8. Planorhis corneus L. Oberhalb Novija (63^^), 15. Sept.; flach und wenig involut, rostbraun. Novaja oberhalb Kondinoski, 19. Sept. Käoschka, 21. Sept.; alle Stücke flach, das grösste 28 Mm. im Durchmesser. Im Sand des Ob bei Suchorowskaja, 23. Sept.; ebenfalls vorherrschend flach, rost- braun, oft mit zahlreichen hammerschlagartigen Eindrücken, bis 28 Mm. im Durchmesser und 16 Mm. hoch (dick). 9. Planorbis marginatus Drap. Oberhalb Novija, etwa 6.3|", 15. Sept. und Novaja, 19. Sept. Bei Käoschka, 21. Sept. Im Sand des Ob bei Suchorowskaja, 23. Sept. Troitzkaja (unter 61« nördl. Br.), 25. Sept. 10. Planorhis carinatus Müll. Oberhalb Novaja (bei- nahe 62*^), 19. Sept., nur ein Exemplar. 11. Planorhis alhus Müll. Im Sand des Ob bei Sucho- rowskaja (610), 23. Sept. Bei Troitzkaja, 25. Sept.; 6 Mm. im Durchmesser, blass, Kante mehr oder weniger angedeutet, die Spiralstreifen der Unterseite bei einigen Exemplaren stärker ausgesprochen, als bei anderen desselben Fundortes. 12. Planorhis horealis Loven, Westerlund. An Sitzung vom 20. November. 239 Steinen in einem See der Tundra, zwischen der Mündung des Ob und dem karischen Meerbusen, etwas unter 67:1^", 4. Aug.; dunkelbraun, 5^ Mm. im Durchmesser, 2 Mm. hoch. NB. Dunker hat in den Proc. Zool. Soc. 1848, S. 42 einen Planorhis mit den folgenden Worten beschrieben : Testa parva, tenui, pallide Cornea, subtilissime striata, supra planiuscula, medio impressa, in/ra concava; anfr. 3^ ovatis, modice crescentibus , sutura destincta divisis; apertura obliqua, ovata. Diam. max. 2'", alt. ^"'. PI. albo affinis, at colore et capillis defidentibus diversa. Sollte das etwa dieselbe Art sein? die vorliegenden Exemplare sind aber mehr dunkelbraun. 14. Bithynia Leachi Sheppard var. major {inflata Hansen). Bei Suchorowskaja und bei Troitzkaja (61^ n. Br.). 15. Valvata piscinalis Müll. Im Sand des Ob bei Suchorowskaja (61*^). 16. Valvata macrosioma Steenbuch. Ebenda, Ein Exemplar, ganz gut mit solchen aus dem Brieselang unweit Spandau übereinstimmend. 17. Cyclas Asiatica Martens (Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch. 1864, S. 345 (Holzschnitt) und 349. Aus dem Magen des Moksun , eines Fisches aus der Gattung Coregonus, bei Tachty am unteren Ob, 12. Juli. Zwischen C. rivicola und C. lacustris Drap. (Drap arnaldi West.), einer jungen rivicola ähnlich, aber stärker gewölbt. Schon fossil von den Ufern des Irtisch-Flusses bekannt. 18. Cyclas calyculata Drap. Langiorski Jurti (ober- halb Kuschowat zwischen Obdorsk und Beresoff) im Sand, 7. Sept. B. Aus dem südwestlichen Sibirien, oberes Gebiet des Ob. (3.) Limnaea stagnalis \j. Barnaulka, ziemlich bauchige Stücke. 19. Limnaea ovata Drap. Ebendaher. 20. Limnaea auricularia L. Ebendaher. 21. Anodonta anatina L. Ebendaher, klein, der pisci- nalis sich nähernd. 240 Gesellschaft naturforschender Freunde. C Aus dem Gebirgsland des Altai und Alatau. a) Aus dem Saisan (Nor Saisan oder Dzaisan), den der obere Irtysch durchströmt. 22. Anodonta piscinalis Nilss. Klein, das grösste Stück 67 Mm. lang, .38 Mm. hoch und 22 Mm. dick, Wirbel in ^ der Lcänge, einzelne kleinere sehr flach (resp. 58, 31^, 16, ^), alle stark abgerieben, so dass nach oben zu Anwachsstreifen gar nicht mehr vorhanden sind; kleine ansitzende, unvollkommene Perlen an der Innenseite zerstreut, besonders im vorderen Muskeleindruck. b) Aus dem Ala-kul, einem See ohne Abfluss, östlich vom Bal- chasch-See, nördlich vom Alatau- Gebirge, etwa 365 Meter über dem Meer. (3.) Limnaea stagnalis L. var. vulgaris Leach, Hartm. Bauchig, aber ohne Kante, 41 Mm. lang, 19 Mm. breit, Mündung 23^ Mm.; einzelne Stücke auch mit ausgebreitetem Rand. (4.) Limnaea palustris Müll. Klein, das grösste Stück nur 13 Mm. lang. (19.) Limnaea ovata Drap. In Fragmenten. (9.) Planor bis marginatus Drap. 23. Planorbis spirorhis (Müll.) Rossni. = PL Da- zuri Mörch. Gut übereinstimmend mit Exemplaren aus dem Brieselang bei Spandau. (14.) Bithynia Leachi var. major. (15.) Valvata piscinalis Müll. Diese Arten wurden am Strande des genannten Sees, dessen Wasser bitter und salzig ist, in ausgebleichtem Zustande gefunden und es bleibt somit fraglich, ob sie im See selbst leben oder nur von den einströmenden Flüssen hineingebracht worden sind. Der Alakul war übrigens früher ohne Zweifel mit dem Balchasch zusammenhängend, welcher grossentheils noch süsses Wasser hat, so dass anzunehmen ist', dass auch das Wasser des Alakul frü- her, ehe seine Ausdehnung so sehr abgenommen, süss oder doch weniger salzhaltig gewesen sei. c) Landschnecken aus dem Gebirge Ala-tau. 24. Helix ruhens Märten s (in Fedtschenko's Reise, Mollusken S. 12, Taf. 1, Fig. 6; Malak. Jahrbücher 1875, Taf. 3, Sitzung vom 20. November. 241 Fig. 2). Ala-tau, unter dem Schnee, in einer Höhe von 1900 Metern, 16. Mai. Die vorliegenden Exemplare, in Spiritus aufbewahrt, zeigen zw^ar nicht die lebhaft röthliche Farbe wie die von Prof. Fedtschenko im Gebirge des Sarafschan-Thals gesammelten, aber da die Form und Siiulptur (sehr feine Spiral- streifung) übereinstimmt und auch unter den wenigen turkesta- nischen Exemplaren einzelne ganz blass sind, stehe ich nicht an, sie für dieselbe zu erklären. Herr Dr. Pfeffer hat die Weich- theile beider Formen untersucht und der Untergattung Fruticicola entsprechend gefunden: beide haben einen doppelten Pfeilsack; kleine Unterschiede finden sich in den Anhängen der Geschlechts- organe. Conchyliologisch lassen sich die zwei Abarten folgender- maassen unterscheiden: H. rubens var. Finschiana: Testa major., subglo- bosa, Siriis spiralibus usque prope umbilicum distinctis, pallide rubens, fascia peripherica indistincta. Diam. maj. 20, min. IG, alt. 15, apert. lat. 11, altit. obliqua 10 Mm. Lepsa im Alatau , von eingebornen Knaben erhalten, 14. Mai, Dr. O. Finsch. H. rubens var. Zeiliana: Testa elatior, globoso- conoidea, umbilico semitecto, nitidula, striis spiralibus minus distinctis, infra obsoletis, pallide rubens, fascia peripherica an/r. ult. nulla. Diam. maj. IG, min. \o\, alt. 14, apert. lat. 9, altit. obliqua 8^ Mm. Ala-tau, in einer Höhe von 1900 Metern, IG. Mai, vom Grafen Waldburg-Zeil gesammelt. 25. Helix Semenowi Martens (Mal. Blätter XI, 1864, p. 115. Am Strand des Sees Ala-kul mit den oben erwähnten Süsswasserschnecken gefunden, die vorliegenden Exemplare stim- men in Form und Skulptur ganz gut mit den von Prof. Seme- now etwas südlicher im Tianschan jenseits des Issik-kul gefun- denen Originalen überein, zeigen aber noch Spuren einer blass- röthlichen Färbung und weisen daher dieser Art ihre Stellung nicht unter den Xerophilen, sondern näher den Fruticicolen, neben rubens und phaeozona, an ; man ersieht hieraus, wie sehr man sich mit der Färbung bei centralasiatischen Schnecken in Acht nehmen muss. Ich füge daher eine neue Beschreibung bei: 242 Gesellschaft naturforschender Freunde. Testa angusteumbilicata, globoso-depressa, pallide rubens, striata et lineis spiraUbus subtiUssimis sculpta; spira conoi- dea, apice obtusa, concolor ; sxitura mediocris; anfr. 5 — 5^^ tumidi, ultimus breviter descendens, teres; apertura parum obliqua, rotundato-lunata ; peristoma rectum, obtusum, intus incrassatum, marginibus distantibus, utroque arcuato, colu- mellari calloso. Diam. maj. 12, min. 10|-, alt. 8^, apert. lat. 6, altitudo obliqua 6 Mm. Es sind demnach im Ganzen 25 Arten gesammelt, davon 4 unter dem Polarkreis (Obdorsk) oder noch nördlicher, nämlich Succinea putris, Limnaea palustris, truncatula und Planorbis borealis, 16 im mittleren Gebiet des Ob zwischen Samarowa und Obdorsk, 4 in der Barnaulka, 11 in den südlichen Seen und im Alatau-Gebirge. Herr v. Märten s zeigte ferner einige Süsswasser-Conchy- lien in subfossilem Zustande vor, welche in Central-Afrika bei Kuka, im Reich Borna an der Westseite des Tschad-Sees, von Herrn Gerhard Rohlfs gesammelt worden sind. Es sind vier Arten: Planorbis Büpp elli Dkv., Isidora contortaM.\ch., Limnaea Natalensis Krauss und Melania tuberculata Müll. Alle diese kommen auch noch lebend in den Nilländern vor, die letztgenannte ist sogar wahrscheinlich aus Ostindien eingeschleppt, aber gegenwärtig über das ganze Gebiet der muhamedanischen Welt, z. B. bis Marokko, verbreitet; speciell westafrikanische Formen sind nicht darunter. Da bis jetzt unseres Wissens noch gar Nichts über die Binnenmollusken dieses Theils von Central-Afrika bekannt war, so hat dieses Ergebniss ein gewisses Interesse, obwohl es nur auf die Gleichförmigkeit der Fauna durch weite Strecken und verschiedene Stromgebiete hin- weist und in diesem Fall als nil novi ex Africa erscheint. Herr P. Magnus') sprach über die weitere Verbrei- tung der Puccinia Malvacearum in Europa während des Jahres 1877, soweit ihm dieselbe bekannt geworden, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Ankunft bei Berlin. 1) Dieser Vortrag wurde bereits in der Sitzung vom 16. Oetober d. J. geiialten , das Manuscript aber vom Verfasser behufs Einfügung nachträglich zugegangener Ergänzungen der Redactiun verspätet eingesandt. Sitzung vom 20. November. 243 In der Schweiz, in deren Nachbarländern schon früher die Puccinia aufgetreten war, wies sie G. Winter in der Gegend von Zürich, im Canton Uri und in Bern nach. (Vgl. Hedwigia 1877, No. 11, p. 161 sp.) Am Rhein hat sie sich von Holland, Neuwied u. a. aus weiter verbreitet und ist in Westphalen eingetreten. Bereits im October 187G fand sie Herr Stud. F. Kar seh bei Münster i. W. auf Althaea rosea Cav. auf dem Kirchhofe am Neuthor. — Herr Hermes, Fürstl. Salm-Dyck'scher Gartendirector in Dyck bei Glehn im Regierungsbezirke Düsseldorf theilte Vortragendem freundlichst mit, dass Puccinia Malvacearum seit Juli 1874 in den Fürstlichen Gärten so stark auf Althaea rosea aufgetreten war, dass er trotz wiederholter Versuche mit neuem noch intactem Material die Cultur derselben ganz aufgeben musste. — Ihr Auftreten in St. Goar a. Rh. beobachtete Herr G. Herpell im September d. J. Sie trat in seinem und seines Nachbars Garten so stark auf Althaea rosea Cav. auf, dass die Pflanzen bedeutend darunter litten. Sowohl Herr Herpell wie sein Nachbar hatten diesen Filz in den Jahren vorher niemals beobachtet, so dass er erst 1877 seinen Eingang dort gefunden zu haben scheint. Auf wilden Malven konnte ihn Herr Her pell trotz seines darauf gerichteten Suchens nicht auffinden; wohl aber fand er ihn auf Malva mauritiana, auf welcher Art er weit spärlicher, als auf Althaea rosea auftrat. In der Umgegend Bremens fand sie Herr Dr. W. O. Focke im August 187(5. Bei Sellstedt traf er sie auf der cultivirten Althaea rosea Cav., bei Oslebshausen auf Malva crispa, die dort als Gemüse cultivirt wird. Auf wilden Malven fand er sie nicht. Bemerkenswerth ist noch, dass der Pilz 1877 nicht wieder auf- trat, trotzdem der Eigenthümer wieder genau dieselbe Stelle mit Malven bepflanzt hatte. Es möchte vielleicht daran liegen, dass die Stelle im Winter 1876 — 77 längere Zeit überschwemmt war, und sich dadurch keine Teleutosporen den Winter hindurch keim- fähig hielten, oder alle schon zur Zeit der Ueberschwemmung auskeimten und die Keime zu Grunde gingen. In der Umgegend Braunschweigs trat sie ebenfalls bereits 1876 auf. Bei Martinsbüttel sammelte sie Herr Focke Ende 244 Gesellschaft naturforschender Freunde. Juli 1876 auf Althaea rosea, in Fallersleben Herr A. Schütte im November 187G ebenfalls auf Althaea rosea. In der Mark Brandenburg wurde sie am 17. September d. J. von Herrn Assistenzarzt Dr. H. Winter bei Brandenburg a. H. im Dorfe GoUwitz bei Wusterwitz auf Malva sylvestris beobachtet. Später am 11. November sammelten sie Herr Dr. Winter und Herr F. A. Toepffer im Dorfe Nauendorf bei Brandenburg a. H. ebenfalls auf der wilden Malva sylvestris und sandten sie Vor- tragendem freundlichst zu. Herr Toepffer theilte Vortragendem auf seine Anfrage noch brieflich mit, dass merkwürdiger Weise in Brandenburg a. H. selbst weder auf wilden noch auf culti- virten Malven Puccinia gefunden werden konnte. Das legt die Vermuthung nahe, dass sie durch rein spontane Verbreitung ohne Vermittellung des Handels in die Dörfer gelangt sein möchte. Bei Berlin wurde sie zuerst von Herrn Photographen Carl Günther hierselbst beobachtet. Derselbe fand sie am 12. Oc- tober d. J. auf Althaea rosea L. in der Gärtnerei des Herrn Mai in Pankow. Dass die Puccinia in der Gärtnerei des Herrn Mai erst kürzlich auf Althaea rosea Cav. aufgetreten ist, glaubt Vortragender daraus schliessen zu dürfen, dass sie, wie derselbe einige Tage darauf an Ort und Stelle beobachtete, nur auf den Blättern und Blattstielen, nicht aber auf den Fruchtkelchen auf- getreten war, auf denen sie bei zeitiger Incubation stets auftritt; auch theilte ihm Herr Mai mit, dass er seit 10 Jahren keine neue Althaea von auswärts bezogen hat, sondern sie stets aus selbst geernteten Samen wieder aufzog. Diese Umstände weisen deutlich darauf hin, dass die Gärtnerei des Herrn Mai nicht die erste Stelle in Pankow ist, wo die Puccinia daselbst aufgetreten ist, dass sie bereits in die Gärtnerei des Herrn Mai von einer anderen Stelle, z. B. einem anderen Garten in Pankow her ein- gedrungen ist. Und so finden in der That die Herren Prof. Ascher- son und Prof. Dumas am 28. October die Puccinia Malvacearum nur erst in einzelnen Pusteln auf den Blättern von Althaea rosea in der Gärtnerei des Herrn Haase (Firma Lussky), die unweit von der Gärtnerei des Herrn Mai gelegen ist, und zu der sie offenbar aus letzterer erst eben gedrungen war. Der warmfeuchte Herbst begünstigte offenbar sehr ihr Gedeihen und ihre Aus- breitung. Sitzung vom 20. November. 245 Ausserdem ist Puccinia noch an zwei anderen Orten der Berliner Umgegend beobachtet worden. Herr Universitätsgärtner Per ring fand sie Mitte November d. J. im Borsig'schen Garten auf Topfpflanzen der Althaea rosea Cav. , die von aus Erfurt bezogenen Samen gezogen sind. Herr Ernst Ule sammelte sie ebenfalls Mitte November auf Althaea rosea Cav. in einem Vor- garten der Dorfstrasse in Tempelhof. Bei Berlin ist sie mithin an mehreren weit auseinander liegenden Stellen der Umgegend immer nur auf der cultivirten Althaea rosea Cav. angetroffen worden. Nirgends wurde sie bisher auf wilden Malven angetroffen, obschon Vortragender bei Pankow, wo er übrigens nur sehr wenig wilde Malven traf, sowie auch an anderen Orten der Umgebung Berlins speciell darauf achtete. Auch in Oesterreich war sie bereits 187G vorgedrungen. Südlich der Alpen fand sie Herr Prof. W. Voss in Gärten Lai- bachs auf Althaea rosea bereits im Juli 1876 (vgl. Oesterr. Bot. Zeitschr. 1877, p. 297, sowie Hedwigia 1877, p. Üb). Herr Prof Voss bemerkt dazu, dass beim Handelsgärtner Schmidt, in dessen Garten sie zahlreich auf Althaea rosea auftrat, mit der Malvencultur erst 1874 begonnen und Samen dazu aus London bezogen wurde. Obwohl nun 1874 und 1875 die aus diesem Samen erzogene Cultur der Althaea rosea Cav. rein blieb, meint er doch, dass die Puccinia Malvacearum vermittelst der Samen aus England dorthin gelangt sei. Vortragendem ist es wahr- scheinlicher, dass sie von Ober-Italien, wo sie bereits seit Früh- jahr 1874 ist, in Krain eingedrungen und nach Laibach gelangt sein möchte. Gestützt wird diese Annahme noch dadurch, dass, wie Herr Baron von Thümen Vortragendem mittheilte, Puccinia Malvacearum auf Althaea rosea Cav. bei Athen bereits im April 1877 angetroffen wurde. Auch auf der wilden Malva sylvestris traf sie Herr Prof. Voss auf Schuttplätzen des Dorfes Jescbza, etwa eine halbe Stunde von Laibach, im Juni 1877 reichlich an. In Ungar. Skalitz trat sie bereits 187G auf den dortigen grossen Malvenculturen auf, wie in der ungarisch geschriebenen landwirthschaftlichen Zeitschrift „Obzor" 1877, No. 28, S. 221 mitgetheilt wird (vgl. Holuby, Oesterr. Bot. Zeitschr. 1877, No. 11, p. 389). Aber erst 1877 zerstörte sie auch die schönsten Malvenfelder so, dass sie nicht einmal ein Drittel der erwarteten 24G Gesellschaft naturforschender Freunde. Blüthen hervorbrachten und ganze Stöcke Anfangs August mit dem grössteu Theile der Knospen verdorrten. Bei Stortek im Wagthale in Ungarn fand Herr Iloluby im August 1877 eben- falls die Blätter und Kelche fast sämmtlicher Stöcke seines Malvenfeldes von Fuccinia Malvacearum besetzt, sodass die ganze Cultur verdarb (vgl. Oesterr. Bot. Zeitsch. 1877, No. 10, p. 351). Bei Linz traf sie Herr Dr. Schiedermayr auf Althaea rosea im Parke des Cisterzienserstiftes Wilhering Anfang August 1876 und in Neufelden bei Linz uni Althaea officinalis und Malva sylvestris im October 1876 an (vgl. Hedwigia 1877, No. 7, p. 97); er legt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass sie an ersteren Ort mit Pflanzen oder Samen aus Erfurt gelangt sein möchte. Bei einem kurzen Besuche von Tetschen a. d. Elbe fand sie Vortragender am 7. September 1877 in einem kleinen Vor- gärtchen reichlich auf jungen einjährigen, noch nicht zum Blüthen- schafte ausgewachsenen Pflanzen der Althaea rosea Cav., während sie auf den älteren blühenden Stöcken derselben sowie auf den wilden Malven in Tetschen, soweit sie Vortragender zu Gesicht bekam, fehlte. Es lag hier also eine frische Einführung der Fuccinia Malva- cearum, offenbar durch den Handelsweg, vor; leider liess sich wegen Abwesenheit der Eigenthümer des Vorgartens die Bezugs- quelle der jungen Althaea -Filauzaii nicht ermitteln. Hervor- gehoben zu werden verdient noch, dass sie in der Sächsischen Schweiz noch gänzlich fehlte. So sehen wir, wie sich Fuccinia Malvacearum von ihren Stationen aus den natürlichen Verkehrsstrassen folgend immer tiefer ins Innere verbreitet und sie immer weiter nach Osten in Europa vordringt. Das hauptsächlichste Mittel ihrer Verbreitung bilden die von ihr befallenen Culturpflanzen, namentlich Althaea rosea Cav.; doch sehen wir sie auch häutig in Dörfern in der Nähe von Städten erst auf den wilden Malven auftreten, wohin sie offenbar durch spontane Verbreitung schnell gelangt. Von keinem anderen Rostpilze ist eine so schnelle Wanderung und Ausbreitung von den einzelnen Stationen beobachtet worden. Nachträglicher Zusatz. Wie Herr Lehrer Sydow in der am 30. November 1877 stattgefundenen Sitzung des botanischen Vereins für die Provinz Brandenburg niittheilte, hätte derselbe bereits im September die Fuccinia Malvacearum auf Althaea Sitzung vom 20. November, 248 rosea Cav. im Berliner botanischen Garten, sowie im Parke des Schlosses Bellevue gefunden. Ich besuchte in Folge dessen am ö. December den botanischen Garten und fand dort Puccinia Malvacearum auf Althaea rosea Cav. im vorderen Theile des Staudenstückes. Aber nicht nur auf dieser Art war die Puccinia aufgetreten, sondern noch weit reichlicher und üppiger hatte sie sich auf jungen, aus diesjähriger Aussaat gezogenen Pflanzen der Malva sylvestris entwickelt, deren junge Rosetten dicht mit ihr bedeckt waren. Ausserdem hatte sie noch Althaea Heldreickii Boiss. /. rotundata, sowie Althaea asterocarpa var. intermedia ebenso stark, wie Althaea rosea, befallen, während die Malva moschata, die zwischen den befallenen Malva sylvestris und Althaea Heldreichii steht, gänzlich frei von ihr geblieben ist. Bemerkenswerth ist noch, dass sie in anderen Theilen des botanischen Gartens, wo Althaea rosea cultivirt wird, wie im hintersten an die Mauer angrenzenden Theile des Staudenstückes und im Garten des Gartenbauvereins, sowie auf den anderweitig stehenden wilden Malven gänzlich fehlte, was die Kürze der Zeit seit ihrer Ankunft im botanischen Garten beweist. So sehen wir, dass Puccinia Malvacearum ziemlich gleich- zeitig im Herbste 1877 in der ganzen Umgegend Berlins — Pan- kow, Tempelhof, Schöneberg, Park von Bellevue, Moabit — aufgetreten ist und der Cultur unserer Gartenmalven bereits zur grössten Gefahr gereicht. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Klunzinger, Die Korallenthiere des Rothen Meeres. Erster Theil: Die Alcyonarien und Malacodermen. Mit 8 lithogr. Tafeln. Berlin, 1877. Abhandlungen der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Jahrg. 1876. Monatsbericht derselben. Mai, Juni und Juli 1877. Bulletin de rAcademie imperiale des sciences de St. Petersbourg. XXIV. No. 1. 1877. Bulletin de la Societe imperiale des naturalistes de Moscou. 1877. 1—2. 19 248 Gesellschaft naturforschender Freunde. Vierundfünfzigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur (Generalbericht über das Jahr 1876). Breslau, 1877. Proceedings of the Boston Society of natural history. Vol. XVIII. Part 3 u. 4. Jan.— July 1876. Proceedings of the Academy of natural sciences at Philadelphia. Parti— III. Jan.— Dec. 1876. Leopoldina. XIII, 17—18. Sept. 1877. Das fünfzigjährige Doctorjubiläum des Akademikers Geh. Rath J. Fr. Brandt. St. Petersburg, 1877. Mit Bildniss. H. Krone, Die deutsche Expedition zur Beobachtung des Venus- durchganges auf den Auckland-Inseln. Aus der „Isis'^. Dres- den, 1877. — Geographische Notizen über die Auckland-Inseln. Aus d. Jahresb. d. Ver. f. Erdkunde in Dresden 1876. — Bilder aus Australien. Aus der „Isis". Dresden, 1876. — Der Ocean. Aus d. sächs. Gewerbevereinszeitung. — Die Verwendung des Lichtes zu Abbildungen im Dienste der Wissenschaft. Dresden, 1876. Kiesen Wetter u. Kirsch, Die Käferfauna der Auckland-Inseln. Aus d. deutsch, entomol. Zeitschr. 1877. V. Martens, Die Schneckenfauna des Thüringer Waldes. Aus d. malakol. Jahrbüchern. 1877. A.W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. SitzunüS-ße rieht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 18. December 1877. Directör: Herr von Märten s. Herr Magnus zeigte vor und besprach eine Alge, die er seit mehreren Jahren auf unseren Warmhaus- pflanzen beobachtet hat, als neue noch unbeschriebene Art erkannte und als Protococcus caldariorum P. Magn. in Rabenhorst, Algen Europas No. 2465 herausgegeben hat. Die Alge zeigt sich dem unbewaffneten Auge als weite gelb- grüne Ueberzüge auf den Blättern, Blattstielen und Stämmen vieler "Warmhauspflanzen aus den verschiedensten Abtheilungen des Pflanzenreiches, wie z. B. auf Angiopieris, Phegopteris ejfusa, Alsophila obtusa und anderen Farnen, auf Phrynium, Caryota, Pa7idanus, Monstera Lennaea, Stangeria puradoxa^ Ficus barbata, Ficus elastica u. s. w. Der Ueberzug wird gebildet von einzelnen frei nebeneinander liegenden kugeligen Zellen, deren Durch- messer zwischen 3,33 und 6.66 Mmm. schwankt. In ihrem Inhalte führen sie Chlorophyll und orangefarbenes Oel. Schon beim Durchmustern eines jeden erst vor Kurzem aus dem Warmhause genommenen Ueberzuges findet man einzelne Gruppen von 6 — 12 und mehr, seltener weniger bis zu 2, kleineren, frei aneinander liegenden Zellen, die von einer gemeinschaftlichen Membran eingeschlossen sind; taucht man aber bei warmem Wetter ein mit dieser Alge bedecktes Blatt in ein Glas Wasser und unter- sucht dieselbe nach ein bis zwei Stunden , so findet man sehr 20 250 Gesellschaft naturforschender Freunde. viele solcher kleinzelliger, von gemeinschaftlicher Membran um- hüUter Gruppen, d. h. aus dem Inhalte der vorher einzelnen Zellen der Alge hat sich eine unbestimmte Anzahl Tochterzellen gebildet. In der Mutterzelle sind daher die Tochterzellen durch freie Zellbildung entstanden. Bald schwindet die gemeinschaftliche Membran der Mutterzelle, die Tochterzellen werden frei und wachsen allmählich unter Bildung einer geringeren Membran zur Grösse der ursprünglichen Mutterzelle heran; bei zugeführter Feuchtigkeit bilden sie wieder aus ihrem Inhalte Tochterzellen in der beschriebenen "Weise. Eine etwaige Bewegung der frei- werdenden Tochterzellen konnte Vortragender nie bemerken. Durch diese Art der Fortpflanzung erweist sich die Alge als Glied der Gattung Protococcus. Ihr charakteristisches Auf- treten, die Farbe des von ihr gebildeten Ueberzuges, sowie die Grösse der einzelnen Zellen kennzeichnen sie hinreichend als Species. "Wahrscheinlich ist sie zu uns mit den Warmhaus- pflanzen aus ferner, wärmerer Heimath gekommen. Seitdem Vortragender die Alge kennt, hat er sie in sehr vielen Warmhäusern gefunden. Sehr schön entwickelt traf er sie ausser in Berlin namentlich noch in einem Warmhause des botanischen Gartens in Dresden, in der Gärtner-Lehranstalt in Wildpark bei Potsdam , sowie in Hamburg, München und Inns- bruck. Nicht selten wuchs sie im Berliner botanischen Garten gesellig mit einem kleinen Stichococcus, der vielleicht der Sticho- coccus minor Naeg. sein möchte. Auch mit dem von Hilde- brand entdeckten Chroolepus lageniferum wuchs sie oft zusammen, der sie jedoch stets nach einiger Zeit verdrängte. Herr Jessen besprach ein seiner bald erschei- nenden Flora von Deutschland zu Grunde gelegtes Pflanzensystem, welches auf morphologischen Prin- cipien beruht. Unter den Pflanzen lässt sich eine kleine Gruppe der Algen absondern als Arrhizae, indem bei ihnen alle Zellen durchaus gleichförmig, zugleich ernährende und fortpflanzende sind. Un- passend sind dieselben als Zellencolonien bezeichnet worden, denn mit demselben Rechte kann man ein aus ganz gleichen Zimmern bestehendes Gebäude eine Zimmercolonie nennen. Bei Sitzung %iom 18. December. 251 den übrigen Pflanzen, Bhizophytae, dienen nur die dem nach oben wachsenden Stengel angehörigen Theile der Fortpflanzung. Man unterscheidet wieder solche Pflanzen, bei denen alle oberen Zellen zuerst ernährende und dann fortpflanzende sind und solche, bei denen die Fortpflanzung nur durch einige bestimmte Zellen geschieht, die als Fortpflanzungsorgane sich unterscheiden. Unter diesen letzteren kann man von unten nach oben Abstufungen wahrnehmen, welche zu immer mehr Vorläufern für das Auf- treten der Fortpflanzungsorgane führen. Bei den höheren Pflan- zen zumal prägt sich dies in der stufenweise bedeutenderen Meta- morphose der einzelnen beblätterten Stengelglieder aus. Die Hauptgruppen im Gewächsreiche, welche Llnne als Phanero- gamen und Kryptogamen unterschied, lassen sich durch das Verhalten der männlichen Fortpflanzungsorgane bestimmt sondern, indem die erste Gruppe sich durch auswachsende Pollenschläuche aus Pollen fortpflanzt , dessen Uebertragung an die weiblichen Organe durch die Luft stattfindet, Aerogamen, während die zweite Gruppe nur solche bewegliche Samenfäden besitzt, welche durch Bewegung innerhalb eines feuchten Mediums an die weib- lichen Organe gelangen, Hygrogamen oder Zooganien. Bei unter Wasser blühenden Wassergewächsen geschieht die Befruch- tung der Aerogamen in einer geschlossenen, mit Luft erfüllten Blumenknospe, Blüthenscheide oder dergleichen, nur die zwei- häusigen unter Wasser blühenden Arten von Najas (nach einer mündlich erwähnten Beobachtung von Magnus) und ? Halophila (unf welche Ascherson aufmerksam macht) machen hierbei viel- leicht eine Ausnahme, wenn ihre Pollenschläuche sich im Wasser entwickeln. Unter den Aerogamen aber ist, wie schon Linne als Hauptschwierigkeit für jede botanische Systematik hervor- gehoben hat, nicht eine Fflanzenfamilie, wie unter den Thieren der Mensch, unzweifelhaft als die höchste zu bezeichnen. Da es aber nothwendig ist, eine an die Spitze zu stellen, ist hier die der Compo sitae als die höchste angenommen, und zwar nach dem morphologischen Grundsatze, weil bei ihr die grösste Zahl von Stufen der Metamorphose den Befruchtungsorganen voraus- gehen. Dieser von Elias Fries wohl zuerst ausgesprochenen Ansicht haben sich manche Neuere angeschlossen, unter Anderen auch Brogniart, wenn er auch nach französischer Weise die 20* 252 Gesellschaft naturforschender Freunde. höchste Spitze des Systems in die Mitte seiner Anordnung ver- legt. Die Umbelliferae und Leguminosae ragen sonst in vieler Beziehung auch als hochstehende Familien hervor. An die Compositae reihen sich die übrigen Sympetalae so genau an, dass man die meisten Ordnungen nicht füglich davon losreissen kann, obschon einzelne auch wieder mit anderen Familien in naher Beziehung stehen; nur die Bicornes sind hier neben die Myrtaceae und einige der Petalanthae neben die Garyo- phyllaceae gestellt worden. Die Dialypetalae zeigen zwei Reihen, welche freilich sehr viele Verbindungsglieder besitzen, nämlich A\e Isosiemones mit ebenso viel und die Polystemones mit mehr Staubfäden als Kronblättern. Unter den letzteren lassen sich recht gut wieder zwei Reihen unterscheiden, die Diplo- und die eigentlichen Polystemones, indessen laufen dieselben so parallel, dass sich diese Scheidung meist nur für Unterordnungen anwenden lässt. In der Flora, für welche das Hauptaugenmerk auf Aufstellung übersichtlicher Gruppen gerichtet war, ist es auf solche Weise gelungen, sämmtliche Aerogamen in 20 Ordnungen zusammen- zustellen, von denen 5 auf (^xq Symp>etalae, 11 aw^ d\Q Dialy- petalae, 4 auf die Monocotyledones fallen. Unter den Ord- nungen der Dialypetalae finden sich zuletzt drei, welche als Apetalae besonders aufgeführt sind, v;eil sie zwar an das untere Ende gehören , in ihrer einfachen Blüthenstructur aber an meh- rere der Ordnungen sich gleich gut anzuschliessen scheinen. Dicht vor sie sind die Banunculaceae gestellt, weil diese einerseits den Monocotyledones sehr nahe stehen, ihnen andern- theils aber auch die lockere Verbindung und unbestimmte Zahl ihrer Blüthentheile morphologisch einen niederen Standpunkt anzuweisen scheint. Innerhalb der einzelnen Abtheilungen sind die am höchsten entwickelten Formen , also besonders die Un- regelmässigen, vorangestellt, so dass sich auch hier Reihen von Familien entwickeln. Es ergiebt sich darnach folgende Uebersicht: Kreis I. Aerogamen. Klasse I. Dicotylen. Unterklasse I. Sympetalae. 1. Aggregatae. 2. Stellatae. 3. Tuhiflorae. 4. Primulinae. 5. Campanulinae. Sitzung vom 18. Decemher. 253 Unterklasse II. Dialypetalae. 6. (1) Umbelliflorae. 7. (2) Cocciferae. 8. (o) Parietales. 9. (4) Dianthiflorae. 10. (5) Myrtiflorae. 11. (6) Eosißorae. 12. (7) Corniculatae. 13. (8) Banales. Unterklasse III. Ajjetalae. 14. (1) Serpentariae. 15. (2) ^meniaceae. 16. (3) ^si«/?ae. Klasse II. Monocotylen. 17. (1) Liliißorae. 18. (2) Exoblasteae. 19. (3) Spadicißorae. 20. (4) HeloUae. Kreis II. Hygrogamen. Klasse I. Filicineen. (mit Selagiiies, Equisetaceae, Filices.) Klasse II. Muscineen. (mit Characeae.) Herr P. Ascherson constatirte, dass die bis jetzt last ohne Unterbrechung andauernde milde Temperatur ähnliche Erscheinungen in der Entwickelung der Vegetation zur Folge gehabt habe, wie in dem Winter 1872/18 7 3, über welche Vortragender im Januar 1873 berichtet hat. Da die ihm bisher zugegangenen Nachrichten wohl noch erheblich vervollständigt werden dürften, behält sich Vortragender ausführlichere Mittheilungen für eine spätere Gelegenheit vor und bemerkt nur, dass in fast allen ihm mitgetheilten Verzeichnissen im December d. J. blühender Pflanzen Dianthus Carthusianorum L., Helichrysum arenarium (L.) D. C. und Ackillea MUlefolium L. vorkonmien; das massenhafte Blühen von Centaurea Cyanus L. gegen Ende November ist bei der bekannten Vorliebe unseres Monarchen für diese Blume sogar in den öffentlichen Blättern hervorgehoben worden. Ausser diesen Nachzüglern der Herbst- Vegetation fehlte es aber keineswegs an solchen Arten, welche ihre ßlütlien normal im Frühjahr entfalten, und zwar wurden nicht nur solche, die in jedem Spätherbst bei milder Witterung einzeln in Blüthe zu finden sind, beobachtet, wie Caltha palu- stris L., Sarothamnus scoparius (L.) Koch, Cydonia japonica (Thunb.) Pers. und Primula elatior (L.) Jacq. , sondern auch verschiedene andere, deren Winterblüthe eine sehr ungewöhnliche 254 Gesellschaft naturforschender Freunde. Erscheinung genannt werden muss. Unter diesen befanden sich sowohl einige, die als die ersten Boten des erwachenden Früh- lings betrachtet werden, wie Anemone nemorosa L. (Universitäts- garten Magnus), Lonicera coerulea L. (Lorberg 'sehe Baum- schule Bolle), Daphne Mezereum L. (Stralsund Kr umbholtz), als auch manche, deren normale Entwickelung später, bis gegen Anfang des Sommers, erfolgt, wie Trollius europaeus L. (Univ.- Garten Magnus), Mahonia Äquifolnwi (L.) D. C. (Scharfen- berg und Späth 'sehe Baumschule Bolle, Späth), Hex Äqui- folium L. (Scharfenberg Bolle), Geum rivale L. (Stralsund Krumbholtz) und Pirus aucuparia (L.) Gaertn. (Scharfen- berg Bolle). Vortragender theilte bei dieser Gelegenheit eine andere merk- würdige Thatsache mit. Herr Realschüler G. Egelin g in Pots- dam, ein junger Mann, welcher die dortige Flora mit Eifer und Sachkenntniss beobachtet, übersandte ihm vor einigen Tagen eine im Glienicker Park in grosser Menge auf dem Rasen vor- kommende Selaginella, in welcher Vortragender S. apus (L.) Spring erkannte, eine in unseren Gewächshäusern häufig culti- virte Art, deren weiter Verbreitungsbezirk einen grossen Theil des tropischen Amerikas umfasst und nördlich bis in die Vereinigten Staaten, z. B. New-York, reicht. Immerhin ist es bemerkenswerth, dass diese dort schon seit 6 Jahren beobachtete Gewächshauspflanze bei uns so lange aushält. Ob sie an der ge- dachten Stelle zufällig verwildert oder absichtlich angepflanzt ist, bedarf weiterer Feststellung, da Herr Magnus dem Vortragenden mittheilte, dass im Borsig 'sehen Garten in Moabit eine Selagi- nella unter ähnlichen Verhältnissen vorkommt, deren Art noch zu bestimmen ist. Nachschrift. Herr Garten -Inspector Gaerdt theilte dem Vortragenden auf seine Anfrage gütigst mit, dass die fragliche Selaginella, welche nach der mitgetheilten, am 28. December unter der Schneedecke üppig vegetirenden Probe ebenfalls zu S. apus gehört, bereits seit etwa 20 Jahren im Borsig'sclien Garten, besonders an sonnigen Stellen, vortrefflich gedeiht. Sie zeigte sich zuerst in der Nähe des Wasserpflanzenhauses, und mag mit dem Packmaterial von Wasserpflanzen eingeschleppt Sitzung vom 18. December. 255 worden sein, hat sich aber durch die Bearbeitung des Rasens weiter verbreitet. Dr. M. Kuhn hat die Bestimmung beider Proben bestätigt. Herr Magnus berichtet im Anschlüsse an die Mittheihing des Herrn Prof. Asch er so n, dass er von Herrn Hofgärtner Reuter auf der Pfauen in sei bei Potsdam zwei inter- essante Fälle jetzt blühender Sträucher mitgetheilt erhalten habe. Auf dem nördlichen Theile der Insel stand am 9. December 1877 Cornus sanguinea L. mit vielen aufgeblühten und aufblühenden Dol- denrispen, während Cornus mascula auf dem südlichen Theile der Insel sich noch nicht rührte. Die sehr zahlreichen übersandten Zweige hatten bereits alle Blätter verloren und waren nur von den auf- blühenden Rispen gekrönt. Die im Mai oder Juni nicht zur Blüthe gelangten Zweige des Strauches hatten zum grössten Theile im Sommer zum zweiten Male ausgetrieben, während das Austreiben der diesjährig angelegten Achselknospen gänzlich unterblieb, was um so bemerkenswerther ist, als Cornus sanguinea L. den grössten Theil seiner Belaubung den im Frühjahre austreibenden Knospen der vorjährigen Blätter verdankt. Während also die meisten Endknospen der diesjährigen Triebe durch den feuchten Sommer zum zweiten Austriebe veranlasst wurden, sind die Achselknospen der Laubblätter nicht so weit gefördert worden und bedürfen noch des Winters und der kommenden Frühjahrswärme, um zum Austriebe veranlasst zu werden. — Die zum zweiten Male aus- getriebenen Zweige enden nun nach Anlage von zwei oder drei Laubblattpaaren mit einer Doldenrispe. Es ist bemerkenswerth, dass die Internodien des zweiten Austriebes der Zweige häufig weit kürzer als die des heurigen Frühjahrstriebes geblieben sind, dass sie sich nicht zu solcher Länge, wie diese, entwickelt haben, während sie sich an anderen Zweigen zu derselben oder beinahe derselben Länge gestreckt haben, so dass es schwer hält dort mit Sicherheit die Grenze des ersten und zweiten Austriebes zu bestimmen, und man den zweiten Austrieb hauptsächlich an der geringeren Stärke der letzten Internodien erkennt. Durch die rauhe Witterung im September und October hatten sowohl der Frühjahrstrieb , als der Sommertrieb alle ihre Blätter verloren, 25G Gesellschaft naturforschender Freunde. und sind die Internodien des Sommertriebes in dem Stadium der Entwickelung, in dem sie sich gerade befanden, stehen geblieben, während sich die Blüthenknospen im milden November weiter entwickelten, so dass am 9. December 1877 viele Blüthen sich entfaltet hatten, von manchen sogar die Blumenkrone abgefallen war, sehr viele halb aufgebrochen, alle Blüthenknospen dem Aufbrechen mehr oder minder nahe waren. So bietet uns diese Cornus sanguinea das Beispiel einer Pflanze dar, bei der die Witterung des Sommers den zweiten Austrieb veranlasst hatte; dieser beschränkte sich auf die End- knospen der Laubzweige und endete bald mit dem Hervortreten der Blüthenrispen, während die Achselknospen der Frühjahrs- laubblätter nicht zum Auswachsen angeregt werden ; durch die rauhe Witterung mehrerer Herbsttage verlieren die Triebe ihre Blätter und bleiben die Internodien des zweiten Austriebes in ihrer Entwickelung stehen; der milde November und Anfang December fördern wiederum die Entwickelung der Blüthenknospen bis zum Aufblühen derselben und sogar bis zum normalen Ab- fall der Blumenkrone. Ebenso wie Herr Hofgärtner Reuter theilte auch Herr Dr. Bolle Vortragendem freundlichst mit, dass er am 17. De- cember d. J. auf der Insel Haselwerder im Tegeler See bei Herlin eine Gruppe reichlich blühender Sträucher von Cornus sanguinea., die ebenfalls alle ihre Blätter bereits verloren hatten, beobachtet hat; diese Sträucher verhalten sich offenbar ganz ebenso, wie die auf der Pfaueninsel. Uebrigens blüht Cornus sanguinea öfter im Herbste zum zweiten Male. So traf ihn Vortragender Ende October und Anfang November 1873 bei Graz und Triest, Ende August 1875 bei Homburg v. d. H. und Bonn an. Bei dem einen dieser Fälle handelt es sich wiederum um die Entwickelung des zweiten Aus- triebes, wie z. B. bei Graz, wo übrigens beide Triebe zur Zeit der Blüthe noch ihre Laubblätter trugen. In anderen Fällen hingegen, wie z. B. in den bei Homburg am 20. August 1875 beobachteten Fälle, wird die spät blühende Rispe von einer ano- maler Weise auswachsenden Achselsprosse eines heurigen Laub- blattes, gewöhnlich eines aus dem obersten Blattpaare unter der Inflorescenz, producirt, und erscheinen auch in diesen letzteren Sitzung vom /'V. December. 2b7 Fällen die spät blühenden Inflorescenzen nur einzeln an den Sträuchern im Gegensätze zu den spät blühenden Inflorescenzen aus den zweiten Austrieben. Der andere von Herrn Hofgärtner Reuter mitgetheilte Fall betrifft den frühblühenden Strauch von Bibes alpinum auf Nickols- koi bei Potsdam, über den Vortragender schon früher der Gesell- schaft berichtet hat (vgl. diese Berichte 1874, S. 12 und 56). Dieser Strauch hatte 1874 am 6 Januar, 1875 am 25. Februar seine Blüthentrauben entfaltet; in diesem Jahre wurde er bereits am 25. November 1877 mit voll herausgetretenen blühenden Blüthentrauben von Herrn Hofgärtner Reuter beobachtet und Vortragendem davon ireundlichst zugesandt. Während bei den normal im Frühjahr aufblühenden Sträuchern von Bibes alpinum gleichzeitig mit den Trauben , oder sogar noch etwas vor den- selben, die in der Achsel des obersten Niederblattes der Trauben- axe (das der ersten Bractee derselben vorausgeht) stehenden Laubsprosse aus den Knospenschuppen heraustreten, unterbleibt diese Entfaltung der Laubknospen, die seitlich an der Mutteraxe der Traube stehen, gänzlich, wie das Vortragender bei der Beschreibung der übrigen Fälle 1. c. schon hervorgehoben hatte. Es unterbleibt hier also in Uebereinstimmung mit den eben an Cornus sanguinea beschriebenen Fällen, bei dem frühzeitigen, durch milde Witterung (und in letzterem Falle auch durch individuelle Prädisposition des betreffenden Strauches) veranlassten Austreiben der relativen Hauptaxen die Förderung und Entfaltung der Seitenaxen derselben zunächst. Für die letzteren genügt erst dann dieselbe (oder sogar noch weniger) Wärme, die normal die Entfaltung der Hauptaxe hervorruft, wenn sie während des Win- ters dazu herangereift sind. Audi an den entfalteten Trauben des Bibes alpinum erscheinen im Frühjahre die Laubtriebe aus den Achseln der obersten Niederblätter, wie bei den normalen, was Vortragender bereits 1. c. hervorgehoben hat. Ganz dieselben Erscheinungen sehen wir häutig beim künst- lichen Treiben der Gärtner, namentlich wenn es in eine für die nor- male Eiitwickelung der Pflanze relativ sehr fiüheZeit fällt. Je früher z. B. der Flieder {Syringa persica und S. vulgaris) von den Gärtnern angetrieben wird, um desto ausschliesslicher entwickeln sich nur seine Blülhenrispen, um desto mehr bleiben die seitlichen Laub- 258 Gesellschaft naturforschender Freunde. knospen in ihrer Entwickelung zurück , so dass die blühenden Sträucher kahl, fast ohne jedes Laub erscheinen, während sich im Frühjahre zur Zeit der Blüthe auch die Belaubung des Flie- ders schon voll entfaltet hat. — Bei unserer Maiblume (Con- vallaria majalis L.) sind im Frühjahre zur Zeit der Blüthe die beiden Laubblätter des Fortsetzungssprosses aus dem vorletzten Niederblatte der Traubenaxe vollkommen entfaltet; bei den getriebenen Maiblümchen treten die letzteren häufig zur Zeit der Blüthe gar nicht heraus oder beginnen sich eben zu entfalten. Dergleichen Beispiele Hessen sich noch viele unter den in den Gärtnereien geti'iebenen Pflanzen anführen. In allen diesen Fällen sehen wir, dass eine anomal früh zugeführte Wärme zunächst das Austreiben der relativen Haupt- axen herbeiführt, während die Seitenknospen zunächst noch latent verharren. Aus dem Verhalten der getriebenen Pflanzen erkennen wir klar, dass erst eine länger andauernde Wärmezufuhr die Seitenknospen zum Austreiben veranlasst; in der freien Natur schreitet die latente Entwickelung derselben während des Win- ters so weit vor, dass die Frühlingswärme sie gleichzeitig oder sogar noch etwas früher, als die relativen Hauptaxen, zur Ent- faltung bringt. Herr Hartmann trug in der vorigen und in der diesma- ligen Sitzung über die Endigungs weise der Sehn a uzen - muskelsehnen bei den Wiederkäuern und Ein- h u f e r n vor. Die gemachten Mittheilungen bilden einen Theil der Stu- dien des Vortragenden über die Kopfmuskeln überhaupt bei den erwähnten Thierformen. Bereits am Djebel Gule in Sennar hatte Hart mann an einer frisch geschlachteten Zebu -Kuh die Sehnen der zu den Nasenflügeln, zu der Ober- und Unterlippe ziehenden Muskeln sich in dünne, fächerförmig divergirende Fas- cikel auflösen sehen, deren distincte Form und deren Endanasto- mosen, namentlich im Gebiete des Musculus orbicularis oris , so- wie an den Knorpeln der Nase grosses Literesse erregten. Diese Untersuchungen wurden erst nach mehrjährigen Unterbrechungen wieder neu aufgenommen 18G7 zu Proskau an oberschlesischem Landrinde, alsdann im Sommer und im Herbste des Jahres 1877 Sitzung vom 18. December. 259 an einem im zoologischen Garten zu Berlin crepirten Brindled Gnoo (Catoblepas Gorgoti) , an einem ebendaselbst zu Grunde gegangenen ^ Cervus macrotis und einem dreijährigen 5 Auer- ochs (Bison europaeus) , ferner am Kalbe. Aber selbst beim Pferde findet sich ganz Aehnliches. In den dem Verfasser zu- gänglichen Veterinär-anatomischen Darstellungen von Hausthier- muskeln (nach Gurlt, Leyh, Chauveau, Leisering, so- wie in G. Cuvier's und Laurillard Myologie comparee) ist die Endigungsweise der bezeichneter Kategorie zugehörenden Muskeln stets sehr schlicht, selbst grob, einfach durch diver- girende (manchmal selbst hanebüchene) Linien angedeutet wor- den. Selbst in dem so vorzüglichen Werke von K. Günther über die topographische Myologie des Pferdes (Hannover 1866) findet man nichts Genaueres über diese Verhältnisse angegeben. Heisst es doch daselbst z. B. bei Beschreibung des Musculus levator labii superioris et alae nasi, dass sein hinterer Schenkel sich in den Kreismuskel der Vorderlippe einsenke. Ferner heisst es daselbst vom Musculus levator labii superioris proprius, dass er fächerförmig ausgebreitet in der Lippenspitze endige; vom Musculus depressor labii inferioris wird dort gesagt, dass er z. Th. fächerförmig im Unterkinne und in der Hinterlippe endige. So einfach ist freilich die Sache nicht. Vielmehr theilen sich die zur genannten Kategorie gehörenden Muskeln, bevor sie zu den Lippen- und zum Nasenknorpel gelangen, je in einige Zacken, welche anfänglich parallel neben einander herlaufen und von einem und demselben Abschnitt der Fascia superficialis bedeckt sind. An ihren Insertionsabschnitten divergiren die Zacken. Jedes der letzteren ist mit einer schmächtigen Sehne versehen, welche im Innern ihres aus reifem Bindegewebe bestehenden Paren- chyms zahlreiche elastische Fasern enthält. Von den Muskel- fascikeln des Orbicularis oris inseriren sich stets etliche circu- läre Fascikel an das unter der äusseren Haut befindliche derbe Bindegewebe. Das Sarcolemma verbindet sich hier direct mit dem Bindegewebe der Cutis. Auch beim Menschen kommen zarte Hautinsertionen des Orbicularis vor. Während hier aber beide Quadrati in den Orbicularis direct mit ihrer Muskelsub- stanz hineinziehen , findet bei den untersuchten Wiederkäuern und Einhufern eine Verbindung zwischen dem Orbicularis und 260 Gesellschaft nalurfor sehender Freunde. den entfernteren, an Mittel- und Hinterkopf entspringenden, Nasen- knorpel und Lippen bewegenden Muskeln unter Vermittlung von Sehnen der oben beschriebenen Art statt. Diese schlanken, ten- dinösen Stränge bilden untereinander Anastomosen. Ihre Aus- läufer aber, feiner und feiner werdend, gehen endlich in das zwischen den Fascikeln des Orhicularis sich ausbreitende Binde- gewebe über. Mit letztei'em verbindet sich auch direct das Sarco- lemma der hier stumpf endigenden Fascikel des Schliessmuskels. Die elastischen Elemente der Schnauzenmuskelsehnen zwar breiten sich zwischen Muskel- und Sehnensubstanz zu sehr zier- lichen und stellenweise sehr engmaschigen Netzen aus. In wie weit sich an Bildung der letzteren etwa auch noch solche elastische Fasern betheiligen, welche dem Bindegewebe der Lippen selbst angehören, ist Vortragendem zweifelhaft geblieben, weil hier eine Sonderung der Gebiete für den Beobachter schwer durch- zuführen ist. Am Nasenkorpel inseriren sich die Muskelsehnen an das Perichondrium, greifen aber auch in die faserknorpeligen peripherischen des lateral wie hinterwärts befindlichen Ge- bietes dieses Organtheiles hinein. Das elastische Gewebe der Sehnen betheiligt sich hier an den Knorpelrändern an der Bil- dung feiner elastischer Netze, deren Konfiguration an diejenige des am äusseren Wiederkäuerohre zu beobachtenden Netzknor- pels erinnern. Das ganze Verhalten Hess sich am schönsten bei der sehr bewegliche Nasenflügel und Lippen besitzenden, hier auch mit einem höchst entwickelten Muskelapparat versehenen Gorgon- Antilope beobachten. Zur Behandlung der Präparate erwies sich eine methodisch durch tropfenweisen Essigsäurezusatz verstärkte Glycerin- Alkoholmischung {aa) als sehr vortheilhaft. Die zwischen den obengenannten Sehnen und Muskeltheilen hinziehenden Nervenprimitivfibrillen sah Vortragender bei Cato- hlepas paquet- oder gruppenweise mit leichter, keulen- förmiger, terminaler Anschwellung endigen. Die Primitivfibrillen schienen sich hier gegen einen centralen Bindegeweb.sknäuel leicht zu krümmen. Vermuthlich handelt es sich bei der noch mit einer Fortsetzung der Nervenscheide umgebenen, terminalen Anschwellung um einen Nervenendknopf. Eine Verwechselung mit zufällig durchschnittenen Nervenbündelchen bleibt gänzlich aus- Sitzung vom 18. December. 261 geschlossen. An den Schnittenden der letzteren glaubt man zwar auch eine scheinbare Anschwellung zu sehen, allein es wird diese nur durch das bald unterscheidbare Nervenmark hervorgebracht, auch wird an solchen Schnittenden das sich Weiterfortsetzen der Scheide vermisst. Vortragender beschrieb alsdann die sogenannte Nasen- trompete des Pferdes, eine sackförmige Ausbuchtung des Nasenloches, welche sich zwischen Nasenbein und Processus nasalis des Os maxillare minus jederseits etwa 50 — 70 Mm. weit nach hinten und oben hin erstreckt. Diese Aussackung, welche man auch „falsches Nasenloch" nennt, ist mit einer dünnen Haut ausgekleidet. Letztere ist durchaus nicht immer haarlos (wie z. B. bei Leyh, Handbuch der Anatomie der Hausthiere S. 425 zu lesen ist). Vortragender fand in ihr nicht nur in zwei Fällen sehr kurze, sehr zarte, in ihren Bälgen steckende und kaum über die Hautfläche hervorragende Härchen, sondern ein- mal, im Herbste dieses Jahres, sogar 20 — 30 Mm. lange, fuchs- braune, schwach gekräuselte Haarbüschel. Soviel dem Vor- tragenden bekannt geworden, ist man über die Bedeutung jener Nebenhöhle des Nasenorganes der Einhufer noch nicht im Klaren. An dem von ihm darauf hin z. Th. präparirten Kopfe eines zu Roseres am blauen Nil gefallenen $Maqäda- oder Gala-Pferdes fand sich ein vom Musculus levator lahii superioris proprius aus- gehendes, sich hinten und aussen an die fibröse Wand der Nasen- trompete inserirendes, breites, plattes Fleischbündel. An dem im Herbste d. J. präparirten Pferdekopfe dagegen ging vom übrigens regelrechten Musculus levator lahii superioris et alae nasi ein oberer Schenkel zur lateralen Fläche des falschen Nasenloches, Für letzteres dienen jene Muskelfascikel jedenfalls als Diktatoren. Die Wand der Nasentrompete vibrirt beim Wiehern. Dies Organ kommt aber auch bei nicht wiehernden Einhufern vor. Vortragender möchte glauben, dass auch in der Nasen- trompete eines der vielen in der Säugethierwelt vorkommenden „rudimentären Organe" vertreten sei. Derselbe erläuterte seine Mittheilungen durch eine Reihe von Originalaquarellen von theils makroskopischer, theils mikroskopischer Darstellungsweise. 262 Gesellschaft naturforschender Freunde. Herr Broesike sprach über die Krankheiten und To- desursache des Gorilla Mpungu. Das hohe Interesse, das die gesanimte gebildete Welt seit der Aera des Darwinismus an den anthropoiden Affen nimmt, bethätigte sich von Neuem aufs lebhafteste bei allen jenen zahl- reich erschienenen Personen, die am l2ten des vergangenen Mo- nats nach der hiesigen Anatomie geeilt waren , um der Obduc- tion des wenige Tage vorher im hiesigen Aquarium gestorbenen männlichen, 4 Jahre alten Gorilla Mpungu beizuwohnen. An- gesichts dieses so ausdrucksvoll an den Tag gelegten Interesses, mag es befremdlich erscheinen, dass ich, der ich das Glück hatte, die Autopsie in Gegenw^art der Herren Reichert, Virchow und Hartmann auszuführen, mich erst heute der Verpflichtung entledige, ein genaues Sectionsergebniss auch den weiteren Krei- sen des naturwissenschaftlichen Publikums durch Veröffentlichung zugänglich zu machen. Da mir indess an dem genannten Tage aus Rücksicht auf eine später vorgenommene anatomische Prä- paration nur die genaue Besichtigung eines Theils der Bauch- organe vergönnt war, während die Brustorgane von mir nur durch eine Schnittöffnung im Diaphragma hindurch palpirt wer- den durften, so zog ich es vor, mit einer Publication zu warten, bis mir das Auge auch über die Beschaffenheit der thoracalen viscera die nöthige objective Klarheit gegeben haben würde. Und in der That, seitdem ich constatiren musste, dass Mpungu entgegen den zuerst gewonnenen Vorstellungen nicht durch einen Darmkatarrh, sondern durch eine deutlich prononcirte Lungen- affection hinweggerafft worden ist, haben alle bisher darüber von „Leidtragenden" ohne mein Wissen gemachten Veröffent- lichungen nur noch den Werth von Nekrologen, an die ich aus Mitgefühl für die auf diese Weise doppelt schwer gebeugten in keiner Richtung hin kritisch herangehen mag. Ich bin heute in der Lage, der verehrten Gesellschaft einen ziemlich vollständigen Ueberblick nicht allein über die von dem Gorilla während seiner kurzen irdischen Laufbahn überstandenen Krankheiten, sondern auch über die an seiner Leiche im guten Einklang mit der Anamnese vorgefundenen pathologisch -anato- mischen Ergebnisse zu unterbreiten. Durch gütige Mittheilungen von Herrn Stabsarzt Falken- Sitzung vom 18. December. 2(53 stein ist mir bekannt, dass der ihm im Alter von 1^ Jahren geschenkte Affe vorher 3 Monate lang unter sehr schlechten Pflegeverhältnissen , an eine Brückenwage gefesselt, als halbver- hungertes marastisches Geschöpf sein Dasein im vollen Sinne des Wortes vertrauert habe, so dass es hinterher nur der auf- opferndsten guten Behandlung gelang, ihn wieder in einen an- thropoidenwürdigen Zustand zu versetzen. Demzufolge lässt sich in Bezug auf seine späteren mannigfachen Erkrankungen trotz seines zeitweisen, sichtlichen Aufblühens die Behauptung wohl nicht von der Hand weisen, dass während jener seiner Brücken- wagenperiode in seinem Organismus allerlei loci minoris resi- stentiae geschaffen wurden, die den unter anderen Lebensverhält- nissen immer wieder von aussen auf ihn einstürmenden Schäd- lichkeiten stets willkommene Angriffspunkte boten. Denn schon 3 Monate später, im December 1875 erkrankte das Thier an einer nichtdiagnosticirten Affection unter leichten febrilen Erschei- nungen zum ersten Male. Bald wieder hergestellt, verfiel es im Februar 1876 in eine sehr schwere, zuletzt anscheinend hoff- nungslose Krankheit, die sich unter Dyspnoe ohne Auswurf in- troducirte, um dann bald den deutlichsten Character einer jener schweren, den Tropen eigenthümlichen Malariainfectionen anzu- nehmen. Intermittirendes Fieber, eine während 6 Wochen an- haltende totale Ohstructio alvi, Milzanschwellung, klonische und tonische, mitunter nach dem Trinken weniger Wassertropfen eintretende Krämpfe waren die Herrn Falken stein als beson- ders auffallend noch in Erinnerung gebliebenen Symptome. Un- ter der consequenten Anwendung von Chinin und Kalomel, er- holte sich Mpungu nach 6 wöchentlichem schweren Leiden end- lich wieder. Bis zu und während seiner, im Juli 1876 erfolgten Uebersiedlung nach Europa, befand er sich bei völlig mensch- licher Kost ausserordentlich wohl. Herr Falken stein schenkte ihn der afrikanischen Gesellschaft. Diese verkaufte ihn für den Preis von 20000 RMrk. an das hiesige Aquarium. Die weiteren Notizen über die pathologischen Erlebnisse von Mpungu ver- danke ich der Güte des Herrn Dr. Martini, unter dessen ärztlicher Behandlung der Gorilla die dritte Periode seines Le- bens, die seiner europäischen Berühmtheit und Popularität ver- bracht hat. Schon kurze Zeit nach seiner Installirung im 264 Gesellschaft naturforschender Freunde. Aquarium im August 1876 erkrankte das Thier wieder für 3 — 4 Wochen unter den zweifellosen Erscheinungen von Bron- chitis, unter Husten und schleimigem Auswurf, Fieber und diffusen mittelblasigen Rasselgeräuschen in beiden Lungen. Auch hier- von durch Anwendung der bei Kindern üblichen Therapie wie- der hergestellt, erfreute er sich mehrere Monate lang des unge- trübtesten Wohlseins, bis er im November desselben Jahres, zu- gleich mit mehreren anderen anthropomorphen Affen, an einer localen infectiösen geschwürigen Mundaffection erkrankte, über deren besonderes Wesen damals mein Vorgänger, Herr Dr. V. Hoffmann, nach der Obduction mehrerer daran zu Grunde gegangener Thiere referirt hat. Auch dieser Affection, der so viele seiner Genossen unterlagen, glücklich entgangen, wurde er im Mai und Juni 1877 von einem seinem Wesen nach nicht ge- nau bestimmten Darmkatarrh heimgesucht, der sich mit Krampf- erscheinungen und hochgradiger Empfindlichkeit des Abdomen combinirte. Im Bereich der linken unteren Lunge constatirte Herr Martini zugleich eine Dämpfung, die innerhalb 4 Tagen auf grosse Chinindosen hin verschw^and und von ihm selbst wohl ohne Widerspruch als eine starke Milzanschwelluug gedeutet wurde. Auf diese 5 — 6 wöchentliche Invasion folgte für Mpungu wieder eine Zeit ausgezeichneten Wohlbefindens, das auch wäh- rend seines Triumphzuges nach England ungestört blieb, bis er, von dort zurückgekehrt, gegen Ende September an seinem letzten tödtlicben Leiden erkrankte. Die hiebei zu Tage getre- tenen Symptome waren sehr wenig besorgnisserregende: etwas trockener Husten ohne Auswurf, Appetitlosigkeit und während der letzten 14 Tage eine obstructio alvi, die drei Tage vor dem Tode in lebhafte Diarrhöen überging. Die Körpertemperatur, meistens des Mittags, selten des Abends gemessen, zeigte sich selten und sehr wenig über die Norm erhciht. Während der Nacht sollen bei ihm grosse Unruhe und wieder Krampfanfälle vorgeherrscht haben. Sein Tod erfolgte angeblich ebenfalls un- ter Krämpfen ganz plötzlich. Das Obductionsresultat illustrirt aufs Beste die mitgetheiiten anamnestischen Facta. An dem eine massige Menge seröser Flüssigkeit enthaltenden Pericardinm, fand sich das viscerale mit dem parietalen Blatte durch mehrere, sehr derbe bis 1 Cm. breite Sitzung vom 18. Decemher. 265 bindegewebige Stränge verwachsen — anscheinend ein Anden- ken an jene schwere, von Dyspnoe begleitete Malariaaffection in Afrika. Beide Pleurahöhlen enthielten ebenfalls eine ziemlich grosse Quantität von Serum. Das Brustfell war zwischen den beiden Lappen der linken Lunge durch Fibrinniederschläge ver- klebt, dagegen an der Lungenbasis links mit dem Zwerchfell fest verwachsen. Im Uebrigen hatte die Pleura, abgesehen von einzelnen Stellen des linken Unter- und rechten Mittellappens, wo sie verdickt und getrübt, hie und da mattgrau wie bei be- ginnender Pleuritis aussah, auf beiden Seiten ein normales Aus- sehen. Die aufgeschnittenen Lungen zeigten an den normal aus- sehenden Partieen ein leichtes Oedem. Ausserdem aber fanden sich rechterseits im untern Theile des Oberlappens, im Mittel- und im obern Theil des Unterlappens inselförmige, käsige Hepa- tisationen von verschiedenem Alter, zum Theil confluirend , zum Theil isoHrt, doch fast überall der Art angeordnet, dass sie nach der Brustwand zu von lufthaltigem , nur leicht oedematösem Lungengewebe cachirt waren. Dasselbe Bild, dasselbe Beschränkt- sein der Hepatisationen auf die nach innen gelegenen Theile der Lunge fand sich in dem linken Unterlappen , wo jedoch der Schmelzungsprocess weiter vorgeschritten war und eine, mit sehr weichem , käsigem Material gefüllte Caverne bis an die adhaerente Lungenbasis hinanreichte. Selbst die jüngsten He- patisationsstellen hatten eine ausserordentlich schlaffe Consistenz, so dass daraus, wie aus dem Bedecktsein mit lufthaltigen Par- tieen mit Leichtigkeit erhellte, weshalb die Lungen bei jener anfänglichen Palpation dvirch das Zwerchfell hindurch mir nur das etwas teigige Gefühl von Oedem dargeboten hatten. Wenn wir ferner — und zweifellos müssen wir das — die eben ge- schilderten Zustände als die letzte Krankheit von Mpungu auf- fassen, ist es jetzt auch sehr erklärlich, dass Dr. Martin'i, ob- schon stets der festen Meinung an eine Lungenaffection des Go- rilla, doch nie im Stande war, dieselbe physikalisch nachzuweisen. Vom pathologisch-anatomischen Gesichtspunkt aus betrachtet er- schien die eben geschilderte Affection als jene seltene, reine F'orm von acuter käsiger Pneumonie in regelmässigen Eruptionen. Nirgends konnte ich chronische Indurationen oder Tuberkel, bronchitische oder peribronchitische Entzündungsprocesse auffinden ! In scheinbarem 21 266 Gesellschaft naturfor seilender Freunde. Widerspruch mit dem anatomischen Bilde dieser tadellosen gal- loppirenden Schwindsucht steht die anamnestische Angabe, dass Mpungu niemals Fieber gehabt habe. Doch glaube ich bei der Reinheit seiner Erkrankung annehmen zu müssen, dass die bei Phthise bekannten abendlichen Fieberexacerbationen bei Mpungu regelmässig auf die Nacht gefallen sind, während welcher das Thier stets grosse Unruhe und Krämpfe zeigte und wo keine Temperaturmessungen gemacht wurden. Aehnliche Fälle von nächtlich wiederkehrendem Fieber bei Lungenschwindsucht sind mir aus der Praxis bekannt. Die in den letzten Tagen hinzu- getretene, als Complication von Phthise so häufige Gastroenteritis scheint dann endlich eine Erschöpfung des Organismus herbei- geführt zu haben , die auf neue pneumonische Invasionen hin nur noch die Reaction des tödtlichen Lungenoedems zur Folge hatte. Der Inhalt des ganzen Intestinal tractus fand sich denn auch bei der Obduction dünnflüssig, im Magen (eingenommenes Opium?) citronen-, im Darm ganz blassgelb gefärbt mit der pi- quanten Zugabe von einem verbogenen Stück Draht, einer Steck- nadel, einem Handschuhknopf, sowie mehreren Birnen- und Ro- sinenkernen in einer Aussackung des Coecum. Die Schleimhaut war überall geschwollen und verdickt, im Dünndarm wie besät mit leicht vergrösserten und zum Theil ulcerirten Follikeln. Sehr auffällig und mir bis jetzt noch unklar ist die auch von Virchow constatirte Thatsache, dass vom Magen bis zum Dick- darm hinunter sich auf der Schleimhautinnenfläche überall ein eigenthümlicher, bald mehr, bald weniger deutlicher Wechsel von geschwollenen prominirenden und glatten tiefliegenden Stellen bemerkbar machte der Art, dass die prominirenden ein deut- liches Netzwerk von äusserst feinen, nur unter Wasser flottirend sichtbaren Falten bildeten, welches die etwa 1 — 2Ü Mm. grossen tiefliegenden einrahmte. Ich behalte mir es vor, nach der mi- kroskopischen Untersuchung der bis jetzt noch nicht genügend gehärteten Präparate ein Urtheil über dies Maschenwesen abzu- geben. Fast das ganze colon endlich und die Leber an ihrem hinteren Rande, die kleine Curvatur des Magens zeigten sich mit den ihnen benachbarten Organen durch feste, kurze Adhä- sionen v^erlöthet. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich diese Ad- häsionen als die Residuen jener Erkrankung aus dem Mai und Sitzung vom 18. December. 267 Juni 1877 betrachte, wo bei allerlei auf eine Darmerkrankung deutenden Erscheinungen eine so grosse Empfindlichkeit des Abdomen existirte. Anscheinend hatte das Thier es dabei zu thun mit einer schweren, vielleicht diphteritischen Entzündung der Dickdarmschleimhaut, die auf die Serosa übergreifend, die- selbe mit den benachbarten Partieen verlöthete. Die übrigen Organe, wie Gehirn, Milz, Leber, Nieren etc. durften von mir nicht geöffnet werden , machten jedoch bei der äusseren Inspec- tion und Palpation einen so normalen Eindruck, dass ich kaum glaube, dass sich in ihnen noch wesentliche pathologische Ver- änderungen vorfinden werden. ßemerkenswerth erscheint, dass Mpungu durch seine erste Lungenaifection , die Bronchitis, kurze Zeit nach seiner Ueber- siedlung nach Europa, durch die zweite tödtliche aber im letzten Herbste gleich nach seiner Rückkehr von England atta- quirt wurde. Als auffallend muss ich noch seine grosse Disposition für allerlei Infections - Krankheiten bezeichnen. Die, fast jede Erkrankung bei ihm concomittirenden „Krämpfe" deuten auf ein äusserst reizbares Centralnervensystem. Für den Kliniker, wie für den pathologischen Anatomen, mag die gegen- wärtige Mittheilung noch manche andere interessante Gesichtspunkte bieten , über welche sich hier auszubreiten , wohl nicht in den Rahmen meines Vortrages passt. Kurz kann ich mich betreffs einer Vergleichung der einschlägigen Literatur fassen. Ein Ob- ductionsprotocoll eines Gorilla habe ich in derselben nirgend ausfindig machen können. Bei anderen Affen gehören Lungen- und Darmkrankheiten allerdings zu den häufigsten Vorkomm- nissen. Indess habe ich aus den, freilich zum grössten Theil ausserordentlich ungenauen, hierüber publicirten Obductionspro- tocoUen nirgends eine ähnlich reine Form von acuter käsiger Pneunomie als geschildert herauslesen können. Das ganze Bild, das ich vor Ihnen, meine Herren, entrollt habe, zeigt Ihnen, welche Gefahren ein Kind der Natur läuft, wenn es in die Segnungen der Civilisation hineingezwängt wird. Ich wünsche und hoffe, dass die eben gegebenen Notizen dazu die- nen mögen, einen zweiten Mpungu wenigstens vor einem Theile dieser Gefahren zu bewahren. 21* 268 Gesellschaft naturforschender Freunde. Herr Hilgendorf übergiebt der Gesellschaft mehrere seiner Schriften, die Streitfrage des Planorhis multiformis betreffend und legt gleichzeitig einige wichtigere Stücke vor, die zu seiner diesjährigen Ausbeute im Stein- heimer Becken gehören. Eine Platte, die unterste Zone repräsentirend , führt, wie leicht zu sehen, von den grösseren Planorbiden, der sogenannten Hauptreihe, ausschliesslich den PI. m. Steinheimensis. Das Fehleu aller mehr aufwärts nach und nach abgelagerten Varietäten (teiiuis, sulcatus, discoideus, trochiformis, oxystomus, revertens, supre- mus) in der betreffenden, vom Vortragenden und Anderen sehr genau untersuchten Bank beweist, dass alle später auftretenden Formen aus dem PL m. Steinheimensis sich entwickelt haben müssen, da an ein Einwandern von aussen her nicht wohl zu denken ist, weil einerseits alle die genannten Typen an sonstigen Orten bisher überhaupt nicht nachzuweisen waren, andrerseits aber im Steinheimer Becken selbst die sämmtlichen zur Ver- bindung obiger Formen nöthigen Zwischenstufen anzutreffen sind. Eine Anzahl von Reihen, solche Uebergänge in den feinsten Abstufungen vorführend, wird demonstrirt. Sie rechtfertigen die enge Verbindung, in welche die verschiedenen Varietäten vom Vortragenden zuerst gebracht worden sind und erläutern die Umwandlung des PI. m. Steinheimensis (= Planorhis Steinheimensis Sandberger) in den PI. m. tenuis (Carinifex ienuis Sandb.), die Verbindung dieses mit dem PI. m. sulcatus, ferner des PI. m. discoideus mit dem PI. m. trochiformis, und des letzteren mit dem PL m. oxystomus. Auch für die allmähliche Entstehung einer gerippten Varietät (PZ. m. costatus) aus einer ungerippten (PL m. minutus) und für das spätere Verschwinden der Rippen beim PL m. denudatus kommt Beweismaterial zur Vorlage. — Eine grössere Platte, die ausschliesslich die Mittelformen zwischen PL m. trochiformis und oxystom%is zu enthalten scheint, und zwar in grosser Zahl, liefert nicht nur den Beweis des Vorhandenseins solcher Zwischenglieder, sondern macht es zugleich wahrschein- lich, dass bei der Ausbildung des oxystomus alle Mitglieder einer Generation mehr oder weniger den verändernden Einflüssen unter- lagen und Vorläufer der neueren Gestaltung und Nachzügler gleich selten gewesen sind. — Die jüngste, sehr umfassende Sitzung vom IS. December. 269 Revision seiner früheren Untersuchungen hat den Vortragenden zu der üeberzeugung geführt, dass der gegen seine Angaben erhobene Widerspruch durchaus ungerechtfertigt ist. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Bulletin de l'Acaderaie imperiale des sciences de St. Petersbourg. Tome XXIV. No. 2. 1877. Leopoldina. XIII. 19—20. Boletin de la Academia nacional de ciencias exactas. Cordoba (La-Plata-Staaten), 1876. Drei Hefte. O. Reinhardt, lieber japanische Hyalinen. Separatabdruck aus dem Jahrbuch der malakologischen Gesellschaft, mit 2 Tafeln. Hilgendorf, Noch einmal Planorhis mulüformis. Derselbe, Neue Forschungen in Steinheira. (Beides Separat- abdrücke aus der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesell- schaft 1877.) A. W. Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. 3 2044 106 259 757 Date Due T^M-r? — füT8 -w^ '■'■'-kl ■■ 'i- . ■ w